Zusammenfassung
Militärdiplome sind für eine einzelne Person bestimmte Abschriften von kaiserlichen Konstitutionen, mit denen vom 1.–3. Jahrhundert n. Chr. an Soldaten der Hilfstruppen oder der Flotten, zumeist am Ende ihrer Dienstzeit, das römische Bürgerrecht sowie das conubium, das Eherecht mit einer Frau peregrinen Rechts, verliehen wurde. Da das einzelne Diplom als Doppelurkunde auf Bronzetäfelchen geschrieben wurde, haben sie in bemerkenswert großer Zahl überlebt, so dass sich ein realistisches Bild dessen ergibt, warum und an wen das Bürgerrecht vergeben wurde, wie die administrativen Abläufe von den Büros der Statthalter bis zur kaiserlichen Zentrale in Rom gestaltet waren oder wann und warum Änderungen in der kaiserlichen Politik festzustellen sind. Die Dokumente stammen aus der Zeit zwischen 52 und 305/6 n. Chr., sind aber besonders zahlreich zwischen 70 bis 168, für die sie Jahr für Jahr in größerer Zahl bekannt geworden sind. Sie sind die einzige Quellengattung, die aus einem kaiserlichen administrativen Department aus Rom selbst überlebt haben und als serielle Quellen Einblicke in die kaiserliche Politik erlauben, innerhalb der Regierungszeit einzelner Kaiser ebenso wie in das Handeln der aufeinanderfolgenden Herrscher zwischen Claudius (41–54) und den Kaisern der ersten und zweiten Tetrarchie (305/306).
Abstract
Military diplomas are copies of imperial legal acts intended for a single person, with which Roman citizenship and conubium, the right to marry a woman under peregrine law, were granted to soldiers of the auxiliary troops or fleets from the 1st to 3rd century AD, usually at the end of their service. As the individual diploma was written as a double document on bronze tablets, they have survived in remarkably large numbers, so that a realistic picture emerges of why and to whom citizenship was granted, how the administrative processes from the governors’ offices to the imperial headquarters in Rome were organized or when and why changes in imperial policy can be observed. The documents date from the period between 52 and 305/6 AD, but are particularly numerous between 70 and 168, a period in which they have become known in greater numbers year after year. They are the only source genre to have survived from an imperial administrative department in Rome itself and, as serial sources, allow insights into imperial politics, within the reigns of individual emperors as well as into the actions of successive rulers between Claudius (41–54) and the emperors of the first and second tetrarchy (305/306).
In Erinnerung an Manfred Clauss (16.8.1945–20.1.2025), der so viel für die Epigraphik geleistet hat.
I. Einleitung
Eine der wertvollsten Quellen zur Administration des kaiserzeitlichen Rom ist das zehnte Buch der Briefe Plinius’ des Jüngeren. Es enthält vor allem den Briefwechsel, den der Senator als außerordentlicher Statthalter der Provinz Pontus-Bithynia mit Kaiser Traian geführt hat. Von den insgesamt 121 Briefen in Buch zehn stammen 109 aus dieser Zeit; 61 gingen von Plinius an Traian, 48 sind Antwortschreiben des Kaisers. Alle diese amtlichen Schreiben sind, wie man annehmen darf, in einem der administrativen Departments, die für den Kaiser in Rom arbeiteten, archiviert worden, vielleicht dem des sogenannten ab epistulis, dem officium, in dem die Korrespondenz des Kaisers bearbeitet wurde.[1] Wären freilich die Briefe nicht zusammen mit dem gesamten Briefcorpus des Senators überliefert worden, wären alle Schreiben verloren. Denn aus den Archiven der officia Palatina des kaiserzeitlichen Rom ist uns nichts direkt und im Wortlaut überliefert.
Dieser Bestand muss über die Jahrhunderte hinweg gewaltig gewesen sein, wie ein vereinzeltes Beispiel zeigen mag. Im Jahr 177 berieten Kaiser Marc Aurel und sein Sohn Commodus über die Eingabe eines Aurelius Iulianus, eines Fürsten des Stammes der Zegrenser aus der Provinz Mauretania Tingitana (heute Marokko). Um sie waren zwölf Senatoren und Ritter als Beratungsgremium versammelt; denn selbst Kaiser sollten Entscheidungen erst nach Beratung mit anderen treffen.[2] Der Stammesfürst war schon als Kind zusammen mit seinem Vater römischer Bürger geworden; doch nachdem er eine peregrine Frau geheiratet hatte, waren – nach römischem Recht – die Kinder, die aus der Verbindung bereits geboren waren, rechtlich nicht seine Nachkommen. Deshalb bat der Vater nun die Herrscher, auch seiner Frau und seinen vier Kindern das römische Bürgerrecht, die civitas Romana, zu verleihen. Das wurde ihm schließlich auch gewährt.
Dass wir diesen Vorgang heute kennen, beruht auf einer Bronzetafel, die 1957 auf dem Forum des antiken Banasa gefunden wurde, weshalb der Text als tabula Banasitana bekannt ist.[3] Auf der Tafel sind kaiserliche Schreiben an zwei Statthalter von Mauretania Tingitana eingraviert, vor allem aber die Entscheidung, mit der der Antrag des Zegrenserfürsten bewilligt wurde. Diese Schriftstücke wurden in dem kleinen Dossier zusammengefasst, das wohl auf Bitte des Zegrenserfürsten erstellt wurde. Abgeschrieben aber wurden alle Dokumente
„ex commentario civitate Romana donatorum divi Aug(usti) et Ti(beri) Caesaris Aug(usti) et C(ai) Caesaris et divi Claudi et Neronis et Galbae et divorum Aug(ustorum) Vespasiani et Titi et Caesaris Domitiani et divorum Aug(ustorum) Ner[v]ae et Traiani Parthici et Traiani Hadriani et Hadriani Antonini Pii et Veri Germanici, Medici, Parthici Maximi et Imp(eratoris) Caesaris M(arci) Aureli Antonini Aug(usti) Germanici, Sarmatici et imp(eratoris) Caesaris L(ucii) Aureli Commodi Aug(usti) Germanici, Sarmatici“.
In diesem commentarius waren, wie der lange Passus zeigt, alle individuellen Verleihungen des römischen Bürgerrechts verzeichnet. Die Aufzählung beginnt mit Augustus und endet mit Marc Aurel und Commodus, umfasst also mehr als 200 Jahre. Der archivalische Komplex enthielt die Namen derer, die ihr Bürgerrecht einem dieser Kaiser verdankten; neben ihrem Namen war das jeweilige Alter angegeben, dazu das genaue Datum der Verleihung sowie Namen der Mitglieder des kaiserlichen Konsiliums, die den Rechtsakt besiegelten, und schließlich der Sachverhalt, wie er in der tabula Banasitana überlebt hat. Aus Nachrichten etwa bei Plinius dem Jüngeren ist bekannt, dass die Details, die in der tabula Banasitana für Aurelius Iulianus angeführt werden, auch in anderen Fällen angefordert wurden und dann in den commentarius eingegangen sein müssten.[4]
Wie viele solcher Verleihungen in dem commentarius festgehalten waren, ist unbekannt. Sicher ist jedenfalls, dass zahllose Bewohner des Imperiums im Verlauf von mehr als zwei Jahrhunderten durch einzelne kaiserliche Akte in die römische Bürgerschaft aufgenommen wurden. Selbst wenn die Verleihungen nur zum Teil in den commentarius eingegangen sind, muss er eine Unmenge an Dokumenten enthalten haben. Die Reflexe dieser Bürgerrechtsverleihungen ad personam sind mindestens zum Teil in den zahllosen kaiserlichen Gentilnomina überall in der römischen Welt zu greifen; denn viele der Empfänger der civitas, vor allem auch in den städtischen Eliten, fühlten sich verpflichtet, Praenomen und Nomen gentile des Verleihers anzunehmen. Deshalb kennen wir so viele Cai Iulii, Titi Flavii, Marci Ulpii, Publi Aelii, Titi Aelii oder Marci Aurelii.[5]
Nicht nur diese kaiserlichen Akte für die neuen römischen Bürger wurden, wie der commentarius erkennen lässt, schriftlich festgehalten, auch die neuen Bürger selbst erhielten ihr Geschenk in schriftlicher Form bestätigt. Wie sonst hätten sie fern von Rom in der Heimat den neuen Rechtsstatus nachweisen können, gegenüber den jeweiligen munizipalen Magistraten, aber auch gegenüber den kaiserlichen Finanzprokuratoren? Unzählige solcher Schreiben sind im Laufe des 1. und 2. Jahrhunderts abgefasst und übergeben worden. Doch von all diesen Dokumenten hat fast nichts bis in unsere Zeit überlebt. Die Inschrift von Banasa ist eine Ausnahme, vermutlich weil der Zegrenserfürst auch öffentlich bekannt machen wollte, dass seine gesamte Familie nun römisches Bürgerrecht besaß; deshalb ließ er den Inhalt des Dokuments, das er auf Papyrus oder auf Wachstafeln erhalten hatte, auf einer Bronzetafel in Banasa eingravieren und so „publizieren“. Hätten dies viele andere auch getan, dann wüssten wir über diese Form der Bürgerrechtspolitik der römischen Kaiser weit differenzierter Bescheid. Denn Bronzeurkunden konnten, im Gegensatz zu den üblichen Beschreibmaterialien wie Papyri oder Holz, überleben, wenn sie nicht eingeschmolzen wurden.[6]
II. Diplomata militaria als Dokumente für Soldaten
Eine große Gruppe von römischen Neubürgern musste jedoch nicht wie der Zegrenserfürst die Entscheidung treffen, das neue Recht für sich und manchmal auch für ihre Familien auf Bronze eingravieren zu lassen. Diese Neubürger erhielten, als sie cives Romani wurden, unmittelbar und generell eine Urkunde auf Bronze, die ihre neue Rechtstellung bestätigte: Es waren die peregrinen Soldaten des römischen Heeres, die in den Auxiliareinheiten, in den in Italien stationierten Flotten und bei den equites singulares, einer berittenen Spezialtruppe um den Kaiser, dienten.[7] Während die Legionäre seit Augustus am Ende ihrer Dienstzeit eine geregelte finanzielle Abfindung erhielten, war dies für die Soldaten in den Hilfstruppeneinheiten nicht vorgesehen; vermutlich hätte das die finanziellen Möglichkeiten des Reichs deutlich überstiegen. Es gab ein schon seit der Zeit der Republik „billigeres“ Mittel, um Soldaten zu „entlohnen“: Man nahm sie ins römische Bürgerrecht auf.[8] Dass ihnen dies auch schriftlich bestätigt wurde, war wohl zumeist eine Notwendigkeit, weil sie als Veteranen, wenn sie in ihre Heimat zurückkehrten, auch nachweisen mussten, dass sie nun cives Romani seien. Dass genügend Kommilitonen in der Heimat dies bezeugen konnten, wäre wohl nur unter besonderen Bedingungen möglich gewesen. Unter Kaiser Claudius trat eine fundamentale Änderung ein: Die Bestätigung des Bürgerrechts wurde individuell für jeden Auxiliar auf Bronze geschrieben, einem Material, das auch den Wert des Geschenkes betonte – und das bis heute überleben konnte.[9] Es sind die sogenannten diplomata militaria, beglaubigte Abschriften von kaiserlichen Bürgerrechtskonstitutionen. Jedes Jahr wurden seitdem tausende solcher Diplome an Soldaten ausgegeben, eine Praxis, die für die Masse der Auxiliare mit der allgemeinen Bürgerrechtsverleihung durch Kaiser Caracalla im Jahr 212 endete, für andere Gruppen erst im Verlauf des 3. Jahrhunderts. Die letzten uns bekannten Diplome gehen auf Konstitutionen aus den Jahren 305 und 306 n. Chr. zurück, ausgegeben von den damals amtierenden kaiserlichen Kollegien um Diokletian und Constantius Chlorus.[10]
Schon Ende des 15. Jahrhunderts wurden die ersten dieser Dokumente von italienischen Humanisten abgeschrieben.[11] Doch erst Theodor Mommsen erfasste voll die Bedeutung dieses Dokumententyps für die Heeresgeschichte und insbesondere für die Verbreitung des römischen Bürgerrechts. Mit ihm begann die umfassende wissenschaftliche Sammlung und Auswertung. Bis zum Jahr 1902 konnte er insgesamt 112 dieser Dokumente sammeln, die er alle in Band III des CIL einschloss.[12] Der Großteil dieser Diplome stammte aus den Donauprovinzen; so war Band III des CIL, der die Inschriften dieser Region mit aufführte, für ihn sachlich der richtige Ort, um eine systematische Sammlung und Auswertung der ihm bekannten Dokumente zu geben. Als Herbert Nesselhauf im Jahr 1936 alle bis dahin publizierten Diplome in einem eigenen Band des CIL (Bd. XVI) zusammenfasste, war deren Zahl bereits auf 157 angewachsen, in seinem Supplementband zu CIL XVI im Jahr 1955 schließlich schon auf 189. Seit den späten 1990er Jahren explodierte die Zahl solcher Dokumente, nicht zum wenigsten seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Vor allem in den ehemals sozialistischen Staaten des Donauraums von Ungarn bis Rumänien und Bulgarien wurden zahllose neue Diplome gefunden, teils in systematischen Ausgrabungen; doch mehrheitlich wurden sie mit Hilfe von Metalldetektoren entdeckt und meist illegal über den internationalen Antikenhandel in viele Länder verkauft.[13] Hinzu kommen kontinuierlich, wenn auch in geringeren Zahlen, weitere Exemplare, die aus ordentlichen Grabungen stammen.
