Unterrichtspraxis [Sammelrezension] Gehring, Wolfgang: Fremdsprache Deutsch (DaF/DaZ) unterrichten. Eine kompetenzorientierte Methodik. 2., aktualisierte Auflage. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, 2023. – ISBN 978-3-8252-6038-5. 255 Seiten, € 21,90. Koeppel, Rolf: Deutsch als Fremdsprache. Spracherwerblich reflektierte Unterrichtspraxis. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2022. – ISBN 978-3-8340-2191-5. 450 Seiten, € 26,00.

Deutsch als Fremdsprache oder als Zweitsprache zu lernen gewinnt aus vielerlei Gründen an Bedeutung. Auch die Motivation und der Lernort der Lernenden sind breit gefächert. Daher ist es kaum verwunderlich, dass es mittlerweile das Studienfach DaF bzw. DaZ gibt. Eine Sprache einer homogenen Gruppe erfolgreich zu vermitteln, ist schon eine schwere Aufgabe, das Lehren und Lernen in Gruppen unterschiedlicher Herkunft und oft heterogener Vorbildung ist noch komplexer. Dass angehende und gestandene Lehrer nicht selten auf Schwierigkeiten stoßen, ist (selbst-)verständlich. Ebenso nachvollziehbar ist es, dass Bücher auf den Markt kommen, die sich damit befassen. Zusätzlich bieten Verlage immer wieder Webinare mit verschiedenen Schwerpunkten (Spiele, Grammatik, Musik im Unterricht usw.) an, zu denen sich mitunter Hunderte Lehrkräfte aus aller Welt einfinden, um Neues zu Methodik und Didaktik zu lernen. Um erfolgreich zu unterrichten, bedarf es zahlreicher Überlegungen, die weit über den tatsächlichen Unterricht hinausgehen. Selbstverständlich kann man lernen, wie man es besser machen kann. Beide Bücher in dieser Sammelrezension verfolgen dieses Ziel.

Gehrings Buch Fremdsprache Deutsch (DaF/DaZ) unterrichten ist in vier Einheiten mit zwischen sieben und zehn kurzen Unterkapiteln eingeteilt. Gelungen ist der übersichtliche Aufbau. Am Anfang bekommt der Leser einen stichpunktartigen Überblick dessen, was zu erwarten ist, am Ende eine kurze Liste von Titeln zum Weiterlesen. Durch den kleinschrittigen Aufbau ist das Buch leicht zu lesen. Auch sind die zahlreichen Begriffserklärungen positiv. Allerdings gibt es zu viel Selbstverständliches und man fragt sich, an wen es sich richtet, da viele der Tipps relativ schlicht sind. Auch ein DaF-/DaZ-Student im Grundstudium wird wissen, dass eine Unterrichtsstunde mehrere Phasen beinhalten sollte, damit die Lerngruppe bei Laune gehalten wird. Durchgehend gibt es sehr viel Information der Kategorie „Was es so alles gibt“, aber gut wäre gewesen, einmal eine ganze Unterrichtssequenz durchzuspielen um die Methode und die jeweiligen Anregungen im Einsatz zu erleben.

Besonders im dritten Teil (Arrangements – Formate – Umgebungen) nimmt das Buch einen eher schulmeisterlichen Ton an und dürfte nicht nur DaF-Lehrern mit jahrelanger Unterrichtserfahrung vor den Kopf stoßen, sondern auch blutige Anfänger unterfordern. Da lesen wir zum Beispiel: „Es gehört zu den Grundprinzipien des Unterrichts, Aufmerksamkeit für einen Lernstoff herzustellen” (196) oder „Eine Lerngruppe, die man als homogene Gemeinschaft vom Lehrerpult aus unterweisen kann, alle auf die gleiche Art und Weise und über 45 Minuten lang – die hat es noch nie gegeben. Lernende beschreiten sehr unterschiedliche Zugangsweisen zum Lernstoff” (191). Wer das nicht weiß, bevor er das Buch nur aufgeschlagen hat, sollte eigentlich gar nicht erst Lehrer werden (wollen).

Allgemein wird in diesem Buch zum Thema Deutsch als Fremdsprache zu wenig auf tatsächliche DaF-/DaZ-Situationen eingegangen (die doch eigentlich der Fokus sein sollten). Deshalb bin ich mir nicht sicher, wo (und zu welchem Zweck) das Buch im Lehramtstudium eingesetzt werden sollte. Am Ende hat man nämlich nicht wirklich etwas Neues gelernt. Zu viel in diesem Buch wird präsentiert, als gebe es ein Kochbuch mit Rezepten für erfolgreichen Unterricht. Ansatzweise versucht Gehring zwar, dem Leser einige Handreichungen zu geben, aber sie gehen nicht weit genug. Beispielsweise gibt es eine Art Stundenentwurf (201 f.), aber nur theoretisch (und auch zu spät im Buch). Möglicherweise ist Gehrings Buch eher als kurzer Überblick gedacht, aber auch als Einführung sind die Handreichungen im Stil von „Unterrichtsstunden, die stets nach dem gleichen Muster ablaufen, sind nicht gerade motivierend” (200), eher banal.

Das Buch von Koeppel Deutsch als Fremdsprache ist teilweise ähnlich wie Gehrings aufgebaut, ist aber letztlich das nützlichere (wenngleich auch nicht durchweg). Obwohl es umfangreicher, visuell weniger ansprechend und auch sprachlich teilweise anspruchsvoller ist, kann die Zielgruppe – dazu gehören „Studierende des Fachs Deutsch als Fremdsprache, [...] angehende Sprachlehrer, [...] bereits Lehrende, die ihre Praxis überprüfen und ihr didaktisch-methodisches Repertoire erweitern wollen” (Vorwort) – hier mehr mitnehmen. Das liegt unter anderem an der Kapitelaufteilung und der Tatsache, dass sie größtenteils als Einzelkapitel gelesen werden können.

