Rösler, Dietmar: Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. 2. Auflage. Stuttgart: J. B. Metzler, 2023. -- ISBN 978-3-476-05862-1. 345 Seiten, € 19,99.

In den letzten Jahren haben sich die weltweiten Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Wirtschaft und Politik sowie die Verbreitung der Pandemie in signifikanter Weise auf die Disziplin Deutsch als Fremd- und Zweitsprache ausgewirkt. Insbesondere die rasanten Fortschritte in der Technologie haben neue Bildungsmöglichkeiten für den Erwerb und die Vermittlung von Sprachkenntnissen eröffnet. Gleichzeitig hat die zunehmende Zuwanderung von Flüchtlingen den Bedarf nach Deutsch als Zweitsprache deutlich erhöht. Darüber hinaus hat die COVID-19-Pandemie dazu geführt, dass das Online-Lernen plötzlich zur vorherrschenden Lehrmethode wurde. Es liegt also auf der Hand, dass wir in einer Zeit des grundlegenden Wandels leben.

Gemäß der einflussreichen Berliner Didaktik, welche die sozio-kulturellen und anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen als Bedingungsfaktoren betrachtet (vgl. Heimann/Otto/Schulz 1976), stellen die sich wandelnden Grundlagen neue Anforderungen an die Ziele und Methoden der Didaktik des Deutsch als Fremdsprache (DaF). Die Veränderungen in diesen Rahmenbedingungen haben zur Konsequenz, dass die DaF-Didaktik nicht mehr uneingeschränkt mit denen vor einem Jahrzehnt übereinstimmt. Infolgedessen erscheint die Anwendung eines älteren Einführungsbuchs für DaF-Lehrkräfte weniger effektiv. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, ein neues Einführungsbuch für dieses Fach zu verfassen oder bestehende Einführungen zu aktualisieren.

In diesem Kontext hat Dietmar Rösler sein vor 10 Jahren publiziertes Buch Deutsch als Fremdsprache: Eine Einführung (2012) entsprechend revidiert und es in einer neuen Ausgabe vorgelegt. Im Vorwort der überarbeiteten Auflage wird auf einige wichtige Veränderungen hingewiesen, zu denen unter anderen neuere Integrationsmöglichkeiten für das Deutschlernen mit digitalen Medien sowie die Einbeziehung der Gender-Debatte gehören. Entsprechend werden bestimmte Kapitel angepasst: Im Kapitel 3 werden die Vorteile und Herausforderungen des Einsatzes digitaler Medien im Deutschlernprozess ausführlich erörtert. Dabei wird besondere Aufmerksamkeit auf die Verwendung von 360°-Anwendungen und virtueller Realität geschenkt, da sie den Lernenden ein besonders intensives Eintauchen in die Lernumgebung ermöglicht und eine Art „Immersion“ (69) schaffen. Zudem wird im Kapitel 1 als Reaktion auf die Gender-Debatte hinzugefügt, welche Aspekte für DaF besonders relevant sind. Hierbei werden die Lesenden zum Nachdenken angeregt, welche zielsprachlichen Normen vermittelt werden sollen und welche Gegenstände im Kontext der Diskussion um Gendergerechtigkeit von Bedeutung sind. Vor einem Jahrzehnt hatten diese Aspekte im DaF noch eine weniger ausgeprägte Rolle gespielt.

