Zusammenfassung
Der Beitrag stellt die Frage nach den Räumen politischen Handelns am Ende der Weimarer Republik, die sich jenseits der autoritären Extreme einer populistischen „Politik der Straße“ und einer technokratischen Verlagerung politischer Entscheidungen ins elitäre Hinterzimmer boten. Ausgehend von der generellen Fragilität demokratischer Politik und ihrem Changieren zwischen den Antinomien von Repräsentation und Volkssouveränität, Elite und Masse, Homogenität und Pluralität soll dieser schmale Korridor anhand der Debatte um Arbeitsbeschaffung und Konjunkturpolitik ausgelotet werden. Dabei kommt dem Weimarer Reichswirtschaftsrat exemplarische Bedeutung zu, weil sich an seiner ambivalenten Rolle im politischen System die Aporien unterschiedlicher Ansätze illustrieren lassen, mit den komplexen Herausforderungen der frühen 1930er Jahren politisch umzugehen. Demokratische Politik als Versuch des Ausgleichs von interessebezogenen politics und sachorientierten policies, kam – so die These – angesichts von Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Entparlamentarisierung einer Quadratur des Kreises gleich, weil der Grundkonsens über die gemeinsamen Spielregeln erodiert war. Der Weimarer Republik fehlte damit ein Gravitationszentrum, ein stabiler institutioneller Rahmen, um die strukturell inhärenten Spannungen der Demokratie politisch entschärfen zu können – ein Phänomen, das uns auch aktuelle Herausforderungen besser verstehen hilft.
Abstract
The paper deals with the spaces for political action at the end of the Weimar Republic beyond the authoritarian tendencies of a populist “politics of the street” and a technocratic shift of decision-making to the elitist backroom. Based on the general fragility of democratic politics and its oscillation between the antinomies of representation and popular sovereignty, elite and mass, homogeneity and plurality, this narrowing space will be explored with regard to the debate on credit-financed job creation. In this context, the Reich Economic Council is of particular significance because its ambivalent role in the political system illustrates the limits of different political approaches to dealing with the complex challenges of the early 1930s. In the face of the global economic crisis, unemployment and de-parliamentarisation, democratic politics as an attempt to balance interest-based politics and fact-based policies had become a squaring of the circle since the consensus on the rules of the game had eroded. The Weimar Republic thus lacked a centre of gravity, a stable institutional framework to politically defuse the structurally inherent tensions of democracy – a phenomenon that also helps us to better understand current challenges.
I. Das Ende der Weimarer Republik und die Antinomien der Demokratie – Problemstellung
Wer Neues über die Endphase der Weimarer Republik berichten möchte, muss gute Gründe haben. Die Forschungsdichte zum Thema ist enorm, das öffentliche Interesse ungebrochen: Nach wie vor scheinen die vielzitierten „Krisenjahre der klassischen Moderne“[1] als Fundus zu dienen, aus dem man auch für die Gegenwart Orientierung zu erhalten hofft, Hinweise zu finden glaubt auf fatale Fehlentwicklungen oder vertane Chancen, auf Situationen, in denen man anders hätte handeln können, um den Dingen eine andere, positivere Wendung zu geben.[2] So zeigt sich einmal mehr, dass der eigentliche Gegenstand der Geschichtswissenschaft nicht die „vergangene Wirklichkeit“ ist, sondern vielmehr „die eigene“, für die man „in der Vergangenheit nach Erklärungen“ sucht.[3] Freilich: es lässt sich kontrovers diskutieren, ob die ritualisierte Suche nach „Strukturähnlichkeiten zur Weimarer Lage“[4] einen Erkenntniszuwachs durch diachronen Vergleich bietet oder aber umgekehrt die Heterogenität der Kontexte nur unzulässig verkürzt und historische Erkenntnis damit gerade verhindert. Doch im Kern bleibt das entscheidende Problem, nicht welche, sondern wessen Lehren man zieht. Die Frage nach den Räumen von „Politik“ am Ende der Weimarer Republik, wie sie hier diskutiert werden soll, macht davon keine Ausnahme.
