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Soziale Netzwerke in Mittelalter- und Renaissanceforschung. Dreißig Jahre nach „Robust Action“

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Veröffentlicht/Copyright: 2. Juni 2025
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Zusammenfassung

Der vorliegende Artikel legt dar, welche Entwicklungen die soziale Netzwerkanalyse in der Geschichtswissenschaft in den letzten dreißig Jahren genommen haben. Es werden die wichtigsten Konzepte und Strömungen der sozialen Netzwerkforschung in der Mediävistik sowie Renaissanceforschung vorgestellt und zukünftige Forschungsperspektiven in diesem Bereich aufgezeigt. Der Artikel untersucht besonders, inwieweit soziale Netzwerkanalysen auf eine heterogene Menge historischer Big Data anwendbar sind, und bezieht sich dabei vier laufende Projekte in den Digital Humanities als Fallstudien.

Abstract

The aim of this article is to clarify the development of social network analysis in historical research over the past thirty years. It undertakes a comprehensive analysis of the seminal concepts and predominant trends in social network research within medieval and Renaissance studies, while concurrently contemplating the future trajectory of social network research in this field. The present study explores particularly the efficacy and applicability of the method to a diverse array of historical big data, through the analysis of four digital humanities projects selected as case studies.

I. Am Rande eines Forschungsseminars

Im Frühjahr 2007 teilte der renommierte Renaissanceforscher Anthony Molho an einige seiner Doktorand:innen am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz den Artikel „Robust Action and the Rise of the Medici, 1400–1434“ der beiden amerikanischen Soziologen John F. Padgett und Christopher K. Ansell aus.[1] Dieser Aufsatz war die erste breiter rezipierte Studie zu einem spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Thema, die eine computerunterstützte Methode, die soziale Netzwerkanalyse, verwendete. Damit stand sie an der Schnittstelle von mindestens zwei Disziplinen: der Soziologie und der Geschichte. Die Studierenden hatten nun zuvor an verschiedenen europäischen Universitäten in sehr verschiedenen Kontexten ihre Ausbildungen abgeschlossen und boten ein breites Spektrum an Forschungsinteressen, die von mittelalterlicher italienischer Häresie bis zu griechischen Handelskolonien im 18. Jahrhundert reichten. Ihre Kenntnisse in Statistik oder Soziologie waren allerdings gering, was dazu führte, dass die in der Analyse verwendeten Grafiken und mathematischen Modelle für die meisten Doktorand:innen völlig unverständlich waren. Noch über ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des Artikels war offenbar die Skepsis, die die Doktorand:innen dem Ansatz der sozialen Netzwerkanalyse entgegenbrachten, groß geblieben. Dieser Vorbehalt spiegelt allgemein die Haltung, die in den verschiedenen europäischen historischen Strömungen anzutreffen war und die die jeweiligen Professor:innen gegenüber der Graphentheorie und den digitalen Methoden eingenommen hatten. In der europäischen Mittelalter- und Renaissanceforschung, und gerade in der italienischen Mediävistik, hat man diese Ansätze zu diesem Zeitpunkt kaum berücksichtigt. Auch in den USA waren erst kurz zuvor die Digital Humanities vom National Endowment for the Humanities aufgegleist worden, die sich in den Folgejahren zu einem der dynamischsten Programme entwickeln sollten.[2]

David Herlihy war der erste Historiker, der in seinem 1978 zusammen mit der französischen Historikerin Christiane Klapisch-Zuber veröffentlichten Hauptwerk „Les Toscans et leurs familles“ computerunterstützte Methoden in der Renaissanceforschung anwandte.[3] 1986 holte Molho Herlihy an die Brown University[4], nach Herlihys Tod 1991 wurden seine Zettelkästen, auf denen alle seine Arbeiten beruhten, von einer Forschergruppe unter der Leitung von Molho und Robert Burr Litchfield an der Brown University digitalisiert.[5] Bis heute ist die Datenbank zur ersten florentinischen Steuererhebung, die 1427 erstellte catasto, die am häufigsten genutzte digitale Datenbank der italienischen Mediävistik.[6] Dieselbe Forschergruppe entwickelte zudem eine weitere Datenbank über die Amtsträger der Florentinischen Republik, die „Online Tratte of Office Holders, 1282–1532“[7]; beide Datenbanken wurden 2002 mit der Unterstützung des National Endowment for the Humanities online gestellt.

Tatsächlich kann man erst mit der Verbreitung der sozialen Netzwerke in den USA – und von dort nach Europa – davon sprechen, dass die soziale Netzwerkanalyse stärker Einzug in die Geisteswissenschaften gehalten hat.[8] Nicht nur in den USA, auch in Europa begannen Historiker:innen damit, das Konzept „Network“ für soziale Gruppen sowie für Infrastrukturen zu nutzen. Eine Erweiterung des methodischen Arsenals erfolgte daraus allerdings nicht; viele verbanden damit eher einen bestimmten akademischen Jargon, als dass sie darin einen brauchbaren Ansatz für die Geschichtswissenschaften erkannt hätten.

Dass Graphentheorie und statistische Analyse in diesen Arbeiten nicht zur Anwendung kamen, lag mitunter an den ungleichen – auch national unterschiedlichen – Forschungsinteressen und -trends in der Mittelalter- und Renaissanceforschung. Wie nun im Folgenden gezeigt wird, spielen neben den zahlreichen englischen (und einigen französischen) auch deutsche Autoren eine bedeutende Rolle in diesem neueren Forschungsfeld der Netzwerkanalyse. In Italien etwa wurde erst 2020 – das ist vergleichsweise spät – ein Forschungsprojekt zur sozialen Netzwerkanalyse im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit vom italienischen Ministerium für Bildung und Forschung (MIUR) für förderungswürdig befunden.

Der vorliegende Artikel versucht zu erklären, welche Entwicklungen die historische soziale Netzwerkanalyse in den letzten 30 Jahren seit der Veröffentlichung des Artikels von Padgett und Ansell durchlaufen hat. Es werden die wichtigsten Konzepte und Strömungen der sozialen Netzwerkforschung für Mittelalter und Renaissance vorgestellt und kritisch gewürdigt, am Ende folgt ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Erforschung sozialer Netzwerke. Der Beitrag geht dabei auch auf größere Fragenkomplexe ein, etwa auf die Anwendbarkeit der sozialen Netzwerkanalyse auf eine heterogene Menge historischer Big Data, und exemplifiziert dies an vier laufenden Projekten in den Digital Humanities.

II. Soziale Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften

Möchte man dem Begriff „soziales Netzwerk“ auf den Grund gehen, dann liegt es nahe, ihn in seine zwei Bestandteile zu zerlegen, also in „Netzwerk“ und in den Vorgang, wie dieses „sozial“ wird. In der Soziologie steht das Konzept „Netzwerk“ für ein Modell, das sich aus Knoten und Kanten zusammensetzt. Bei sozialen Netzwerken bedeuten Knoten in der Regel Personen und Kanten Beziehungen. Eine Analyse von sozialen Netzwerken stellt demnach die grundlegende Frage, wie diese Personen miteinander verbunden sind. Die Kanten, die diese Personen miteinander verbinden, lassen sich nach vier Kategorien ordnen: nach interpersonellen Gefühlen, verhaltensorientierten Interaktionen, rollenorientierten Beziehungen und nach dem Zugang.[9] Die Basis für diese Netzwerkmodelle besteht aus Daten, die Primärquellen entnommen werden. Doch wie Padgett und Ansell gezeigt haben, kann man diese Netzwerkmodelle auch erfolgreich auf Daten anwenden, die in der Fachliteratur erhoben worden sind.

Douglas B. Laney zufolge sind Daten(banken) „Big“, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: Sie sind groß in der Menge, groß im Durchsatz und breit in der Vielfalt.[10] Seit 2001 hat diese Definition angesichts der rasanten Entwicklungen im Forschungsfeld immer wieder Erweiterungen erfahren. So kamen in der Zwischenzeit zu den drei genannten Bedingungen folgende hinzu: Vollständigkeit, Feinkörnigkeit, Relationalität, Extensionalität, Glaubwürdigkeit, Wert und Veränderlichkeit.[11] In der Regel wurden die Daten in einer Exceldatei zusammengetragen und mit einer spezifischen Software in Graphen und Modelle verwandelt. Eine historische Analyse der Graphen und Modelle erklärt nun, wie die Knoten durch die Kanten – samt deren spezifische Beschaffenheit und Dichte – miteinander verbunden sind. So hilft eine serielle Produktion von Netzwerkgraphen und -modellen zu einem Knoten dabei, Muster, Trends und Veränderungen über einen bestimmten Zeitraum zu erkennen. Das Netzwerk kann dabei ein Verhalten an den Tag legen, dass entweder als robust, resilient oder vulnerabel bewertet wird.[12]

