Michael Loy, Connecting Communities in Archaic Greece. Exploring Economic and Political Networks through Data Modelling. Cambridge, Cambridge University Press 2023

Josef Fischer

doi:10.1515/hzhz-2025-1181

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Michael Loy, Connecting Communities in Archaic Greece. Exploring Economic and Political Networks through Data Modelling. Cambridge, Cambridge University Press 2023

Josef Fischer

Published/Copyright: August 1, 2025

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From the journal Historische Zeitschrift Volume 321 Issue 1

Rezensierte Publikation:

Michael Loy, Connecting Communities in Archaic Greece. Exploring Economic and Political Networks through Data Modelling. 2023 Cambridge University Press Cambridge, 978-1-009-34381-7, € 123,20

Das zu besprechende Buch ist die überarbeitete Version einer Dissertation, die unter der Betreuung von Robin Osborne und Cyprian Broodbank an der Universität Cambridge entstand, wo der Autor Michael Loy derzeit als Leverhulme Early Career Fellow tätig ist.

In seiner Studie befasst er sich mit wirtschaftlichen und politischen Netzwerken in der archaischen Ägäis (700 bis 500 v. Chr.) und zieht in einem innovativen Ansatz „Big Data“ für historische Fragestellungen heran, um zu untersuchen, wie antike Gemeinschaften miteinander interagiert haben. Er bedient sich dabei vor allem der sozialen Netzwerkanalyse und betrachtet vier Materialgruppen, die in großer Zahl und an vielen Fundorten in der archaischen Ägäis zu Tage traten: Keramik, Münzen, Inschriften und Marmorskulpturen.

Nach dem ersten Kapitel (S. 1–31), das in das Thema des Buches einführt, widmet sich Loy im zweiten Kapitel (S. 31–87) dem Transport von Marmor zur Herstellung freistehender Skulpturen, von denen aus der archaischen Ägäis etwa 600 Exemplare erhalten sind. Er stellt dabei fest, dass im 6. Jahrhundert v. Chr. bereits ein extensives Netzwerk für den Transport von Marmorblöcken und Skulpturen bestand, und rekonstruiert die wichtigsten Routen. Interessant sind auch seine Überlegungen zur Gesamtmenge des transportierten Materials: Loy vermutet, dass zwischen 650 und 500 v. Chr. etwa 90 000 Tonnen Marmor in der Ägäis spediert wurden, und er geht von etwa 200 Schiffen pro Jahr aus, welche diesen Marmor transportierten. Diese Zahlen sind freilich nur dann annähernd zutreffend, wenn die kaum zu verifizierende Vermutung, dass nur 1 Prozent der damals geschaffenen Marmorskulpturen erhalten sind, der Wirklichkeit entspricht. Im dritten Kapitel (S. 88–144) vertieft der Autor seine Überlegungen zu den Handelsrouten auf der Grundlage der Verteilung von attischer, korinthischer und ionischer Keramik. Es zeigt sich dabei, dass städtische Siedlungen und Heiligtümer unterschiedliche Arten von Keramik konsumierten. Im vierten Kapitel (S. 145–188) nimmt er die Münzprägung in den Blick. Diese entstand Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. in Lydien und verbreitete sich schnell in der Ägäis. Sie war nicht nur wirtschaftlich motiviert, sondern diente auch der symbolischen Repräsentation von Gemeinschaften, da Münzen auch Ausdruck politischer Identität sind. Loy untersucht 631 Münzserien aus 60 Fundorten im Hinblick auf Gewichtsstandard, Verteilung und Produktion; dabei ergeben sich eindeutige Parallelen zur zeitgleichen Verbreitung von Amphoren. Im fünften Kapitel (S. 189–246) richtet der Autor sein Augenmerk auf die Verbindung zwischen kollektiver Identität und epichorischen Alphabeten. Schrift wurde im archaischen Griechenland nicht nur als Kommunikationsmittel genutzt, sondern diente auch als Ausdruck individueller und kollektiver Zugehörigkeit. Loy diskutiert, inwiefern verschiedene Alphabetformen zur sozialen Abgrenzung oder Vernetzung beitrugen, und interpretiert die Verbreitung verschiedener Alphabete in der Ägäis als bewusste Strategie zur Identitätsbildung. Im sechsten Kapitel (S. 247–279) versucht er schließlich, die Ergebnisse der einzelnen quantitativen Untersuchungen in einen größeren Rahmen zu stellen. Anhand zweier Fallstudien testet der Autor die Möglichkeiten und Grenzen seiner Methoden. In beiden Fällen, der Amphiktyonie des Poseidonheiligtums von Kalaureia sowie des Ionischen Bundes, kommt er freilich zu einem eher negativen Ergebnis: Die aufgrund der literarischen und epigraphischen Quellen naheliegenden Gemeinsamkeiten schlagen sich im archäologischen Befund kaum nieder. Im recht knappen Abschlusskapitel (S. 280–289) lässt er die Ergebnisse seiner Untersuchungen noch einmal Revue passieren.

Michael Loy zeigt, dass große archäologische Datensätze für historische Fragestellungen fruchtbar gemacht werden können. Seine innovative Analyse archaischer Netzwerke verbindet archäologische Funde mit modernen Datenmodellen, um neue Einsichten in die soziale und wirtschaftliche Struktur des frühen Griechenlands zu gewinnen. Freilich besteht dabei die Gefahr, dass die quantitativen Modelle zum Selbstzweck werden. Nicht immer wird die Relevanz der durch die Netzwerkanalysen gewonnenen Muster deutlich. Die erzielten Ergebnisse führen außerdem kaum über das hinaus, was aufgrund traditioneller altertumswissenschaftlicher Methoden bereits bekannt ist. Eine stärkere Einbeziehung von literarischen und epigraphischen Zeugnissen hätte seine Argumentation ergänzen und schärfen können. Zudem wäre, wie der Autor selbst einräumt, eine Ausdehnung der Untersuchung auf den gesamten Mittelmeerraum notwendig; in Anbetracht der engen Beziehungen der Ägäis mit anderen Regionen, zum Beispiel den griechischen Niederlassungen in Italien und auf Sizilien, liefert eine Konzentration auf die Ägäis nur ein sehr unvollständiges Bild. Zudem konzentriert sich Loy auch innerhalb der Ägäis stark auf Küstenregionen, sodass das ländliche Hinterland unterrepräsentiert bleibt.

Dennoch ist dieses Buch ein wichtiger Beitrag zur Erforschung archaischer Netzwerke und demonstriert das Potenzial digitaler Methoden in der klassischen Archäologie. Es bietet interessante neue Perspektiven auf ökonomische und soziale Verflechtungen im archaischen Griechenland und zeigt, dass „Big Data“ in der Archäologie mehr als nur ein Schlagwort ist. Die Studie ist besonders für Archäologen, Althistoriker und Forscher der Digital Humanities, die sich mit dem frühen Griechenland beschäftigen, von großem Interesse und kann für künftige Arbeiten zu antiken Netzwerken mit Gewinn herangezogen werden.

Online erschienen: 2025-08-01

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