Die Geschichte der Weimarer Republik ist gut, ist sehr gut erforscht. Dabei lässt der Blick auf die master narratives der vergangenen Jahre eine signifikante Verschiebung in der Deutung Weimars erkennen: Sowohl das topische „Krisen“- bzw. „Überforderungs“-Narrativ wie auch die damit verbundene Fokussierung auf „1933“ und das Scheitern der parlamentarischen Demokratie scheinen einer stärkeren Gewichtung der prinzipiellen „Kontingenz“, vor allem aber der „Chancen“, der „Möglichkeiten“ und des „Aufbruchs“ gewichen zu sein.[5] Gleichzeitig verweist diese neue Betonung des Tentativen umgekehrt aber auch auf eine konstitutive Fragilität demokratischer Politik, die sich als ein labiles Changieren zwischen Einheit und Vielheit, Repräsentation und Volksouveränität, Elite und Masse darstellt – und in der Zwischenkriegszeit besonders greifbar wird.[6] Doch auch die jüngsten Debatten um die Resilienz von Demokratien angesichts autoritärer Herausforderungen oder die Frage, ob man besser aus den „erfolgreichen“ oder den „gescheiterten“ Beispielen der Zwischenkriegszeit für die Gegenwart lernen sollte[7], gewinnt durch den Blick auf diese strukturellen „Antinomien der Demokratie“ (Oliver Hidalgo) an Tiefenschärfe.
Dabei sind für die Weimarer Republik drei Aspekte zentral: Erstens bleibt „1933“ erklärungsbedürftig – vor allem dann, wenn der demokratische Aufbruch von 1918 und die Vitalität der Demokratie in den Vordergrund gerückt werden soll, wie die jüngste Forschung betont; denn dann muss der Bruch umso mehr erklärt werden. Zweitens sind politische, ökonomische und rechtliche Aspekte zu einer Perspektive zu bündeln, da der Handlungsraum angesichts der ökonomischen Probleme klein, der Legitimationsdruck gegenüber „der Straße“ dafür umso größer war. Die Verfassungsordnung konnte dabei zwar Orientierung bieten; sie war jedoch ihrerseits umkämpft und erfuhr einen „stürmischen“ Wandel[8], der die gesamte politische Ordnung einer enormen Veränderungs- und Anpassungsdynamik unterwarf. Und drittens scheint die Weimarer Republik schon immer in besonderer Weise mit der Gegenwart des Betrachters verbunden – weil Sie uns eindrücklich zeigt, was tatsächlich alles passieren kann. Das ist der eigentliche Kern der Chiffre „Weimar“ und der Grund für ihre dauernde Virulenz.
Vor diesem Hintergrund soll der Frage nachgegangen werden, wie im Spannungsfeld von ökonomischer und sozialer Krise, außen- und reparationspolitischen Verpflichtungen und politischer Radikalisierung (überhaupt noch) Politik gemacht werden konnte. Welche Räume gab es zwischen einer volatilen „Politik der Straße“[9] auf der einen Seite und dem technokratischen Anspruch auf Implementierung der als „einzig richtig“ erkannten policies auf der anderen? Sicher: Die Gegenüberstellung ist schematisch und die populäre Rede von der unberechenbaren emotio des Politischen und der kalkulierbaren ratio des Ökonomischen nicht nur empirisch irreführend.[10] Und doch ging es am Ende der Weimarer Republik genau darum: Wie war Politik möglich, ohne dafür das Risiko politischer Irrelevanz in Kauf zu nehmen, weil man „draußen“ nicht mehr gehört wurde, und ohne umgekehrt der autoritären Verlockung zu erliegen, ohne Rücksicht auf die öffentliche Meinung „durchzuregieren“ – und damit die parlamentarische Demokratie preiszugeben?[11] Die These des Beitrags ist, dass der Anspruch, eine Politik zwischen diesen Polen zu versuchen, unter den gegebenen Bedingungen einer Quadratur des Kreises gleichkam. Was das genau hieß, soll im Folgenden diskutiert werden.
Aufbauend auf einer knappen Rekonstruktion der Jahre 1929 bis 1933, die systematisch Weltwirtschaftskrise, Politisierung der Straße und Entparlamentarisierung in den Fokus rückt[12], sollen die konkreten Möglichkeiten politischen Handelns ausgelotet werden (II): Der Schlüssel hierzu liegt in der Spannung zwischen Ökonomie und Politik, in deren Schnittpunkt der von der Weimar-Forschung bisher nur schematisch erfasste Reichswirtschaftsrat (III) verortet werden kann; Politik als Quadratur des Kreises kann an dieser für die Weimarer Republik so typischen Institution und ihrer Rolle im Kontext von Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit besonders anschaulich illustriert werden (IV).[13] Daraus gilt es schließlich (V) Rückschlüsse auf das Verhältnis von parlamentarischer Demokratie, Technokratie und Autoritarismus zu ziehen – Rückschlüsse auf Entwicklungen also, die die Möglichkeiten von Politik nicht nur, aber besonders der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert prägen sollten.