Eine systematische Sammlung nach CIL XVI wurde von Margaret Roxan in vier Bänden der Roman Military Diplomas (= RMD I–IV) begonnen und von Paul Holder mit Band V und VI fortgesetzt[14]; diese Bände umfassen bereits 655 weitere Dokumente. Rund 500 Diplome sind durch zahlreiche einzelne Publikationen bekannt geworden, so dass heute mehr als 1350 Diplome der Wissenschaft zur Verfügung stehen, viele als vollständige Texte, nicht wenige auch nur als Fragmente. Alle zusammen sind allein in der Epigraphischen Datenbank von Manfred Clauss und Wolfgang Slaby für alle frei zugänglich[15], bisher auf einem Server der Universität Eichstätt. In Zukunft wird die Datenbank an der Universität Zürich von Anne Kolb weitergeführt. Die Datenbank ist freilich nicht auf Diplome beschränkt, sie erfasst sicher mehr als 99 Prozent aller bisher bekannten lateinischen Inschriften.
Die große Mehrheit der Diplome stammt aus den rund 160 Jahren zwischen 52 und 212 n. Chr. Das erste uns bekannte Diplom wurde im Jahr 52 n. Chr. ausgestellt.[16] Während für die ersten eineinhalb Jahrzehnte bis zum Ende der julisch-claudischen Dynastie im Jahr 68 nur relativ wenige Diplome überlebt haben[17], kennen wir seit der Zeit der Flavier bis fast in die Mitte der Regierungszeit Marc Aurels, als die Ausgabe dieser bronzenen Dokumente vorübergehend eingestellt wurde[18], in jedem Jahr mindestens ein Diplom, oft aber auch mehr als zehn[19]. Sie weisen zurück auf die eigentlichen Entscheidungen, die kaiserlichen Konstitutionen, von denen die Diplome Abschriften waren; auf jedem Diplom ist dies eigens vermerkt worden: „Descriptum et recognitum ex tabula aenea/aerea, quae fixa est Romae“; darauf folgt der Ort, an dem die Tafel mit dem Text der Konstitution veröffentlich worden war, zunächst an verschiedenen Stellen auf dem Kapitol, vor allem auf der Basis von statuarischen Monumenten, seit 88/90 n. Chr. aber „in muro post templum divi Augusti ad Minervam“.[20] Man kann davon ausgehen, dass in der gesamten Zeit, in der Diplome ausgegeben wurden, weit mehr als 5000 Konstitutionen veröffentlicht wurden, für die manchmal mehr als eine Bronzetafel nötig war. Doch nicht ein einziges Exemplar, nicht einmal ein Fragment einer originalen Konstitution ist uns aus Rom selbst überliefert, obwohl wir die Orte, an denen sie in Rom publiziert wurden, kennen.[21] Nur weil im 3. Jahrhundert die Bronzeplatten mit originalen Konstitutionen aus dem 2. Jahrhundert zerschnitten und dann teilweise für Diplome wiederverwendet wurden, kennen wir zwei kleine Fragmente aus solchen Konstitutionen, weil zwei Diplome, die auf solche zerschnittenen tabulae eingraviert wurden, bis heute in Provinzen überlebt haben.[22] Es ist relativ wahrscheinlich, dass aus diesen Konstitutionen in römischer Zeit mindestens 300 000 Diplome abgeschrieben wurden, von denen bis heute, wie schon erläutert, mehr als 1350 gefunden und publiziert wurden. Aus einzelnen Konstitutionen haben, wie man zeigen konnte, maximal zwischen 0,3 und 1 Prozent der einst ausgegebenen Diplome überlebt.[23] Diese Überlebensrate dürfte in etwa auch für die Gesamtheit der Diplome und damit der Konstitutionen gelten.
Die Diplome – und durch sie die Konstitutionen – sind sehr gleichmäßig über die Zeit, die verschiedenen Provinzen mit ihren unterschiedlich großen Heeresverbänden[24] sowie die einzelnen Truppentypen, für die solche Dokumente ausgestellt wurden, verteilt. Sie liefern damit statistisch weitgehend zuverlässige Informationen über die kaiserliche Politik und deren administrative Umsetzung, soweit sie sich in diesen Dokumenten spiegeln. Insbesondere lassen sie aber durch ihren seriellen Charakter Entwicklungen erkennen, wie wir sie sonst für keinen Bereich der kaiserlichen Politik und der internen Administration in Rom während der ersten drei Jahrhunderte n. Chr. kennen. Diese dicht aufeinander folgenden kaiserlichen Konstitutionen lassen Einsichten über den äußeren Ablauf der Erstellung von Erlassen und der davon abgeschriebenen Diplome zu, sie geben aber auch Hinweise auf die inhaltlichen Kriterien, nach denen sich die kaiserliche Politik gegenüber einem Teil des Heeres entwickelte, wie diese administrativ umgesetzt wurde und sich im Laufe der Zeit langsam veränderte. Umso auffälliger sind dann plötzliche Kursänderungen, die sich auf diese Weise erkennen lassen.
Auxiliarsoldaten mussten, nicht anders als Legionäre, ihre reguläre Dienstzeit (stipendia) ehrenvoll abgeleistet haben, um die ihnen am Ende zustehende Kompensation, das Bürgerrecht, zu erhalten, während die Entlohnung bei den Legionären finanziell erfolgte. Die Dienstzeit betrug für die Soldaten der Hilfstruppeneinheiten 25, für die der Flotten 26, ab spätseverischer Zeit, wie die Diplome zeigen, sogar 28 Jahre.[25] Bis ins Jahr 110 n. Chr. genügte es, wie sich aus der Abfolge der Diplome ergibt, diese Jahre abgeleistet zu haben, um das Bürgerrecht zu erhalten, auch wenn die Soldaten noch im Dienst blieben, aus welchem Grund auch immer; seitdem aber mussten sie zuvor auch ehrenvoll entlassen worden sein, um das Privileg zu erhalten. Entsprechend wurde der Text der Konstitution formuliert. Bis etwa 110 kann der Text diese Form haben: „equitibus et peditibus, qui militant in alis --- et cohortibus ---, qui quina et vicena stipendia aut plura meruerant“. Das heißt, die Soldaten haben die obligatorische Dienstzeit hinter sich, dienen aber noch bei der Truppe – deshalb „militant“ – und erhalten noch im aktiven Dienst die civitas Romana und das conubium.[26] Nach 110 finden sich, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, solche Formulierungen nicht mehr, vielmehr lautet der Text von da: „equitibus et peditibus ---, qui militaverunt in alis --- et cohortibus --- quinis et vicenis, item classicis senis et vicenis pluribusve stipendiis emeritis dimissis honesta missione“[27]: Neben der Ableistung der jeweiligen Dienstzeit für die Auxiliare und die Flottensoldaten wurde somit auch die ehrenvolle Entlassung vorausgesetzt, die in Einzelfällen verweigert wurde.
In jeder Provinz lagen in den Büros der einzelnen Einheiten, die an verschiedenen Orten stationiert waren, die Matrikel, aus denen sich ergab, wer in einem Jahr die notwendigen Jahre absolviert hatte.[28] Auf der Grundlage der Matrikel wurden Listen der Soldaten angefertigt, die die jeweiligen Bedingungen innerhalb der Einheit erfüllt und – seit dem Jahr 110 – die honesta missio erhalten hatten; die Listen aus den einzelnen Einheiten gingen sodann an das Statthalterbüro, das sie sammelte und in eine adäquate Ordnung brachte. Wenn in einer Provinz mehr als nur eine Einheit lag, wurden diese in einer zusammenfassenden Liste nicht willkürlich aneinandergereiht, vielmehr in eine Ordnung gebracht, die, wenn einmal eingespielt, in den einzelnen Provinzen recht strikt eingehalten wurde. Die Reitereinheiten (alae) waren stets den Kohorten übergeordnet, weil diese zumeist aus Fußtruppen bestanden; beide Kategorien wurden fast durchgängig nach den Ziffern geordnet, die am Anfang des Namens der Einheiten standen, also beispielweise eine ala I Augusta Germaniciana oder eine cohors VI Ulpia Petraeorum. Dieses Prinzip wurde in der Mehrzahl der Provinzen von den Statthalterbüros eingehalten. Doch gelegentlich wurde davon auch abgewichen, wie etwa in Pannonia superior in der Zeit des Antoninus Pius, ohne dass erkennbar wäre, warum geändert wurde und nach welchen sachlichen Kriterien dies erfolgte.[29] In Iudaea/Syria Palaestina hielt man sich bei den Kohorten lange Zeit an die Ordnung nach den Ziffern der Einheiten.[30] Doch zwischen 142 und 147 beginnt die Aufzählung der Kohorten unvermittelt mit der cohors V Gemella, auf die sodann erst Einheiten mit der Ziffer I, II usw. folgen; diese Ordnung wird danach auch nicht mehr aufgegeben, sondern als ein Formular fortgeschrieben.[31] Wieso es zu dieser Änderung kam, die der numerischen Anordnung widerspricht, ist nicht zu erkennen. Doch nachdem die Änderung eingetreten war, wurde sie unmittelbar wieder bürokratischer Standard.
Aus den vielen Konstitutionen ist somit über einen langen Zeitraum eine weitgehende, fast natürlich wirkende Homogenität in der Aufzählung der Einheiten zu erkennen, die aber in manchen Provinzen recht plötzlich nicht mehr beachtet wurde. Daraus darf man wohl schließen, dass es für diese Ordnung keine generellen Vorgaben der römischen Zentrale gab. Diese hat vielmehr das, was ihr aus den Provinzen zugesandt wurde, in die von ihr ausgearbeiteten Konstitutionen übernommen, auch die Namen der Kommandeure der einzelnen Alen und Kohorten. So wurde etwa in den Texten vermerkt, dass eine Einheit, als die Liste der zu privilegierenden Soldaten erstellt wurde, zwar noch unter dem Kommando eines bestimmten Präfekten gestanden hat, dass dies aber spätestens zu dem Zeitpunkt, als die Konstitution dem Kaiser zur Bestätigung eines Erlasses vorgelegt wurde, nicht mehr zutraf; deshalb wird an diesen Stellen der ehemalige Kommandeur zwar genannt, aber mit der Formel: „alae/cohortis ---, cui praefuit“. Der Grund, dass aktuell kein Kommandeur der Einheit genannt werden kann, wird nicht angegeben; der Präfekt könnte inzwischen verstorben, vielleicht zu einer anderen Einheit versetzt oder auch von seiner Aufgabe entbunden worden sein.
Meist hielt sich die kaiserliche Zentrale an die schriftlichen Unterlagen aus den Provinzen, doch gelegentlich hat man dort die Angaben aus den Provinzen nicht einfach übernommen, sondern diese vereinheitlicht. Bis in die ersten Jahre der hadrianischen Regierungszeit stehen in den Konstitutionen die Namen der Provinzstatthalter in unterschiedlicher Form, teils mit der üblichen Dreinamigkeit aus Praenomen, Gentile und Cognomen, teils aber auch mit mehr Namen, wenn ein Statthalter auf die Nennung seiner vollen Namensreihe bestand.[32] Doch danach werden ausschließlich nur noch deren Gentil- und Cognomina eingefügt. Welche Rationalität dahinter steht, lässt sich aber nicht unmittelbar erkennen. Denn wenn die Namen derselben Personen in anderen Konstitutionen in den Konsulatsdatierungen erscheinen, fehlen nie die Praenomina. Hatten die Datierungen eine höhere sachliche Valenz?
III. Die Titulatur des Kaisers in den Konstitutionen als Zeichen von Rechtsförmigkeit
Der wichtigste Schritt bei jedem Bürgerrechtserlass war die Zustimmung des Kaisers. Das galt, wie gezeigt, bei der Einzelentscheidung für den Zegrenserfürsten Aurelius Iulianus, aber genauso bei den Erlassen für die Hilfstruppeneinheiten. Gerade diese Entscheidungen sind für die meisten Kaiser wohl schnell zu einer Routinearbeit geworden. Denn man darf annehmen, dass fast für alle Truppen, auch für die italischen Flotten sowie die Prätorianer und die Stadtkohorten in Rom, jährlich solche Konstitutionen ausgefertigt werden mussten. Die cura des Herrschers gegenüber dem Militär zeigte sich in solchen öffentlichen Akten. Doch trotz aller Regelmäßigkeiten und Routine war die ausdrückliche Zustimmung des Kaisers erforderlich; der Chef des officium, das die Konstitutionstexte entwarf, hatte nicht die Möglichkeit, stillschweigend anstelle der Kaisers zu handeln, wie man dies heute etwa in vielen Entscheidungen staatlicher Ministerien kennt. Diese Andersartigkeit der kaiserlichen Zentraladministration lässt sich gerade durch die große und kontinuierliche Reihe der Erlasse nachweisen. Denn in den Texten finden sich Aussagen, die einander zu widersprechen scheinen. Um diese scheinbaren Widersprüche zu erklären, glaubte man in der Wissenschaft lange Zeit, diese seien in den Konstitutionen selbst nicht vorhanden gewesen, sie seien vielmehr erst bei der Gravur der einzelnen Diplome entstanden.[33]
Der Befund bei solch scheinbaren Widersprüchen ist folgender: Am Anfang jeder Konstitution steht der Name des Kaisers im Nominativ, darauf folgt die gesamte aktuelle Titulatur. Denn der römische Kaiser hat nicht etwa eine schlicht in einem Begriff zusammengefasste Herrschaftskompetenz, die er eben als Kaiser ausüben konnte und die dann auch bei einem schriftlichen Erlass allein zu nennen war. Seine Handlungsmöglichkeiten beruhten vielmehr auf einzelnen, aus dem republikanischen System abgeleiteten, ihm spezifisch übertragenen Rechten, die seit Augustus in der Titulatur einzeln angeführt werden: er ist oberster Priester im römischen Staatskult, er ist Träger der tribunicia potestas, der Amtsgewalt der Volkstribunen, er hat zusätzliche Imperatorenakklamationen erhalten, hatte mehrfach den Konsulat bekleidet und trug den Titel eines Vaters des Vaterlandes: „pontifex maximus, tribunicia potestate, imperator, consul, pater patriae“: das ist die normale Reihung, die in der Abfolge manchmal ein wenig variieren kann. Es ändern sich die Zahlen bei der jährlich fortgeschriebenen tribunizischen Gewalt, beim Konsulat und bei den Imperatorenakklamationen, für die es vor dem späteren 3. Jahrhundert keine Regel gab.
