Nassaji, Hossein; Kartchava, Eva (Hrsg.): The Cambridge Handbook of Corrective Feedback in Second Language Learning and Teaching. Cambridge: Cambridge University Press, 2021. -- ISBN 978-1-108-58978-9 (Ebook). 800 Seiten, € 147,00.

Christian Krekeler

doi:10.1515/infodaf-2024-0044

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Nassaji, Hossein; Kartchava, Eva (Hrsg.): The Cambridge Handbook of Corrective Feedback in Second Language Learning and Teaching. Cambridge: Cambridge University Press, 2021. -- ISBN 978-1-108-58978-9 (Ebook). 800 Seiten, € 147,00.

Christian Krekeler

Published/Copyright: April 16, 2024

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From the journal Informationen Deutsch als Fremdsprache Volume 51 Issue 2-3

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Nassaji, Hossein; Kartchava, Eva (Hrsg.): The Cambridge Handbook of Corrective Feedback in Second Language Learning and Teaching. Cambridge: Cambridge University Press, 2021. -- ISBN 978-1-108-58978-9 (Ebook). 800 Seiten, € 147,00.

Das Handbuch ist mit 800 Seiten zweifelsohne ein umfangreiches Werk. Es bietet Überblicke, fasst Forschungsergebnisse zusammen und präsentiert Studien, die das Thema Fehlerkorrektur aus vielfältigen Perspektiven beleuchten. Dabei werden verschiedene Aspekte behandelt, wie Arten der Fehlerkorrektur (mündlich, schriftlich, technisch), Methoden der Fehlerkorrektur (implizit/explizit, umfassend/ausgewählt, Lehrkraft/Lerngruppe), Fehlerkorrektur in Bezug auf sprachliche Fertigkeiten (einschließlich Grammatik) und in unterschiedlichen Kontexten (L2/L3, Computer, mobile Endgeräte, im Fach, zu Tasks). Auch Einstellungen zur Fehlerkorrektur, Forschungsmethoden und weitere Variablen wie Alter, Geschlecht und Affekt werden berücksichtigt. Die gewaltige Arbeitsleistung, die in die Erstellung dieses Werks geflossen ist, ist anzuerkennen.

In diesem enzyklopädischen Werk ist alles zu finden, was jemals zum Thema Fehlerkorrektur geäußert wurde. Zumindest alles, was empirisch zu diesem Thema erhoben wurde. Sollte eine direkte Fehlerkorrektur mit Verbesserung des Fehlers vorgenommen werden oder sollte ein Fehler metalinguistisch erklärt werden? Sollten alle Fehler in einem Text verbessert werden oder nur ausgewählte? Diese so einfach anmutenden Fragen scheinen sich für empirische Untersuchungen zu eignen. Allerdings, auch das wird im Handbuch deutlich, sind die Ergebnisse der meisten empirischen Studien wenig erhellend. Die Antworten lauten: „Es kommt darauf an“ oder „Das müsste man noch untersuchen“. Die Vagheit ist auf den untersuchten Gegenstand zurückzuführen, der empirische Herangehensweisen wegen seiner Komplexität erschwert, und auf die mangelnde Qualität vieler Studien, die dennoch im Handbuch referiert werden.

Als Beispiel kann das Kapitel Corrective Feedback in Mobile Technology-Mediated Contexts angeführt werden, das von Kartchava und Nassaji, der Herausgeberin und dem Herausgeber des Handbuchs, verfasst wurde und das dem typischen Aufbau der 36 Kapitel folgt: Einführung in das Thema, Forschungsergebnisse zum Thema, Forschungsergebnisse zu Feedback im Kontext des Themas und Forschungsdesiderata. Dementsprechend werden im Kapitel zunächst die Besonderheiten von MALL („mobile-assisted language learning“) vorgestellt, die darin bestehen, dass eine hohe Mobilität gegeben ist. Im Folgenden werden Forschungsergebnisse zur Effektivität von MALL vorgestellt. Referiert wird eine Studie, in der Englischlernende am Mobiltelefon Übungen zur Rechtschreibung durchführten und von einer Lehrkraft Feedback zu den Ergebnissen erhielten. Nach 18 Wochen hatte sich die Rechtschreibung der Wörter, die sie gelernt hatten, verbessert. Eine weitere Studie, die ebenfalls ausführlich referiert wird, bezog immerhin eine Kontrollgruppe mit ein: Während die Treatment-Gruppe täglich eine SMS mit fünf neuen Wörtern erhielt, wurde der Kontrollgruppe einmalig eine Liste mit 130 Wörtern zugeschickt. Nach dem Abschluss der Studie konnten sich die Lernenden der Treatment-Gruppe an mehr Wörter erinnern. Beide Studien haben zwar mit MALL zu tun, sie lassen aber eigentlich nur den Schluss zu, dass man mit dem Mobiltelefon auch lernen kann und dass die Didaktik zu MALL in einem bedauernswerten Zustand ist. Auch zum eigentlichen Thema Fehlerkorrektur und MALL werden Studien referiert, die den Gegenstand kaum erhellen: Französisch-Lernende sollten die Aussprache von Konsonanten verbessern. Gruppe 1 arbeitete mit einem Programm zum Aussprachetraining, das auf den Mobiltelefonen installiert ist und das ein Feedback generiert, Gruppe 2 erhielt Feedback zur Aussprache von der Lehrkraft und Gruppe 3 unterhielt sich mit der Lehrkraft, ohne dass dabei die Aussprache berücksichtigt wurde. Ergebnis: Die Lernenden der ersten beiden Gruppen verbesserten ihre Aussprache. Das Kapitel schließt mit Forschungsdesiderata: „As for research, although there is empirical evidence that mobile devices can facilitate language learning, little research has been conducted into how mobile technology can be incorporated effectively into teachers’ routine classroom practices” (533). Nicht fehlende Studien, sondern fehlende Konzepte zur Einbindung dürften bei MALL das Problem sein.

