Home Paolo Cimadomo / Dario Nappo (Eds.), A Global Crisis? The Mediterranean World between the 3rd and the 5th Century CE. (Forma Aperta – Ricerche di storia, culture, religioni, vol. 3.) Rom, L’Erma di Bretschneider 2022
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Paolo Cimadomo / Dario Nappo (Eds.), A Global Crisis? The Mediterranean World between the 3rd and the 5th Century CE. (Forma Aperta – Ricerche di storia, culture, religioni, vol. 3.) Rom, L’Erma di Bretschneider 2022

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Published/Copyright: June 2, 2025
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Paolo Cimadomo, A Global Crisis? The Mediterranean World between the 3rd and the 5th Century CE. Forma Aperta – Ricerche di storia, culture, religioni, vol. 3. 2022 L’Erma di Bretschneider Rom, 9788891322708, $ 276,–


Vor einem Menschenalter galt das 3. Jahrhundert n. Chr. als Epoche einer tiefen, nahezu alle gesellschaftlichen Sektoren durchdringenden Krise des römischen Imperiums. András Alföldi hat diesen Befund bündig auf den Begriff der „Weltkrise“ gebracht. In seiner Pauschalität kann dieses Urteil vor der modernen Forschung nicht mehr bestehen. Sie zeichnet inzwischen ein differenziertes Bild von den politischen, aber auch wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dynamiken des Zeitalters. Der Differenzierung ist auch der hier anzuzeigende Sammelband verpflichtet, den als Herausgeber Paolo Cimadomo und Dario Nappo von der Università di Napoli Federico II verantworten.

Der teils auf Italienisch, teils auf Englisch verfasste und überwiegend von jüngeren Wissenschaftlern erarbeitete Band wartet mit einer knappen Einführung des Mitherausgebers Paolo Cimadomo, elf Fallstudien und einer Zusammenfassung von Dario Nappo auf. Konzeptionell schließen die Herausgeber an die Krisendebatte an und an die ebenfalls seit geraumer Zeit, vor allem in der angelsächsischen Forschung, geführte Diskussion um die – tatsächliche oder vermeintliche – „Globalisierung“ des antiken Afro-Eurasien seit etwa der griechischen Kolonisation. Chronologisch liegt der Akzent auf dem 3. Jahrhundert, etliche Beiträge erweitern aber den Rahmen auf die beiden nachfolgenden Jahrhunderte.

Den Auftakt bildet eine kritische Würdigung des 3. Jahrhunderts als historische Epoche (Dario Nappo). Anstatt den Berg von Spezialforschung zu rekapitulieren, schlägt Nappo ein paar Schneisen ins Dickicht der Forschungsgeschichte, von Gibbon über MacMullen bis zu Geza Alföldy (den er so schreibt wie seinen Landsmann Alföldi) und Strobel, um dann ein paar Bemerkungen zum Krisenbegriff Antonio Gramscis einzuschieben. Gramsci definiert Krise als Moment, in dem „das Alte nicht sterben und das Neue nicht leben kann“. Die Zeitgenossen haben für Gramsci keine Chance, die Krise und ihre Ursachen zu diagnostizieren. Sie sehen nur Erscheinungen, die bereits Wirkung, nicht Auslöser der Krise sind. Die eigentliche Krise ist für Gramsci die „quantitative Zuspitzung bestimmter Elemente“. Nappo zeigt am Beispiel der Münzverschlechterung sowie des plötzlichen Aufstiegs und des ebenso unvermittelt erfolgten Zusammenbruchs Palmyras zur Jahrhundertmitte, wie sich Krisen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte mehr oder weniger unbemerkt aufbauen können, bevor sie schließlich eruptiv zum Ausbruch kommen und die Entwicklung einen Kipppunkt erreicht. Überzeugend folgert er, dass Begrifflichkeiten wie „Transformation“ angesichts solch dramatischer Zuspitzungen nicht geeignet sind, um die historische Wirklichkeit abzubilden.