In den Konstitutionen, die hier diskutiert werden, lautet die Titulatur des Herrschers jeweils präzise so, wie sie in dem Moment gegolten hat, zu dem er seine Zustimmung zu einem Erlass gegeben hat. Sichtbar wurde dies insbesondere an der tribunicia potestas; denn die jährliche Erneuerung wird durch eine nachfolgende Ziffer angezeigt. Seit Traian endet die tribunicia potestas am 9. Dezember, am darauffolgenden 10. Dezember wird sie erneuert.[34] In einer Konstitution ist diese Ziffer sozusagen petrifiziert, sie kann nicht verändert werden, weil sie eben mit der kaiserlichen Zustimmung zum Text der Konstitution engstens gekoppelt ist. Das kann sich in den Bürgerrechtserlassen dann in aller Deutlichkeit zeigen, wenn ein Kaiser den Entwurf zu einem Erlass nicht in Rom erhielt, sondern etwa während eines Feldzugs in einer Grenzprovinz oder während einer Reise; denn viele Kaiser waren über Jahre hinweg außerhalb Roms tätig.[35] In solchen Fällen wurde ein Bürgerrechtserlass von dem Ort, an dem der Kaiser sich aktuell aufhielt und ihm zugestimmt hatte, nach Rom gesandt, wo die Konstitution schließlich an einem bestimmten Datum veröffentlicht wurde. Von diesem auf einer tabula aenea/aerea publizierten Original wurden in Rom schließlich die individuellen Diplome für die Auxiliarsoldaten abgeschrieben, in die auch das Publikationsdatum einging. Hatte nun ein Kaiser vor dem 9. Dezember eines Jahres einen Erlass genehmigt, wurde die damals gültige Titulatur nicht verändert, vor allem nicht die Ziffer bei der tribunicia potestas, obwohl bis zur Publikation in Rom Wochen, gelegentlich auch Monate vergingen, in denen die Ziffer der tribunicia potestas sich verändern konnte. Doch im Erlass wurde vom zuständigen officium die frühere Ziffer beibehalten, auch wenn die Publikation in Rom erst erfolgte, wenn die Ziffer sich schon geändert hatte.[36] Denn sie fixierte den Zeitpunkt, zu dem der Erlass Rechtskraft erlangt hatte. Dass in der Administration darauf so streng geachtet wurde, war anderen Quellen nicht zu entnehmen, erst die Diplome haben das deutlich gemacht.[37] Und natürlich galt dieses Prinzip nicht nur bei den Bürgerrechtserlassen, sondern generell.
Das wird noch an einem weiteren titularen Element deutlich, dessen rechtlich-politische Bedeutung sich nur durch die zeitlich eng aufeinanderfolgenden Diplome und damit Konstitutionen erkennen lässt. Der Begriff „Imperium Romanum“ vermittelt recht unmittelbar die Vorstellung von einem einheitlichen politischen Raum. Doch in der rechtlichen, aber auch der politischen Realität war dies nicht einfach der Fall. Augustus hatte im Jahr 27 v. Chr. die Leitung der Provinzen mit dem Senat „geteilt“; er war für „seine“ Provinzen zuständig, die provinciae Caesaris. Sein Recht, diese zu leiten, ergab sich seit diesem Jahr zunächst aus seinem imperium, das er als amtierender Konsul besaß. Als er 23 v. Chr. vom Konsulat zurücktrat, blieb ihm sein imperium, eine zwangsläufige Folge der Zuweisung „seiner“ Provinzen. Diese konsulare Befehlsgewalt wurde, sobald Augustus sich außerhalb Roms in seinen Provinzen aufhielt, nominell zu einer prokonsularen, womit Augustus die amtliche Bezeichnung proconsul trug. Das war lange Zeit als unzutreffend angesehen worden, doch in einem Edikt, das Augustus im Jahr 15 v. Chr. im südlichen Gallien erließ und das in Bembibre im Nordwesten Spaniens, eingraviert auf eine Bronzetafel, gefunden wurde, nennt er selbst sich in seiner Titulatur „proconsule“, weil darauf außerhalb Roms sein Recht ruhte, das Edikt zu erlassen.[38] Diese Rechtsqualität, die nur temporär aktuell werden konnte, wurde allerdings über ein Jahrhundert nicht weiter hervorgehoben, bis Traian, spätestens Anfang 116, als er sich im Osten aufhielt, sie in die Titulatur aufnahm, sozusagen als demonstrativen Akt der „rechtlichen Selbstbindung“ gegenüber dem Senat und vielleicht auch als eine Art Äquivalent für den Beinamen Optimus, der ihm 114 n. Chr. zuerkannt worden war. Seit dem Jahr 116 wird in allen seinen Bürgerrechtskonstitutionen, die er während des Partherkriegs im Osten ausfertigen ließ, „proconsul“ in die Titulatur eingefügt; erstes Dokument ist ein Erlass, der am 24. März 116 in Rom publiziert wurde.[39] Und alle seine Nachfolger hielten sich, wie die lange Serie der Bürgerrechtskonstitutionen zeigt, bis über die Mitte des 3. Jahrhunderts hinaus an diese Vorgabe[40]: Sobald einer von ihnen Italien verließ, wird diese Bezeichnung in seiner Titulatur eingefügt, so dass sich aus der Abfolge sogar die Reisetätigkeit der Kaiser zeitlich manchmal recht genau rekonstruieren lässt. Eine bisher unbekannte, nirgends sonst überlieferte Reise des Septimius Severus im Jahr 205/206 ist erst vor Kurzem erstmals durch den Titel „proconsul“ hervorgetreten, der sich in zeitlich eng aufeinanderfolgenden Diplomen dieser Jahre findet.[41] Als Lucius Verus, der Mitaugustus von Marc Aurel, sich nach dem Tod des Antoninus Pius wegen der Angriffe der Parther in den Osten begeben musste, wird an der Titulatur der beiden fast gleichberechtigten Kaiser deutlich, dass Marc Aurel in Rom blieb, während Verus den Krieg gegen die Parther führte. In den gemeinsamen Bürgerrechtskonstitutionen wird deshalb in Marc Aurels Titulatur nur „pontifex maximus, tribunicia potestate ---, imperator ---, consul ---“ angeführt; dagegen erscheint in der des Verus neben „tribunicia potestate ---, imperator ---, consul ---“ auch „proconsul“.[42] Darin drückt sich keineswegs eine unterschiedliche Zuständigkeit aus, weil Marc Aurel auch von Rom aus für die Provinzen handeln konnte, wohl aber eine Anerkennung von formal differierenden Rechtstiteln einerseits gegenüber Rom und Italien und andererseits den Provinzen, auf deren Bewahrung der Senat Wert legte, weil sie unter Augustus in Verbindung mit den Rechten des Senats so fixiert worden waren.
Mit diesem Titel kann aber auch gezeigt werden, dass ein Kaiser sich gegenüber bestimmten Gemeinden in den Provinzen an vereinbartes Recht hielt – indem er, wenn er sich dort aufhielt, den Titel in seiner Titulatur nicht führte. Hadrian besuchte Ende 128 / Anfang 129 für einige Monate Athen, eine freie Stadt, eine civitas libera, die rechtlich auch nicht dem Statthalter der Provinz Achaia, einem Prokonsul, unterstand. In einigen Konstitutionen, die Hadrian während seines Aufenthalts in Athen erließ, fehlt deshalb der Titel „proconsul“[43], der aber sogleich wieder in die Titulatur aufgenommen wurde, sobald er die Stadt verlassen hatte[44]. Erneut wird dies durch eine zeitlich eng aufeinander folgende Serie von Diplomen deutlich. Dass die Unterschiede beachtet und in den Dokumenten sichtbar gemacht wurden, dafür war das officium zuständig, das unter dem ab epistulis arbeitete.
IV. Die Produktion der Diplome
Dieses Büro war nach aller Wahrscheinlichkeit auch für die Kontrolle zuständig, dass die Diplome, die in den Provinzen an die Empfänger ausgegeben wurden, ordnungsgemäß und rechtssicher ausgefertigt waren. Die Herstellung der Diplome selbst fiel aber kaum in die Zuständigkeit dieser kaiserlichen Freigelassenen, die den Hauptteil des Personals bildeten.[45] Die konkrete Produktion der tabula aenea, auf der die Konstitution in Rom veröffentlicht wurde, sowie vor allem der zahllosen Bronzediplome für die einzelnen Veteranen war ausgelagert; diese Arbeiten übernahmen ein oder mehrere Unternehmer, von denen aber nicht ein Einziger bisher bekannt geworden ist, trotz der vielen Tausende solcher Dokumente, die jedes Jahr herzustellen waren. Für die Publikation einer Konstitution Vespasians vom 7. April des Jahres 71, die für Veteranen der Flotte von Misenum bestimmt war, waren drei oder mehr tabulae aenea notwendig, um die vielen Namen der Privilegierten darauf unterzubringen. Von dieser Konstitution wurden mindestens 342 Diplome hergestellt, was deshalb so genau angeben werden kann, weil in den frühen Diplomen am Ende angegeben wird, auf welcher Tafel in welcher Namenskolumne und in welcher Zeile der Name eben dieses Soldaten in der Konstitution angegeben war; denn zu der publizierten Konstitution gehörte auch eine Liste der Namen aller Diplomempfänger, die mit diesem Erlass das Bürgerrecht erhalten sollten. Der Name des Diplomempfängers, dessen Dokument die Zahl 342 ermöglicht, stand auf der dritten Tafel in der sechsten Kolumne in Zeile 19.[46] Ein wenig erinnert diese Präsentation an das Monument, das in Washington für die in Vietnam gefallenen US-Soldaten errichtet wurde; in Rom waren es die Namen derjenigen, die nun zum Populus Romanus gehörten. Jeder Soldat, der sich vergewissern wollte, ob tatsächlich im Text der publizierten Konstitution sein Name vorhanden und damit sein Bürgerrecht gesichert sei, hätte das mit diesem präzisen Aktenvermerk tun können. Die Tafeln dieser Konstitution waren auf dem Kapitol in Rom auf dem Podium angebracht, auf dem ein Altar für die Julische Familie stand („in podio arae gentis Iuliae“). Auch dies war auf dem Diplom vermerkt. Bald hielt man diese Hinweise freilich für überflüssig, womit für uns heute für die späteren Konstitutionen eine wichtige Information verloren ist.
