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Johanna Jebe, Gutes Mönchtum in St. Gallen und Fulda. Diskussion und Correctio im Spiegel karolingischer Klosterbibliotheken. Freiburg im Breisgau, Herder 2024

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Published/Copyright: August 1, 2025
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Rezensierte Publikation:

Johanna Jebe, Gutes Mönchtum in St. Gallen und Fulda. Diskussion und Correctio im Spiegel karolingischer Klosterbibliotheken. 2024 Herder Verlag Freiburg im Breisgau, 978-3-451-39830-8, € 82,–


In ihrer gewichtigen Dissertation analysiert Johanna Jebe mit den Vorstellungen von einem guten, richtigen oder korrekten monastischen Leben während der Karolingerzeit einen ebenso etablierten wie zuletzt viel diskutierten Gegenstand der Geschichte asketischer Praxis in den lateinischen Christenheiten. Zugleicht greift sie Stichworte wie „Reform“ oder „correctio“ auf, zielt also über den engeren Themenkreis hinaus auf Fragen, die in den Kern der religiös-politisch-gesellschaftlichen Leitbilder dieser Epoche zielen. Dieses ambitionierte Programm verfolgt sie auf insgesamt etwa 700 Seiten lediglich für die beiden großen Klöster St. Gallen und Fulda, deren Handschriften vor allem als Material ausgewertet werden. Im Gefolge der jüngeren Kritik an Vorstellungen einer zentral gesteuerten Einführung der „Regula Benedicti“ als normativer Grundlage für das „Benediktinische Mönchtum“ sowie generell der Vorstellung, Reformprozesse im mittelalterlichen Religiosentum seien als top-down gesteuerte Vorgänge zu verstehen, plädiert Jebe dafür, die Überlieferung aus den einzelnen Institutionen präzise zu analysieren, um die je eigenen Wege nachzuzeichnen, auf denen konkrete Gemeinschaften umlaufende Ideen und Problemstellungen nach den eigenen Vorstellungen konkretisiert und bearbeitet haben.

Für die Klöster St. Gallen und Fulda kann sie vor allem durch detailliert nachgezeichnete Befunde an den überlieferten Handschriften nachweisen, wie dort mit basalen normativen Texten, insbesondere der Benediktsregel, umgegangen worden ist, wie präzise und skrupulös zum Beispiel Überlieferungsvarianten dokumentiert und bearbeitet werden oder in neue Gebrauchstexte eingegangen sind. Zusammen mit der Anlage und weiteren Bearbeitung der Codices, in denen diese Textzeugen überliefert worden sind, entsteht ein sehr konkretes Verständnis davon, wie verbindlich eigentlich der Wortlaut des Regeltexts gefasst wurde, wie also die Normativität geschriebener Regularien begründet und verstanden worden ist. Erschließungen von Regeltexten und monastischen Idealen durch weiteres Schriftgut wie auch durch Lernprogramme und Wissensordnungen wie Notkers „Notatio de illustribus viris“ oder Bibliothekskataloge kontextualisieren die Befunde ebenso wie die normativen und exemplarischen Erzählungen vorbildlichen asketischen Lebens in Viten, die die Verfasserin ebenfalls einer kleinteiligen Lektüre unterzieht. In ihrer Zusammenfassung erörtert sie vor allem die Erträge ihrer Arbeit für das aktuell in Überarbeitung befindliche Bild vom karolingerzeitlichen Mönchtum: Es habe der Benediktsregel eine herausragende Bedeutung zugemessen, ohne schon ein benediktinisches Mönchtum gewesen zu sein, es sei in herausragendem Maße schriftbezogen gewesen in dem Sinne, textlichen Autoritäten eine hohe Relevanz zugebilligt zu haben, um gleichzeitig den aktuellen Anforderungen und Tendenzen der zeitgenössischen Gesellschaft gerecht zu werden, und sei als variantenreiches Spektrum einer gemeinsamen Entwicklung anzusehen, monastische Ideale weiterzuentwickeln.

Für die grundsätzliche Thematik von Reformen der Karolingerzeit und der „correctio“ hebt Jebe hervor, wie selbständig die untersuchten Klöster den eigenen Richtigkeitsvorstellungen und Herausforderungen gerecht wurden, ohne dass diese Eigenständigkeit als politisches Agieren im Sinne einer Verhältnisbestimmung zum kaiserlichen Hof und seiner Entourage zu verstehen sei. Die Studie besticht insgesamt durch ihre Sorgfalt wie ihren Gedankenreichtum. Immer wieder lädt die Darstellung dazu ein, die verschiedenen Ebenen von den konkreten Einzelbefunden bis zu den grundsätzlichen Fragen (wieder) in den Blick zu nehmen und in ihren Zusammenhängen zu reflektieren. Auch markieren die Übergänge regelmäßig sehr präzise, wie die Teilfragen und -aspekte abgearbeitet werden. Weil auch die konkreten Befunde am ausgewerteten Material ähnlich kleinteilig dargelegt werden, verlangt die vollständige Lektüre der Dissertation ein sehr ausgeprägtes Interesse am frühmittelalterlichen Mönchtum wie an seiner Überlieferung. Zugleich wäre hinsichtlich der Auswertung zu fragen, in welchem Verhältnis die Ausbreitung einzelner hilfswissenschaftlicher Befunde zu den eigentlich angezielten Erkenntnissen steht, dem nachzuspüren, was eigentlich in St. Gallen und Fulda als „gutes Mönchtum“ gelten sollte. Zugleich ermöglichen aber umfangreiche Indizes und eine präzise Gliederung auch den gezielten Zugang zu einzelnen Passagen dieser insgesamt herausragenden Dissertation, die bei der Erforschung des frühmittelalterlichen Mönchtums in Zukunft auf jeden Fall zu rezipieren ist.