II. Deutschland 1929–1933: Wirtschaftskrise, Dauerwahlkampf, Entparlamentarisierung
Trotz der vielfältigen Perspektiven auf die Zwischenkriegszeit, ihre Chancen, ihre Kreativität, ihre Gewalt und ihre „Krise“ – der eskalativen Dynamik ganz unterschiedlicher Probleme scheint man sich nicht entziehen zu können, wenn man das Ende der Weimarer Republik verstehen und erklären möchte.[14] Der Frage nach den Handlungsräumen der maßgeblichen Akteure kommt dabei seit jeher eine besondere historiographische Bedeutung zu, hatte doch Reichskanzler Heinrich Brüning seine eigene Rolle als unfreiwillig unvollendet erachtet – nur die berühmten „100 Meter“ vor dem Ziel um den verdienten Erfolg gebracht. Lange Zeit galt dies in Forschung und Öffentlichkeit als klassisches Exkulpationsnarrativ; verwiesen wurde dagegen auf die ebenso antiparlamentarische wie sozial extrem harte Agenda des „Hungerkanzlers“, dessen rigide Deflationspolitik der „Auflösung der Weimarer Republik“ den Boden bereitet habe.[15] Doch die in den frühen 1980er Jahren kontrovers geführte und mit dem Namen Knut Borchardt verbundene Debatte um „Zwangslagen und Handlungsspielräume“ der Regierung Brüning[16] hatte den Akzent deutlich verschoben: Denn nun erschien nicht nur die gemeinhin als verheerend qualifizierte Sparpolitik Brünings[17] in einem anderen Licht; auch sah sich die Forschung gezwungen, das Verhältnis von ökonomischen Möglichkeiten, politischen Überzeugungen und sozialen Folgekosten neu zu beurteilen. Weitgehend konsensual erscheint heute aus wirtschaftshistorischer Sicht, dass die Talsohle der Depression infolge von Weltwirtschafts- und Bankenkrise im Herbst 1932 erreicht war und der NS ab 1933 so auch von einem allgemeinen Konjunkturaufschwung profitieren konnte.[18] Zum anderen ist davon auszugehen, dass plausible, effektive und vor allem finanzierbare wirtschaftspolitische Alternativen zu Brünings Ansatz, der mithin der herrschenden volkswirtschaftlichen Lehre und dem Mainstream in anderen von der Weltwirtschaftskrise betroffenen Ländern folgte[19], jedenfalls nicht einfach zu haben waren[20]. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Brüning – nicht zuletzt infolge der aufgepeitschten Kampagnen gegen den Young-Plan 1929 – aus taktischen Erwägungen daran gelegen war, die „Tribute“[21] der Reparationsverpflichtungen vom Tisch und damit politische Spielräume zurückzubekommen. Ob Brüning in der historischen Situation aber tatsächlich „chancenlos“ gewesen[22] oder eine solche Einschätzung vielmehr „apologetisch“[23] sei, ob er ökonomisch angemessen, aber mit Blick auf die Persistenz des parlamentarischen Systems desinteressiert oder gar gezielt destruierend agiert habe, soll hier nicht entschieden, wohl aber aus einer neuen Perspektive diskutiert werden. Das Ende der Weimarer Republik ist und bleibt ein Paradefall für die Unabschließbarkeit historischer Forschung.