Man konnte durch Metallanalysen der Diplome zeigen, dass wohl eine vorgegebene gehobene Qualität des Metalls eingehalten wurde, und zwar über mehr als ein Jahrhundert hinweg.[47] Das lässt vermuten, dass das Metall von einer kaiserlichen Stelle geliefert wurde. Denn dass die Unternehmer diese Qualität gewährleistet hätten, ist wenig wahrscheinlich; sie achteten, wie noch gezeigt werden wird, auf ihren Gewinn und hätten, wenn sie selbst das Metall hätten beschaffen müssen, auch einfacheres und dann wohl billigeres verwendet. Jedes Jahr musste die kaiserliche Verwaltung beträchtliche Mengen an hochwertiger Bronze bereitstellen, die sich im Laufe der Zeit freilich deutlich verminderten, die Bronze allerdings nicht an Qualität abnahm. In flavischer Zeit wogen die beiden tabellae, aus denen ein Diplom bestand, im Durchschnitt um die 1000 Gramm, seit traianischer Zeit ging das Gewicht deutlich auf die Hälfte zurück, um schließlich in der Spätzeit des Pius öfter weniger als 200 Gramm zu betragen.[48] Der Gesamtaufwand lässt sich nicht näher berechnen, doch die Kosten waren zweifellos nicht gering. Dass deshalb ab Beginn des 2. Jahrhunderts versucht wurde, die Kosten zu vermindern, ist nicht so überraschend. Als nach den ersten verheerenden Angriffen verschiedener jenseits der Donau lebender Stämme auf die Provinzen die kaiserlichen Finanzen schwer unter Druck gerieten, wurde die Ausgabe von Diplomen auf Bronze im Jahr 168 sogar für ein Jahrzehnt vollständig eingestellt.[49] Deutlich wird aus den uns konkret erhaltenen Diplomen aber auch, dass sehr wohl darauf geachtet wurde, für welche Truppen die Diplome jeweils bestimmt waren. Prätorianer und die Soldaten der italischen Flotten, die das römische oder zumindest das latinische Bürgerrecht besaßen, erhielten im Durchschnitt auch noch im 2. Jahrhundert schwerere Diplome, während die Dokumente für Auxiliare mit peregrinem Rechtsstatus oft sehr viel leichter waren.[50]
Wie die Unternehmer im Detail bei der Herstellung der Diplome verfuhren, lässt sich nur zum Teil erschließen. Der Großteil der Arbeit bestand in der Herstellung und Zurichtung der zwei Bronze-tabellae, die zusammen ein Diplom ergaben. Alle vier Seiten der tabellae wurden beschriftet. Auf der Außenseite von tabella I stand der gesamte Text, der alle Informationen enthielt, die für den Diplomempfänger nötig waren; dieser Text wurde nochmals auf den Innenseiten beider tabellae eingraviert. War dies geschehen, wurden sie durch einen dicken Metalldraht, der durch zwei Löcher in der Mitte der tabellae gezogen wurde, fest miteinander verbunden; damit war der Text der Innenseiten nicht mehr sichtbar und vor allem nicht mehr manipulierbar. Auf der Außenseite von tabella II wurden sodann die Namen der sieben Zeugen eingraviert, die mit ihren Siegeln, die auf den Draht gesetzt wurden, dafür bürgten, dass der Text des einzelnen Diploms mit dem Original, also dem Text auf der publizierten tabula aenea, übereinstimmte. Die Diplome waren damit sogenannte Doppelurkunden: Zum einen war der Text auf tabella I unmittelbar lesbar, was normalerweise genügte. Trat jedoch irgendein Zweifel auf, konnten die Siegel und der Verbindungsdraht gelöst und der Text der Innenseite gelesen werden; denn nur dieser war rechtlich verbindlich. Der Text des einzelnen Diploms wurde zunächst mit Tinte vorgeschrieben, wovon manchmal noch Reste zu sehen sind.[51] Darauf folgte die mühevolle und zeitaufwändige Gravur der Texte. An den Diplomen kann man feststellen, dass diejenigen, die diese Arbeit zu erledigen hatten, jahrzehntelang dies mit hohem Aufwand und Sorgfalt getan haben, auch auf den beiden Innenseiten, obwohl dieser Text nicht sichtbar war. In den Diplomen bis in die frühe Zeit Vespasians sind die Innenseiten sogar meist mit besonderer Behutsamkeit eingraviert. Doch diese Gründlichkeit erforderte Zeit. Fast parallel zu der deutlichen Gewichtsverminderung ist seit der spättraianischen Zeit erkennbar, dass man sich in den Werkstätten der Unternehmer offenbar bemühte, Zeit zu sparen. Man konnte dies erreichen, indem die Texte auf den Diplomen nicht mehr voll ausgeschrieben eingraviert, sondern mehr und mehr Abkürzungen verwendet wurden. So ließen sich die Kosten senken bzw. der Gewinn erhöhen.[52] Das konnte umso leichter geschehen, als die Innenseiten der Diplome verschlossen waren und der dort eingravierte Text normalerweise nicht gelesen wurde; der Text auf der Frontseite von tabella I reichte. So lag der Gedanke nicht so fern, dass man beim Text der Innenseite nicht so präzis sein musste; auch einen Text mit Abkürzungen konnte man verstehen. Schon seit claudischer Zeit stand außen wie innen unter dem Text, er sei korrekt abgeschrieben und kontrolliert worden: „Descriptum et recognitum ex tabula aenea ---“. Zunächst verkürzte man diesen Vermerk auf der Innenseite, dann ließ man ihn vollständig weg, vielleicht deswegen, weil man feststellte, dass die Kontrolle der Zeugen sich oft – oder stets? – mit dem begnügte, was auf der Frontseite der Urkunde zu lesen war. Nach und nach wurden viele Worte des Textes abgekürzt, auf der Außenseite weniger, aber vor allem auf der Innenseite; dort „verzichtete“ man auf manche Teile auch vollständig. Beispielsweise führte man von den Namen der Konsuln, die zur Datierung in jedem Diplom zweimal erschienen, auf der Innenseite nur noch die Cognomina der beiden Amtsträger an.
Doch man konnte noch weiter gehen, was sich in dem Jahrzehnt zwischen 143 und 154 deutlich zeigte. Damals dachten wohl manche derjenigen, die die Texte eingravierten[53], es sei ziemlich nutzlos, von allen Alen und Kohorten, aus denen in einer Konstitution Soldaten privilegiert wurden, auch die vollen Namen anzugeben; schließlich galt das einzelne Diplom immer nur für einen Veteranen aus einer einzigen Einheit. Es sollte wohl genügen, dass auf der Außenseite von tabella I alle in die Konstitution eingeschlossenen Einheiten genannt wurden, auch diejenige, der der Empfänger des einzelnen Diploms angehörte. Also verkürzte man auf den Innenseiten immer mehr, bis dort am Ende von der Gesamtheit der Auxiliareinheiten nicht einmal mehr diejenige stand, in der der Empfänger des Diploms gedient hatte.[54] Dass damit die rechtliche Grundidee der Doppelurkunde pervertiert wurde, sah man offensichtlich in den Werkstätten nicht als ein Problem an, wohl aber hätte das officium, das die Aufträge erteilte, diesen Rechtsverstoß bemerken müssen, noch mehr die Zeugen, die die Diplome zu überprüfen hatten. Beide reagierten aber offensichtlich nicht; entweder haben beide die Pervertierung der Doppelurkunde nicht realisiert oder sie spielten mit; das lassen die Diplome jedoch nicht erkennen. Rund ein Jahrzehnt lief dieses illegale Verfahren ohne Beanstandung bei vielen tausenden Diplomen. Dann aber muss wohl, vielleicht bei einem Prozess, eine dieser Doppelurkunden geöffnet worden sein; die Diskrepanz zwischen dem Text der Außen- und der Innenseite war nicht zu übersehen. Wo das geschehen ist oder wer das festgestellt hat, wissen wir nicht. Vielleicht war es ein Richter in einem Erbschaftsprozess, in dem das römische Bürgerrecht Voraussetzung war, oder vielleicht auch ein sorgfältiger Amtsträger einer Polis, bei dem ein Veteran sein Bürgerrecht nachweisen wollte, um von Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde befreit zu werden. Jedenfalls musste das Diplom wegen des fragmentarischen Inhalts der Innenseite als ungültig angesehen werden. So gelangte der Fall mit großer Wahrscheinlichkeit bis zum Kaiser, also Antoninus Pius. Er war in mancher Hinsicht, wie wir heute sagen würden, ein um Präzision und rechtliche Exaktheit bemühter „Bürokrat“. So wurde dem illegalen Treiben unmittelbar ein Ende gesetzt. Seit dem September 154 wurden die Innenseiten wieder korrekt im vollen Wortlaut eingraviert, sogar erneut auch die Sicherungsformel: „Descriptum et recognitum ---“, mit der die Verkürzungen begonnen hatten.[55] All das wird sichtbar, weil sich in den mehr als 270 Diplomen, die bisher für die Zeit des Antoninus Pius bekannt geworden sind, die kleinen, aber auch die großen Veränderungen spiegeln, die im Verlauf der Zeit die äußeren Formalien der Bürgerrechtskonstitutionen beeinflussten.[56]
V. Soziopolitische Differenzierungen im Spiegel der Diplome
Etwa in derselben Zeit, als von Seiten der Unternehmer versucht wurde, den Gewinn zu steigern, wurde – vermutlich durch das officium selbst – seit etwa dem Jahr 150 eine Änderung in den Diplomtexten vorgenommen, nicht mit einer einzigen Entscheidung, aber doch relativ schnell. Sie betraf die genaue Beschreibung der Stellung der Statthalter. Deren Namen standen von Anfang an in allen Auxiliardiplomen, stets mit der Formel: „(alae et cohortes) quae sunt in --- (= Name der Provinz) sub --- (= Name des Statthalters) “. Welchen Rang diese Amtsträger hatten, war für jede Provinz klar: In den meisten kaiserlichen Provinzen wie den beiden Germaniae oder in Britannien oder Syrien waren es senatorische legati Augusti pro praetore, in weit weniger Provinzen hatten ritterliche procuratores das Kommando, in Ägypten war es schließlich der praefectus Aegypti; gelegentlich gab es auch Konstitutionen für Provinzen, in denen proconsules das Kommando hatten.[57] Veränderungen gab es in dieser Kommandostruktur kaum; deshalb war es auch nicht nötig, den soziopolitischen Rang der Statthalter zu kennzeichnen. Nur in sehr seltenen Fällen wurde das erforderlich, wenn mehr als eine Person im Verbund mit militärischen Einheiten angeführt werden musste. Als Hadrian im Jahr 121 die Soldaten einer ala Ulpia contariorum milliaria noch vor dem Ende der Dienstzeit privilegierte, was außergewöhnlich war, wurde nach dem Statthalter von Dacia superior, Iulius Severus, direkt ein Albucius Candidus im Text genannt, der als Präfekt die Einheit kommandierte. Um keinen Zweifel an der unterschiedlichen Zuständigkeit beider aufkommen zu lassen, wurde der Text um die jeweilige Bezeichnung ergänzt: die „ala ---, quae est in Dacia superiore sub Iulio Severo legato, praefecto Albucio Candido“.[58] Solche Fälle waren aber insgesamt selten.[59] Zwischen 150 und 156 wurde es nötig, zahlreiche berittene Einheiten aus dem Donauraum, aber auch aus Germania inferior und Britannien in die nordafrikanischen Provinzen Mauretania Caesariensis und Tingitana zu senden, weil die dortigen militärischen Kräfte die beweglichen Angreifer von jenseits der Provinzgrenzen allein nicht abwehren konnten.[60] Diese abgeordneten Einheiten gehörten weiterhin zum Heer der Provinz, aus der sie nach Nordafrika gesandt wurden, deren Statthalter senatorische Legaten waren; die Gouverneure der beiden Mauretaniae waren ritterliche Prokuratoren. In den Jahren, in denen die Alen in den Mauretaniae im Einsatz waren, erreichten manche Soldaten den Veteranenstatus und damit sollten sie auch ihre Diplome erhalten. Entlassen wurden sie von einem der Prokuratoren der beiden Mauretaniae, doch in den Texten der dann ausgefertigten Konstitutionen wurden alle Einheiten, obwohl sie rechtlich verschiedenen Provinzheeren angehörten, zusammen erfasst und auch der Statthalter der Provinz, aus der die Einheiten stammten, wurde namentlich genannt, dem die Einheiten auch in einer anderen Provinz rechtlich noch unterstanden. Diese waren generell konsulare legati Augusti pro praetore, die alle dem höchsten ordo des Reiches angehörten, dem ordo senatorius. Doch die honesta missio, die ehrenvolle Entlassung, erhielten sie durch einen der ritterlichen Prokuratoren der beiden mauretanischen Provinzen, der nur Mitglied im equester ordo war, im Ritterstand. Um die rechtlichen, aber wohl auch sozialen Unterschiede, die für beide Personengruppen galten, innerhalb eines Dokuments klar zu machen, wurde vermutlich in diesen Konstitutionen erstmals vermerkt, wer legatus und wer procurator war.[61] Das erste Dokument dieser Art wurde am 1. August 150 in Rom publiziert.[62] Weitere folgten bis zum Jahr 156.[63] Es scheint, als ob die aus speziellen Umständen notwendig gewordene Charakterisierung der verschiedenen Statthaltertypen sehr schnell generell als sinnvoll angesehen und von da an auf alle Konstitutionen übertragen wurde. Sachlich änderte sich nichts, dennoch passt diese Änderung im Formular zu einer allgemeinen Tendenz der Zeit, in der charakterisierende Epitheta für die Mitglieder der Reichselite wie „vir clarissimus“ für Senatoren, „vir eminentissimus, perfectissimus“ oder „egregius“ für die prokuratorischen Ritter nun formalisiert und nach und nach vermehrt verwendet wurden. Es ist ein Zeichen für die fortschreitende Differenzierung der auf Rom konzentrierten politischen Reichselite.
