Christoph Waldecker (Bearb.), Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Erzbistum Mainz 3: Die Mainzer Erzbischöfe von 1089 bis 1200. Herausgegeben von Jasmin Hoven, Bärbel Kröger, Nathalie Kruppa und Christian Popp. (Germania Sacra. Die Kirche des Alten Reiches und ihre 
Institutionen. Dritte Folge, Bd. 23.) Berlin/Boston, De Gruyter 2024

Jan Lemmer

doi:10.1515/hzhz-2025-1260

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Christoph Waldecker (Bearb.), Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Erzbistum Mainz 3: Die Mainzer Erzbischöfe von 1089 bis 1200. Herausgegeben von Jasmin Hoven, Bärbel Kröger, Nathalie Kruppa und Christian Popp. (Germania Sacra. Die Kirche des Alten Reiches und ihre Institutionen. Dritte Folge, Bd. 23.) Berlin/Boston, De Gruyter 2024

Jan Lemmer

Veröffentlicht/Copyright: 1. Oktober 2025

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Aus der Zeitschrift Historische Zeitschrift Band 321 Heft 2

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Christoph Waldecker, Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Erzbistum Mainz 3: Die Mainzer Erzbischöfe von 1089 bis 1200. Herausgegeben von Jasmin Hoven, Bärbel Kröger, Nathalie Kruppa und Christian Popp. Germania Sacra. Die Kirche des Alten Reiches und ihre Institutionen. Dritte Folge, Bd. 23. 2024 Walter de Gruyter GmbH Berlin/Boston, 9783111382302, € 89,95

„Interessante Akteure in bewegter Zeit“ (S. V) sind für Christoph Waldecker die Mainzer Erzbischöfe zwischen 1089 und 1200, denen er sich im Rahmen des neuen Bandes der Germania Sacra widmet. Interessant machen die Erzbischöfe für ihn vor allem die zahlreichen neuen Herausforderungen, die durch äußere Änderungen wie den „ausgehende[n] Investiturstreit, die Dynastiewechsel, die beginnende Territorialpolitik bis hin zu den Papstschismen der Universalkirche“ (S. V) bedingt worden seien. Um all dies greifen zu können, liefert er die übliche Auflistung der Quellen, Literatur und Internetressourcen (Kap. 1), eine Einleitung (Kap. 2) und eine narrative Darstellung der jeweiligen Erzbischöfe (Kap. 3). Die Ausführungen werden durch ein umfangreiches Register zugänglich gemacht. Damit schließt Waldecker eine große Lücke im Projekt der Germania Sacra, das gerade in Hinblick auf die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln immer noch große Leerstellen aufzuweisen hat.

Die Einleitung dient in diesem Zusammenhang weniger der Einführung in die anschließende „Bischofsreihe“ als vielmehr der Diskussion größerer Forschungsfragen und langfristiger Trends. Waldecker kontextualisiert hier die umstrittene Frage des Primatanspruchs der Mainzer Kirche unter den deutschen Reichsfürsten und hebt hervor, dass sich trotz aller Reichsinteressen die „weltliche Macht der Mainzer Erzbischöfe auf das Ansehen und das Vorbild des Bonifatius stützte“ (S. 31), also ihre Legitimation aus der kirchlichen Tradition heraus erhielt. Trotz aller Umbrüche sei damit die auf Tradition fußende Macht des Erzbistums bis in das Hochmittelalter erhalten geblieben (S. 35). Dennoch habe ein wesentlicher Zwang des Handelns in allen Fällen die Positionierung des Erzbischofs zwischen Kaiser und Papst gebildet und sei daher außerhalb des Bistums angelegt (S. 37). Gezeigt wird all dies an „Schlaglichtern“ der später im Detail behandelten Erzbischöfe.

Die einzelnen Erzbischöfe thematisiert Waldecker der Germania Sacra entsprechend mittels historisch-statistischer Beschreibungen zumeist in Bezug auf (1) Kaiser und Papst, (2) Bistum sowie (3) Memoria, (4) Quellen und (5) andere Artefakte (wie Münzen und Siegel). Dabei weiß er sich gekonnt den unterschiedlichen Bedürfnissen der Quellen, aber auch der Ereignisgeschichte anzupassen, ohne dafür das Konzept dieser funktionalen Kategorien aufgeben zu müssen. Grundlage für seine Ausführungen sind zumeist die Regesten der Erzbischöfe von Mainz; auf Quellen greift er an den Stellen zurück, an denen der Inhalt bzw. das Narrativ von wesentlichem Interesse ist. Durch die Einheitlichkeit ist eine schnelle Nachvollziehbarkeit seiner Ergebnisse gewährleistet, die neue Fragestellungen (etwa in Bezug auf die Stellung des Erzbischofs zum Domkapitel o. ä.) möglich machen wird.