In dieser Form also trat die soziale Netzwerkanalyse in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in die Geschichtswissenschaften.[13] Die Gründung der Zeitschrift Social Networks, herausgegeben von den US-Amerikanern Linton C. Freeman und John C. Mitchell sowie dem Schweizer Rolf Ziegler, markierte 1978 den Anfang für diese Entwicklung, auch wenn die darin publizierten Beiträge kaum auf historische Daten zurückgriffen. Im selben Jahr aber veröffentlichten die bereits erwähnten David Herlihy und Christiane Klapisch-Zuber ihre Pionierarbeit über die erste vollständige florentinische Steuererhebung, auch erste Aufsätze zur sozialen Netzwerkanalyse, die Daten aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit verarbeiteten, wurden publiziert. Richard M. Smiths „Kin and Neighbors in a Thirteenth-century Suffolk Community“ von 1979 gehört zu einem der ersten Beiträge mit diesem methodischen Ansatz.[14] Smith war ein Vertreter der Historischen Geographie, der seine Ausbildung an der University of Cambridge erhalten und sich in seinen frühen Arbeiten mit der englischen Bauernschaft beschäftigt hatte. Er verwendete dabei Graphen sowie das Modell von John A. Barnes – ein australischer Soziologe, der erstmals 1954 zu diesem Themenkomplex veröffentlicht hatte[15] –, um herauszufinden, wie dicht die Netzwerke zwischen Verwandten und Nachbarn in Suffolk waren. Zwei Jahre später besprach Smith auch ausführlich die Monografie von Herlihy und Klapisch-Zuber, in der er hervorhob, wie sehr John Hajnals Arbeiten das neue Forschungsfeld der demographischen Geschichte beeinflusst hätten.[16] Smith untersuchte dabei vor allem Hajnals Daten zum Jahr 1377, um Einblicke in das Heiratsalter im Mittelalter zu gewinnen; allerdings sollte dies sein einziges Werk bleiben, in dem er mit der sozialen Netzwerkanalyse gearbeitet hat.

Der Einsatz der sozialen Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften lässt sich nicht unbedingt als eine Entwicklung ansehen, die dynamisch oder beständig verlaufen wäre.[17] Erst in den frühen 1990er Jahren waren dann die ersten methodischen Beiträge zur Anwendbarkeit der sozialen Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften erschienen.[18] Deren Autor:innen allerdings zogen meistens die Theorie der praktischen Anwendung vor – so etwa bei der Mediävistin Elizabeth A. Clark, die 1991 einen Artikel zu Elitennetzwerken und Ketzereiklagen im Frühchristentum des 5. und 6. Jahrhunderts veröffentlichte.[19]

In der Zwischenzeit waren die handschriftlichen Daten, die Molho und seine Mitarbeiter 1978/79 aus dem florentinischen „Heiratsfonds“ (Monte delle doti) – einer einzigartigen Quellensammlung zu Mitgifts- und Heiratspraktiken im Spätmittelalter und in der Renaissance – zusammengetragen hatten, von einer Forschergruppe an der Harvard School of Public Health digitalisiert worden.[20] Die heutige soziale Netzwerkforschung in den Geschichtswissenschaften hat auch vieles der sogenannten „Harvard Revolution“ zu verdanken, hatte doch beispielsweise der Soziologe Harrison C. White die jüngeren Forscher:innen dazu ermuntert, ihre Aufmerksamkeit auf historische Daten zu richten.[21] 1976 veröffentlichte er zusammen mit einem Mathematiker und einem weiteren Soziologen einen einflussreichen Artikel in der American Journal of Sociology über Blockmodelle von Rollen und Positionen.[22]

Ebendort publizierten 1992 Peter S. Bearman, ein Schüler Whites, und der Doktorand Glenn Deane einen Artikel zur „Middle-Class Mobility in England, 1548–1689“.[23] Er beruhte auf Bearmans Dissertation und nutzte Blockmodelle, um die Daten von 7654 freien Männern zu untersuchen, die zwischen 1548 und 1689 in Norwich gelebt hatten. Der Artikel versuchte zum einen herauszufinden, welchen Berufen diese Männer nachgingen, und zum anderen, auf welche sozialen und religiösen Ursprünge sich der Englische Bürgerkrieg zurückführen lasse. Die beiden Autoren hielten fest, dass marginale Daten und zu wenige Stichproben eine Analyse der intergenerationellen Mobilität vor der Industriellen Revolution enorm erschwerten; ein Jahr später erschien dann Bearmans Monographie „Relations into Rhetorics“. Deren Aufnahme wiederum war zwiespältig: Einige Historiker und Sozialwissenschaftler kritisierten ihre fragwürdigen Ergebnisse, da Bearman seine Arbeit ausschließlich auf Sekundärliteratur aufgebaut hatte[24], andere (Soziologen) hingegen würdigten gerade seinen methodischen Ansatz[25].

III. Florenz: Wiege der Renaissance und der Historischen Netzwerkforschung

Auch Christopher K. Ansell, 1993 an der Universität Chicago in Politikwissenschaft promoviert, besprach Bearmans Monografie[26] und würdigte besonders dessen Frage nach der Verbindung zwischen sozialen Netzwerken und der Entstehung der abstrakten Rhetorik. In Chicago arbeitete Ansell mit dem Soziologen und ehemaligen Kollegen von Harrison C. White, John F. Padgett, zusammen. Während seiner Zeit in Harvard hatte White in den frühen 1980er Jahren Padgett dazu gebracht, sich mit historischen sowie sozialtheoretischen Fragen zu befassen.[27] Das erste Ergebnis war nun die Veröffentlichung von besagtem Aufsatz „Robust Action and the Rise of the Medici, 1400–1434“ im American Journal of Sociology, in dem Padgett und Ansell auf Grundlage von Sekundärliteratur und Blockmodellen ein historisches Phänomen untersuchten. Trotz der offensichtlichen Nähe, die der Aufsatz methodisch zu Bearmans Arbeiten aufwies, sind diese bis heute kaum rezipiert worden, während „Robust Action“ mindestens 2841 unabhängige Zitationen generiert hat.[28]

Schon die frühe Definition von Big Data legt nahe, warum sich gerade die italienische Frührenaissance und nicht irgendeine andere Region oder irgendein anderer Zeitraum zur Erprobung von digitalen Methoden, darunter besonders von Netzwerkforschung, besonders gut eignet. Die schriftlichen Überlieferung zu Florenz, aber auch zu anderen Städten wie etwa Lucca, ist im Vergleich zu anderen europäischen Archiven in ihrem Bestand bis in die Frühe Neuzeit außergewöhnlich umfangreich, vielfältig, aber auch kohärent – was wiederum die Erhebung von Big Data ermöglicht.

Dass die Arbeiten von Bearman auf der einen und Padgett und Ansell mit ihrem Aufsatz auf der anderen Seite so ungleich zitiert worden sind, liegt aber wahrscheinlich auch noch an anderen Faktoren. Einmal sind da die wenigen Selbstzitate von Bearman und die strittige Sekundärliteratur, auf die sich sein Werk stützt. Zum anderen hat sich Padgett seit der Veröffentlichung von „Robust Action“ kontinuierlich mit der Geschichte der Frührenaissance weiterbeschäftigt und dadurch die Möglichkeit erhöht, Einfluss auf die Forschungen anderer zu nehmen; so etwa geschehen mit Dale V. Kent, einer der führenden Renaissancehistoriker:innen, die er unter anderem zu einer Untersuchung der beiden gegensätzlichen politischen Fraktionen animiert hat[29] – was sicherlich in höherem Maße dazu beigetragen haben dürfte, dass „Robust Action“ in der Geschichtswissenschaft Bekanntheit erlangt hat. Auch der Renaissancespezialist Arthur Field hatte sich positiv dazu geäußert; für ihn war es aufschlussreich, wie sich mit der von den beiden Autoren angewandten Methode die Macht der Medici und der Gegenfraktion modellieren lasse.[30]

Auch durch Padgetts konsequentes Heranziehen von Primärquellen lässt sich der unverhältnismäßige Erfolg von „Robust Action“ erklären. Dass er sich in seinen Überlegungen überhaupt die Interessen der Historiker zu eigen machte, lag an Padgetts persönlicher Begegnung mit David Herlihy – dieser hatte ihm nämlich die Mikrofilme des catasto 1427–1429 angeboten. Alle weiteren Argumentationen sollten sich in großem Umfang auf Primärquellen stützen, wie zum Beispiel auch jene, die er 1996 gemeinsam mit seinem ehemaligen Studenten Paul D. McLean entwickelte. Ihre Zusammenarbeit hatte zwei längere Beiträge hervorgebracht, die die parallele Entwicklung von Gesellschaft und Organisationssystemen im Florenz der Renaissance in den Blick nahmen, wobei der Fokus insbesondere auf dem Aufstieg der Partnerschaftssysteme lag.[31] Überdies haben beide gemeinsam zwei Buchkapitel zum Handelskreditnetz in Florenz verfasst[32], enthalten doch die Steuererklärungen des catasto von 1427 Informationen zu den Kreditbeziehungen zwischen den Haushalten und den Händlern, also zu Aspekten, die für Herlihy und Klapisch-Zuber nur von geringem Interesse gewesen waren.[33]