VI. Eine Veränderung der Integrationspolitik durch Antoninus Pius
Gerade in der Zeit des Antoninus Pius werden, wie eben gezeigt, eine Reihe von formalen Änderungen im Text der Konstitutionen durch die Diplome deutlich greifbar. Aber in seiner Regierungszeit lassen sich auch inhaltliche Veränderungen erkennen, die teilweise von erheblichem Gewicht waren. Der massivste Eingriff erfolgte bereits im Jahr 140, im dritten Jahr seiner Herrschaft; sie betraf die Kinder der Veteranen. Bis dahin hatte der Privilegierungstext die Formulierung enthalten, der Kaiser verleihe nicht nur den Soldaten selbst das Bürgerrecht, vielmehr: ihnen selbst, den Kindern und deren Nachkommen. Das hatte so schon im ersten Diplom gestanden, das uns bekannt ist: „ipsis, liberis posterisque eorum“.[64] Denn obwohl es den Soldaten generell rechtlich nicht möglich war, eine Ehe zu führen, aus der legitime Kinder hervorgehen könnten, waren die Kaiser und ihre Berater so realistisch, dass dieses Verbot im Verlauf eines 25-jährigen Militärdienstes nicht Bestand haben konnte. Verbindungen von Soldaten mit Frauen waren nicht zu verhindern, was man, soweit wir sehen können, auch nie grundsätzlich angestrebt hat. In der Folge wurden zahllose Soldatenkinder geboren, für die aber nur die Mutter eine rechtliche Realität war; auf der Ebene des Rechts existierte der Vater nicht[65], was freilich über das wirkliche Leben nichts aussagte. Diese Diskrepanz in der Verbindung des reellen Vaters zu seinen Kindern und möglichen Enkeln hätte sich mit der Verleihung des römischen Bürgerrechts nach der regulären Dienstzeit oder nach der Entlassung aus dem Heer verschärft. Denn damit unterlag zum Beispiel der Veteran als nunmehr römischer Bürger bei der Vererbung den Regeln des augusteischen Erbschaftsgesetzes, der lex de vicesima hereditatium (Gesetz über die fünfprozentige Erbschaftssteuer). Danach mussten Erbschaften oder auch Zuwendungen nach dem Tod, sogenannte legata, versteuert werden, außer diese Teile gingen an ganz enge Familienangehörige. Doch die Kinder von Soldaten, die während der Dienstjahre geboren wurden oder auch deren Nachkommen, waren mit dem Vater bzw. dem Großvater väterlicherseits nicht verwandt. Umgekehrt waren diese Kinder auch dem faktischen Vater gegenüber zu nichts verpflichtet. Vermutlich ist diese Konsequenz frühzeitig erkannt worden, was wohl auch dazu beigetragen hat, dass der Passus zu den liberi posterique eorum in den Rechtstext aufgenommen wurde. Das entsprach einem wichtigen Teil der Lebenswirklichkeit der Soldaten, die nach 25 Jahren Militärdienst nicht nur Väter, sondern in nicht wenigen Fällen auch Großväter geworden sein konnten.[66]
Die Diplome zeigen frühzeitig, wie produktiv im konkreten Sinn des Wortes solche faktische „Soldatenehen“ waren. Bereits in einem Diplom, das vor dem 13. Februar 54 n. Chr. an einen aus der Provinz Raetia stammenden Soldaten ausgegeben wurde, der in der Provinz Dalmatia (dem ehemaligen Jugoslawien) seinen Dienst abgeleistet hatte, sind drei Kinder genannt[67], und in einem weiteren vom 2. Juli 61 für einen Soldaten derselben Provinz vier Kinder, die in die Bürgerrechtsverleihung eingeschlossen wurden[68]. In nicht wenigen Diplomen werden drei, vier oder fünf Kinder aufgeführt.[69]
Doch sehr unvermittelt änderte sich die kaiserliche Politik in dieser Frage. Antoninus Pius hatte im Juli 138 die Herrschaft angetreten. Im Oktober 140 starb seine Frau Faustina, mit der er weit mehr als zwanzig Jahre verheiratet gewesen war. Aus diesem für ihn einschneidendem Ereignis folgte eine Reihe von Maßnahmen, die die Ehe von Senatoren betrafen, sich aber auch in den Konstitutionen für Auxiliarveteranen bemerkbar machten.[70] Denn abrupt schloss der Kaiser spät im Jahr 140 die illegitimen Kinder von Soldaten aus der Bürgerrechtsverleihung für ihre Väter aus. Pius hatte, wenn die „Historia Augusta“ korrekt berichtet, selbst nie eine leitende Funktion im Heer ausgeübt; doch in seinem rechtspolitischen Denken nahm zum einen wohl die disciplina militaris, die die Heirat von Soldaten ausschloss, einen hohen Rang ein; zum andern widerstrebte es ihm offensichtlich, die aus illegitimen Verhältnissen, nicht aus einer legitimen Ehe hervorgegangenen Kinder auch noch mit dem römischen Bürgerrecht zu beschenken. Dass Pius dieses Recht der römischen Bürger als etwas Besonderes ansah, darf man wohl auch daraus erschließen, weil von da an in den Konstitutionen nicht mehr wie in den vergangenen 90 Jahren schlicht von „civitas“ gesprochen wird, sondern betont von der „civitas Romana“; es ging ihm um das römische Bürgerrecht im Vergleich mit dem Rechtsstatus, der sich aus der Zugehörigkeit zu anderen autonomen Gemeinden innerhalb des Imperiums ergab. Noch am 26. November 140 fehlt der Zusatz „Romana“, erscheint aber bereits in einem Diplom vom 13. Dezember dieses Jahres.[71] Alles geschah offensichtlich ohne Vorwarnung. Gerade der enge zeitliche Zusammenhang mit dem Tod Faustinas weist darauf hin, dass der Anstoß für den massiven Eingriff nicht von außen gekommen ist, sondern sich aus den persönlichen Vorstellungen des Kaisers entwickelt haben sollte.[72]
Die Maßnahme, die sich in dieser neuen Formulierung konkretisierte, war tief einschneidend und hat zahlreiche Soldaten betroffen; vor allem hat sie deutlich die Zahl der Menschen vermindert, die nach der modernen Forschung nicht unwesentlich zur stärkeren Integration peregriner Reichsbewohner in das Imperium beigetragen haben.[73] Allein aus den Jahren 139 und 140 kennen wir noch dreizehn Diplome, die die Formel „ipsis, liberis posterisque eorum“ enthalten und in fünf von diesen werden noch Kinder genannt.[74] Seit Ende 140 ist diese rechtliche Bestimmung im Konstitutionstext der Auxiliardiplome nicht mehr enthalten.[75] Dabei waren diese illegitimen Soldatenkinder bereits viele Jahre in den Lagerdörfern mit der römischen Welt, die dort herrschte, vertraut geworden. Viele von ihnen sind nach dem Ende der Dienstzeit des Vaters mit den Eltern in die alte Heimat des Vaters zurückgekehrt und hätten dort die Zahl der römischen Bürger vermehrt. Das entfiel mit der Entscheidung des Kaisers.
Dass die Vorstellung von der disciplina militaris sowie von der Bedeutung der legitimen Ehe entscheidende Motive für Pius’ Eingriff gebildet haben, lässt sich aber durch eine weitere Beobachtung erhärten, die sich vor allem aus Diplomen ergibt, die erst in den letzten 25 Jahren bekannt wurden. Sie tragen Daten aus den Jahren 142 bis 206. Darin gewähren die Kaiser nicht nur den Veteranen das Bürgerrecht, sondern auch noch Kindern, was zunächst im Gegensatz zu der Regelung zu stehen scheint, die ab Dezember 140 so plötzlich gegolten hat. Doch sie folgten auch hier dem Vorbild, das ebenfalls Pius gegeben hatte. Allerdings wird in diese Diplomen ein entscheidender, vorher unbekannter Satz eingefügt: „praeterea praestitit, ut liberi eorum, quos praesidi provinciae ex se procreatos, antequam in castra irent, probaverint, cives Romani essent“ („außerdem gewährte er [sc. der Kaiser], dass ihre Kinder, für die sie vor ihrem Eintritt ins Heer dem Provinzstatthalter den Nachweis erbracht hatten, dass sie von ihnen gezeugt worden seien, römische Bürger seien“).[76] Es gab also Kinder von Veteranen, die schon vor dem Eintritt ins Heer geboren waren, die, entsprechend dem peregrinen Recht, nach dem die Veteranen ursprünglich gelebt hatten, ihre legitimen Nachkommen waren, vielleicht sogar aus einer vor dem Heeresdienst geschlossenen Ehe stammten. Wenn ein peregriner Untertan vor dem Eintritt ins Heer diese Kinder als seine eigenen beim zuständigen Provinzstatthalter angemeldet hatte, dann konnten sie an der Privilegierung ihres Vaters teilhaben; sie waren natürlich inzwischen längst erwachsen und hatten vielleicht schon selbst Kinder.[77] Bis zu der radikalen Wendung von Ende 140 lag es bei den Soldaten, die zur Privilegierung anstanden, ob sie in den Statthalterbüros Kinder, die sie schon vorher oder erst als Soldaten gezeugt hatten, für das Bürgerrecht anmelden wollten – denn das lag wohl allein in der Entscheidung des „Vaters“. In den Diplomen lässt sich nicht erkennen, wann sie geboren waren. Doch nunmehr mussten sie in den Büros der Einheit nachweisen, dass sie 25 Jahre früher, also vor ihrem Dienst im Heer, schon eigene Kinder gehabt hatten, die sie auch vor dem Eintritt in die Truppe bei den praesides provinciae angemeldet hatten. Den Nachweis mussten sie durch ein Dokument erbringen, das sie 25 Jahre vorher vom Statthalter erhalten hatten. Nachweise hatten die Soldaten allerdings auch schon vor der Änderung unter Pius vorzulegen, wenn sie ihre illegitimen Kinder in die Bürgerrechtsverleihung einschließen wollten. Dokumente aus Ägypten zeigen, dass es ein übliches Verfahren war, Kinder, die während des Militärdienstes geboren wurden, beim Statthalter anzumelden.[78]
Die „Reform“ des Pius erfolgte allerdings, wie es scheint, keineswegs nach einem in sich konsistenten Plan. Das zeigt sich, wenn man alle nach dem Jahr 140 ausgegebenen Diplome vergleicht. Denn in den Erlassen für die Veteranen der beiden Flotten, die in Misenum und Ravenna stationiert waren, steht weiterhin der Passus „ipsis liberis posterisque eorum civitatem Romanam dedit“. Die Flottensoldaten konnten somit weiterhin ihre während des Militärdienstes gezeugten Kinder anmelden[79], und das, obwohl auch die Flottenangehörigen Soldaten waren und damit der disciplina militaris unterlagen. Vielleicht spielte es eine Rolle, dass sie nicht mehr peregrinen Rechtsstatus hatten, sondern bereits das latinische Recht besaßen, eine Vorstufe des römischen Bürgerrechts. Das spiegelt sich auch in ihrer Nomenklatur, die formal bereits der römischen Dreinamigkeit entsprach.[80] Zum letzten Mal findet sich der Zusatz zu den Kindern und ihren Nachkommen von Flottensoldaten in Italien in einem Diplom aus dem Jahr 152.[81] Ob es ein Zufall ist, dass es bis zum Jahr 158 dauert, bis erneut ein Diplom für einen Flottensoldaten bekannt ist, lässt sich nicht sagen. Doch in einer Konstitution, die am 6. Februar 158 in Rom – wiederum für die Flotte von Misenum – veröffentlicht wurde, hat sich die Rechtslage auch für diese Soldaten geändert; nunmehr wird das Bürgerrecht „ipsis filiisque eorum, quos susceperint ex mulieribus, quas secum concessa consuetudine vixisse probaverint, civitatem Romanam dedit“[82]: Er – der Kaiser – hat das Bürgerrecht verliehen, und zwar ihnen und ihren Kindern, von denen sie nachweisen konnten, dass sie aus einer Verbindung mit einer Frau stammten, mit der sie auf Grund einer Erlaubnis zusammenlebten. Wer das Zusammenleben erlaubt hatte, wird nicht erwähnt, vermutlich war der jeweilige Flottenpräfekt dafür zuständig. Nicht wenige der classiarii nutzten das Privileg und konnten so für ihre Kinder das Bürgerrecht erhalten.[83] Es ist sicher kein Zufall, dass statt wie bisher von „liberi“ jetzt von „filii“ gesprochen wird; denn dieses Wort meint, dass es sich um legitime Nachkommen handelte.
Der Widerspruch zwischen dem allgemeinen Ausschluss der während des Militärdienstes gezeugten Kinder der Auxiliarsoldaten und der Sonderstellung der Kinder von Flottensoldaten in Italien, die von 140 mindestens bis 152 weitergegolten hat, ist evident. Da die Regelungen recht viele Militärangehörige betrafen, machten Nachrichten von dieser Ungleichbehandlung wohl bald die Runde. Vielleicht ist damit ein überraschender Befund in einer Reihe von Diplomen zu erklären, die zwischen 143 und 154 ausgegeben wurden und alle nur für eine einzige Provinz, für Pannonia inferior, bestimmt waren. Zum Heer dieser Provinz gehörte auch eine Flotte, die classis Pannonica.[84] In allen Konstitutionen für andere Provinzen, die nach dem Jahr 140 erlassen wurden, erhielten, wenn auch classici, also Soldaten einer Provinzflotte, eingeschlossen waren, nur sie allein das Bürgerrecht wie auch die Veteranen der anderen Auxiliareinheiten. Doch im Text der Konstitutionen für Pannonia inferior – und ausnahmslos nur für diese Provinz – erscheint ab dem Jahr 143 eine Formel, die ebenfalls völlig neu war: „item filiis classicorum“. Nimmt man diesen Zusatz ernst, dann heißt dies, dass „filii“ von Soldaten der „classis Pannonica“ – trotz der generellen Neuregelung für die Kinder von Auxiliaren durch Pius – wie ihre Väter das Bürgerrecht erhalten konnten. Doch warum nur in Pannonia inferior, warum nicht auch in anderen Provinzen, in denen Flotten standen wie etwa in Moesia inferior oder Germania inferior?[85] Der Befund bleibt unerklärlich, umso mehr, weil in einem Diplom, das für einen exgubernator der Flotte von Pannonia inferior im Jahr 146 bestimmt war, eben nicht die Formel „item filiis classicorum“ steht, obwohl er einen Sohn und eine Tochter in die Verleihung des Bürgerrechts einschließen konnte; vielmehr wird auf die schon besprochene Ausnahmeregelung verwiesen, die Kinder seien schon vor dem Eintritt des Vaters ins Heer geboren.[86] Warum wird die Ausnahmeregelung eingefügt, wenn doch, wie es nicht wenige Diplome für Pannonia inferior nach dem Wortlaut suggerieren, „item filiis classicorum“ als generelle Aussage genügt hätte? Und warum verschwindet diese Formel nach 154 aus den Konstitutionen? Bei dieser Besonderheit geben die Diplome, obwohl sie dicht genug überliefert sind, bisher noch keine Antwort.
