Julia Hoffmann-Salz, Im Land der räuberischen Nomaden? Die Eigenherrschaften der Ituraier und Emesener zwischen Seleukiden und Römern. (Studien zur Alten Geschichte, Bd. 31.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2022

Michael Sommer

doi:10.1515/hzhz-2025-1124

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Julia Hoffmann-Salz, Im Land der räuberischen Nomaden? Die Eigenherrschaften der Ituraier und Emesener zwischen Seleukiden und Römern. (Studien zur Alten Geschichte, Bd. 31.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2022

Michael Sommer

Veröffentlicht/Copyright: 2. Juni 2025

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Aus der Zeitschrift Historische Zeitschrift Band 320 Heft 3

Rezensierte Publikation:

Julia Hoffmann-Salz, Im Land der räuberischen Nomaden? Die Eigenherrschaften der Ituraier und Emesener zwischen Seleukiden und Römern. Studien zur Alten Geschichte, Bd. 31. 2022 Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 9783949189159, € 85,–

Ituräer und Emesener waren in Syrien beheimatete Ethnien, die zuerst im Hellenismus auf der Bildfläche erschienen und dann im ersten Jahrhundert römischer Herrschaft als kleine Fürstentümer am Rand der römischen Provinz organisiert waren, bevor sie schließlich in dieser Provinz aufgingen. Die textliche wie archäologische Quellenlage zu beiden Völkern ist, wenn nicht hoffnungslos, so doch herausfordernd. Julia Hoffmann-Salz hat sich dem Wagnis gestellt und eine Geschichte von Ituräern und Emesenern in hellenistisch-römischer Zeit geschrieben. Laut Vorwort handelt es sich um einen „umfangreich gekürzten und umstrukturierten Teil“ ihrer Kölner Habilitationsschrift.

Weder Ituräer noch Emesener hatten in der antiken Literatur einen sonderlich guten Ruf. Bei Strabon und dem jüdischen Historiker Flavius Josephus betreten sie die lokale Bühne der Levante stets in der Rolle von Räubern und Briganten, die der zivilisierten Bevölkerung der Region das Leben so schwer wie irgendwie möglich machen. Berühmt ist ein Passus bei Strabon, in dem der Geograph die Itouraîoi te kaì Árabes pauschal als kakoûrgoi pántes abstempelt: „allesamt Übeltäter“, die ähnlich wie die Bergbewohner wohl „Stützpunkte“, erymnoí, hätten, im übrigen aber die Bewohner der benachbarten Städte Berytos und Byblos heimsuchen würden. Die Forschung hat diese Darstellung in das Bild von Nomaden übersetzt, die mit den sesshaften Stadt- und Landbewohnern in einer konfliktreichen Beziehung koexistierten, bis das römische Imperium sie schließlich zähmte und sedentarisierte.

Hoffmann-Salz schreibt vor allem gegen diese noch immer vorherrschende Opinio communis an. Auf breiter textlicher und materieller Grundlage liefert sie eine andere Geschichte von Ituräern und Emesenern: als Ethnien, die schon früh in seleukidischer Zeit sesshaft waren und in einem Geflecht von persönlichen Netzwerken allmählich Strukturen von Herrschaft ausbildeten. Gründlich sammelt sie die archäologischen Befunde zur Bekaa-Ebene und den angrenzenden Räumen, dem späteren Kernland der ituräischen und emesenischen Fürstentümer. Das Bild, das daraus entsteht, ist das einer florierenden Transitregion des Fernhandels, der sich der natürlichen Achse Jordangraben/Bekaa-Ebene/Orontestal als Landverbindung zwischen südlicher und nördlicher Levante bediente. In diesem Raum ist schon vom 3. bis zum 1. Jahrhundert ein dichtes Netz von Siedlungen belegbar, bevor um die Zeitenwende die Bauaktivität im Kultzentrum Heliopolis/Baalbek einsetzt.

Freilich ist damit nicht der Beweis geführt, dass die Bewohner der Siedlungen Ituräer oder Emesener waren. Hoffmann-Salz’ Hypothese, die autonome Organisation der Fürstentümer (von ihr als „Eigenherrschaft“ womöglich unbeabsichtigt auf eine frühneuzeitliche Begrifflichkeit gebracht) habe sich in diesem Siedlungssystem und gleichsam aus ihm heraus entwickelt, bleibt damit genau das: eine Hypothese. Die Grenze zwischen Siedlungs- und Nomadenland war in Vorderasien zu allen Zeiten variabel. Wo sie verlief, war keine Frage des Naturraums, sondern der Politik. Standen Imperien in Saft und Kraft, wurden auch marginale Räume unter den Pflug genommen, waren sie im Niedergang, dann kehrten die Viehzüchter zurück oder Bauern verließen ihre Scholle und wurden zu Hirten. Deshalb ist ein Szenario, das in spätseleukidischer Zeit das Pendel zugunsten der nomadischen Bergbewohner ausschwingen lässt und sie zu Trägern ituräischer und emesenischer Autonomie und römischer Herrschaft macht, nicht nur im Einklang mit den antiken Texten, sondern auch plausibler als Hoffmann-Salz’ Kontinuitätshypothese. Ein solches Szenario würde auch erklären, warum die Römer die Bekaa-Ebene und den Raum Emesa zunächst nicht ihrer Provinz zuschlugen, sondern lokalen Dynasten überließen.

Obwohl die Argumentation des Bandes in diesem Punkt den Rezensenten also nicht überzeugen kann, setzt er Maßstäbe für die Regionalgeschichte der Levante in hellenistisch-römischer Zeit. Besonders Hoffmann-Salz’ Ausführungen zur Herrschaftsorganisation und zum Ressourcenmanagement wird man mit großem Gewinn lesen.

Online erschienen: 2025-06-02

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https://doi.org/10.1515/hzhz-2025-1124

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