14 Jahre nach Bearmans Publikation steuerte McLean seine eigene Monografie „The Art of the Network“ der Diskussion bei[34], sie erregte unmittelbar großes Interesse bei den Soziolog:innen wie auch bei den Historiker:innen. Dale V. Kent äußerte sich lobend über diese Mikrostudie zum Mäzenatentum in der Renaissance und hob hervor, dass die Gruppe um Padgett ein in der Forschung lange vernachlässigtes Thema wieder in den Lichtkegel gerückt habe. Kent bezeichnete McLeans Buch als „ein erfreulicher und insgesamt gelungener Versuch, soziale Theorien auf ein komplexes historisches Phänomen anzuwenden“.[35] Jüngere Historiker:innen folgten durchaus Kents Einschätzung[36]: Paula Findlen etwa sah McLeans Studie in einer Reihe mit den quantitativen Analysen, die mit David Herlihy und Christiane Klapisch-Zuber zum catasto von 1427 ihren Anfang genommen hatten, und meinte in ihr „die umfassendste Entwicklung“ unter all jenen Werken auszumachen, deren Autoren sich bislang aus dem methodischen Werkzeugkasten der Sozialwissenschaften bedient hatten.[37] Und Nicholas Scott Baker war der Meinung, dass McLeans bleibender Beitrag in „seiner Methode sowie in seinem Zugang zum Begriff von Kultur“ bestehe, da er ebendiese zum Gegenstand der sozialen Netzwerkforschung gemacht hatte.[38]

Derart positive Besprechungen entfachten rasch ein größeres Interesse an einem solchen Zugang und führten dazu, dass zahlreiche Mediävist:innen und Frühneuzeitler:innen verstärkt auf McLeans Buch – neben Inhalt und Ergebnisse auch auf die Methode – verwiesen.[39] Eine deutschsprachige Veröffentlichung zur sozialen Netzwerkanalyse brachte allerdings ans Licht, dass nun trotz breiterer Rezeption der Netzwerkanalyse die Geschichtswissenschaften dennoch kaum sozialwissenschaftliche Methoden aufgenommen hatten.[40] Wie der gleiche Sammelband aber ebenfalls darlegt, lässt sich die Empfänglichkeit für die Innovationen der historischen Netzwerkforschung geographisch und sprachlich aufschlüsseln, zeigten sich doch die nordamerikanische und auch die deutschsprachige Forschung deutlich offener für derartige Ansätze. Eine Erklärung hierfür könnte der eigentümliche Umstand bieten, dass gerade die Renaissanceforschung in den USA und in Europa recht weit auseinanderstehen. Anthony Molho hatte andernorts bereits darauf hingewiesen, dass „eines der Grundpfeiler historischer Weisheit in Amerika darin besteht, dass Renaissance und Moderne eng miteinander verbunden sind,“ weil die Amerikaner:innen „in der Renaissance einen historischen Moment identifiziert haben […], der ihrer eigenen Gesellschaft wie Ideologie recht nahe schien“.[41]

Etliche amerikanische Forscher:innen haben nun aus dieser Motivation heraus Studien veröffentlicht, um so die Einzigartigkeit der italienischen, insbesondere toskanischen, Städte aufzuzeigen, zumal sie hier auf reiche Archivbestände zurückgreifen konnten. Molhos eigener Beitrag hierzu befasste sich einmal mit den methodologischen Fortschritten, die die Geschichtswissenschaften in den USA und in Deutschland erzielt hatten, und zum anderen damit, wie sich die Renaissanceforschung langsam durchgesetzt hat. Ihm zufolge habe sich diese seit den 1930er Jahren deswegen in den USA zu einem hochdifferenzierten Forschungsfeld entwickeln können, weil insbesondere deutschsprachige, und hierunter meist jüdische, Wissenschaftler in großer Zahl in die USA eingewandert waren. Sie hatten ihre tiefe Wertschätzung für die Geschichte der italienischen Renaissance mitgebracht (und gleichzeitig die Erforschung ihrer eigenen historischen Tradition aus den Augen verloren). Erst in den 1960er Jahren begannen US-Wissenschaftler wie etwa David Herlihy selbst damit, archivbasierte Studien zur florentinischen Geschichte zu veröffentlichen.[42] Nicht ohne Grund bilden also die Traditionen der deutschen Geschichtswissenschaft – etwa in den Werken von Hans Baron – die Grundlage der Renaissanceforschung in den USA.[43] Die methodischen Fortschritte in den USA und in Deutschland sind demnach seit etwa einem Jahrhundert eng miteinander verbunden, die einen lassen sich ohne die anderen nicht verstehen. Es sollte vor diesem Hintergrund daher kaum wundernehmen, dass methodologische Neuerungen aus den USA – digitale Geisteswissenschaften, soziale Netzwerkanalyse – in Europa vor allem in der deutschsprachigen akademischen Welt auf fruchtbaren Boden gefallen waren.

Laut der Bibliographie „The Historical Network Research Community“ haben bis 2009 nur Smith, Padgett, McLean, und zwei Historikerinnen, Margaret Mullett und Claudia Garnier, in ihren Arbeiten Modelle und Graphentheorie auf Daten aus dem Mittelalter oder der Renaissance angewandt.[44] Mullets englischsprachige Monografie von 1997 über die Briefe des byzantinischen Bischofs Theophylact von Ochrid stieß mit seinem methodischen Ansatz kaum auf Resonanz[45], drei Jahre später erschien Garniers deutschsprachiges Buch über die politischen Netzwerke der Fürsten im 13. Jahrhundert – aber auch hier gingen die Besprechungen kaum auf die angewandte Methode ein[46].

2009 ließ sich dann ein deutlicher Anstieg in der Anzahl von Studien beobachten, die die soziale Netzwerkanalyse für das Mittelalter und die Frühe Neuzeit nutzten. Dies hing möglicherweise damit zusammen, dass das Interesse an sozialen Netzwerkplattformen insgesamt gestiegen war, zumal diese – etwa Facebook – um 2008 aufgesetzt worden waren.[47] Überhaupt sollte die generelle Faszination an sozialen Netzwerken und „Networking“ eine tiefgreifende Wirkung darauf haben, wie dieser neue Ansatz von Geisteswissenschaftler:innen wahrgenommen wurde. Der numerische Anstieg solcher Arbeiten in diesem Zeitraum bedeutete allerdings nicht, dass sich dieser Aufschwung stabil über einen längeren Zeitraum hielt. Zwischen 2009 und 2021 wurde jedes Jahr mindestens eine Arbeit veröffentlicht, die meisten erschienen auf Englisch, einige aber auch auf Deutsch und drei auf Französisch. 2022 und 2023 wurden neben Studien zur europäischen auch einige Werke zur chinesischen Geschichte publiziert, die mit sozialer Netzwerkanalyse arbeiteten, etwa zur Korrespondenz zweier exponierter Figuren der Song-Dynastie im 11. und 12. Jahrhundert von Ming-Kin Chu. Es ist jedoch davon auszugehen, dass nicht alle Arbeiten, die in nichtwestlichen Sprachen verfasst wurden, auch Eingang in die Bibliografie gefunden haben.

Ebenso fällt auf, dass bis 2023 viele dieser Wissenschaftler:innen nur eine oder zwei eigenständige Arbeiten vorgelegt haben, in denen sie die soziale Netzwerkanalyse auf das Mittelalter bzw. die Renaissance angewendet haben; lediglich Padgett, McLean, Johannes Preiser-Kapeller und Robert Gramsch-Stehfest taten sich durch mehrere relevante Publikationen hervor. Seit 1979 sind insgesamt sechs Monografien erschienen, eine Zahl, die den noch explorativen Charakter dieses Ansatzes deutlich vor Augen führt. Die Mehrheit der Autor:innen wurden als Historiker:innen und nicht als Sozialwissenschaftler:innen ausgebildet mit Ausnahme von Padgett, McLean, Opitz und Van Doosselaere. Diese Arbeiten decken eine Vielzahl unterschiedlicher (territorial abgesteckter) Forschungsfelder ab, etwa Byzanz, das Königreich England, das Königreich Schottland, das Heilige Römische Reich, die Hanse, Florenz, Genua, die Region Makedonien und China.