Im ersten Teil werden spracherwerbliche und didaktische Grundlagen behandelt: Wie lernen wir Sprachen? Und wie organisiert der Lehrende diesen Prozess? Im zweiten Teil werden nacheinander Aussprache (inklusive Schnellkurs Phonetik), Wortschatz und Grammatik behandelt. Obwohl es auch Bezüge zur Praxis gibt, bleiben die Beobachtungen – wie bei Gehring – jedoch eher theoretisch. Allerdings sind bei Koeppel die Erklärungen und Hinweise nachvollziehbarer und anregender. Beim Lesen habe ich selbst oft gedacht: „Ja, so mache ich es auch im Unterricht“ oder „Nein, das würde in meiner Situation nicht klappen“. Die Aufforderung zur Reflexion über das eigene (oder zukünftige) Verhalten ist gelungen. Das wird auch durch Aufgaben verstärkt. Der Leser bekommt davon in jedem Kapitel mehrere, um sich das Gelesene noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Die Lösungen werden ebenfalls (skizzenhaft) gegeben. Ich könnte mir vorstellen, dass solche Arbeitsaufträge zu interessanten Diskussionen in einem Seminar führen.

Der dritte Teil widmet sich den Fertigkeiten Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen. Mit anderen Worten entwickelt sich der Aufbau des Buchs vom Kleinen zum Größeren. Das ist positiv und gut konzipiert. Auch hier ist hervorzuheben, dass sich der Leser auf bestimmte Aspekte konzentrieren kann. Für jede Fertigkeit bietet das Buch Beispiele und Techniken, wie sie im Unterricht verbessert werden können.

Leider fand ich den letzten Teil eher enttäuschend. Besonders Kapitel 10, das sich mit Medieneinsatz beschäftigt, ist m. E. etwas altbacken. Kaum ein Faktor verändert das Fremdsprachenlernen so stark und so schnell wie die Existenz und der Einsatz von digitalen Endgeräten; jedoch wird dieser Aspekt recht stiefmütterlich behandelt.

Ebenso ist das vorletzte Kapitel zum Thema Unterrichtsplanung dürftig. Dass man einen Unterrichtsplan in einem Schema notieren sollte, ist eher billig und sollte auch nicht erst am Ende eines fast 450 Seiten starken Buchs kommen. Wie bei Gehring sind die verschiedenen Stundenverläufe auch bei Koeppel oft eher rezepthaft. Es wird zwar angedeutet, dass es kein Schema F geben kann und Stunden nicht selten anders ablaufen als geplant, aber es bleibt bei der Theorie. Nicht minder wichtig wären – gerade für angehende Lehrer und/oder solche am Anfang ihrer Laufbahn – ein paar Ratschläge und Hilfsmittel für den Fall, wo auch der schönste Stundenentwurf nicht klappt.

Ganz am Ende lesen wir – bewusst oder unbewusst in Anlehnung an Tucholskys Ratschläge für einen schlechten Redner – in Kapitel 12 „Unterrichten leicht gemacht – Ratschläge für angehende Lehrer“, einen ironischen Text, nach dem „Unterrichten nicht schwer [ist]” (419), mit der Aufgabe, die didaktischen und methodischen Prinzipien zu untersuchen. Eine ausgezeichnete Idee, aber zu spät im Buch. Vielleicht hätte Koeppel diese Aufgabe an den Anfang von Teil 4 stellen sollen, quasi als Denkaufgabe für den Leser. Dann noch einmal ans Ende mit einer Übersicht über die „Prinzipien“ (420), gegen die verstoßen wird, und mit denen sich das ganze Buch beschäftigt hat.

Im Fazit fehlen für mich in beiden Büchern weitere Dimensionen. Letztlich bleiben beide primär theoretisch. Koeppel versucht zwar des Öfteren, einen Bezug zu gängigen Lehrwerken herzustellen, was nützlich sein kann (aber die Fülle der gerade in den letzten Jahren erschienenen DaF- und DaZ-Lehrwerke wird nicht berücksichtigt). Der Leser kann sich bei Koeppel zwar das eine oder andere abschauen, hätte aber von mehr echtem Praxisbezug profitieren können, was das Buch abgerundet hätte.

Ebenfalls unberücksichtigt bleibt in beiden Werken das Format des zugrunde liegenden Unterrichts. Ein Intensivkurs mit fünf Unterrichtsstunden am Tag hat ganz andere Möglichkeiten und gestattet eine vollkommen unterschiedliche Progression als ein einmal in der Woche stattfindender Abendkurs von 90 Minuten. Hier müsste mehr differenziert werden.

Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten ist kein Kinderspiel. Kein Buch kann dem Lehrer beibringen, wie man sie beibringen sollte. Tipps und Tricks, ja, aber keine Patentrezepte. Was in einer Lerngruppe gut klappt, kann in einer anderen zu gähnender Langeweile führen (wer hat das nicht schon erlebt?). Das liegt nicht allein am Lehrer. Vor Augen halten muss sich jeder, der unterrichtet, dass man nicht sozusagen kalt in die Klasse gehen und eine Stunde stur nach dem Lehrbuch abhalten kann. Das betonen beide Bücher, vermitteln es aber nicht unbedingt erfolgreich.