VII. Bürgerrechtsverleihungen unter besonderen Bedingungen oder vor Ableistung der normierten Dienstzeit
Die Bürgerrechtsverleihung erfolgt nach Abschluss des aktiven Militärdienstes, wie es die große Masse der Diplome zeigt, bei den Soldaten der Alen und Kohorten nach 25, bei den Flotten nach 26 Jahren. Doch gelegentlich erfolgt diese Privilegierung auch früher, wenn außergewöhnliche Umstände dies erfordern. Im Jahr 119, dem zweiten Jahr seiner Herrschaft, sah sich Hadrian mit einem Problem bei den Prätorianerkohorten in Rom konfrontiert. Offensichtlich diente in dieser Truppe eine nicht ganz kleine Zahl von Soldaten, deren römisches Bürgerrecht nicht sicher war – ein Problem, das es eigentlich gar nicht geben durfte. Denn die civitas war die Voraussetzung, um überhaupt Zugang zu dieser Elitetruppe um den Kaiser zu erhalten. Die weit überwiegende Mehrheit der Prätorianer stammte bis zum Jahr 193, als Septimius Severus sich an die Macht putschte, aus Rom oder Italien, dem Kernland der römischen Bürger. Für die Prätorianer gab es zwar auch Diplome, in denen jedoch nicht die civitas Romana verliehen wurde, sondern nur das conubium mit peregrinen Frauen, falls ein miles praetorianus eine Nichtrömerin heiraten wollte. Doch im Jahr 119 kam es zu Unruhen in Rom, in die auch Nichtmilitärs involviert waren, vermutlich bei Vorgängen, bei denen das Bürgerrecht Voraussetzung war.[87] Hadrian berief deshalb in Rom eine Volksversammlung ein, eine contio, sprach dort über die rechtlichen Probleme bei einem Teil der Prätorianer und erließ schließlich ein Edikt, mit dem er die Ursachen heilte, die zu den Unruhen geführt hatten. Er machte durch einen einzelnen Rechtsakt alle Prätorianer, deren Bürgerrecht zweifelhaft war, rückwirkend zu römischen Bürgern, wodurch auch die Rechtsakte der einzelnen Soldaten, deren Gültigkeit wegen des unsicheren Bürgerrechts angezweifelt worden war, nun Bestand hatten. Es waren nicht nur einzelne Prätorianer, an deren römischem Personalstatus Zweifel aufgekommen waren; denn bis heute sind insgesamt vier solcher außergewöhnlicher Diplome bekannt geworden. Da wegen des wertvollen Metalls maximal zwischen 0,3 und 1 Prozent dieser Dokumente überlebten[88], muss Hadrian damals mehrere Hundert dieser Diplome an die betroffenen Prätorianer ausgegeben haben. Das Edikt zeigt, wie flexibel das Bürgerrecht verliehen werden konnte.
Schon zwei Jahre später bezeugen fünf Diplome erneut, wie Hadrian die civitas Romana sehr überlegt einsetzen konnte. Denn als er allen Soldaten der ala Ulpia contariorum milliaria schon vor der Ableistung der üblichen 25 Jahre Dienst im Heer („ante emerita stipendia“) das römische Bürgerrecht verlieh, dachte er oder einer seiner Berater an die Folgen, die diese Änderung des Personalstatus für die so Ausgezeichneten haben würde. Denn die Soldaten wurden als nunmehr römische Bürger rechtlich aus der Familie ausgeschlossen, aus der sie stammten. Diese Familienangehörigen hatten peregrinen Rechtsstatus wie bis zur hadrianischen Verleihung der civitas Romana auch alle Soldaten der ala. Nach diesem Rechtsakt waren beide nicht mehr miteinander verwandt, wodurch sehr elementare Rechte des einzelnen Soldaten und seiner bisherigen Familie betroffen waren, wie etwa die normale Erbfähigkeit zwischen Verwandten, die es zwischen Peregrinen und römischen Bürgern ohne Testament nicht gab. Wohl um solche und andere Konsequenzen zu vermeiden, enthält die Konstitution einen bis dahin in Privilegierungen von Soldaten einmaligen Passus: „(Hadrianus) --- iis, qui militant in ala Ulpia contariorum milliaria --- ante emerita stipendia civitatem Romanam dedit cum parentibus et fratribus et sororibus“ („Hadrian verleiht denen, die in der tausend Mann starken ala Ulpia contariorum dienen ---, obwohl sie die vollen Dienstjahre noch nicht abgeleistet haben, das römische Bürgerrecht zusammen mit den Eltern, den Brüdern und den Schwestern“).[89] Eingeschlossen wurde also die gesamte Familie, aus der der Soldat stammte, damit änderte sich rechtlich zwischen ihnen nichts, alle waren weiterhin miteinander verwandt. Warum in diesem Fall diese außergewöhnliche Regelung als notwendig angesehen wurde, lässt sich nur vermuten. Das Faktum, dass die Soldaten der Einheit noch nicht entlassen waren, sondern weiterdienten, spielte sicher eine Rolle. Deshalb erhielten die Soldaten auch nur das Bürgerrecht, aber noch kein conubium. Hätte Hadrian aber die Eltern und die Geschwister nicht eingeschlossen, wäre der rechtliche Zusammenhang zwischen den Soldaten, die plötzlich römische Bürger geworden waren, und der ursprünglichen Familie zerschnitten worden. So heilte der Kaiser das rechtliche Problem, das durch die frühzeitige Verleihung des Bürgerrechts ohne die Sonderkondition geschaffen worden wäre.
Überraschend bleibt diese außergewöhnliche Verleihung dennoch; denn die Folgen, die sich aus der Verleihung des römischen Bürgerrechts ergaben, galten auch für alle Auxiliare, die die civitas Romana erst nach Ableistung der vollen Dienstzeit erhielten; auch sie waren nach der Änderung ihres Personalstatus mit ihrer Herkunftsfamilie nicht mehr verwandt. Doch an dieser Konsequenz, die fast alle Auxiliarsoldaten betraf, änderte keiner der Kaiser etwas. Warum also in diesem Fall? Man könnte vermuten, dass das Verdienst, das zu der außerordentlichen Verleihung geführt hat, absolut singulär und außergewöhnlich war; in der Konstitution wird darüber nichts gesagt. Doch könnte die Erklärung auch darin liegen, dass sich jemand mit Nachdruck für dieses außergewöhnliche Privileg beim Kaiser eingesetzt hatte. Der Statthalter der Provinz Dacia superior, Sex. Iulius Severus, dem die Einheit unterstand, hatte eine besonders enge Beziehung zum Heer; unter ihm erhielten auch andere Truppen seiner Provinz das Bürgerrecht vor Ableistung der vollen Dienstzeit, allerdings nicht die Sonderrechte für die Angehörigen.[90] In einem Sozialsystem, in dem Patronage in jeder Hinsicht selbstverständlich war, ist solcher Einfluss durchaus denkbar.
VIII. Rekrutierung neuer Soldaten: der Reflex in den Konstitutionen
Die kaiserlichen Konstitutionen und damit die Diplome sind trotz solch recht seltener Ausnahmen grundsätzlich mit dem Ende der Dienstzeit der Soldaten im Heer verbunden, so sehr, dass nicht selten in der modernen Diskussion von Entlassungsurkunden gesprochen wurde, was diese aber eben nicht sind; die Entlassung ging voraus, jedenfalls seit dem Jahr 110.[91] Die Dokumente verleihen nur die civitas und das conubium: Gerade das Eherecht konnte erst nach der Entlassung aus dem Heer wirksam werden. Trotz dieser engen Verbindung mit dem Abschluss des Militärdienstes geben diese Dokumente aber auch nicht ganz selten Einblicke in dessen Beginn, allerdings nicht einzelner Soldaten und nicht direkt. Die Diplome lassen jedoch immer wieder erkennen, dass in bestimmten Jahren entweder einzelne Einheiten oder ganze Provinzheere einen übernormalen Bedarf an Rekruten hatten, weil offensichtlich deutliche Lücken entstanden waren. Das ergibt sich nicht aus den Texten, sondern aus der relativ hohen Zahl von Diplomen, die in einem bestimmten Jahr für eine Einheit oder eine Provinz bis heute überlebt haben. Im normalen militärischen Betrieb ergab sich für alle Truppen bei einem 25-jährigen Dienst und regelmäßiger Entlassung eine Ergänzungsbedarf durch Rekruten von ca. 4 Prozent. Da allerdings auch ohne verlustreiche Kriege nicht alle Soldaten das Ende der Dienstzeit erreichten, sondern vorher verstarben, war der jährliche Bedarf etwas höher; doch mehr als 6 Prozent der Soldaten mussten im Normalfall innerhalb einer Einheit nicht ersetzt werden, die dann auch entsprechend nach 25 Jahren ihre Diplome erhielten.
Gelegentlich sind nun von einer einzelnen Konstitution auffällig viele Diplome bis heute erhalten, so wie etwa im Jahr 153 von einem Erlass für Mauretania Tingitana: Zwölf Exemplare für Soldaten verschiedener Einheiten dieser Provinz sind bekannt, die 25 Jahre früher, also im Jahr 127/128 ins Heer aufgenommen worden waren.[92] Bedenkt man, wie wenige dieser Bronzedokumente insgesamt bis heute überlebt haben[93], dann müssen damals sicher weit über 1000 Diplome an Veteranen im Nordwesten des römischen Nordafrika ausgegeben worden sein, vermutlich aber sogar bis zu 2000 oder mehr. Diese Diplome erhielten diejenigen ehemaligen Rekruten, die den langen, oft harten Militärdienst überlebt haben. Das gelang, wie eben schon angemerkt, nur etwa 50 bis 60 Prozent aller Rekruten.[94] Das aber heißt, dass 25 Jahre vor 153, also im Jahr 127/128, eine umso größere Zahl von neuen Soldaten in die Einheiten aufgenommen worden sein müssen, zwischen rund 2000 und 4000. Das gesamte Provinzheer der Tingitana bestand aber nur aus 5 Alen und 11 Kohorten, in denen maximal 8500 Soldaten Dienst taten.[95] Der jährliche Ergänzungsbedarf von 4 bis 6 Prozent verlangte im Durchschnitt nur einige hundert Rekruten, unvergleichlich weniger als – entsprechend der Zahl der Diplome im Jahr 153 – ein Vierteljahrhundert vorher neue Soldaten in die Truppen eingegliedert worden sein müssen. Ohne einen besonderen Grund ist das nicht denkbar. Von verlustreichen Kämpfen, die große Lücken in den Einheiten verursacht haben könnten, ist in hadrianischer Zeit im westlichen Africa nichts bekannt. Doch eben für das Jahr 128 hatte Hadrian seinen Besuch in den nordafrikanischen Provinzen angekündigt. Dass dieser Kaiser bei seinen Reisen in den Provinzen die Truppen genau inspizierte und insbesondere darauf achtete, dass die Einheiten voll besetzt und damit einsatzfähig waren, hatte sich bald herumgesprochen. Als Hadrian im Sommer 128 durch die den beiden Mauretaniae benachbarte Provinz Numidia reiste, legte er gerade darauf größten Nachdruck, wie eine Rede zeigt, die er im Lager der legio III Augusta in Lambaesis in Numidien gehalten hat.[96] So liegt es nahe anzunehmen, dass der damalige Statthalter der Tingitana, der den Besuch des Kaisers auch in seiner Provinz erwartete, sich bemühte, seine Truppen durch verstärkte Rekrutierung auf ihre Sollzahl zu bringen, was ihm offensichtlich gelungen ist. Wieso es freilich, wenn diese Erklärung zutrifft, überhaupt zu diesen massiven Lücken kommen konnte, darauf bleiben bisher die Quellen eine Antwort schuldig.
Größere Lücken in allen Einheiten haben jedoch normalerweise Kriege verursacht, die durch entsprechende umfangreiche Einstellung von Rekruten wieder geschlossen werden mussten. Bei den Auxilien machte sich das 25 Jahre später bei der Zahl der Diplome bemerkbar. Das zeigen insgesamt 18 Diplome aus Konstitutionen, die in den Jahren 88 und 91 n. Chr. für Soldaten der Auxilien in der Provinz Syria ausgestellt wurden, acht aus dem Jahr 88, zehn aus dem Jahr 91. Ein Vierteljahrhundert früher hatten diese syrischen Einheiten in den heftigen Kämpfen gegen die Parther schwere Verluste erlitten. Die Diplome lassen erkennen, dass mit Rekruten aus den östlichen Donauprovinzen die Lücken ausgeglichen werden mussten.[97] Vergleichbare Befunde ergeben sich aus den Diplomen für die beiden Kriege Traians gegen die Daker und später gegen die Parther, besonders jedoch für den Krieg gegen Bar Kochba von 132–136. Allein aus der Flotte von Misenum wurden im Jahr 132/133 mehrere Tausend Flottensoldaten nach dem Osten transferiert, um die Lücken insbesondere in der legio X Fretensis mit schon trainierten Soldaten zu schließen. Die Lücken im Mannschaftsbestand in Misenum waren gewaltig; wiederum holte man die Rekruten aus dem östlichen Donauraum. Die übliche Anwerbung von Freiwilligen genügte dafür nicht mehr, es kam zu einer massenhaften Aushebung.[98] Dass ein Transfer von der Flotte in die Legionen in Judäa stattfand, das ergab sich aus einem Papyrus, der zwar in Judäa geschrieben wurde, aber in Ägypten erhalten blieb.[99] Doch dass der Transfer diese massive Dimension annahm, zeigte erst eine Konstitution des Pius vom 7. Februar 160, von der mindestens 16 Diplome bis heute bekannt geworden sind.[100] Von keiner anderen Konstitution haben bis heute so viele Kopien überlebt. Wendet man die schon beschriebenen Überlebenschancen solcher Dokumente auf diesen Befund an, dann müssen 132/133 weit mehr als 2000 classiarii, vielleicht sogar bis zu 5000 aus Misenum nach Judäa in die dortigen Legionen versetzt worden sein.[101] Viele weitere Diplome für andere Einheiten in Judäa zeigen, dass nicht nur aus Misenum, sondern auch aus anderen Provinzen, vor allem von der Donaufront, Teile nach dem Osten transferiert worden, um Lücken in verschiedenen Auxiliartruppen der Provinz zu schließen.[102] Es waren die gewaltigen Verluste in den Legionen und Auxilia der Provinz, die solch massive Notmaßnahmen nötig machten. In Schreiben an den Senat verzichtete, wie Cassius Dio berichtet, Hadrian auf die seit republikanischer Zeit übliche Formel: „Si vos liberique vestri valetis, bene est. Nos exercitusque valemus“ („Wenn ihr und euere Kinder gesund seid, dann ist es gut. Wir und das Heer sind gesund“).[103] Die Formel hätte der Realität zu offensichtlich widersprochen.