Die unkritische Aufzählung empirischer Studien ist nicht schlüssig, denn die im ersten Kapitel von Han festgelegten Kriterien für die empirische Erforschung von Feedback werden in den Studien, die in den nachfolgenden Kapiteln ausführlich referiert werden, oft nicht erfüllt. Han kommt zum denkwürdigen Resümee: „[...] five decades of research on corrective feedback have generated a sizable yet heterogeneous empirical database, with mixed findings. Research-based pedagogical recommendations are abundant but have mostly been vague and unhelpful, if not sometimes irresponsible. More studies will not necessarily change the scenario unless they are undergirded by solid theoretical work” (38). Wenn diese Erkenntnis berücksichtigt worden wäre, hätte man das Handbuch um viele Seiten kürzen können.

Schlüssig ist angesichts des Schwerpunkts des Handbuchs auf der Empirie jedoch, dass sich einige Kapitel der Methodologie widmen. Diese enthalten Überblicke, aber kaum Einsichten. Im Kapitel Tools to Measure the Effectiveness of Feedback werden forschungsmethodische Instrumente aufgezählt und mit Studien illustriert, in denen die jeweiligen Instrumente eingesetzt wurden. Eine Einordnung der Instrumente fehlt jedoch, was sich auch am Sprachgebrauch zeigt: „Another very interesting way of collecting data on efficacy of feedback is [...]“ (121). Spezifische Anwendungsbereiche oder der spezifische Nutzen der Instrumente werden kaum herausgearbeitet.

Überzeugender sind demgegenüber die ersten vier Kapitel des Handbuchs, die eine Einführung in die Mechanismen der Fehlerkorrektur bieten. Dabei wird Feedback aus verschiedenen theoretischen Perspektiven betrachtet: Han widmet sich dem Behaviorismus, Abbuhl den interaktionistischen Vorstellungen, Leow und Driver dem Kognitivismus, und schließlich behandelt Nassaji die auf Vygotsky basierende soziokulturelle Perspektive. In diesen Kapiteln wird auf vereinfachende Erklärungen verzichtet, die Komplexität des Themas wird berücksichtigt und es wird ein tiefgreifendes Verständnis für Lernprozesse vermittelt. Die in den ersten vier Kapiteln präsentierten empirischen Studien zeichnen sich durch ihre solide theoretische Fundierung aus und bieten eine höhere Qualität. Die späteren Kapitel des Handbuchs knüpfen regelmäßig an diese Grundlagenkapitel an, die dem gesamten Werk eine theoretische Fundierung verleihen.

Das Fazit zum Handbuch ist gemischt: Das Handbuch enthält wichtige Beiträge, die den aktuellen Stand der Diskussion darstellen, und wird dem selbstgesetzten Anspruch gerecht, das Thema umfassend zu behandeln. Allerdings führt das Bestreben, das Thema in all seinen Facetten zu präsentieren, zu einer unkritischen Auswahl der Inhalte. Zudem wäre eine stärkere kritische Distanz zum Thema, wie sie beispielsweise in der Darstellung von Hattie und Timperley zum Ausdruck kommt, wünschenswert gewesen. Schon im Jahr 2007 wiesen sie darauf hin, dass Feedback nicht die alleinige Antwort auf sämtliche Lernprobleme darstellt, sondern lediglich eine von vielen Lösungen ist: „It is important to note, however, that under particular circumstances, instruction is more effective than feedback. Feedback can only build on something; it is of little use when there is no initial learning or surface information” (Hattie & Timperley 2007: 104).

Literatur

Hattie, John; Timperley, Helen (2007): „The power of feedback“. In: Review of Educational Research 77 (1), 81–112. 10.3102/003465430298487Search in Google Scholar

Online erschienen: 2024-04-16

Erschienen im Druck: 2024-03-25

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