Hannes Engl, Rekonfigurationen regionaler Ordnungen. Die religiösen Gemeinschaften in Lothringen und das Papsttum (ca. 930–1130). (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, Bd. 49.) Köln, Böhlau 2023

Simone Wagner

doi:10.1515/hzhz-2025-1193

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Hannes Engl, Rekonfigurationen regionaler Ordnungen. Die religiösen Gemeinschaften in Lothringen und das Papsttum (ca. 930–1130). (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, Bd. 49.) Köln, Böhlau 2023

Simone Wagner

Veröffentlicht/Copyright: 1. August 2025

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Aus der Zeitschrift Historische Zeitschrift Band 321 Heft 1

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Hannes Engl, Rekonfigurationen regionaler Ordnungen. Die religiösen Gemeinschaften in Lothringen und das Papsttum (ca. 930–1130). Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, Bd. 49. 2023 Böhlau (Köln) Köln, 978-3-412-52821-8, € 55,–

Hannes Engl hat eine Monographie über die Voraussetzungen, Formen und Folgen der Interaktionen zwischen den lothringischen Klöstern und den Päpsten von 930 bis 1130 vorgelegt. Es handelt sich um die überarbeitete Fassung seiner Dissertation, die am Historischen Institut der Universität Luxemburg entstanden ist. Ausgangspunkt der Arbeit ist die Erkenntnis der neueren Papstgeschichte, dass die Päpste vor allem durch die Kommunikation mit verschiedenen lokalen Akteuren zur europäischen Macht aufstiegen. Im Frühmittelalter reagierten die Päpste zunächst nur auf die Anfragen von Klöstern und anderen regionalen Herrschaftsträgern außerhalb ihres eigentlichen Einflussbereichs. Erst später griffen sie selbst gestaltend in andere europäische Regionen ein. Wie die Kommunikation und Akzeptanz päpstlicher Autorität konkret funktionierte, untersucht Engl am Beispiel der Region Lothringen. Er betont die Prozesshaftigkeit des Dialogs zwischen den lothringischen Klöstern und den römischen Bischöfen bzw. deren Stellvertretern. Bereits als studentische Hilfskraft hat Engl bei den Regesta Imperii gearbeitet und eine diplomatische Ausbildung erhalten. Daher zeichnet sich die Arbeit durch einen sorgfältigen quellenkritischen Umgang mit den Urkunden aus. Demgegenüber sind die methodischen Ausführungen in der Einleitung besonders zu den Schlüsselbegriffen der Arbeit wie Interaktion/Kommunikation, normative Ordnungen und Autorität eher knapp gehalten.

Die einzelnen Kapitel sind sowohl inhaltlich als auch zeitlich und nach den einzelnen Klöstern gegliedert. Zunächst fragt der Verfasser danach, inwiefern Kontakte zu den Päpsten in den Aushandlungsprozessen der normativen Ordnungen von Klöstern eine Rolle spielten. Dieser Kontakt lasse sich im 10. Jahrhundert vor allem bei bischöflichen „Reformen“ und Klostergründungen nachweisen, da besonders die lothringischen Bischöfe den Kontakt zu den Päpsten initiiert hätten. Diese hätten auf Grund eines Legitimationsdefizits den Bezug zu einer übergeordneten Instanz benötigt. Erst Ende des 11. und im 12. Jahrhundert habe die Zahl der überlieferten Papsturkunden massiv zugenommen und mehr Bereiche des klösterlichen Lebens betroffen. Das zweite Großkapitel konzentriert sich auf Formen und Faktoren der Interaktion zwischen den Klöstern und den Päpsten im 11. und 12. Jahrhundert. Die Klöster wandten sich nun selbst an die Päpste und ihre Legaten, die bei mehreren Frankreichreisen vor Ort anwesend waren. Im letzten großen Kapitel widmet sich Engl der Reichweite und Wirkung päpstlicher Entscheidungen. Engl macht diese vor allem anhand von Immunitätsbezirken und den Rechtsstreitigkeiten zwischen lothringischen Klöstern fest. Im Konflikt zwischen Chaumousey und Remiremont hätten beide Seiten versucht, sich als konform mit zentralen Aspekten der „gregorianischen Reform“ darzustellen. Die unmittelbare Wirkung päpstlicher Anweisungen sei zwar auch während des sogenannten Investiturstreits begrenzt gewesen, dennoch habe ihre Rezeption und Aufbewahrung in Kartularen dauerhaft zu einer Anerkennung der päpstlichen Autorität beigetragen.

Ihre besonderen Stärken hat die Arbeit dort, wo der Blick über den klassischen verfassungsgeschichtlichen Umgang mit Urkunden, der Hauptquelle der Arbeit, ausgeweitet wird. Dies ist besonders überzeugend im dritten Analyseteil der Fall, in dem Engl auch narratologische Ansätze für die Kartulare fruchtbar macht. Im ersten Analyseteil hätten Urkunden und erzählende, vor allem hagiographische Texte noch etwas stärker aufeinander bezogen werden können. Hier greift er die jüngeren Debatten um den Reformbegriff auf und problematisiert diesen zurecht für die lothringischen Quellen. Ob man allerdings so weit gehen muss, religiöse Verweise wie etwa auf die Benediktsregel in den Viten vor allem mit machtpolitischen Interessen zu erklären, ist zumindest diskussionswürdig. Neuere kulturgeschichtliche Ansätze, insbesondere zur mittelalterlichen Geschichtsschreibung und Hagiographie, haben sich inzwischen von einer (zu) funktionalistischen Sicht der Quellen abgewandt. Ungeachtet dessen hat Hannes Engl eine sorgfältige Einzelstudie vorgelegt, die sich durch eine detaillierte Quellenarbeit sowie viele interessante Beobachtungen auszeichnet und künftigen Arbeiten zum regionalen Einfluss der Päpste als Vergleichsbeispiel dienen wird.

Online erschienen: 2025-08-01

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https://doi.org/10.1515/hzhz-2025-1193

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