In Deutschland hatten Weltwirtschaftskrise 1929 und Bankenkrise 1931[24] besonders tiefe Spuren hinterlassen: Das betraf nicht nur eine allgemeine Kapitalflucht und den um sich greifende Vertrauensverlust in die Solidität der deutschen Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik.[25] Enormes Destabilisierungspotential barg vor allem die Arbeitslosigkeit: Die Statistik nennt exakt 6 128 429 registrierte Arbeitslose im Februar 1932, doch die tatsächlichen Zahlen dürften noch deutlich höher gelegen haben, ganz abgesehen davon, dass mit zunehmender Dauer Leistungsumfang und Kreis der Anspruchsberechtigten reduziert worden waren.[26] So schien die „Ablehnung von Weimar“ für viele eine logische Konsequenz gewesen zu sein, weil sich die „1919 etablierte Kombination aus Republik, Demokratie und Kapitalismus“ offenbar als ungeeignet erwiesen hatte, „mit den zuvor erweckten ungeheuren Kräften der industriellen Gesellschaft angemessen umzugehen“.[27]
In dieser prekären Lage stellte der militante Dauerwahlkampf der frühen 1930er Jahre eine nicht zu unterschätzende Belastung dar. 1932 steuerte die „Wahlepidemie“[28], die politisches Handeln einem hektischen Zeitregime unterwarf und Radikalisierungstendenzen verstärkte, auf einen Peak zu: am 13. März der erste, am 10. April der entscheidende zweite Wahlgang um das Amt des Reichspräsidenten, die einer gemäßigten Öffentlichkeit nur mehr die Alternative Hindenburg, Hitler oder Thälmann ließ[29], am 24. April die Landtagswahlen (nicht nur) in Preußen mit einem Erdrutschsieg der NSDAP, die ihren Stimmenanteil von 1,8 Prozent (1928) auf 36,3 Prozent steigern konnte.[30] Sodann der im Hintergrund von Reichspräsident Hindenburg und seiner Entourage schon länger betriebene Sturz Brünings, der Regierungsantritt Papens, die Auflösung des Reichstags und die Ansetzung von Neuwahlen für den 31. Juli. Bereits am 20. Juli, also mitten in der heißen Wahlkampfphase, war unter Rekurs auf Art. 48 WRV der sogenannte „Preußenschlag“ und die Entmachtung der seit den Landtagswahlen vom April nur mehr kommissarisch im Amt befindlichen sozialdemokratischen Regierung von Otto Braun erfolgt.[31] Schließlich die erneute Auflösung des Reichstags nach einer (inszenierten) parlamentarischen Schlappe Papens und Neuwahlen im November 1932.[32]
Der Prozesse der Entparlamentarisierung war angesichts der Paralyse des Reichstags und einer (autoritären) Machtverschiebung zugunsten der Exekutive bereits weit fortgeschritten: Insbesondere die „neumodische Gesetzgebung“[33] durch eine äußerst extensive Auslegung von Art. 48 WRV markierte einen fundamentalen Verfassungswandel, der aus der Ausnahme des Notverordnungsrechts eine „Reserveverfassung“[34] gemacht hatte, auf die immer dann zurückgegriffen wurde, wenn das Parlament nicht den politischen Wünschen der Exekutive folgte. Der ursprünglich als scharfes Schwert gegen die Permanenz des „Belagerungszustandes“ entwickelte Parlamentsvorbehalt in Art. 48 Abs. 3 WRV erwies sich nun als stumpfe Waffe, da seiner Anwendung stets die Auflösung des Reichstags folgte.[35] So waren die Räume parlamentarischer Kooperation, die Thomas Mergel vor allem für die Anfangszeit der Republik betont hatte[36], spätestens seit Ende der 1920er Jahre sehr klein geworden: Die Problemlösungsfähigkeit des Reichstags, seine Legitimität als zentraler Ort politischer Entscheidungsfindung wurde nicht (mehr) nur von ostentativ systemfeindlichen Akteuren rechts und links in Zweifel gezogen. Vielmehr zeigten sich zunehmend auch jene skeptisch, die zwar „Weimar“ und seine Verfassungsordnung mit Engagement zu verteidigen gedachten, gleichwohl eine Neujustierung der politischen Entscheidungsprozesse erwogen.[37] Gerade angesichts der Fülle ungelöster ökonomischer Probleme und ihres Destabilisierungspotentials gerieten so auch zunehmend technokratische Ansätze in den Blick.