Es ist bedauerlich, dass die folgenden Fallstudien diesen Ansatz kaum je aufgreifen. Der Band hätte dann einen noch gewichtigeren Beitrag zur konzeptionellen Neubewertung der Umbruchperiode einschließlich der Spätantike leisten können. Doch auch so entsteht das plastische Bild eines Imperiums, in dem kaum ein Stein auf dem anderen geblieben ist. Etliche der Studien beleuchten die Situation an der römischen Peripherie, vor allem im Nahen Osten (Serena Autiero über den Nahen Osten und Nordafrika, Łukasz Sokołowski über Porträts aus Syrien, Enrico Foietta über die römische Präsenz in Hatra) und in Kleinasien (Luca Mazzini über griechische Identität zur Zeit der neuen „Perserkriege“), aber auch in Britannien (Donato Sitaro über die Beziehung zwischen der Insel und dem Festland im 5. Jahrhundert) und im zur Peripherie gewordenen Italien (Luca Di Franco, Teresa Laudonia über Surrentum in der Spätantike). Andere Beiträge haben die Eliten (den Senat in der Spätantike, Fabrizio Oppedisano), das Recht (Samuel Azzopardi über Mitgift und Heiratsmarkt), das Seebeben 265 n. Chr. (Paolo Cimadomo) und das Nachleben der Epoche bei Intellektuellen des Humanismus zum Gegenstand. Der Leser nimmt sie alle mit Gewinn zur Kenntnis, wenngleich er sich hier und da fragt, was der gemeinsame Nenner sein soll.

