Gretsch, Petra; Wulff, Nadja (Hrsg.): Deutsch als Zweit- und Fremdsprache in Schule und Beruf. Eine Festschrift für Gabriele Kniffka. Paderborn: Brill Schöningh, 2022. – ISBN 978-3-506-79110-8. 423 Seiten, € 109,00.

Die Festschrift zu Ehren des 66. Geburtstages von Gabriele „Gaby“ Kniffka versammelt auf über 400 Seiten 25 Beiträge zu den vier Themenbereichen Sprache und Sprachbildung in der Schule, Professionalisierung von Lehrkräften, Fach- und Berufssprache sowie Testen und Prüfen – allesamt Bereiche, die die zu Würdigende „maßgeblich geprägt und weiterentwickelt“ (IX) hat. Das Werk weist weder ein Publikationsverzeichnis noch eine Vita Kniffkas auf, stattdessen zeichnen Petra Gretsch, Freundin und Kollegin, und Hannes Kniffka, Ehemann, jedoch in einigen einleitenden Anekdoten ein lebendiges Bild der zu Ehrenden. Auch in der sich anschließenden Einleitung, verfasst von Gretsch, scheinen die Aspekte, die Kniffka persönlich und beruflich auszeichnen, immer wieder durch. Am Ende des Bandes findet sich ein Verzeichnis der Beiträger/-innen; ein Großteil von ihnen ist an der Pädagogischen Hochschule Freiburg tätig, wie auch die zu Würdigende selbst.

Bedauerlicherweise kann in der vorliegenden Rezension nicht auf alle Beiträge eingegangen werden. Aus jedem der vier Teilbereiche wird daher exemplarisch ein Beitrag näher betrachtet. Innerhalb des Themenkomplexes Sprache und Sprachbildung in der Schule finden sich sechs Beiträge, die Konzepte aus unterschiedlichen Bereichen beinhalten; allen gemein ist jedoch ihre hohe Relevanz für die Unterrichtspraxis. Eberhart und Hinderer widmen sich in ihrem Beitrag der Aufbereitung deutscher Lyrik für den Phonetikunterricht. Der Artikel enthält erfrischend konkrete Anregungen für den DaF-/DaZ-Unterricht: Nach einer kompakten Einführung in die Bereiche Phonetikunterricht, Intonation und Rhythmus der deutschen Sprache sowie einer Argumentation zugunsten des Einsatzes von Gedichten im Unterricht – genannt seien die Verdichtung und hohe Bedeutungskomplexität, die bewusstes Sprechen provozieren, zudem der spielerische Charakter von Gedichten (vgl. 22) – werden didaktische Aufbereitungen zu drei Gedichten präsentiert. Eberhart und Hinderer laden am Ende ihres Beitrags dazu ein, den schier unendlichen Kosmos deutschsprachiger Gedichte in den Phonetikunterricht zu integrieren.