Darüber hinaus sind zwei weitere bedeutende Veränderungen hervorzuheben. Bei der einen handelt es sich um die Forschungsmethodik, die vom Autor in einem neu hinzugefügten Abschnitt im zweiten Kapitel behandelt wird. Dabei wird verdeutlicht, wie das Fachgebiet Deutsch als Fremdsprache von wissenschaftlichen Forschungen profitieren kann, insbesondere von der Wende der traditionellen Linguistik zur „Arbeit mit Korpora“ (34). Erwähnenswert ist es, dass es trotz einer Ausdifferenzierung und Verfeinerung der Forschungsmethodik immer noch an Langzeitstudien mangelt, welche die „Wirksamkeit“ (35) bestimmter didaktischer Maßnahmen aus einer langfristigen Perspektive bewerten können. Die zweite bemerkenswerte Veränderung bezieht sich auf die wachsende Bedeutung von Globalisierung und Migration. Vor diesem Hintergrund soll man bei der Auswahl von Lehrinhalten im Bereich der Landeskunde sorgfältig überlegen, welche Themen „universell“ (231) für alle Lernenden sind und welche nur für bestimmte Zielgruppen von Interesse sind. Die zunehmende Migration hat ebenfalls Auswirkungen gezeigt, indem sie z. B. zu einer Diversität der Lernkontexte führt und die traditionelle Grenze zwischen Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache verwischt. So wird im Abschnitt 2.2.4 darauf hingewiesen, dass sowohl eine starre Abgrenzung zwischen diesen Kategorien als auch ihre pauschale Verallgemeinerung nicht sinnvoll sind. Stattdessen ist es angebrachter, die Lernbedingungen der einzelnen Lernenden möglichst präzise zu analysieren und entsprechende didaktische Entscheidungen zu treffen.

Als Reaktion auf den Bedarf spezieller Zielgruppen am Deutschlernen wird in dieser überarbeiteten Auflage ein neues Kapitel (Kap. 12) eingeführt. Dieses Kapitel setzt sich damit auseinander, inwieweit Lehrmaterialien und Unterrichtsangebote den Bedürfnissen spezieller Lerngruppen gerecht werden. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissenschafts- und Fachsprache, die den Studierenden bei der Beschäftigung mit fachlichen Texten hilft, es beschäftigt sich auch mit dem berufsbezogenen DaF-Unterricht, der in den letzten Jahren aufgrund von Flucht sowie Migration an Bedeutung gewonnen hat. Anhand von Beispielen aus den Bereichen Tourismus und Medizin wird verdeutlicht, dass der berufsbezogene Deutschunterricht sich nicht nur auf die Vermittlung von Fachterminologie beschränken sollte, sondern auch die Förderung der kommunikativen und interkulturellen Kompetenzen eine bedeutende Rolle spielt.

Trotz der vorgenommenen Veränderungen bleibt selbstverständlich etwas unverändert: Im Vorwort wird unterstrichen, dass diese Einführung nach wie vor konzipiert ist für „Personen, die sich neu im Fach Deutsch als Fremdsprache orientieren möchten“ (VI). Mit diesem Ziel vor Augen werden in diesem Buch so viele Aspekte des Fachgebiets Deutsch als Fremdsprache wie möglich vorgestellt. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, die Inhalte in einer verständlichen Sprache zu präsentieren, um Einsteigern den Zugang zu erleichtern. Als Einführungsbuch kann es naturgemäß nicht in die Tiefe jedes einzelnen Aspekts eindringen. Leser, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren und es weiter studieren möchten, können von den umfangreichen Literaturangaben in den jeweiligen Kapiteln profitieren.

Ebenso bleiben die meisten grundlegenden Aspekte unverändert, die man für einen erfolgreichen DaF-Unterricht berücksichtigen soll. Wenn man einen Unterricht durchführen möchte, muss man als ersten Schritt z. B. gut überlegen, welche Lehrmethode angewendet werden soll. Im Kapitel 4 werden zahlreiche vorhandene Lehrmethoden dargestellt, darunter sowohl traditionelle Methoden und Ansätze wie die „Grammatik-Übersetzungsmethode“ (78) oder die „direkte Methode“ (80) als auch neuere Konzepte wie die Aufgabenorientierung (95). Im Kapitel 8 werden darüber hinaus die didaktischen Herangehensweisen für verschiedene Aspekte wie Aussprache, Flüssigkeit, Wortschatz, Grammatik und Interaktion konkret vorgestellt. Es wäre wünschenswert, eine allumfassende und normative Lehrmethode zu haben. Jedoch verdeutlicht die Darlegung in diesen Kapiteln die Tatsache, dass eine vollkommen universelle Methode, welche für alle Lernenden gleichermaßen gültig wäre, nicht existiert. Die Reflexion über die Nachteile älterer Lehrmethoden hat zur Entwicklung neuerer Methoden und Ansätze geführt, deren eigene Schwächen aber im Laufe der Zeit ebenfalls erkannt wurden. Bei der Auswahl von Lehrmethoden ist es daher ratsam, die Vor- und Nachteile der verfügbaren Methoden sorgfältig abzuwägen und Entscheidungen gemäß den Bedürfnissen der Lernenden zu treffen, anstatt eine bestimmte Methode übermäßig zu verallgemeinern.