III. Räume politischen Handelns zwischen Straße, Parlament und Hinterzimmer
1. Der Reichswirtschaftsrat und die Grenzen „reiner Sachlichkeit“
Dass der Reichstag als „politisches Parlament“ nicht ausreichen würde, um mit den als grundstürzend wahrgenommenen sozialen und ökonomischen Dynamiken angemessen umzugehen, war zu Beginn des Jahrhunderts ein Topos[38], der die ohnehin zirkulierenden Überlegungen zu einer „Ergänzung“[39], ja den Ersatz des Parlaments befeuerte. Der letztlich maßgeblich auf Hugo Sinzheimer zurückgehende Art. 165 WRV, der eine Kaskade an Arbeiter- und Wirtschaftsräten entwarf, war schließlich eine Lösung, mit der sich (gemäßigte)[40] Linke wie Rechte, Anhänger von Räten wie Berufsständen arrangieren konnten; und die Chance, in Zukunft doch noch ein Gremium zu bekommen, das dem Anspruch ideologischer Reinheit entsprechen würde, musste 1919 ja noch nicht aufgegeben werden.
Angesichts der drängenden wirtschaftlichen Probleme war der in Art. 165 WRV normierte „Reichswirtschaftsrat“ 1920 zunächst nur im Verordnungswege mit begrenzten politischen Befugnissen etabliert worden[41]: Das nach Berufsgruppen paritätisch organisierte, quasiparlamentarische Gremium bestand aus 369 Mitgliedern, die bei allen wichtigen wirtschafts- und sozialpolitischen policies in den Entscheidungsprozess einbezogen werden sollten. Doch schon 1923 trat das überdimensionierte Plenum nicht mehr zusammen, da sich die Arbeit aus Effizienz- und Kostengründen zwischenzeitlich in die Hauptausschüsse für Wirtschaft, Soziales und Finanzen verlagert hatte. An die Umsetzung der ausgefeilten Rätepyramide, wie sie die Verfassung entworfen hatte, wollte man nicht mehr denken, und der im Verfassungsausschuss des „vorläufigen Reichswirtschaftsrats“ über Jahre mit enormer Akribie geplante „endgültige Reichswirtschaftsrat“, der aus den veränderten Rahmenbedingungen und den praktischen Erfahrungen die Konsequenzen ziehen sollte[42], konnte zwar 1930 im Reichstag eine Mehrheit der Stimmen gewinnen, verfehlte aber das nötige verfassungsändernde Quorum[43]. All das hat die Forschung dazu verleitet, dem Reichswirtschaftsrat eine Schattenexistenz zu attestieren[44]; welche politische Rolle er allerdings zwischen 1920 und 1934 tatsächlich spielte, blieb dabei aber merkwürdig unscharf.
Die Arbeit des Reichswirtschaftsrats basierte zum einen auf dem Anspruch, durch eine eigentümliche Verbindung von berufsständischem Delegationsprinzip und freiem Mandat die „wirtschaftlichen Interessen des ganzen Volkes“ zu repräsentieren.[45] Für die Mitglieder des Reichwirtschaftsrats war dies elementar: Es stellte sie faktisch mit den Mitgliedern des Reichstages gleich, und darauf wollte man unter keinen Umständen verzichten.[46] Zum anderen sollte er eine Scharnierfunktion im Prozess der Politikformulierung einnehmen, um so für eine „Entlastung“ des Reichstags von sozialen und ökonomischen Fragen, eine „Versachlichung“ der Politik und eine „Befriedung“ gesellschaftlicher Grundkonflikte zu sorgen.[47] Anspruch und Selbstverständnis korrespondierte jedoch keine stabile Praxis zur Beteiligung am politischen Entscheidungsprozess – die entsprechenden Rechtsnormen waren eben alles andere als eindeutig und unter den Akteuren überdies politisch hart umkämpft. Denn es ging um nicht weniger als die Frage, wer in der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik eigentlich das Sagen haben sollte: Rangkonflikte zwischen Exekutive, Legislative und Reichswirtschaftsrat waren an der Tagesordnung, und Regierung und Parlament saßen dabei eindeutig am längeren Hebel.