Der zweite Themenbereich vereint acht Beiträge, die sich – teils mehr, teils weniger – mit der Ausbildung und Professionalisierung von Lehrkräften beschäftigen. In einigen Beiträgen ist der Bezug zu Lehrkräften, deren Aufgaben oder geschweige denn deren Professionalisierung günstigenfalls im Fazit zu finden, andere Beiträge wiederum nehmen die Lehrkräfteprofessionalisierung in den Fokus, wie es der Titel dieses zweiten Themenkomplexes auch erhoffen lässt. So plädieren Jung und Middeke in ihrem Beitrag für eine (Neu-)Strukturierung der Qualifizierungssituation von DaF-/DaZ-Lehrkräften in der außerschulischen Bildung, welche sich derzeit als „unübersichtlich“ (XVII) beschreiben lässt: Abschlüsse reichen „von BA/MA-Studiengängen über Zusatzqualifikationen und Zertifikate[n] DaF/DaZ bis hin zu Modulangeboten in anderen Studiengängen“ (224). Darüber hinaus wird konstatiert, dass der Learning by doing-Strategie vieler Absolventen/-innen, die aufgrund fehlender Praxisangebote bzw. Praktika in das aktive Unterrichten nur hinein„stolpern“ (230), dringend begegnet werden muss – ein untragbarer Zustand, gegen welchen bereits viele Experten/-innen ihre Stimme erhoben haben; so auch die Namensgeberin der Festschrift. Zur Qualitätssteigerung innerhalb der Lehrkräftequalifizierung schlagen die Autoren/-innen eine Strukturierung und Systematisierung sowie eine „zweistufige Lehrerqualifizierung“ (230) vor, die sich an die Ausbildung von Lehrkräften im Regelschulwesen anlehnt und eine praktische Phase beinhaltet (vgl. 224). Jung und Middeke halten hierzu ein vollständiges Konzept bereit: Nach einer Beschreibung der gegenwärtigen Situation des Faches DaF/DaZ in Schule und Erwachsenenbildung gehen sie auf die Ausbildungs- bzw. Studiensituation von DaF-/DaZ-Lehrkräften ein. Ferner schlagen sie die Einrichtung einer DaF-/DaZ-Clearingstelle vor – betraut mit der Lehrkräfteprofessionalisierung und der zentralen „Erfassung, Bewertung und vor allem Einordnung“ (XVII) der Abschlüsse –, wobei die Themen der Finanzierung und örtlichen Ansiedlung zwar angesprochen, jedoch nicht in den Vordergrund gerückt werden.

Sieben Beiträge bilden den dritten Themenkomplex, Fach- und Berufssprache, in welchen die Laudatoren/-innen die Kommunikation in beruflichen Kontexten aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten und zu Ergebnissen gelangen, die einem mitunter sogar ein Schmunzeln entlocken können.

Bärenfänger führt in seinem ausführlichen Beitrag vom derzeitigen Fachkräftemangel in Deutschland über entsprechende Fachkräftestrategien, beispielhafte Kommunikationssituationen im Kontext von Arbeit und Beruf hin zur Entwicklung eines eigenen Kompetenzmodells für berufs- (spezifisch für einzelne Berufsgruppen) und arbeitsweltbezogene (berufsgruppenübergreifende) Sprachkompetenzen, das sich am sog. Arbeitnehmer/-innen-Life Cycle orientiert. Er begründet die Relevanz eines Kompetenzmodells – die Transparenz für alle an der Disziplin Beteiligten ist hier vorrangig zu nennen – und spricht sich außerdem für „die Mechanik des Constructive Alignment“ (333; Hervorh. im Original) als Grundlage für die Formulierung von Kann-Beschreibungen aus, die seines Erachtens die obligatorische Basis für Kompetenzmodelle bilden. Er fasst die Anforderungen an ein solches Modell in sieben Thesen zusammen (vgl. 333 f.). Im Anschluss analysiert und kritisiert der Autor mehrere bereits bestehende Untersuchungen aus der Schweiz und Deutschland, wobei einige Ansätze zu „Vorstufe[n]“ (339) bzw. „Vorarbeiten“ (340) für Kompetenzmodelle degradiert werden. In seinem Entwurf identifiziert er zunächst relevante Kommunikationssituationen und Textsorten. Darauf aufbauend entwickelt er „generische Kompetenzbeschreibungen aus dem Referenzrahmen [und projiziert sie] auf die als relevant identifizierten Textsorten“ (340). Die entstandenen Kann-Beschreibungen fügt er anschließend in Kategorien ein, die sich am „Life Cycle von Arbeitnehmer(inne)n“ (342; Hervorh. im Original) orientieren, was den Innovationscharakter des Modells insofern unterstreicht, als vorherige Ansätze sich im Gegensatz dazu stets an Handlungsfeldern orientierten. Da „eine nicht zu unterschätzende Anzahl von kommunikativen Handlungen [jedoch] in mehreren Handlungsfeldern vorkommt“ (ebd.), weicht Bärenfänger bewusst von dieser Systematisierung ab. Er schlägt folgende Differenzierung innerhalb des Modells vor: Handlungsfelder, Groblernziele, Situationen und Feinlernziele, wobei letztere für die Niveaustufen A2 bis C1 getrennt aufgeführt werden. Der Leserschaft wird im Ausblick der Wunsch des Autors nach empirischer Validierung der „ca. 1.200 formulierten Kann-Beschreibungen“ (346) mit auf den Weg gegeben.