IV. Angelegenheit der Historiker:innen: Sozialgeschichte oder historische Soziologie?

1998 machte der Historiker Charles Wetherell in einem Aufsatz drei Gründe aus, die einer Anwendung der sozialen Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften im Wege standen. Einen ersten Hinderungsgrund sah er darin, dass im Vergleich zu den 1970er und 1980er Jahren ein rückläufiges Interesse an interdisziplinären Methoden festzustellen sei. Zweitens, so Wetherell, sei eine Marginalisierung der quantitativen Methoden zu beobachten. Und drittens schließlich liege das Hindernis in den Primärquellen selbst, von denen nämlich nur wenige eine hohe Aussagekraft zu Ort, Zeit und Tätigkeit besäßen.[48] Darüber hinaus gibt es freilich weitere, womöglich bedeutendere Faktoren, die die Wahl der Forschungsmethoden zur Geschichte des Mittelalters und der Renaissance beeinflussen. Der wesentliche Kritikpunkt, den man gegen Bearman und McLean ins Feld geführt hat, benennt offensichtlich genau, was viele Historiker bislang davon abgehalten hatte, die Netzwerkanalyse als ein Verfahren in Betracht zu ziehen, das ihre „traditionellen“ historischen Forschungsansätze hätte erweitern können. Paula Findlen etwa bemängelte bei McLean, dass das Florenz der Frührenaissance zwar als Fallstudie einer historischen Soziologie fungiert, allerdings in keinen breiteren historischen Kontext eingebettet wird.[49] Der Historiker Joel Berlatsky wollte Bearmans Monographie als „eine Mahnung“ dafür verstanden wissen, „dass soziologische Geschichte und historische Soziologie zwei ganz unterschiedliche Genres sind“, und betonte dabei den krassen Unterschied zwischen Geschichte und Soziologie.[50] Um aber nun die Epitheta „soziologisch/sozial“ und „historisch“, wie sie in Berlatskys Rezension angeführt wurden bzw. gemeint waren, in ihren Bedeutungen umfänglich zu verstehen, muss man zu den Anfängen zurückgehen.

Gegen Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sich die Sozialgeschichte als unabhängiges Feld innerhalb der Geschichtswissenschaft zu etablieren begonnen. Damit setzte sie sich in Opposition zur vorherrschenden Politik- und Diplomatiegeschichte, aber auch zur Geschichte einzelner bedeutender Personen oder von Ideen. Einerseits übte die französische Annales-Schule, geprägt zunächst durch Marc Bloch und später durch Fernand Braudel, großen Einfluss auf die italienische Mittelalter- und Renaissanceforschung aus.[51] Andererseits hatten in Europa einige Sozialhistoriker:innen damit angefangen, sich der Erforschung des Alltags der „gewöhnlichen“ Menschen zu widmen. In der Zwischenkriegszeit hatte die Soziologie in den deutschsprachigen Ländern sowie in den USA eine Entwicklung erfahren, die maßgeblich durch die Werke von Max Weber und Émile Durkheim beeinflusst war. Bereits vor den 1960er Jahren hatte sich die Soziologie zu einer unabhängigen Disziplin formiert. Im ersten Band der im Jahr 1967 begründeten Zeitschrift Journal of Social History schlug Werner Conze eine Kurzdefinition der Sozialgeschichte vor, wonach diese die Analyse sozialer Strukturen, Prozesse und Entwicklungen vornehme und somit die Disziplinen Geschichte und Soziologie miteinander verbinde.[52] Conze allerdings, zu dieser Zeit Direktor des Instituts für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Heidelberg, war vorbelastet, hatte er sich doch in den 1930er Jahren öffentlich antisemitisch geäußert und später in der Wehrmacht reüssiert.[53] Während seine Sozialgeschichte nun in der Nachkriegszeit im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl von Anhängern fand[54], distanzierte sich die erste Generation genuin US-amerikanischer Wissenschaftler, die sich mit der italienischen Renaissance befasste, in den 1960er Jahren von ihm und seinem Zugang. Dies freilich konnte auch kaum überraschen, denn diese erste Kohorte an US-amerikanischen Renaissanceforschern war ja gerade durch die Schule emigrierter deutsch-jüdischer Wissenschaftler gegangen. Der Fokus ihrer Werke lag mehr auf der Stadtentwicklung, insbesondere von Florenz, Rom und Venedig, wobei es, wie etwa bei David Herlihy, durchaus Ausnahmen gab.[55]

Molho wies zudem nach, dass sich die amerikanische und italienische Historiographie in der Nachkriegszeit in zwei unterschiedliche Richtungen entwickelte, was sich mithin in den unterschiedlichen Fragestellungen niederschlug. Die italienischen Wissenschaftler:innen untersuchten beispielsweise – im Gegensatz zu den US-amerikanischen und den deutschsprachigen Autor:innen – eher ländliche Phänomene; Soziologie sowie Sozialgeschichte etablierten sich in Italien erst später als unabhängige Forschungsfelder. Der Durchbruch kam mit den politischen Protesten und Bewegungen von 1968. Die sogenannte „storia sociale“ war in Italien sehr stark von Antonio Gramscis Ideen zu den „classe subalterne“ beeinflusst, die in den 1970er Jahren zur Entwicklung der microstoria führen sollte.[56] Dies erfolgte ungefähr zur gleichen Zeit wie die weiter oben bereits erwähnte „Harvard Revolution“ in der Soziologie.

Obwohl also die Sozialgeschichte wie auch die historische Soziologie den gleichen Ursprung haben, hielten die Vertreter beider Strömungen über einen längeren Zeitraum hinweg aus ideologischen Gründen Abstand zueinander. Ebenso gingen die Repräsentanten der Mittelalter- und Renaissanceforschung in den USA und in Italien aufgrund ihrer unterschiedlichen methodischen Ansätze und Forschungsfragen auf Distanz. Die kritischen Einlassungen, die zur sozialen Netzwerkanalyse für das Mittelalter und die Renaissance gemacht worden sind, müssen daher notwendig vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen nationalen Voraussetzungen gesehen werden, unter denen sich die Geschichtswissenschaften und Soziologie jeweils entwickelt haben.

Auch in der Kultur- und Sozialanthropologie sowie in der Anthropologie im Allgemeinen lassen sich ähnliche Unterschiede zwischen den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland feststellen.[57] Die Kultur- und Sozialanthropologie entwickelte sich seit den 1960er Jahren primär in den USA im Schulterschluss mit der Kultursoziologie an Harvard und an der Chicago University.[58] In Frankreich dominierten über einen langen Zeitraum hinweg die theoretischen Modelle, die der Praxis der Feldforschung gegenüberstanden. Die Sozialanthropologie hingegen nahm in Großbritannien ihren Anfang, wo Institutionen und Feldforschung von Anbeginn an zentrale Rollen einnahmen. Eine gegenläufige Tendenz lässt sich seit den 1930er Jahren wiederum in der deutschsprachigen Anthropologie beobachten, in der eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden zum Einsatz kam. Diese nationalen und disziplinären Unterschiede sind bei der Auswahl von Forschungsthemen und -orten bis in die Gegenwart bedeutsam geblieben.

So kritisierte die Renaissanceforscherin Dale V. Kent – die gebürtige Australierin lehrte an der University of California – McLeans Monografie für deren starken Präsentismus, aber auch dafür, dass er sein analytisches Set dazu heranzog, um mit Vernetzungsmustern eine Kulturtheorie zu entwerfen.[59] McLeans Studie befasse sich nicht mit der Geschichte der „classe subalterne“, wie das die meisten Arbeiten mit soziologischen oder sozialgeschichtlichen Fragestellungen tun. Stattdessen richte er seine Aufmerksamkeit auf die Florentiner Oberschicht in der Frührenaissance in der Absicht, ein gegenwärtiges Phänomen historisch zurückzuverfolgen und dessen Wurzeln freizulegen. Kent lehnt es ab, dass ein präsentischer analytischer Zugang den Nachweis für eine Kulturtheorie zu erbringen versucht, indem er moderne Muster der Vernetzung im Florenz der Renaissance zu finden hofft.

Der Präsentismus steht seit einiger Zeit wieder im Mittelpunkt von Debatten. 2017 widmete die Zeitschrift Past and Present diesem Thema einen Sonderband, in dem die Mediävistin Miri Rubin freimütig eingestand, dass ihr zuvor der Begriff „Präsentismus“ – zumindest in schriftlicher Form – nur selten untergekommen sei.[60] Wird der Vorwurf des Präsentismus erhoben, so Rubin, dann bedeute dies häufig, dass sich die betreffenden Historiker:innen der Sünde des Anachronismus schuldig gemacht hätten. Mit Marc Bloch argumentiert Rubin aber für eine engagierte und offensive Aufnahme von Konzepten und Forschungsfragen und betont die Wichtigkeit, ethische Fragen in der Forschung zu stellen. Evelyn Welch spricht sich hingegen mit Benedetto Croce als Gewährsmann für einen Präsentismus aus und weist darauf hin, dass die Historiker:innen nach den aktuellen Problemlagen in der Vergangenheit suchen.[61] Auch stellt sie die Frage, ob es denn überhaupt möglich sei, eine historische Epoche in der ihr eigenen Perspektive zu untersuchen, und nimmt dabei Bezug auf Richard A. Goldthwaites These über den starken Konnex zwischen dem aufkommenden Kapitalismus und der Kunstproduktion im Florenz der Renaissance, welches er als eine konsumgesteuerte Kunstwelt beschrieben hatte.

Goldthwaite hat sich generell kritisch zur Brauchbarkeit der sozialen Netzwerkforschung geäußert. Dennoch widmete er in seiner Monografie „The Economy of Renaissance Florence“ (2009) ein ganzes Kapitel dem „Netzwerk“, bot dort allerdings keine präzise Definition des Begriffs an.[62] Erst nach einiger Lektüre wird deutlich, dass Goldthwaite „Netzwerk“ als Oberbegriff für die florentinischen Auswanderer verwendet, die ihre Heimatstadt mit nahezu allen Orten der bekannten Welt vernetzt hatten. Es war offenbar der Wirtschaftshistoriker Goldthwaite, der auf den Wegen der älteren Wirtschaftshistoriker wie Raymond de Roover und Frederic C. Lane wandelte.[63] Seine Studien spiegeln in vielerlei Hinsicht die amerikanischen Traditionen der Geschichtswissenschaft wider, doch stand Goldthwaites Schreiben auch in ständigem Dialog mit der italienischen Akademia.

