Rezensierte Publikation:
Robin Waterfield, The Making of a King. Antigonus Gonatas of Macedon and the Greeks. 2021 Oxford University Press Oxford, 9780198853015, £ 21.99
In seinem Buch setzt sich Robin Waterfield mit einer oft vernachlässigten Epoche auseinander. Da die Quellenlage für das 3. Jahrhundert v. Chr. bedauerlich unzureichend sei (S. XI), sieht er es als seine Aufgabe an, in diese „dunkle Periode“ Licht zu bringen und die oft unterschätzte Bedeutung von Antigonos Gonatas als König Makedoniens und politischen Akteur herauszustellen (S. XII). Dabei kombiniert er biographische Erzählung mit Ereignisgeschichte, um die komplexen politischen und sozialen Strukturen dieser Zeit zu beleuchten (S. XIII).
Das Buch ist in zwei Hauptteile unterteilt. Der erste befasst sich mit dem politischen und familiären Hintergrund des Antigonos, während der zweite Teil die Regierungszeit und die Beziehungen zu den Griechen in den Vordergrund stellt. Waterfields Zugang ist dabei quellenkritisch und reflektiert die limitierten Informationen, die über das Leben und Wirken dieses Herrschers vorhanden sind. Seine eigene Rekonstruktion bietet dabei nicht nur eine chronologische Aufzählung von Ereignissen, sondern er analysiert auch die kulturellen Strömungen und die sozialpolitischen Dynamiken, die Makedonien und Griechenland prägten. Zunächst skizziert er die Ausgangssituation im antiken Griechenland. Der Wetteifer unter den Diadochenreichen und der soziale Niedergang, die Makedonien zu dieser Zeit prägen, sind hierbei zentrale Themen. Antigonos wird als ein König präsentiert, der die Aufgabe hatte, ein zerfallendes Reich zu stabilisieren. Seine Beziehungen zu den griechischen Stadtstaaten sind von zentraler Bedeutung; insbesondere auf das von Aratos geführte Sikyon und die Rivalitäten zwischen den Antigoniden und Ptolemäern wird verwiesen. Waterfield vermittelt eindrücklich, wie die Selbstverwaltung der griechischen Städte nur noch eine Fassade war, hinter der sich die Abhängigkeiten von den monarchischen Machtstrukturen verbargen.
Das erste Kapitel („The Disarray of Macedon“) beschreibt die politischen Umbrüche, die Makedonien im Anschluss an den Tod Alexanders III. erlebte. Waterfield geht auf die Unruhen, die Inkompetenz von Herrschern und die Notwendigkeit einer stabilen Führung ein. Antigonos Gonatas, der im Jahr 277 v. Chr. den Thron erlangte, wird als ein Überlebenskünstler charakterisiert, der erfolgreich durch die zerklüftete politische Landschaft navigiert. Die Schilderungen bieten nicht nur einen Einblick in die historisch-politischen Dimensionen seiner Herrschaft, sondern auch in die ökonomischen Grundlagen und Ressourcen Makedoniens, die lange Zeit übersehen wurden.
Im weiteren Verlauf illustriert der Verfasser in den Kapiteln „The Pride of Sparta“, „The Democratic Spirit of Athens“ und „The Vigor of Confederacies“ die Unterschiede zwischen den verschiedenen städtischen Identitäten und politischen Systemen in Griechenland und begründet die Komplexität der Beziehungen zwischen den Stadtstaaten und dem makedonischen Königreich. Athens wechselvolle Geschichte und der Versuch, die Demokratie wiederherzustellen, werden spannend dargestellt. In der Beschreibung, wie die politische Autonomie der griechischen Poleis beseitigt wurde, wird auch deutlich, wie Antigonos die Makedonier mit Wohlstand gewinnen und gleichzeitig die griechischen Bürger für sich einnehmen konnte.