In den sonstigen Kapiteln werden andere Aspekte vorgestellt, die für das Sprachlernen und -lehren von Relevanz sind. Dazu gehören bspw. Lehr- und Lernformen (Kap. 5), Fertigkeiten, die beim Fremdsprachenlernen zu entwickeln sind (Kap. 6), sowie die Behandlung von Fehlern (Kap. 7). Diskutiert wird auch, wie sich literarische Texte in den Unterricht integrieren lassen (Kap. 10), und welche Rolle die von den Lernenden beherrschten Sprachen beim Deutschlernen spielt (Kap. 11). Der Autor versucht immer dem Prinzip zu folgen, dass der Lerninhalt und die Lernform mit Rücksicht auf die Lernenden bestimmt werden sollen. Bei der Vermittlung von DaF dürfe auf keinen Fall voreingenommen entschieden werden, was und wie zu unterrichten ist.

Seit Langem herrscht in der Fremdsprachendidaktik weitgehende Einigkeit darüber, dass das Erlernen einer fremden Sprache eng mit der Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur zusammenhängt. Im DaF-Unterricht sind die Lernenden nicht ausschließlich mit dem Lernen der deutschen Sprache beschäftigt, sondern auch mit der Kultur bzw. mit der Landeskunde. Die verschiedenen Schwerpunkte für die Landeskundenvermittlung werden u. a. im Kapitel 9 behandelt. Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass bei der Landeskundenvermittlung nicht nur Faktenwissen vermittelt werden sollte. Vielmehr sollte darüber reflektiert werden, welche kulturellen Aspekte als „universell“ (231) gelten und welche für spezielle Lerngruppen von Relevanz sind. Darüber hinaus soll noch darauf geachtet werden, wie man kritisch mit Stereotypen umgeht.

Es lässt sich feststellen, dass diese Einführung nicht darauf abzielt, eine absolut richtige Methode im DaF-Unterricht vorzustellen. Vielmehr wird Wert daraufgelegt, die Vielfalt der für das Deutschlehren und -lernen relevanten Aspekte aufzuzeigen. Indem man möglichst viele Aspekte berücksichtigt, kann man erst die Entscheidungen treffen, die wirklich vorteilhaft für die Lernenden sind, wie z. B. welche Lernformen oder Lernmaterialien benutzt werden sollen. Wie Rösler im Schluss formuliert: „Es gibt kein richtiges Vorgehen als fertiges Paket auf dem Methodenmarkt, es muss aus der Vielfalt vorhandener Konzepte erarbeitet werden“ (326). Laut eines chinesischen Sprichwortes ist es besser, jemandem das Fischen beizubringen, anstatt ihm nur einen Fisch zu geben. Dieses Einführungsbuch hat uns nicht das, was und wie man lehrt, in die Hand gedrückt, sondern erläutert, wie man die am besten geeignete Art zu lehren findet! Nur dann können wir Lehrende immer mit der Zeit Schritt halten und uns an die gesellschaftlichen Veränderungen anpassen.

Zum Schluss sei noch der kritische Hinweis erwähnt, dass in dieser Einführung die Integration des digitalen Lernens leider noch nicht ausreichend diskutiert wird. Insbesondere wird das Aufkommen von sprachgenerierenden Modellen wie Chat-GPT noch nicht erwähnt. Es ist jedoch unerlässlich, die gravierenden Auswirkungen dieser Entwicklung auf den Fremdsprachenunterricht zu berücksichtigen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz und Natürlicher Sprachverarbeitung hat Riesenchancen für den Lernprozess eröffnet, indem sie interaktive und personalisierte Lernumgebungen schaffen. Gleichzeitig stellen sie jedoch auch Herausforderungen dar in Bezug auf Ethik, Datenschutz und die Diskussion, menschliche Lehrer zu ersetzen. Der Fremdsprachenunterricht erfordert also eine kritische Reflexion über den vernünftigen und effektiven Einsatz von KI-gesteuerten Lernressourcen.