Den Abschluss bildet der vierte Themenbereich, Testen und Prüfen, bestehend aus vier Beiträgen. Es werden Erkenntnisse zu den Bereichen Coaching sowie Deutscher Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) und TestDaF präsentiert.

Mit einem äußerst praxisrelevanten und -nahen Beitrag kann Kleppin aufwarten: Sie kombiniert Kurskonzept und Coaching (vgl. 351) zur Vorbereitung auf standardisierte Prüfungen. Sie schlägt damit den Bogen zu Gabriele Kniffka, der in der Forschung zu den Themen Testen und Prüfen eine entscheidende Rolle zukommt. Kleppin erläutert zunächst die Gesichtspunkte mit der größten Relevanz für die Prüfungsvorbereitung in Unterricht und Coaching: Nachvollziehen des Testkonstrukts, Emotionen im Zusammenhang mit Prüfungssituationen, Einschätzung der individuellen Voraussetzungen, Wahl passender Test-Taking-Strategien sowie das Erreichen eines Gefühls von Sicherheit in Bezug auf Prüfungssituationen (vgl. 352 f.) Das gesamte Konzept setzt „konsequent an den Ressourcen der Sprachlernenden [an]“ (XX) und hat die Unterstützung von Lernenden zum Ziel, die die Fähigkeit entwickeln und ausbauen möchten, das eigene Kompetenzcluster zu entdecken, zu verstehen und zu erweitern. Nach einem Abriss der bisherigen auf standardisierte Prüfungen vorbereitenden Materialien stellt die Autorin mit diversen Literaturbezügen strukturierte Hilfen für die Praxis vor, die in Coachingsituationen zum Einsatz kommen können und hilfreiche Fragestellungen beinhalten. Sie differenziert nach Testkonstrukt (Adressaten/-innen, Kontext, Art des Tests: kompetenz- vs. handlungsorientiert; vgl. 355 f.) sowie Aufgabenformaten und -typen (Wahrnehmungsschärfung hinsichtlich individuell präferierter Aufgabentypen, stets vor dem Hintergrund des Testkonstrukts; vgl. 360) Ein weiterer Bereich, den das von Kleppin plädierte Coaching abdeckt, stellt die Wahrnehmung der eigenen Ressourcen – intern wie extern – durch die Lernenden dar (individuelle Annäherung inkl. Bewältigungsstrategien; vgl. 360 f.). Schließlich folgt die Entwicklung eigener Test-Taking-Strategien: Hierbei stehen konstruktrelevante Strategien im Fokus, da diese sich nicht nur auf die Testsituation beschränken, sondern auch in realen Situationen zur Anwendung kommen können (vgl. 361). Sie schlägt vor, die Strategienentwicklung sowohl in den Unterricht als auch in die Coachingsitzungen zu integrieren.

Durch ihre enorme Themenvielfalt ist die Festschrift sicherlich kein Werk, das im Regelfall in seiner Gänze gelesen werden wird. Die vier großen Themenbereiche stellen jedoch einen kompakten Über- und Ausblick in Bezug auf den Status quo des Forschungsfeldes DaF/DaZ dar, der u. a. mit vielen innovativen Konzept(vorschläg)en aufwarten kann.

So dürften die Beiträge Lehrkräften verschiedener Fächer an Schulen, insbesondere jedoch DaZ-/DaF-Lehrkräften sowie deren Ausbildern/-innen, allen im Bereich Fachsprache Tätigen sowie Prüfungserstellern/-innen interessante und anregende Aspekte ihrer Felder eröffnen.