25 Jahre später, im Jahr 160, zeigen dieselben Diplome, dass tausende Veteranen nach ihren 26 Dienstjahren die Flotte verlassen konnten; sie kehrten fast alle wieder in ihre Heimat in den Provinzen Thracia, Moesia inferior und superior sowie Dacia zurück, vermutlich begleitet von ihren Frauen, mit denen sie als Angehörige der italischen Flotten lange zusammengelebt hatten, und ihren Kindern.[104] Sie waren ein merklicher Faktor der Veränderung der Gesellschaft in der Region. Diese neuen römischen Bürger hatten sich während ihrer Zeit bei der Flotte in Misenum, mitten in Italien, an römische Normen, römisches Knowhow in vielen handwerklichen Berufen, vor allem aber an die lateinische Sprache gewöhnt. Sie verstärkten wie andere Auxiliarveteranen, die schon vor ihnen in ihre alten Heimatgemeinden zurückgekehrt waren, die römisch geprägten Elemente. Sie wurden dort als römische Bürger eingeschrieben, was spätestens nach den regelmäßig durchgeführten Census auch von der römischen Provinzialadministration übernommen wurde – eine wichtige Kenntnis für die Steuererhebung und die kontinuierliche Rekrutierung römischer Bürger für die römischen Legionen.
IX. Das Ende dieser Dokumentationsform
Bis zum Jahr 168 erlauben die Diplome und die durch sie bezeugten kaiserlichen Konstitutionen einen kontinuierlichen Einblick in bestimmte Aspekte der Politik einzelner Kaiser und der für sie in Rom und in den Provinzen tätigen Administration. Dann aber werden wegen der militärischen Krise an der gesamten Donaufront keine Bronzediplome mehr ausgegeben. Die alte Praxis wurde zwar seit 177/178 wieder aufgenommen, doch die Dichte der Informationen, die bis in die Mitte der Zeit Marc Aurels so viel erkennen ließ, wurde nie mehr erreicht.[105] Seit der Bürgerrechtsverleihung Caracallas an alle freien Bewohner des Imperium Romanum entfielen die Konstitutionen für die Auxiliartruppen, für die stets die Mehrheit der Erlasse bestimmt waren. Nur noch für die italischen Flotten und die im Jahr 193 neugestalteten Prätorianerkohorten werden Diplome ausgegeben.[106] Auch sie lassen noch wertvolle Details erkennen, aber in sehr geringerem Umfang. Diplome als serielle Quellen bleiben eine Erscheinung der kaiserlichen Administration vor der großen Krise, die mit der Regierung Marc Aurels ihren Anfang nahm. Das temporäre Ende der Ausgabe von Bronzediplomen markiert den Beginn der Krise.[107]
Zusammenfassung
Militärdiplome sind für eine einzelne Person bestimmte Abschriften von kaiserlichen Konstitutionen, mit denen vom 1.–3. Jahrhundert n. Chr. an Soldaten der Hilfstruppen oder der Flotten, zumeist am Ende ihrer Dienstzeit, das römische Bürgerrecht sowie das conubium, das Eherecht mit einer Frau peregrinen Rechts, verliehen wurde. Da das einzelne Diplom als Doppelurkunde auf Bronzetäfelchen geschrieben wurde, haben sie in bemerkenswert großer Zahl überlebt, so dass sich ein realistisches Bild dessen ergibt, warum und an wen das Bürgerrecht vergeben wurde, wie die administrativen Abläufe von den Büros der Statthalter bis zur kaiserlichen Zentrale in Rom gestaltet waren oder wann und warum Änderungen in der kaiserlichen Politik festzustellen sind. Die Dokumente stammen aus der Zeit zwischen 52 und 305/6 n. Chr., sind aber besonders zahlreich zwischen 70 bis 168, für die sie Jahr für Jahr in größerer Zahl bekannt geworden sind. Sie sind die einzige Quellengattung, die aus einem kaiserlichen administrativen Department aus Rom selbst überlebt haben und als serielle Quellen Einblicke in die kaiserliche Politik erlauben, innerhalb der Regierungszeit einzelner Kaiser ebenso wie in das Handeln der aufeinanderfolgenden Herrscher zwischen Claudius (41–54) und den Kaisern der ersten und zweiten Tetrarchie (305/306).
Widmung
Dirk Koßmann danke ich für kritische Lektüre.
© 2025 The author(s), published by Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
This work is licensed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.
Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Aufsätze
- Diplomata militaria als serielle Quellen. Einblicke in die Bürgerrechtspolitik und die Administration der römischen Kaiserzeit
- Tourismus als Wettbewerb der Moderne. Die (Selbst-)Inszenierung des Deutschen Kaiserreichs auf der Internationalen Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr 1911
- Das exkludierende Selbst. Die Moderne als Identitätspolitik in ungleicher Absicht
- Winfried Müller (1953–2025)
- Blick zurück in der Krise? Wie Deutschland an drei große Demokratiejubiläen erinnert
- Rezensionen
- Christoph Driessen, Griff nach den Sternen. Die Geschichte der Europäischen Union. Regensburg, Pustet 2024
- Steffen Augsberg (Hrsg.), Verfassungspatriotismus. Konzept, Kritik, künftige Relevanz. Hamburg, CEP Europäische Verlagsanstalt 2024
- Edward B. Foley, Ballot Battles. The History of Disputed Elections in the United States. Oxford, Oxford University Press 2024
- Christopher J. Fettweis, The Pursuit of Dominance. 2000 Years of Superpower Grand Strategy. Oxford, Oxford University Press 2023
- Mark A. Ragan, Kingdoms, Empires, and Domains. The History of High-Level Biological Classification. Oxford, Oxford University Press 2023
- Bernhard Maier, Globalgeschichte der frühen Hochkulturen. München, C. H. Beck 2024
- Charalampos I. Chrysafis / Andreas Hartmann / Christopher Schliephake u. a. (Hrsg.), Basileus eirenophylax. Friedenskultur(en) und monarchische Repräsentation in der Antike. Stuttgart, Steiner 2023
- Lisa C. Nevett, Ancient Greek Housing. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Michael Loy, Connecting Communities in Archaic Greece. Exploring Economic and Political Networks through Data Modelling. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Katharina Wojciech, Wie die Athener ihre Vergangenheit verhandelten. Rede und Erinnerung im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. (KLIO. Beiträge zur Alten Geschichte, Bd. 35.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Nicolette A. Pavlides, The Hero Cults of Sparta. Local Religion in a Greek City. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Ronald T. Ridley, Marcus Furius Camillus, fatalis dux. A Documentary Study. (Studien zur Alten Geschichte, Vol. 37.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Jonas Scherr, Die Zivilisierung der Barbaren. Eine Diskursgeschichte von Cicero bis Cassius Dio. (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, Bd. 156.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Christopher B. Krebs (Ed.), Caesar. Bellum Gallicum. Book VII. (Cambridge Greek and Latin Classics.) Cambridge, Cambridge University Press 2023
- José Luís Brandão / Cláudia Teixeira / Ália Rodrigues (Eds.), Confronting Identities in the Roman Empire. Assumptions about the Other in Literary Evidence. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Anthony Kaldellis / Marion Kruse, The Field Armies of the East Roman Empire, 361–630. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Volker L. Menze, Patriarch Dioscorus of Alexandria. The Last Pharaoh and Ecclesiastical Politics in the Later Roman Empire. Oxford, Oxford University Press 2023
- Hubertus Seibert, Geschichte Europas im Mittelalter. Aufbruch in die Vielfalt. Paderborn, Brill/Schöningh 2024
- Johanna Jebe, Gutes Mönchtum in St. Gallen und Fulda. Diskussion und Correctio im Spiegel karolingischer Klosterbibliotheken. Freiburg im Breisgau, Herder 2024
- Herwig Wolfram, Arnulf von Kärnten (um 850–899). Eine biographische Skizze. (Relectio. Karolingische Perspektiven, Bd. 7.) Ostfildern, Thorbecke 2024
- Hannes Engl, Rekonfigurationen regionaler Ordnungen. Die religiösen Gemeinschaften in Lothringen und das Papsttum (ca. 930–1130). (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, Bd. 49.) Köln, Böhlau 2023
- Francesco Massetti, Leo IX. und die papstgeschichtliche Wende (1049–1054). (Papsttum im mittelalterlichen Europa, Bd. 13.) Köln, Böhlau 2024
- Joseph P. Huffman, Medieval Cologne. From Rhineland Metropolis to European City (A. D. 1125–1475). Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Christos Malatras, Social Stratification in Late Byzantium. (Edinburgh Byzantine Studies.) Edinburgh, Edinburgh University Press 2023
- Nils Bock, Geld und Herrschaft um 1300. Finanzielle Verflechtungen zwischen Frankreich, der Kurie und Florenz. (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 257.) Stuttgart, Steiner 2022
- Peter Fleischmann (Bearb.), Die Nürnberger Bürgerbücher II. Die Meisterbücher von 1363 bis 1365 und von 1370 bis 1429 und die Papierenen Neubürgerlisten von 1382 bis 1429. (Quellen und Foschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 41.) Nürnberg, Stadtarchiv 2022
- Rainer Christoph Schwinges, Das Leben des Kölner Magisters Gerhard von Wieringen (1451 bis nach 1501). Mit einer Edition seines Notiz- und Rechnungsbuches. (Repertorium Academicum Germanicum [RAG]. Forschungen, Bd. 5.) Zürich, vdf 2023
- Riccarda Suitner, Venice and the Radical Reformation. Italian Anabaptism and Antitrinitarianism in European Context. (Refo500 Academic Studies, Vol. 101.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Brandt C. Klawitter, A Forceful and Fruitful Verse. Genesis 1:28 in Luther’s Thought and Its Place in the Wittenberg Reformation (1521–1531). (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, Vol. 269.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Vitus Huber / John F. Schwaller (Eds.), Beyond Cortés and Montezuma. The Conquest of Mexico Revisited. Copublished with the Institute for Mesoamerican Studies, University at Albany. (IMS Studies on Culture and Society Series.) Denver, CO, University of Colorado Press 2025
- Paul Griffiths, Information, Institutions, and Local Government in England, 1550–1700. Turning Inside. Oxford, Oxford University Press 2024
- Jonas Stephan, Tinte, Feder und Kanonen. Der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis am Vorabend des Spanischen Erbfolgekrieges (1701). (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden, Bd. 8.) Münster, Aschendorff 2024
- Cathal J. Nolan, Mercy. Humanity in Warfare. Oxford, Oxford University Press 2022
- Rainer Maaß / Rouven Pons (Hrsg.), Fürstliche Korrespondenzen des 19. und 20. Jahrhunderts. Marburg, Historische Kommission für Hessen 2024
- Jörg Ernesti, Geschichte der Päpste seit 1800. Freiburg im Breisgau, Herder 2024
- Natalie Cornett, The Politics of Love. Gender and Nation in Nineteenth-Century Poland. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
- Miroslav Šedivý, Si vis pacem, para bellum. The Italian Response to International Insecurity 1830–1848. (Internationale Geschichte, Bd. 7.) Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2021
- Julian Go, Policing Empires. Militarization, Race, and the Imperial Boomerang in Britain and the US. Oxford, Oxford University Press 2023
- Yan Slobodkin, The Starving Empire. A History of Famine in France’s Colonies. Ithaca, NY, Cornell University Press 2023
- Sarina Hoff, Der lange Abschied von der Prügelstrafe. Körperliche Schulstrafen im Wertewandel 1870–1980. (Wertewandel im 20. Jahrhundert, Bd. 8.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Johann Kirchinger, Katholische Frauenkongregationen der Moderne. Stuttgart, Kohlhammer 2022
- Dagmar Herzog, Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte. Berlin, Suhrkamp 2024
- Simon Sebag Montefiore, Der junge Stalin. Stuttgart, Klett-Cotta 2024
- Sebastian Bischoff / Christoph Jahr / Tatjana Mrowka u. a. (Hrsg.), Belgien, Deutschland und die „Anderen“. Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung. (Historische Belgienforschung, Bd. 10.) Münster, Waxmann 2024
- Björn Hofmeister, Anwalt für die Diktatur. Heinrich Claß (1868–1953). Sozialisation – Weltanschauung – alldeutsche Politik. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Julia Schneidawind, Schicksale und ihre Bücher. Deutsch-jüdische Privatbibliotheken zwischen Jerusalem, Tunis und Los Angeles. (Jüdische Religion, Geschichte und Kultur, Bd. 34.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Deborah E. Lipstadt, Golda Meir. Israel’s Matriarch. London, Yale University Press 2023
- Felicitas Seebacher, Die Leskys. Akademische Karrieren in den Netzwerken der politischen Systeme des 20. Jahrhunderts. Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2024
- Manuel Schwarz, „Übergangsfürsten“. Legitimationsstrategien der letzten Generation ernestinischer Monarchen im Deutschen Kaiserreich (1901–1918). (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Bd. 68.) Köln, Böhlau 2024