So ist die Geschichte des Reichswirtschaftsrats typisch für die Zeit, in der sie spielt: Angesichts der enormen Herausforderungen und eines brüchigen politischen Grundkonsenses[48] trat das durch die Revolution entbundene utopische Potential bald hinter einen gebieterischen Zwang zur Pragmatik zurück. Die imaginierte Vielzahl möglicher Zukünfte[49] reduzierte sich damit in der Praxis auf eine doch recht bescheidene Auswahl, deren Umsetzung von Mehrheiten abhing, die man haben musste.[50] Das Oszillieren des Reichswirtschaftsrats zwischen Erwartung und Ernüchterung, Relevanz und Randständigkeit, Persistenz und Fragilität steht damit paradigmatisch für die Veränderungsdynamik der Republik und ihrer Verfassung.[51] In dieser komplexen Gemengelage erfüllte er die Funktion, die heterogenen Erwartungen und politischen Zielvorstellungen der Akteure angesichts der gemeinsam erfahrenen ökonomischen Herausforderungen institutionell einzuhegen und handhabbar zu machen. Anders als im Reichstag, wo Pragmatik und Verständigungsbereitschaft mehr und mehr als mangelndes Durchsetzungsvermögen interpretiert wurden[52], reagierte der Reichswirtschaftsrat auf die Wandlungsdynamik mit einer gegenläufigen Tendenz: Einerseits war man davon überzeugt, dass der Modus pragmatischer Problemlösung auch unter den veränderten Bedingungen sowohl nötig als auch möglich sei; das stärkte die Binnenkohäsion. Andererseits erhoffte man sich von der sukzessiven Entparlamentarisierung einen Bedeutungszuwachs – irrtümlich, wie sich erweisen sollte. So besaß das institutionelle Selbstverständnis des Reichswirtschaftsrats als kommunikativer Abgrenzungscode[53] zwei zentrale Ausprägungen: Zum einen ging es um den Anspruch, autonom wirtschaftliche Interessen zu formulieren und den „gemeinsamen Tisch“[54], an dem ganz unterschiedliche Akteure Platz und Gehör finden konnten, auch unter Stressbedingungen aufrechtzuerhalten[55]. Zum anderen machte man dadurch deutlich, im Spannungsfeld von parlamentarischer Demokratie, expertokratischer Rhetorik und exekutivem Regierungshandeln ökonomische Interessen eben nicht nur zu sammeln und „höheren Stellen“ vorzutragen, sondern diese als politischen Akteur in den Prozess der Politikformulierung einzuspeisen. Nur aufgrund dieses Anspruchs, weit mehr zu sein als ein bloßes Sachverständigenorgan, blieb seine Position herausgefordert und fragil.[56] Dabei folgte er dem parlamentskritischen Narrativ, Möglichkeitsräume von Politik außerhalb des Parlaments auszuloten zu müssen, weil „Partei-Politik“ die „wirklichen“ Probleme nicht lösen könne, sie eher noch verschärfe. Dass letztlich Reichstag wie Reichswirtschaftsrat immer weniger am politischen Entscheidungsprozess beteiligt wurden, widerspricht dieser Beobachtung nicht. Beide Institutionen erlagen einem Trend zur autoritären Entscheidung, der nicht auf Deutschland beschränkt war, hier aber in der Folge besonders radikale Konturen annehmen sollte.[57] Die Ortlosigkeit des Reichswirtschaftsrats im politischen System resultierte aber auch aus der Ambivalenz, eine „Versachlichung“ der politischen Auseinandersetzung in einem Modus bewirken zu wollen, der in den aufgeheizten Konflikten „draußen“ nicht (mehr) verstanden wurde. Das mag in der jeweiligen Situation unterschiedliche Gründe gehabt haben; die Spannung zwischen Ökonomie und Politik trug dazu aber entscheidend bei.