Online erschienen: 2025-08-01

© 2025 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  22. Christopher B. Krebs (Ed.), Caesar. Bellum Gallicum. Book VII. (Cambridge Greek and Latin Classics.) Cambridge, Cambridge University Press 2023
  23. José Luís Brandão / Cláudia Teixeira / Ália Rodrigues (Eds.), Confronting Identities in the Roman Empire. Assumptions about the Other in Literary Evidence. New York, Bloomsbury Academic 2023
  24. Anthony Kaldellis / Marion Kruse, The Field Armies of the East Roman Empire, 361–630. Cambridge, Cambridge University Press 2023
  25. Volker L. Menze, Patriarch Dioscorus of Alexandria. The Last Pharaoh and Ecclesiastical Politics in the Later Roman Empire. Oxford, Oxford University Press 2023
  26. Hubertus Seibert, Geschichte Europas im Mittelalter. Aufbruch in die Vielfalt. Paderborn, Brill/Schöningh 2024
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  36. Riccarda Suitner, Venice and the Radical Reformation. Italian Anabaptism and Antitrinitarianism in European Context. (Refo500 Academic Studies, Vol. 101.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
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  39. Paul Griffiths, Information, Institutions, and Local Government in England, 1550–1700. Turning Inside. Oxford, Oxford University Press 2024
  40. Jonas Stephan, Tinte, Feder und Kanonen. Der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis am Vorabend des Spanischen Erbfolgekrieges (1701). (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden, Bd. 8.) Münster, Aschendorff 2024
  41. Cathal J. Nolan, Mercy. Humanity in Warfare. Oxford, Oxford University Press 2022
  42. Rainer Maaß / Rouven Pons (Hrsg.), Fürstliche Korrespondenzen des 19. und 20. Jahrhunderts. Marburg, Historische Kommission für Hessen 2024
  43. Jörg Ernesti, Geschichte der Päpste seit 1800. Freiburg im Breisgau, Herder 2024
  44. Natalie Cornett, The Politics of Love. Gender and Nation in Nineteenth-Century Poland. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
  45. Miroslav Šedivý, Si vis pacem, para bellum. The Italian Response to International Insecurity 1830–1848. (Internationale Geschichte, Bd. 7.) Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2021
  46. Julian Go, Policing Empires. Militarization, Race, and the Imperial Boomerang in Britain and the US. Oxford, Oxford University Press 2023
  47. Yan Slobodkin, The Starving Empire. A History of Famine in France’s Colonies. Ithaca, NY, Cornell University Press 2023
  48. Sarina Hoff, Der lange Abschied von der Prügelstrafe. Körperliche Schulstrafen im Wertewandel 1870–1980. (Wertewandel im 20. Jahrhundert, Bd. 8.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
  49. Johann Kirchinger, Katholische Frauenkongregationen der Moderne. Stuttgart, Kohlhammer 2022
  50. Dagmar Herzog, Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte. Berlin, Suhrkamp 2024
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  52. Sebastian Bischoff / Christoph Jahr / Tatjana Mrowka u. a. (Hrsg.), Belgien, Deutschland und die „Anderen“. Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung. (Historische Belgienforschung, Bd. 10.) Münster, Waxmann 2024
  53. Björn Hofmeister, Anwalt für die Diktatur. Heinrich Claß (1868–1953). Sozialisation – Weltanschauung – alldeutsche Politik. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
  54. Julia Schneidawind, Schicksale und ihre Bücher. Deutsch-jüdische Privatbibliotheken zwischen Jerusalem, Tunis und Los Angeles. (Jüdische Religion, Geschichte und Kultur, Bd. 34.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
  55. Deborah E. Lipstadt, Golda Meir. Israel’s Matriarch. London, Yale University Press 2023
  56. Felicitas Seebacher, Die Leskys. Akademische Karrieren in den Netzwerken der politischen Systeme des 20. Jahrhunderts. Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2024
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  64. Lutz Kreller / Franziska Kuschel, Vom „Volkskörper“ zum Individuum. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen nach dem Nationalsozialismus. Göttingen, Wallstein 2022
  65. Emily Marker, Black France, White Europe. Youth, Race, and Belonging in the Postwar Era. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
  66. Chelsea Schields, Offshore Attachments. Oil and Intimacy in the Caribbean. Berkeley, CA, University of California Press 2023
  67. Jenny Baumann, Ideologie und Pragmatik. Die DDR und Spanien 1973–1990. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 142.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
  68. Eva Pfanzelter / Dirk Rupnow / Éva Kovács et al. (Eds.), Connected Histories. Memories and Narratives of the Holocaust in Digital Space. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
  69. Eingegangene Bücher
  70. Eingegangene Bücher
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