Mahmood Mamdani, Neither Settler nor Native. The Making and Unmaking of Permanent Minorities. Cambridge, MA, Harvard University Press (Cambridge) 2020

Margret Frenz

doi:10.1515/hzhz-2025-1237

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Mahmood Mamdani, Neither Settler nor Native. The Making and Unmaking of Permanent Minorities. Cambridge, MA, Harvard University Press (Cambridge) 2020

Margret Frenz

Veröffentlicht/Copyright: 1. Oktober 2025

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Aus der Zeitschrift Historische Zeitschrift Band 321 Heft 2

Rezensierte Publikation:

Mahmood Mamdani, Neither Settler nor Native. The Making and Unmaking of Permanent Minorities. 2020 Harvard University Press USA Cambridge, MA, 9780674987326, € 27,–

Die zentrale These von Mahmood Mamdanis Buch „Neither Settler nor Native“ ist, dass Gleichbehandlung aller Menschen in einem Nationalstaat nur erreicht wird, wenn „the political system is decolonized“ (S. 17) und die Nation vom Staat entkoppelt wird. Dieser dann erreichte Zustand würde die Unterscheidung zwischen Mehrheiten und Minderheiten obsolet machen. Darüber hinaus zeigt Mamdani, wie Minderheiten und Mehrheiten konstruiert, gepflegt und erhalten werden – und durch welche Prozesse ihre wechselseitige Blockierung gelöst werden könnte. Der Verfasser führt aus, dass die zwei wichtigsten Voraussetzungen für das Erreichen einer gleichberechtigten politischen Gemeinschaft und des Endes politischer Gewalt die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit sowie die Umsetzung dekolonialer Strategien seien. Ausgangspunkt seiner Argumentationslinie ist die Frage, warum politische Gewalt bis heute andauert und seit der Unabhängigkeit in so vielen Staaten ein unvorstellbares Ausmaß angenommen hat. „This is because nation building violence tends to be cyclical” (S. 15) oder anders gesagt: weil die Zyklen des Ein- und Ausschließens imaginierter „Anderer“ im Prozess der Nationenbildung ständig wiederholt werden. Häufig schließt dies ethnische Säuberungen ein. Extreme Gewalt, so das Argument, ist politisch.

Mamdani präsentiert ein normatives Modell zur Analyse und theoretischen Einordnung extremer Gewalt und illustriert dies anhand von fünf Fallstudien, die die empirische Grundlage für das Buch bilden. Diese Modellbildung und Fallstudien sind seit Jahrzehnten Teil von Mamdanis Denken und Forschen. Im vorliegenden Buch werden sie miteinander in Verbindung gebracht. Kurz gesagt besteht diese Verbindung in der Beobachtung, dass sowohl koloniale als auch postkoloniale Staaten ihre Strukturen auf der Annahme aufbauen, dass diese Strukturen einer politisch definierten Mehrheit und politisch definierten Minderheiten dienen. Die erste Fallstudie untersucht, wie Europäer Nordamerika eroberten, American Indians an den Rand drängten und ihre Territorien sowie Verwaltungsstrukturen immer mehr beschnitten. So sei der erste koloniale Siedlerstaat entstanden. In der zweiten Fallstudie argumentiert Mamdani, dass die Nürnberger Prozesse daran scheiterten, Deutschland zu entnazifizieren. Denn die Nürnberger Prozesse, so der Autor, zielten darauf ab „to punish individual Germans, but not to reform the political institutions and social relations that made the Holocaust thinkable“ (S. 102). Drittens wird das post-Apartheid Südafrika als Beispiel für einen Staat vorgestellt, in dem Strategien der Dekolonisierung umgesetzt wurden. Das Beispiel zeigt, so Mamdani, dass es für ein staatliches Gemeinwesen möglich ist, sich neu zu erfinden. In Südafrika sei dies zu einem gewissen Grad erfolgreich gewesen. Die vierte Fallstudie betrachtet Sudans offensichtliches Kolonialerbe in gegenwärtigen Konflikten. Ein Staat, in dem alle Menschen gleich behandelt werden, werde dann möglich, wenn die Imagination der politischen Gemeinschaft sich dahingehend ändere, dass koloniale Kategorien ethnischer Differenz über Bord geworfen würden. Die fünfte und letzte Fallstudie stellt die Situation in Israel/Palästina dar als die eines verbleibenden kolonialen Siedlerstaats, in dem die Frage nach der Gleichbehandlung aller Menschen ungelöst ist.

Mahmood Mamdanis langjährige Forschung und Reflexion finden ihren Niederschlag in der Kombination der fünf Fallstudien mit seinem Konzept von politischen Gemeinschaften, die ihre Regierungsform langfristig auf gewaltfreien Methoden aufbauen. Gleichwohl tendiert sein normatives Modell dazu, die Enden des Spektrums zu betonen und über die dazwischenliegenden Nuancen hinwegzusehen. Auch die Verbindungslinien zwischen den empirischen Fallstudien scheinen an einigen Stellen etwas überdehnt. Dennoch ist „Neither Settler nor Native“ eine grundlegende Studie, die verschiedene Perspektiven zur sorgfältigen Analyse (post-)kolonialer Geschichte von Nationalstaaten aufzeigt und damit auf Möglichkeiten verweist, wie eine auf mehr Gleichheit basierende politische Gemeinschaft entwickelt werden kann. Im gegenwärtigen historischen Moment können Mamdanis Ausführungen als Anregung verstanden werden, eine Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit in unsere Analyse politischer Entwicklungen weltweit einzubeziehen.

Online erschienen: 2025-10-01

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https://doi.org/10.1515/hzhz-2025-1237

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