Eindrucksvoll ist die Darstellung des Chremonideischen Krieges mit den gescheiterten Bündnissen und kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Antigonos und Ptolemaios II. In diesem Zusammenhang wird auch die Idee des Panhellenismus thematisiert, als sich Athen und Sparta zusammentaten, um gegen die Antigoniden zu kämpfen. Die strategischen Überlegungen und die Dynamik dieses Krieges sind präzise und fesselnd nachgezeichnet. Waterfields Liebe zum Detail und die zahlreichen Beispiele tragen erheblich dazu bei, ein umfassendes Bild der politischen Manöver und ihrer Folgen zu vermitteln.
Ferner werden der Hof und die Kultur unter Antigonos behandelt; der König erscheint dabei nicht nur als ein strenger Herrscher, sondern auch als Förderer der Künste. Die charmante Schilderung des höfischen Lebens und der kulturellen Signifikanz des Hofes – ein Ort „mobiler Herrschaft“ – zeigt, wie Antigonos versuchte, Makedonien sowohl politisch als auch kulturell als Hegemon in der griechischen Welt zu positionieren.
Waterfields Fähigkeit, komplexe historische Zusammenhänge anschaulich und ansprechend zu präsentieren, verdient besondere Anerkennung. Der Autor verwendet eine Vielzahl von Quellen und arbeitet ausgiebig mit Zitaten, ohne die Leserschaft dabei zu überfordern. Darüber hinaus blickt er differenziert auf die Rolle der Frauen in dieser Epoche ein. Eine Voraussetzung für das Verständnis der politischen Landschaft im antiken Griechenland ist die Reflexion über die Ambivalenz der Demokratie, wie der Autor auf sehr klare Weise aufzeigt. Die Offenlegung der dysfunktionalen Facetten der athenischen Demokratie unter dem Druck externer Herrschaft ist eine der großen Stärken des Buches.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Robin Waterfield ein wertvolles und umfassendes Werk geschrieben hat, dem es gelingt, die oft als belanglos erachtete Geschichte des 3. Jahrhunderts v. Chr. in ein neues Licht zu rücken. Durch seine intensive Forschung und diskursive Klarheit gelingt es dem Autor, Antigonos nicht nur als König, sondern auch als einen Schlüsselakteur samt seiner komplexen Beziehungen zu Griechenland darzustellen. Er leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Diadochenzeit wie des 3. Jahrhunderts und legt den Grundstein für zukünftige Studien dieser oft sträflich vernachlässigten Epoche.
© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
This work is licensed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.
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- Christina B. Carroll, The Politics of Imperial Memory in France, 1850–1900. Ithaca, NY, Cornell University Press 2022
- Owen Davies, Troubled by Faith. Insanity and the Supernatural in the Age of the Asylum. Oxford, Oxford University Press 2023
- William H. Chafe, Lifting the Chains. The Black Freedom Struggle since Reconstruction. Oxford, Oxford University Press 2023
- Ke-Chin Hsia, Victims’ State. War and Welfare in Austria, 1868–1925. Oxford, Oxford University Press 2022
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- Christopher Dillon / Kim Wünschmann (Eds.), Living the German Revolution, 1918–19. Expectations, Experiences, Responses. (Studies of the German Historical Institute, London.) Oxford, Oxford University Press 2023
- Michael Wildt, Zerborstene Zeit. Deutsche Geschichte 1918–1945. München, C. H. Beck 2022
- Laura Kelly, Contraception and Modern Ireland. A Social History, c. 1922–92. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Hans-Lukas Kieser, Nahostfriede ohne Demokratie. Der Vertrag von Lausanne und die Geburt der Türkei 1923. Zürich, Chronos 2023
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- Xiaoping Fang, China and the Cholera Pandemic. Restructuring Society under Mao. Pittsburgh, PA, University of Pittsburgh Press 2021
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- David Kynaston, A Northern Wind. Britain 1962–65. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Galen Jackson, A Lost Peace. Great Power Politics and the Arab-Israeli Dispute, 1967–1979. (Cornell Studies in Security Affairs.) Ithaca, NY, Cornell University Press 2023
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