Der italienische Wirtschaftshistoriker Sergio Tognetti, der mit Goldthwaite eng zusammengearbeitet hat, kritisierte das 2009 von Quentin Van Doosselaere veröffentlichte Buch für seine Methoden, seinen theoretischen Hintergrund und auch seine daraus gezogenen Schlussfolgerungen vehement.[64] Van Doosselaere ist ein weiterer Soziologe aus der Schule von Harrison C. White und Schüler von Peter Bearman. Van Doosselaere untersuchte das Commenda-System in Genua und griff eine zentrale Theorie an, der zufolge familiäre Bindungen eine Schlüsselrolle in mittelalterlichen Handelsnetzwerken übernehmen. Obwohl Van Doosselaere Primärquellen dazu heranzog, gefiel Historiker:innen das Buch aus verschiedenen Gründen nicht.[65] Zur Methodik stellte Tognetti etwa fest, dass die Arbeit auf Daten basiere, die mithilfe computergestützter algorithmischer Modelle – typische Bestandteile der Soziologie – manipuliert worden seien. Ein weiterer Kritikpunkt Tognettis betraf den neoinstitutionellen theoretischen Hintergrund, insbesondere die Rolle der neu geschaffenen Institutionen während der kommerziellen Revolution. Gleichzeitig argumentieren die Arbeiten von Padgett und McLean sowie von Francesca Trivellato, dass das Commenda-System in Florenz keine Bedeutung gehabt habe – was sich so mindestens bis zum Ende des 15. Jahrhunderts beobachten lasse.[66] In einem weiteren Artikel setzt sich Tognetti mit der Frage auseinander, ob die Anwendung der sozialen Netzwerkanalyse, theoretisch anspruchsvoller Ansätze und kleinteiliger Diagramme ohne solide Hintergrundinformationen und Kenntnisse der historischen Subdisziplinen nicht dazu führen könnte, die eigentlich zentralen Merkmale der europäischen Handelselite aus dem Blick zu verlieren. Er beschrieb diese Gesellschaft als ein Gefüge von Familien, die durch Heiratsallianzen und gemeinsames politisches, kulturelles, korporatives und spirituelles Handeln miteinander verbunden waren – sie also Eigenschaften einer begrenzten Gemeinschaft aufwiesen, die sie dazu befähigten, sowohl lokale als auch internationale Netzwerke auszubilden.[67] Tognettis Modell ist freilich speziell auf die florentinische Handelselite, seinem Forschungsgebiet, zugeschnitten; offen bleibt jedoch die Frage, inwieweit seine Definition auch auf andere Teile Europas angewendet werden kann.

Die Frühneuzeithistorikerin Céline Dauverd warf in ihrer Besprechung von Van Doosselaeres Monografie dem Autor die vollständige Abwesenheit von Personen, das heißt von den einzelnen Akteuren, vor; Eigennamen habe der Autor einfach durch „Netzwerk“ ersetzt.[68] Ihre Kritik überrascht nicht wirklich, denn als Historiker:in muss man sich natürlich schon die Frage stellen, ob eine Analyse sozialer Netzwerke ohne die Berücksichtigung der konkret beteiligten Personen tatsächlich möglich ist. Van Doosselaeres fasst Netzwerke und Institutionen als lebende Organismen, als unabhängige und entscheidungsfähige Entitäten, um so seine Theorie zu erhärten, dass Handelsnetzwerke in der Frührenaissance sich nicht verwandtschaftsbasiert ausbildeten.[69]

In der Soziologie sowie in der sozialen Netzwerkanalyse sind derartige theoretische Modelle zentral, um Phänomene, Tendenzen und Muster im Kontext spezifischer Fragestellungen zu interpretieren. Van Doosselaere untersuchte Familien, um Muster in der Geschäftsanlage und der Auswahl von Geschäftspartnern zu identifizieren und so seine Theorie zu stützen, dass Institutionen signifikant seien.[70] Dies führt nun dazu, dass er in seiner Analyse drei unterschiedliche narrative Ebenen einzieht: einmal die der konkreten Menschen, dann die der Familien und schließlich eine dritte, die sich mit den Institutionen oder alberghi befasst. Van Doosselaeres Monografie kann in diesem Sinne, so zumindest Bruno Figliuolo, als ein Beispiel dafür gelten, dass Netzwerken das soziale Moment abhandengekommen sei. Figliuolo, Spezialist für das Spätmittelalter und die Frührenaissance, hat daher in seiner bedeutenden Arbeit zur Ausbreitung der florentinischen Handelsnetzwerke in Italien eigens auf die Tücken von „Modellbildung“ (modellizzazione) in den Geschichtswissenschaften hingewiesen.[71]

Neben dem Italien der Frührenaissance war es die deutsche Hanse, mit der Historiker:innen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit häufig den Begriff „Netzwerk“ verbanden. Die deutschsprachige Arbeit von Mike Burkhardt zur Geschichte der Hanse, ebenfalls 2009 veröffentlicht, betont die Unterschiede zwischen den verschieden Analyseebenen deutlicher, als dies Van Doosselaere in seiner Monografie getan hat.[72] Burkhardts Buch dürfte aufgrund der sprachlichen Barriere vermutlich nicht überall rezipiert worden sein; die überwiegende Mehrheit der erschienenen Besprechungen begnügte sich zudem oft mit einer inhaltlichen Wiedergabe, ohne sich tiefergehend mit der Methodik auseinanderzusetzen. Dem Historiker Georg Christ zufolge wären etwa mehr Fallstudien und eine vergleichende Perspektive wünschenswert gewesen.[73] Gleichzeitig betonte er, dass Burkhardt die Netzwerkanalyse mit anderen historischen Methoden kombiniert habe, um unterschiedliche Zeiträume und spezifische soziale Gruppen in den Fokus zu rücken. Cornelia Neustadt, eine weitere Historikerin, die Burkhardts Buch besprochen hat, hob zwar hervor, dass die Hanse nach wie vor auf ein anhaltendes wissenschaftliches Interesse stoße[74], doch hatten die in ihrer Rezension zitierten Werke methodisch weder die Graphentheorie noch analytische Modelle verwendet, um die strukturelle Entwicklung der Hansestädte zu erforschen.[75] Und die Historikerin Antjekathrin Grassmann wies schließlich darauf hin, dass Burckhardts Ansatz gerade bei der Verarbeitung großer Mengen prosopographischer Daten – Burckhardt hatte ein Set von 1658 Kaufleuten untersucht – von Nutzen sei.[76]

V. Herausforderungen: Große Daten oder „kleine“ Daten?

Neben den ideologischen, konzeptuellen und methodologischen Problemen steht die Geschichtswissenschaft in diesem Bereich aber noch vor ganz anderen Herausforderungen. Es stellt sich nämlich die Frage, inwieweit Daten als Big Data verfügbar und folglich entsprechend groß in der Menge, groß im Durchsatz und breit in der Vielfalt vorhanden sind.[77] Jonathan Shepard, Spezialist für Byzanz und die Kiever Rus’, hat kürzlich die Sorge geäußert, dass dies für eine global ausgerichtete mittelalterliche Geschichte möglicherweise nicht der Fall sei.[78] Untersuchungen zu Florenz, Genua und Lucca im Spätmittelalter und der Frührenaissance im 14. und 15. Jahrhundert haben allerdings gezeigt, dass Shepards Beobachtung (und Sorge) nicht uneingeschränkt zutrifft. Wie also sieht es mit anderen geographischen Regionen aus, unter welchen Bedingungen lassen sich Big Data historisch nutzen?[79] Streng numerisch betrachtet, stellen beispielsweise die 1658 Kaufleute, die Burckhardt analysiert hat, hierzu keinen wirklich brauchbaren Maßstab auf, da ja der Datensatz die Bedingung „groß in der Menge“ kaum erfüllen dürfte – auch wenn man hinzufügen muss, dass solche Kategorisierungen relativ und immer im Kontext weiterer Datensätze dieser Art zu sehen sind.

Der letzte Teil des Artikels widmet sich vier laufenden digitalen geisteswissenschaftlichen Projekten als Fallstudien, die die soziale Netzwerkanalyse verwenden und mitunter auch einen prosopographischen Ansatz verfolgen. Die Auswahl der Fallstudien erfolgte nach Kriterien der geographischen Vielfalt, eines größeren Untersuchungszeitraumes (9.–15. Jahrhundert) sowie ihrer breiten Analyseperspektiven (städtisch, regional, europäisch, global). Die Projekte nehmen ihre Datenerfassung in zumindest teilweise miteinander verbundenen Datenbanken vor, die durch einen gemeinsamen Schlüssel oder Identifikator verknüpft sind und üblicherweise in Tabellen dargestellt werden – bestimmte Schlüssel ermöglichen die Verbindung unterschiedlicher Datensätze. Ein Beispiel liefert das RELEVEN-Projekt, bei dem Personen, Orte und Texte mit einem Identifikator versehen werden: Zunächst wird eine kurze Einleitung zu den einzelnen Vorhaben gegeben, dann folgt die Beschreibung der Datenbanken sowie der primär genutzten Archivmaterialen und abschließend werden die methodischen Ansätze genauer diskutiert, die selektive Datenauswahl erklärt und die wichtigsten historischen Fragestellungen eingeordnet.