Online erschienen: 2025-06-02

© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  10. Milja van Tielhof, Consensus en conflict. Waterbeheer in de Nederlanden 1200–1800. (Waterstraat, Cultuur en Geschiedenis, Vol. 5.) Hilversum, Uitgeverij Verloren 2021
  11. Benedikt Stuchtey, Geschichte des Britischen Empire. München, C. H. Beck 2021
  12. Paul Knox, London. A History of 300 Years in 25 Buildings. London, Yale University Press 2024
  13. Stefan Jordan, Geschichtsschreibung. Geschichte und Theorie. (Oldenbourg. Grundriss der Geschichte, Bd. 55.) Berlin/Boston, De Gruyter 2024
  14. Megan J. Daniels (Ed.), Homo Migrans. Modeling Mobility and Migration in Human History. (The Institute for European and Mediterranean Archeology Distinguished Monograph Series. IEMA Proceedings, Vol. 11.) , SUNY Press 2022
  15. R. Bruce Hitchner (Ed.), A Companion to North Africa in Antiquity. Malden, MA, Wiley-Blackwell 2022
  16. Jussi Backman / Antonio Cimino, Biopolitics and Ancient Thought. Oxford, Oxford University Press 2022
  17. Paul Christesen / Charles H. Stocking (Eds.), A Cultural History of Sport in Antiquity. New York , Bloomsbury Academic 2022
  18. Irad Malkin / Josine Blok, Drawing Lots. From Egalitarianism to Democracy in Ancient Greece. Oxford, Oxford University Press 2024
  19. Marek Węcowski, Athenian Ostracism and Its Original Purpose. A Prisoner’s Dilemma. Oxford, Oxford University Press 2022
  20. Robin Waterfield, The Making of a King. Antigonus Gonatas of Macedon and the Greeks. Oxford, Oxford University Press 2021
  21. Julia Hoffmann-Salz, Im Land der räuberischen Nomaden? Die Eigenherrschaften der Ituraier und Emesener zwischen Seleukiden und Römern. (Studien zur Alten Geschichte, Bd. 31.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2022
  22. Josiah Osgood, Uncommon Wrath. How Caesar and Cato’s Deadly Rivalry Destroyed the Roman Republic. Oxford, Oxford University Press 2022
  23. Martin T. Dinter / Charles Guérin (Eds.), Cultural Memory in Republican and Augustan Rome. Cambridge, Cambridge University Press 2023
  24. David Hamacher, Prekäre Divinität. Untersuchungen zur Vergöttlichung des Herrschers im römischen Prinzipat. Göttingen, V&R unipress 2023
  25. Paolo Cimadomo / Dario Nappo (Eds.), A Global Crisis? The Mediterranean World between the 3rd and the 5th Century CE. (Forma Aperta – Ricerche di storia, culture, religioni, vol. 3.) Rom, L’Erma di Bretschneider 2022
  26. David Alan Parnell, Belisarius & Antonina. Love and War in the Age of Justinian. Oxford, Oxford University Press 2023
  27. Hans Hubert Anton (Hrsg.), Regesten der Bischöfe und Erzbischöfe von Trier. I, 3. Die Trierer Kirche und die Trierer Bischöfe in der ausgehenden Antike und am Beginn des Mittelalters. Bischöfe von der Wende des 4./5. Jahrhunderts bis zum Beginn des 7. Jahrhunderts. Bearbeitet von Hans Hubert Anton und Friedrich Pfeiffer unter Mitarbeit von Sigrun Anton. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Bd. 83.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2021
  28. Heinz Krieg (Hrsg.), Handlungsspielräume und soziale Bindungen von Eliten im Südwesten des mittelalterlichen Reiches. Kolloquium zu Ehren von Thomas Zotz. (Freiburger Beiträge zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 5.) Ostfildern, Thorbecke 2023
  29. David M. Freidenreich, Jewish Muslims. How Christians Imagined Islam as the Enemy. Berkeley, CA, University of California Press 2023
  30. Kathrin Henschel, „Sicut in caelo et in terra“ – Himmlische Kritik an irdischen Verhältnissen. Historisch-kritisch-exegetische Untersuchungen zu Walahfrid Strabos Visio Wettini. Ostfildern, Thorbecke 2023
  31. John B. Freed, The Falkensteins. Losers and Winners in Medieval Bavaria. (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 72.) Stuttgart, Hiersemann 2023
  32. Thomas Ertl / Thomas Frank / Samuel Nussbaum (Eds.), Busy Tenants. Peasant Land Markets in Central Europe (15th to 16th Century). (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beih. 253.) Stuttgart, Steiner 2021
  33. Andreea Badea / Bruno Boute / Birgit Emich (Eds.), Pathways through Early Modern Christianities. Köln, Böhlau 2023
  34. Ted McCormick, Human Empire. Mobility and Demographic Thought in the British Atlantic World, 1500–1800. (Ideas in Context.) Cambridge, Cambridge University Press 2022
  35. Arne Bugge Amundsen / Hallgeir Elstad / Tarald Rasmussen, Norwegian Epitaphs 1550–1700. Contexts and Interpretations. (Kunst und Konfession in der Frühen Neuzeit, Vol. 7.) Regensburg, Schnell & Steiner 2023
  36. Lisa Hopkins, The Edge of Christendom on the Early Modern Stage. (Late Tudor and Stuart Drama: Gender, Perfomance, and Material Culture.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
  37. Roland Kanz, Skulptur des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Petersberg, Imhof 2025
  38. Simona Boscani Leoni / Sarah Baumgartner / Meike Knittel (Eds.), Connecting Territories. Exploring People and Nature, 1700–1850. Leiden, Brill 2022
  39. Bärbel Holtz / Wolfgang Neugebauer / Monika Wienfort (Hrsg.), Der preußische Hof und die Monarchien in Europa. Akteure, Modelle, Wahrnehmungen (1786–1918). Paderborn, Schöningh 2023
  40. Axel Koerner / Paulo M. Kuhl (Eds.), Italian Opera in Global and Transnational Perspective. Reimagining Italianità in the Long Nineteenth Century. Cambridge, Cambridge University Press 2022
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  43. Luke Reynolds, Who Owned Waterloo? Battle, Memory, and Myth in British History, 1815–1852. Oxford, Oxford University Press 2023
  44. Eva Zimmermann, Baden-Baden, Sommerhauptstadt Europas. Eine deutsch-französische Beziehungsgeschichte, 1840–1870. Heidelberg, Heidelberg University Publishing 2024
  45. Christina B. Carroll, The Politics of Imperial Memory in France, 1850–1900. Ithaca, NY, Cornell University Press 2022
  46. Owen Davies, Troubled by Faith. Insanity and the Supernatural in the Age of the Asylum. Oxford, Oxford University Press 2023
  47. William H. Chafe, Lifting the Chains. The Black Freedom Struggle since Reconstruction. Oxford, Oxford University Press 2023
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  49. Ulrich Lappenküper / Wolfram Pyta (Hrsg.), Entscheidungskulturen in der Bismarck-Ära. (Otto-von-Bismarck-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe, Bd. 32.) Leiden, Brill 2024
  50. Beate Althammer (Ed.), Citizenship, Migration and Social Rights. Historical Experiences from the 1870s to the 1970s. London, Routledge 2023
  51. Jürgen Kilian, Des Kaisers Gouverneure. Sozialprofil, Deutungsmuster und Praktiken einer kolonialen Positionselite, 1885–1914. (Global- und Kolonialgeschichte, Bd. 21.) Bielefeld, Transcript 2024
  52. Ernst Wolfgang Becker / Frank Bösch (Hrsg.), Partizipation per Post. Bürgerbriefe an Politiker in Diktatur und Demokratie. (Zeithistorische Impulse, Bd. 16.) Stuttgart, Steiner 2024
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  70. Eingegangene Bücher
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