Ergänzt werden könnten seine Ausführungen an einigen Stellen durch eine noch stärkere Einbindung der Forschungsliteratur bzw. einer deutlicheren Kontextualisierung von Quellenproblemen: Herangezogen oder zumindest benannt werden sollten die Werke der Regesta Imperii zu Heinrich IV. (RI III/2,4), die Erzbischof Ruthard im Kontext der Reichsgeschehnisse besser greifbar machen als die doch recht alten und unvollständigen Regesten Böhmer-Wills (1877–1886). Zum Kanon sollten zudem auch die Werke von Friedrich Kolbe über Adalbert I. und Heinrich V. (die einzige übergreifende Monographie von 1872) sowie die Ausführungen von Friedrich Hausmann über Reichskanzlei und Hofkappelle (1956) gehören, auf denen nach wie vor ein wesentlicher Teil des aktuellen Forschungsbildes beruht. Zu ergänzen sind auch Quellen wie die Gesta Rahewins (vgl. S. 6).

Im Falle Adalberts könnte man zudem einige Quellenprobleme etwas intensiver diskutieren, etwa die Frage seiner Erhebung (zwischen 1109–1111), der Anzahl seiner Propsteien oder auch seiner Funktionen auf Reichsebene (S. 59 f.): Dass er einstimmig durch den Mainzer Klerus erhoben worden ist, wissen beispielsweise nur die Paderborner Annalen zu berichten, wohingegen weitere Quellen auch andere Deutungen zulassen. Auch die Anzahl seiner Propsteien würde sich durch die Berücksichtigung der Ausführungen Hausmanns besser diskutieren lassen. Für andere Erzbischöfe hingegen werden solche Quellen- und Forschungsambivalenzen umfangreich von Waldecker diskutiert (vgl. etwa die Kontextualisierungen auf S. 81), sodass das Werk insgesamt eine gute Grundlage für die zukünftige Forschung darstellt.

Ob in allen Fällen aber von hier stark angenommenen statischen wie verfassungsrechtlichen institutionellen Zusammenhängen ausgegangen werden sollte (wie im Falle des Domkapitels, etwa S. 79) oder ob dies im Kontext anderer Entwicklungen dynamischer zu bewerten ist, müssen zukünftige Forschungen erst noch zeigen. Zu korrigieren sind nur sehr kleine, wohl computergenerierte Fehler: lies statt „dommum“ = „dominum“ (S. 207), statt „sein“ = „sei“ (S. 174) und statt „Umstand“ (etwa S. 77 u. 78) = „Umfeld“ (o. ä.).

Dies tut aber dem Nutzen des Werkes, das vor allem durch seine Einleitung den Bogen zu neuen Forschungsgebieten auf der Reichs-, Regional- und Verfassungsgeschichte zu spannen weiß, keinen Abbruch. Vielmehr scheint hier die Grundlage für eine Vielzahl neuer Untersuchungen gelegt zu sein, die aufgrund des Fehlens von Überblicken und Handbücher über (Erz-)Bischöfe des Hochmittelalters bisher nicht möglich waren. Auch wenn diese Ausblicke der Natur der Germania Sacra entsprechend nicht benannt werden (hier wäre eventuell ein weiteres Kapitel zu „Forschungshorizonten“ angebracht), so sind doch Tendenzen immer wieder zu erkennen, etwa Fragen nach der Rolle des Erzbischofs zwischen Reich und Region oder auch der Funktionsweisen ihrer Erhebungen und Handlungen. Damit wird das neue Werk Christoph Waldeckers den Anforderung des grundwissenschaftlich orientierten Projekts der Germania Sacra in jedem Fall gerecht, weist sogar auf ein vermeintlich altes, aber letztendlich noch unbearbeitetes Feld der historischen Forschung.

Online erschienen: 2025-10-01

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