Es werden nun vier Forschungsprojekte genauer in den Blick genommen. Geografisch klar definiert und bereits in einem fortgeschrittenen Stadium bei der Datenerfassung ist das Projekt „Stadt und Gemeinschaft im mittelalterlichen Wien“ (Projektleiterin Christina Lutter).[80] Es konzentriert sich auf die in Urkunden und in der Verwaltungsüberlieferung erfassten prosopographischen Daten und ermöglicht eine systematische Analyse von Verwandtschafts- und Geschlechterbeziehungen, Gütergemeinschaften und Beziehungen zu geistlichen Institutionen.[81] Die Datenbank des Projekts erfasst eine Fülle an Informationen über die genannten Akteure, darunter Aussteller, Empfänger, Siegler, Intervenienten und Zeugen, jeweils beiderlei Geschlechts, sowie Grundherren und -frauen und mit diesen in Verbindung stehende Personen und Institutionen. Darüber hinaus werden personen- oder institutionenbezogene Informationen wie Ämter, Berufe, Titel und Verwandtschaftsbeziehungen erfasst.

Die Datenbank basiert auf der Sammlung der mittelalterlichen Wiener Urkunden von Beginn der Überlieferung im Jahr 1177 bis derzeit 1411 sowie auf den sogenannten Wiener Stadtbüchern (1395–1430).[82] Die Digitalisate und Regesten des Urkundenbestandes sind auf Monasterium.net, der größten virtuellen Urkundendatenbank Europas, zugänglich und bieten die Grundlage der Erhebung für die Datenbank.[83] Der ediert vorliegende Bestand der Wiener Stadtbücher („Testamentbücher“) wurde für die Jahre 1395 bis 1400 vom Projektteam für die Datenbank erfasst und kuratiert.[84] Diese Bücher enthalten neben letztwilligen Verfügungen eine Vielzahl anderer Rechtsgeschäfte wie etwa sogenannte „Verwandtschaftsweisungen“.[85]

Auf eine innovative Weise nutzt das Projekt digital gestützte Prosopographie als Basis für historische Netzwerkanalysen.[86] Die Modellierung der Datenbank orientiert sich am Muster der factoid prosopography. Die Aufbereitung der Daten, die Anlage der Register und die Auszeichnung (tagging) der Textsegmente erfolgen mit Hilfe des XML-Editors „Oxygen“ und basieren auf den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI).

Wie bereits erwähnt, ist eines der Quellenkorpora, die in diesem Projekt ausgewertet werden, der Urkundenbestand der „Quellen zur Geschichte der Stadt Wien“, der den Zeitraum von 1177 bis 1526 abdeckt. Im Vergleich dazu ist besonders hervorzuheben, dass nur sehr wenige zentraleuropäische Städte über eine ähnlich vollständige Urkundenreihe vom Mittelalter verfügen. Zum Beispiel sind die ersten Protokollbücher von den freien königlichen Städten wie Pressburg (Bratislava)[87] und Ödenburg (Sopron)[88] aus dem benachbarten Königreich Ungarn-Kroatien auf die 1420er und auf die 1390er Jahre datierbar[89]. Obwohl die Bücher eine hohe Kohärenz aufweisen und die darin enthaltenen Urkunden einschließlich der Testamente aus den einzelnen Städten stammen, bleibt der Umfang im Vergleich zu den Wiener Stadtbüchern bis zu den 1430er Jahren eher klein.[90] Die Dürftigkeit der Quellen, häufig bedingt durch die weite Verbreitung der oralen Kultur als Medium zur Weitergabe des Familienerbes, zeigt unmissverständlich, welchen Wert die Wiener Materialien im zentraleuropäischen Kontext einnehmen.

Das zweite analysierte Projekt „Ruling in Hard Times. Patterns of Power and Practices of Government in the Making of Carolingian Italy“, im Jahr 2020 initiiert, widmet sich der Untersuchung von Machtstrukturen und Regierungspraktiken im karolingischen Italien. Die Leitung des Projekts obliegt Giuseppe Albertoni in Zusammenarbeit mit drei weiteren Kollegen, Stefano Gasparri, Gianmarco De Angelis und Fabrizio Oppesidano. Der zeitliche Schwerpunkt des Projekts liegt auf der Herrschaft Lothars I. (822–850), während der geographische Schwerpunkt auf dem mittleren und dem nördlichen Teil der Halbinsel liegt. Ein zentrales Problem des Projekts ist mit der Transformation des Regnum Langobardorum in das Regnum Italiae/Italicum verbunden, das gegen den Druck von Venedig, Rom und dem byzantinischen Italien begründet wurde. Der erste Sammelband des Projekts fokussiert auf die kirchliche Macht sowie die Netzwerke der Bischöfe und die Texte spezifischer Städte und Regionen des Regnum.[91] Im Gegensatz dazu beschäftigt sich der zweite Sammelband mit der ostgotischen Periode in Italien.[92] Die damit verbundene Dokumentation der Sammlungen ist zahlreich und vielfältig und umfasst narrative Quellen sowie Manuskriptsammlungen aus Italien und anderen Ländern.[93]

Zu den in Italien befindlichen Kodizes zählen sowohl die originalen, zeitlich in den untersuchten Zeitraum fallenden Kodizes als auch später angefertigte, authentische Kopien. Die umfangreichste Sammlung befindet sich wahrscheinlich in der Biblioteca Capitolare Feliniana in Lucca und umfasst 800 Kodizes aus dem Zeitraum von 713 bis 1000. Die Staatliche sowie die Erzdiözesanbibliothek in Lucca besitzen vier weitere Kodizes, die von der Forschergruppe auch herangezogen wurden. Darüber hinaus sind weitere Kodizes aus dem 9. Jahrhundert im Archivio del Capitolo della Basilica di S. Ambrogio in Mailand, im Vatikanischen Apostolischen Archiv sowie in den Kapitelsbibliotheken von Ivrea, Modena, Novara und Padua zu finden. Aber es gibt auch noch zumeist spätere Kodizes in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand und in der Kapitelsbibliothek in Verona, die für das Projekt untersucht wurden[94]; die 28 weiteren Quellen stammen aus französischen, deutschen und schweizerischen Sammlungen. Laut dem Projekt „Biblissima“, einer digitalen Sammlung europäischer Handschriften des Mittelalters, existieren heute in Europa 48 Handschriften aus der Zeit Lothars I. – unter diesem Gesichtspunkt ist Anzahl wie Reichhaltigkeit der im Rahmen des Projekts „Ruling in Hard Times“ konsultierten Kodizes bemerkenswert.[95]

Die 108 narrativen Quellen, die von den Projektmitarbeitern untersucht wurden, fallen nun unterschiedlicher aus. Einige Autoren, wie etwa Angelus von Ravenna und Andrea von Bergamo, lebten in der Zeit Lothars I., während viele andere Texte jedoch aus dem Früh- oder Spätmittelalter stammen und nicht in Italien verfasst wurden. Zusätzlich zu den Kodizes und den narrativen Quellen sind die kaiserlichen und königlichen Urkunden, Kapitularien sowie die päpstlichen Bullen zu Schenkungen, Kauf, Verkauf oder Tausch von Immobilien zu nennen oder die vierzehn Kapitularien Lothars I., die mit Bezug auf oder in Italien selbst verfasst wurden.[96] Die vielfältigen italienischen Quellen enthalten zudem die sogenannte placita, also die schriftliche Aufzeichnungen der Versammlungen aller freien Männer des Königreichs. Hinzu kommt, dass zahlreiche der analysierten Quellen aus anderen Regionen Europas stammen, so dass das karolingische Italien in den breiteren Zusammenhang eines karolingischen Europas gestellt werden kann.[97] Hierfür hat die Forschergruppe die einzigartige prosopographische Datenbank „Languages and Agents of Carolingian Power in Italy“ (LACPI) zu Beamten und sonstigen Bediensteten mit hoheitlichen Aufgaben erstellt.