- Friedrich Cain / Bernhard Kleeberg (Eds.), A New Organon. Science Studies in Interwar Poland. (Studies in the History of Knowledge, Vol. 18.) Tübingen, Mohr Siebeck 2024
- Karl-Peter Krauss, Dem Vergessen entrissen. Der „Ostjude“ Simon Leinmann und die Neuapostolische Kirche. Köln, Böhlau 2024
- Thomas Köhler / Jürgen Matthäus / Thomas Pegelow Kaplan u. a. (Hrsg.), Polizei und Holocaust. Eine Generation nach Christopher Brownings Ordinary Men. Unter Mitarbeit von Annika Hartmann und Kathrin Schulte. Leiden, Brill 2023
- Wiebke Lisner / Johannes Hürter / Cornelia Rauh u. a. (Hrsg.), Familientrennungen im nationalsozialistischen Krieg. Erfahrungen und Praktiken in Deutschland und im besetzten Europa 1939–1945. (Das Private im Nationalsozialismus, Bd. 5.) Göttingen, Wallstein 2022
- Sophie Fetthauer, „Hier muß sich jeder allein helfen“. Paula, Josef und Frieda Fruchter: Briefe einer Wiener Musikerfamilie aus dem Shanghaier Exil 1941–1949. Neumünster, von Bockel 2024
- Stephan Pabst (Hrsg.), Buchenwald. Zur europäischen Textgeschichte eines Konzentrationslagers. (Medien und kulturelle Erinnerung, Bd. 9.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Lutz Kreller / Franziska Kuschel, Vom „Volkskörper“ zum Individuum. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen nach dem Nationalsozialismus. Göttingen, Wallstein 2022
- Emily Marker, Black France, White Europe. Youth, Race, and Belonging in the Postwar Era. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
- Chelsea Schields, Offshore Attachments. Oil and Intimacy in the Caribbean. Berkeley, CA, University of California Press 2023
- Jenny Baumann, Ideologie und Pragmatik. Die DDR und Spanien 1973–1990. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 142.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Eva Pfanzelter / Dirk Rupnow / Éva Kovács et al. (Eds.), Connected Histories. Memories and Narratives of the Holocaust in Digital Space. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Eingegangene Bücher
- Eingegangene Bücher
Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Aufsätze
- Diplomata militaria als serielle Quellen. Einblicke in die Bürgerrechtspolitik und die Administration der römischen Kaiserzeit
- Tourismus als Wettbewerb der Moderne. Die (Selbst-)Inszenierung des Deutschen Kaiserreichs auf der Internationalen Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr 1911
- Das exkludierende Selbst. Die Moderne als Identitätspolitik in ungleicher Absicht
- Winfried Müller (1953–2025)
- Blick zurück in der Krise? Wie Deutschland an drei große Demokratiejubiläen erinnert
- Rezensionen
- Christoph Driessen, Griff nach den Sternen. Die Geschichte der Europäischen Union. Regensburg, Pustet 2024
- Steffen Augsberg (Hrsg.), Verfassungspatriotismus. Konzept, Kritik, künftige Relevanz. Hamburg, CEP Europäische Verlagsanstalt 2024
- Edward B. Foley, Ballot Battles. The History of Disputed Elections in the United States. Oxford, Oxford University Press 2024
- Christopher J. Fettweis, The Pursuit of Dominance. 2000 Years of Superpower Grand Strategy. Oxford, Oxford University Press 2023
- Mark A. Ragan, Kingdoms, Empires, and Domains. The History of High-Level Biological Classification. Oxford, Oxford University Press 2023
- Bernhard Maier, Globalgeschichte der frühen Hochkulturen. München, C. H. Beck 2024
- Charalampos I. Chrysafis / Andreas Hartmann / Christopher Schliephake u. a. (Hrsg.), Basileus eirenophylax. Friedenskultur(en) und monarchische Repräsentation in der Antike. Stuttgart, Steiner 2023
- Lisa C. Nevett, Ancient Greek Housing. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Michael Loy, Connecting Communities in Archaic Greece. Exploring Economic and Political Networks through Data Modelling. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Katharina Wojciech, Wie die Athener ihre Vergangenheit verhandelten. Rede und Erinnerung im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. (KLIO. Beiträge zur Alten Geschichte, Bd. 35.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Nicolette A. Pavlides, The Hero Cults of Sparta. Local Religion in a Greek City. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Ronald T. Ridley, Marcus Furius Camillus, fatalis dux. A Documentary Study. (Studien zur Alten Geschichte, Vol. 37.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Jonas Scherr, Die Zivilisierung der Barbaren. Eine Diskursgeschichte von Cicero bis Cassius Dio. (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, Bd. 156.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Christopher B. Krebs (Ed.), Caesar. Bellum Gallicum. Book VII. (Cambridge Greek and Latin Classics.) Cambridge, Cambridge University Press 2023
- José Luís Brandão / Cláudia Teixeira / Ália Rodrigues (Eds.), Confronting Identities in the Roman Empire. Assumptions about the Other in Literary Evidence. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Anthony Kaldellis / Marion Kruse, The Field Armies of the East Roman Empire, 361–630. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Volker L. Menze, Patriarch Dioscorus of Alexandria. The Last Pharaoh and Ecclesiastical Politics in the Later Roman Empire. Oxford, Oxford University Press 2023
- Hubertus Seibert, Geschichte Europas im Mittelalter. Aufbruch in die Vielfalt. Paderborn, Brill/Schöningh 2024
- Johanna Jebe, Gutes Mönchtum in St. Gallen und Fulda. Diskussion und Correctio im Spiegel karolingischer Klosterbibliotheken. Freiburg im Breisgau, Herder 2024
- Herwig Wolfram, Arnulf von Kärnten (um 850–899). Eine biographische Skizze. (Relectio. Karolingische Perspektiven, Bd. 7.) Ostfildern, Thorbecke 2024
- Hannes Engl, Rekonfigurationen regionaler Ordnungen. Die religiösen Gemeinschaften in Lothringen und das Papsttum (ca. 930–1130). (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii, Bd. 49.) Köln, Böhlau 2023
- Francesco Massetti, Leo IX. und die papstgeschichtliche Wende (1049–1054). (Papsttum im mittelalterlichen Europa, Bd. 13.) Köln, Böhlau 2024
- Joseph P. Huffman, Medieval Cologne. From Rhineland Metropolis to European City (A. D. 1125–1475). Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Christos Malatras, Social Stratification in Late Byzantium. (Edinburgh Byzantine Studies.) Edinburgh, Edinburgh University Press 2023
- Nils Bock, Geld und Herrschaft um 1300. Finanzielle Verflechtungen zwischen Frankreich, der Kurie und Florenz. (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 257.) Stuttgart, Steiner 2022
- Peter Fleischmann (Bearb.), Die Nürnberger Bürgerbücher II. Die Meisterbücher von 1363 bis 1365 und von 1370 bis 1429 und die Papierenen Neubürgerlisten von 1382 bis 1429. (Quellen und Foschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 41.) Nürnberg, Stadtarchiv 2022
- Rainer Christoph Schwinges, Das Leben des Kölner Magisters Gerhard von Wieringen (1451 bis nach 1501). Mit einer Edition seines Notiz- und Rechnungsbuches. (Repertorium Academicum Germanicum [RAG]. Forschungen, Bd. 5.) Zürich, vdf 2023
- Riccarda Suitner, Venice and the Radical Reformation. Italian Anabaptism and Antitrinitarianism in European Context. (Refo500 Academic Studies, Vol. 101.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Brandt C. Klawitter, A Forceful and Fruitful Verse. Genesis 1:28 in Luther’s Thought and Its Place in the Wittenberg Reformation (1521–1531). (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte, Vol. 269.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Vitus Huber / John F. Schwaller (Eds.), Beyond Cortés and Montezuma. The Conquest of Mexico Revisited. Copublished with the Institute for Mesoamerican Studies, University at Albany. (IMS Studies on Culture and Society Series.) Denver, CO, University of Colorado Press 2025
- Paul Griffiths, Information, Institutions, and Local Government in England, 1550–1700. Turning Inside. Oxford, Oxford University Press 2024
- Jonas Stephan, Tinte, Feder und Kanonen. Der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis am Vorabend des Spanischen Erbfolgekrieges (1701). (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden, Bd. 8.) Münster, Aschendorff 2024
- Cathal J. Nolan, Mercy. Humanity in Warfare. Oxford, Oxford University Press 2022
- Rainer Maaß / Rouven Pons (Hrsg.), Fürstliche Korrespondenzen des 19. und 20. Jahrhunderts. Marburg, Historische Kommission für Hessen 2024
- Jörg Ernesti, Geschichte der Päpste seit 1800. Freiburg im Breisgau, Herder 2024
- Natalie Cornett, The Politics of Love. Gender and Nation in Nineteenth-Century Poland. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
- Miroslav Šedivý, Si vis pacem, para bellum. The Italian Response to International Insecurity 1830–1848. (Internationale Geschichte, Bd. 7.) Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2021
- Julian Go, Policing Empires. Militarization, Race, and the Imperial Boomerang in Britain and the US. Oxford, Oxford University Press 2023
- Yan Slobodkin, The Starving Empire. A History of Famine in France’s Colonies. Ithaca, NY, Cornell University Press 2023
- Sarina Hoff, Der lange Abschied von der Prügelstrafe. Körperliche Schulstrafen im Wertewandel 1870–1980. (Wertewandel im 20. Jahrhundert, Bd. 8.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Johann Kirchinger, Katholische Frauenkongregationen der Moderne. Stuttgart, Kohlhammer 2022
- Dagmar Herzog, Eugenische Phantasmen. Eine deutsche Geschichte. Berlin, Suhrkamp 2024
- Simon Sebag Montefiore, Der junge Stalin. Stuttgart, Klett-Cotta 2024
- Sebastian Bischoff / Christoph Jahr / Tatjana Mrowka u. a. (Hrsg.), Belgien, Deutschland und die „Anderen“. Bilder, Diskurse und Praktiken von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung. (Historische Belgienforschung, Bd. 10.) Münster, Waxmann 2024
- Björn Hofmeister, Anwalt für die Diktatur. Heinrich Claß (1868–1953). Sozialisation – Weltanschauung – alldeutsche Politik. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Julia Schneidawind, Schicksale und ihre Bücher. Deutsch-jüdische Privatbibliotheken zwischen Jerusalem, Tunis und Los Angeles. (Jüdische Religion, Geschichte und Kultur, Bd. 34.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2023
- Deborah E. Lipstadt, Golda Meir. Israel’s Matriarch. London, Yale University Press 2023
- Felicitas Seebacher, Die Leskys. Akademische Karrieren in den Netzwerken der politischen Systeme des 20. Jahrhunderts. Wien, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2024
- Manuel Schwarz, „Übergangsfürsten“. Legitimationsstrategien der letzten Generation ernestinischer Monarchen im Deutschen Kaiserreich (1901–1918). (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Bd. 68.) Köln, Böhlau 2024
- Friedrich Cain / Bernhard Kleeberg (Eds.), A New Organon. Science Studies in Interwar Poland. (Studies in the History of Knowledge, Vol. 18.) Tübingen, Mohr Siebeck 2024
- Karl-Peter Krauss, Dem Vergessen entrissen. Der „Ostjude“ Simon Leinmann und die Neuapostolische Kirche. Köln, Böhlau 2024
- Thomas Köhler / Jürgen Matthäus / Thomas Pegelow Kaplan u. a. (Hrsg.), Polizei und Holocaust. Eine Generation nach Christopher Brownings Ordinary Men. Unter Mitarbeit von Annika Hartmann und Kathrin Schulte. Leiden, Brill 2023
- Wiebke Lisner / Johannes Hürter / Cornelia Rauh u. a. (Hrsg.), Familientrennungen im nationalsozialistischen Krieg. Erfahrungen und Praktiken in Deutschland und im besetzten Europa 1939–1945. (Das Private im Nationalsozialismus, Bd. 5.) Göttingen, Wallstein 2022
- Sophie Fetthauer, „Hier muß sich jeder allein helfen“. Paula, Josef und Frieda Fruchter: Briefe einer Wiener Musikerfamilie aus dem Shanghaier Exil 1941–1949. Neumünster, von Bockel 2024
- Stephan Pabst (Hrsg.), Buchenwald. Zur europäischen Textgeschichte eines Konzentrationslagers. (Medien und kulturelle Erinnerung, Bd. 9.) Berlin/Boston, De Gruyter 2022
- Lutz Kreller / Franziska Kuschel, Vom „Volkskörper“ zum Individuum. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen nach dem Nationalsozialismus. Göttingen, Wallstein 2022
- Emily Marker, Black France, White Europe. Youth, Race, and Belonging in the Postwar Era. Ithaca, NY, Cornell University Press 2024
- Chelsea Schields, Offshore Attachments. Oil and Intimacy in the Caribbean. Berkeley, CA, University of California Press 2023
- Jenny Baumann, Ideologie und Pragmatik. Die DDR und Spanien 1973–1990. (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 142.) Berlin/Boston, De Gruyter 2023
- Eva Pfanzelter / Dirk Rupnow / Éva Kovács et al. (Eds.), Connected Histories. Memories and Narratives of the Holocaust in Digital Space. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Eingegangene Bücher
- Eingegangene Bücher