Neben städtischen und großregionalen Perspektiven hat das dritte Projekt „DISSINET. Dissident Networks“ von David Zbíral einen breiteren europäischen Zuschnitt mit etlichen regionalen Schwerpunkten – auf dem Languedoc, der Dauphiné, dem Piemont, der Provence, der Lombardei, der Toskana, den deutschsprachigen Ländern und England – und zielt darauf ab, Häresien in Europa zu untersuchen. Der Auswahl ihrer Quellen legen die Forscher:innen zwei Kriterien zugrunde: die Dichte der Beziehungen zwischen den Personen und eine breite geographische, zeitliche sowie kulturelle Streuung .[98] Entsprechend stellen veröffentlichte, zwischen den 1230er und 1550er Jahren verfasste Inquisitionsakten aus diesen Regionen die Primärquellen des Projekts.[99] Da alle diese Quellen auf Latein verfasst sind, ist eine detaillierte semantische Analyse möglich, so dass sprachliche Eigenheiten dieser Quellenarten ermittelt werden können. Eine semantische Netzwerkanalyse ermöglicht die Analyse von einzelnen Wörtern und Begriffen im Kontext anderer Wörter und Begriffe, wodurch sich deren Verbindungen untereinander besser verstehen lassen.

Die Datenbank, die auf einer Auswahl dieser Inquisitionsakten basiert, enthält über 20 000 Einträge: Personen, Orte, Begriffe und Verbindungen.[100] Darüber hinaus wurden interaktive und statische Karten zu Orten religiöser Dissidenz zwischen 1000 und 1150 angefertigt, deren Erstellung auf einer Vielzahl von Primärquellen wie Briefen, Chroniken, Annalen, Vitae, Urkunden usw. beruht.[101] Des Weiteren nimmt das Projekt computergestützte semantische Modellierungen von Texten vor, mit denen man das Tendenziöse der Inquisitionsakten besser fassen und verallgemeinern kann, da es häufig auch keine Querverweise unter den Quellen selbst gibt. So hat sich die Forschergruppe etwa die Akten von Peter Seila (1241–1242) vorgenommen, um herauszufinden, inwieweit die von ihm gesprochenen Strafurteile willkürlich waren oder vielmehr einem Muster, gleichsam einem „System“ folgten.[102] Der konzeptionelle Zuschnitt und gleichzeitig der breite geographische sowie zeitliche Rahmen der Großdatenbank machen das Projekt auf europäischer Ebene einzigartig.

Das vierte Projekt, das hier Erwähnung findet, ist „RELEVEN. Re-Evaluating the Eleventh Century“ unter der Leitung von Tara L. Andrews. Es besitzt eine Datenbank, die sich nicht allein auf Europa beschränkt. Die Idee des Forscherteams ist es, das 11. Jahrhundert in einen globalen Kontext zu setzen, indem sie östliche und westliche Quellen, Literatur und historische Debatten gegenüberstellen.[103] Die Datenbank umfasst mit zwischen ca. 1030 und 1095 einen relativ kurzen Zeitraum vor dem ersten Kreuzzug. Die Forschungen konzentrieren sich vornehmlich auf das östliche und westliche Christentum sowie die neu christianisierten Gebiete des heutigen Mitteleuropas und erstrecken sich auch auf deren jeweilige Kontakte. Hierzu werden sowohl schriftliche als auch visuelle Quellen herangezogen, die überwiegend aus vier größeren Regionen – Armenien, Byzanz, Italien und dem Königreich Ungarn mit der Markgrafschaft Österreich – stammen. Die Primärquellen finden sich meist in digitalen Archiven, wie dem „Prosopography of the Byzantine World“, dem „Prosopography of the Ulema of al-Andalus“, dem „Prosopography of Anglo-Saxon England (PASE)“, dem „Pleiades“ und dem „Syriaca“, zudem werden narrative Quellen sowie in geringerem Umfang auch Handschriften herangezogen.[104] Auch hat sich das Team vorgenommen, eine Online-Bibliothek zu erstellen, in der Texte, Kopien oder Übersetzungen aus der betreffenden Zeit aufgeführt werden. Da derartige Ressourcen digital nur begrenzt verfügbar sind, etwa in der „Open Islamic Texts Initiative“ und in der „Digital Library of the American University of Armenia“, stellt der Aufbau einer solchen Bibliothek eine umso wichtigere Maßnahme dar.[105]

Problematisch ist aber auch die digitale Verfügbarkeit der narrativen Quellen; gleichwohl versucht die Forschergruppe, die verschiedenen Chroniken, wie beispielsweise von Ibn al-Athir, Thietmar von Merseburg und Matthias von Edessa, in ihre Datenbank zu integrieren[106], die armenischen Kolophone und die italienischen Handschriften sowie Kodizes bilden zwei getrennte Teile in der Datenbank. Dass man in anderen Großregionen – etwa dem heutigen Mitteleuropa – in bestimmten Bereichen zuweilen auf materielle Objekte angewiesen ist, lässt sich durch das Fehlen umfassender schriftlicher Überlieferungen in der betreffenden Epoche erklären. Unklar bleibt allerdings nach wie vor, wie die archäologischen Objekte, darunter Kirchen, Friedhöfe, Artefakte und Alltagsgegenstände, samt der Dokumentation der zugehörigen archäologischen Forschungen in die Datenbank aufgenommen werden sollen. Ziel des Projekts besteht jedenfalls darin, einmal die Entwicklungen Ost- und Westeuropas zu untersuchen und zum anderen deren Wechselbeziehungen in den Blick zu nehmen, wie sie sich etwa in der Schaffung von Grenzgebieten – dem Königreich Ungarn und den spezifischen Teilen des byzantinischen Italiens – niedergeschlagen haben. Die Datenbank wiederum gliedert sich in drei große Themenblöcke: Menschen, Orte und Texte.[107] Die Vermengung östlicher und westlicher Traditionen sowie Kulturpraktiken lässt sich insbesondere dann beobachten, wenn Menschen sich bewegen und größere Distanzen zurücklegen oder wenn Texte und Ideen durch Kopien und Übersetzungen weitergegeben werden. Hinsichtlich der Texte hat sich die Forschergruppe vor allem zum Ziel gesetzt, unterschiedliche Gesellschaftsschichten in den Blick zu bekommen, lässt sich doch bei den meisten Texttradierungen üblicherweise eine recht eindeutige Richtungnahme auf die Eliten feststellen. Texte werden daher sowohl inhaltlich untersucht, da sie auf bestimmte Personen bezogene Informationen enthalten können, als auch mit Blick auf ihre Sprache, aber auch auf ihre physische Erscheinung hin, da sie Zeugen des intellektuellen und materiellen Austausches sind. Mit der auf den digitalen Karten dargelegten Bewegung von mehr als 10 000 Menschen und der Darstellung der Verbreitungswege von Texten lassen sich mit den Methoden der sozialen Netzwerkanalyse die Wechselbeziehungen zwischen Großregionen untersuchen.

VI. Schluss

20 Jahre bevor Jonathan Shepard seine Zweifel dahingehend äußerte, dass möglicherweise nicht genügend adäquate Daten für eine Netzwerkanalyse vorhanden seien, hatte die Soziologin Bonnie H. Erickson bereits allgemeine Richtlinien entworfen, denen zufolge sich entsprechende Informationen zur Frage „Nach welchen Daten sollen Historiker:innen suchen?“ zusammentragen ließen. Grundlage hierfür bildete ihre kurze Analyse der Werke von Bearman sowie Padgett und Ansell.[108] Zunächst schlug sie vor, alle Daten zu den Verbindungen aller an dem betreffenden Netzwerk beteiligten Akteure zu sammeln; alternativ hierzu schien ihr aber auch eine Datenerhebung zu spezifischen Ego-zentrierten Netzwerken möglich, sich also den Beziehungen eines Egos (Akteurs) zu einem oder zu anderen Egos (Akteuren) zuzuwenden. Dann, als zweiten Schritt, legte Erickson nahe, alle Akteurspaare im Netzwerk zu untersuchen bzw. – dies wäre dann bereits der dritte Schritt – deren unterschiedliche Verbindungsarten zueinander zu durchleuchten. Und viertens schließlich richtete sie ihren Blick auf die Skalierung und sah eine Datenerhebung über verschiedene Zeiträume vor, um dadurch valide Messungen von Veränderungen zu ermöglichen. Für Erickson ist es entscheidend, die Grenzen des Netzwerks präzise zu bestimmen und die Verbindungen so detailliert wie möglich, besonders auch aus der Sicht beider Akteure, zu untersuchen, damit die jeweilige Bedeutung, die diese Verbindungen für beide Akteure besitzt, adäquat erfasst werden kann.

Die vier vorgestellten Projekte sind lediglich einzelne und wenige Beispiele einer kontinuierlich wachsenden Zahl von Forschergruppen, die eine soziale Netzwerkanalyse in ihren Arbeiten integrieren.[109] Derzeit liegen aber aus diesen Projekten kaum Datenmengen vor, die sich mit jenen aus dem mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Florenz vergleichen ließen. Viele Mediävist:innen und Renaissanceforscher:innen sind sich ungeachtet ihrer bearbeiteten Themen und ihres Untersuchungsraumes freilich dessen bewusst, dass viele ihrer Quellen die Bedingungen von Big Data, die Netzwerkanalysen erst sinnvoll machen, nicht erfüllen können. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten Consulte e Pratiche, eine Datenerhebung zum florentinischen Rat aus den Jahren 1348 bis 1480, die etwa 62 000 Aufzeichnungen von unterschiedlichen Rednern beinhaltet.[110] Diese absoluten Zahlen allein spiegeln aber nicht umfänglich wider, welche Bedeutung den Daten als historische Big Data zukommt: Diese müssen freilich im weiteren Kontext von ähnlichen Datenbanken gesehen werden. Bedeutsam ist demnach auch, inwieweit die Daten den anderen Anforderungen „groß im Durchsatz und breit in der Vielfalt“ entsprechen. Bei den Consulte e Pratiche weisen die Verbindungen zwischen den einzelnen Personen dabei nur eine geringe Vielfalt auf, da das Datensample sich lediglich auf jene bezieht, die aktiv Politik betreiben konnten, also auf erwachsene, den höheren Schichten angehörende Männer. Hinsichtlich des Durchsatzes jedoch geben die Daten ein extrem gutes Bild ab, so dass dieser für ganz Europa einzigartige Quellensatz sehr wohl für die Rekonstruktion von allgemein politischen Entscheidungsfindungsprozessen herangezogen werden kann.

Die vier betrachteten Projekte dürften jeweils Datenbanken generieren, die nur zwei der drei Bedingungen von Big Data werden erfüllen können: groß in der Menge und breit in der Vielfalt. Die größte Herausforderung für diese Forschungsprojekte wird darin liegen, Datenbanken von hohem Durchsatz zu erstellen, denn diese Bedingung können die schriftlichen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Überlieferungen oft nicht erfüllen. Um dieser Schwierigkeit nun zu umgehen, hat die Gruppe um Padgett an den Consulte e Pratiche statt einer sozialen eine semantische Netzwerkanalyse durchgeführt, hatte doch schon Shepard bereits darauf hingewiesen, dass sich Graphen und Modelle von Netzwerken für Daten mit geringem Durchsatz nicht sinnvoll für eine historische Analyse nutzen lassen. Ebenso wenig kann ja eine ausschließlich auf quantitative Daten gestützte historische Analyse notwendig Antworten auf alle (historischen) Fragen liefern. Ganz allgemein gesprochen verhält es sich so, dass einzelne Menschen, die im Mittelalter oder in der Frührenaissance lebten, selten mehr als einmal in einem heterogenen Sample von Quellen erwähnt werden. Es gibt daher nur sehr wenige Fälle, in denen interpersonelle Beziehungen über längere Zeiträume hinweg mit seriellen Netzwerkgraphen angemessen erfasst und beschrieben werden können.

Unter diesen Umständen bietet die semantische Netzwerkforschung, die sich thematische Schwerpunkte sucht und dadurch auch die textuelle Einbettung der einzelnen Akteure mitberücksichtigt, eine sinnvolle Alternativlösung: Anstatt beispielsweise eine soziale Netzwerkanalyse zu Johannes, einem Wiener Schuhmacher, durchzuführen, könnte die Untersuchung den Fokus auf den Beruf des Schusters oder auch auf die Herstellung von Schuhen und deren jeweilige textuelle Einbettung verschieben. So ließen sich gleichermaßen Aussagen treffen, die von einer sozialer Netzwerkanalyse mitunter auch getroffen worden wären, etwa zum sozialen Umfeld des Wiener Schuhmachers. Eine semantische Netzwerkanalyse hat man auch mit Bedas „Historia ecclesiastica gentis Anglorum“ durchgeführt mit dem Ziel, die Rolle der Frau in der Narration herauszupräparieren.[111] Inwieweit nun soziale oder semantische Netzwerkanalysen für historische Forschungen insgesamt von Nutzen sein können, ist freilich eine Frage, mit der sich die weiter oben erwähnten Forschergruppen, aber auch die Benutzer:innen ihrer Datenbanken auseinandersetzen müssen. Es ist daher von enormer Wichtigkeit, dass diese Datenbanken frei zugänglich sind.

Ende des Sommersemesters 2007 wurde John F. Padgett eingeladen, einen Vortrag im Robert Schuman Centre for Advanced Studies am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz zu halten. Dank nun des Seminars von Anthony Molho hatten sich auch einige Doktorand:innen der Geschichtswissenschaften, die an alternativen oder komplementären Methoden interessiert waren, dort eingefunden. Heute, etwas über 30 Jahre nach der Veröffentlichung von „Robust Action“, würde ein Seminar die Frage, ob sich denn diese Methode zur historischen Forschung denn eigne, völlig anders beantworten. Die Doktorand:innen könnten beispielsweise hinterfragen, ob denn die im Archiv aufbewahrten Quellen den digitalen Repositorien tatsächlich vorzuziehen seien. Kritisch dürfte dann wahrscheinlich der Zeitpunkt werden, an dem die Geschwindigkeit der Automatisierung sowie Handschrifterkennung es ermöglichen wird, Daten aus jeglichen mittelalterlichen und renaissancezeitlichen Quellen ohne menschliches Zutun zu extrahieren, so dass für jeden Zeitraum und zu jeder Region, die schriftliche Überlieferungen hinterlassen haben, schier unerschöpfliche Datenbanken erstellt werden können.[112]

Zusammenfassung

Der vorliegende Artikel legt dar, welche Entwicklungen die soziale Netzwerkanalyse in der Geschichtswissenschaft in den letzten dreißig Jahren genommen haben. Es werden die wichtigsten Konzepte und Strömungen der sozialen Netzwerkforschung in der Mediävistik sowie Renaissanceforschung vorgestellt und zukünftige Forschungsperspektiven in diesem Bereich aufgezeigt. Der Artikel untersucht besonders, inwieweit soziale Netzwerkanalysen auf eine heterogene Menge historischer Big Data anwendbar sind, und bezieht sich dabei vier laufende Projekte in den Digital Humanities als Fallstudien.

Widmung

Für die wertvollen Kommentare danke ich Tara L. Andrews, Paul D. McLean, und Massimo Rospocher. Der Beitrag profitierte in hohem Maße von den Diskussionen auf dem internationalen Workshop „Social Networks in Medieval and Renaissance Studies: Thirty Years after Robust Action“, der im Rahmen des RELEVEN-Projekts am 22. Juni 2023 veranstaltet wurde. Die Teilnehmer:innen waren Tara L. Andrews, Maria Elena Cortese, Christina Lutter, John F. Padgett, John Giebfried, Balázs Vedres, Giuseppe Albertoni und David Zbíral. Für die deutsche Revision des Textes danke ich Kimberley Jane Fetko.

Online erschienen: 2025-06-02

© 2025 The author(s), published by Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

This work is licensed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.

Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. Aufsätze
  3. Überlegungen zum Ursprung des Losverfahrens in der politischen Praxis griechischer Poleis
  4. Revolution und Revision. Zum Verhältnis von Amerikanischer Unabhängigkeitserklärung und US-Verfassung
  5. Weimars Untergang, die Historiker und die Kapitalismuskritik. Zur Wirkungsgeschichte der „Abraham Affair“
  6. Manfred Clauss (1945–2025)
  7. Soziale Netzwerke in Mittelalter- und Renaissanceforschung. Dreißig Jahre nach „Robust Action“
  8. Rezensionen
  9. Patrick J. Geary, Herausforderungen und Gefahren der Integration von Genomdaten in die Erforschung der frühmittelalterlichen Geschichte. (Das mittelalterliche Jahrtausend, Bd. 7.) Göttingen, Wallstein 2020; Mischa Meier / Steffen Patzold, Gene und Geschichte. Was die Archäogenetik zur Geschichtsforschung beitragen kann. Stuttgart, Hiersemann 2021
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  27. Hans Hubert Anton (Hrsg.), Regesten der Bischöfe und Erzbischöfe von Trier. I, 3. Die Trierer Kirche und die Trierer Bischöfe in der ausgehenden Antike und am Beginn des Mittelalters. Bischöfe von der Wende des 4./5. Jahrhunderts bis zum Beginn des 7. Jahrhunderts. Bearbeitet von Hans Hubert Anton und Friedrich Pfeiffer unter Mitarbeit von Sigrun Anton. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Bd. 83.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2021
  28. Heinz Krieg (Hrsg.), Handlungsspielräume und soziale Bindungen von Eliten im Südwesten des mittelalterlichen Reiches. Kolloquium zu Ehren von Thomas Zotz. (Freiburger Beiträge zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 5.) Ostfildern, Thorbecke 2023
  29. David M. Freidenreich, Jewish Muslims. How Christians Imagined Islam as the Enemy. Berkeley, CA, University of California Press 2023
  30. Kathrin Henschel, „Sicut in caelo et in terra“ – Himmlische Kritik an irdischen Verhältnissen. Historisch-kritisch-exegetische Untersuchungen zu Walahfrid Strabos Visio Wettini. Ostfildern, Thorbecke 2023
  31. John B. Freed, The Falkensteins. Losers and Winners in Medieval Bavaria. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 72.) Stuttgart, Hiersemann 2023
  32. Thomas Ertl / Thomas Frank / Samuel Nussbaum (Eds.), Busy Tenants. Peasant Land Markets in Central Europe (15th to 16th Century). (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beih. 253.) Stuttgart, Steiner 2021
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  70. Eingegangene Bücher
  71. Eingegangene Bücher
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