2. Übersetzungsprobleme: Ökonomie und Politik
Dass Ökonomie und Politik unterschiedlichen Logiken folgen, ist für die europäische Ideengeschichte ein prägendes Strukturmoment.[58] Auch für die Zeitgenossen war das „richtige“ Verhältnis von Politik und Ökonomie ein zentraler Konfliktherd, und die Debatten um die „Verwirtschaftlichung“ der Politik, die „Politisierung“ der Wirtschaft oder den „Wirtschaftsstaat“ stehen dafür paradigmatisch.[59] Doch schon lange zuvor hatte Emil Lederer eine Veränderungsdynamik auf den Punkt gebracht, die eine Überformung der Politik durch Marktprinzipien, einen Prozess der Ökonomisierung beschrieb.[60] Ein „Bedürfnis nach neuen politischen Formen“[61] war entstanden, und die im Umfeld der Revolution erbittert geführten Debatten, auf welche Weise „das gesellschaftliche Leben“[62], die Dynamik der sozialen und ökonomischen Interessen institutionell abgebildet werden sollte, hatten dem Rechnung zu tragen versucht: der Reichswirtschaftsrat und sein Anspruch, eine Übersetzungsleistung zwischen Politik und Wirtschaft erbringen zu können, war eine der möglichen Lösungen. Dass dies allerdings Grenzen besaß und Übersetzungsprobleme alles andere als selten waren, lässt sich nicht nur (system-)theoretisch behaupten[63], sondern auch empirisch zeigen: Denn es gab Dinge, die sich einer „ökonomischen“ Umprägung, einer „Versachlichung“ schlicht entzogen, Dinge also, deren politischer Kern nicht oder nur zu einem hohen Preis – Formelhaftigkeit, Offenhalten, Nichtentscheiden – ignoriert werden konnten. Umgekehrt stieß aber die „rein ökonomische“ Arbeit des Reichswirtschaftsrats bei Regierung oder Parlament oftmals auch deshalb auf Ablehnung, weil man aus Opportunitätserwägungen einer zwar sachlich gut begründeten, politisch aber schwer vermittelbaren Position nicht folgen wollte oder konnte. Dahinter musste kein böser Wille stecken; was aber in der vertrauten Atmosphäre eines Arbeitsausschusses möglich war, war dies noch lange nicht in der von der Öffentlichkeit und den politischen Kontrahenten kritisch beäugten Sphäre des Parlaments oder des Regierungshandelns. Die im Reichswirtschaftsrat kontrovers geführte Debatte, ob Beratungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit politischen Einfluss kosteten oder eine vertrauensvolle Arbeit überhaupt erst möglich machten, zeigt das ganze Dilemma: Denn Regierung und Parlament profitierten davon, dass die Öffentlichkeit wenig von der Arbeit des Reichswirtschaftsrats erfuhr; seinen Gutachten fehlte so schlicht die politische Bühne.
Für den Reichswirtschaftsrat ging es um die Möglichkeit von Politik ohne ökonomischen Glaubwürdigkeitsverlust: Während die im Reichstag vertretenen Parteien auf volatile Stimmungen „draußen“ Rücksicht nehmen mussten, konnte man sich einerseits leicht vom grassierenden „Populismus“ distanzieren[64]; doch barg eine solche Strategie andererseits stets die Gefahr, im immer kleiner werdenden Raum zwischen Straße und Hinterzimmer, Populismus und Technokratie leerzulaufen[65]. Vor diesem Hintergrund akzentuiert Karl Rohes paradoxe Definition, Politik sei die „Verwirklichung von Politik mit Hilfe von Politik auf der Grundlage von Politik“[66] nur die fundamentale Einsicht, dass sich politisches Handeln weder auf bloße Marktschreierei (politics) noch technokratische „Sacharbeit“ (policy) allein reduzieren lässt. Sie wird vielmehr erst möglich im konkreten Zusammenspiel von Sachorientierung und Parteipolitik innerhalb eines geteilten institutionellen Rahmens (polity).[67] Doch genau daran, an institutionalisierten und auch unter Stressbedingungen belastbaren Verfahren zur Politikformulierung und einem Konsens über die gemeinsamen Spielregeln mangelte es in der Spätphase der Weimarer Republik.
IV. Die politische Krise managen – Arbeitsbeschaffung und Konjunkturpolitik
1. Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Reichswirtschaftsrat
Die Folgen der Weltwirtschaftskrise waren in Deutschland besonders spürbar. Das lag an einem komplexen Bündel unterschiedlicher Faktoren, die in der Forschung als charakteristische Strukturprobleme der Weimarer Wirtschaft beschrieben werden: Belastungen aus dem Reparationsregime, Abhängigkeit von ausländischen Krediten, Investitionsschwäche der Industrie, Devisenmangel, ein latentes Missverhältnis zwischen Produktivität und Löhnen, Fehlallokationen als Folge von Hyperinflation und „Rationalisierung“, schließlich eine relativ hohe Sockelarbeitslosigkeit selbst in der (sehr) kurzen Aufschwungphase Mitte der 1920er Jahre.[68] Insbesondere die Bankenkrise im Juli 1931 hatte die Lage dramatisch verschärft, schien sie doch den international schon länger virulenten Eindruck zu bestätigen, Deutschland stünde ökonomisch, sozial, aber auch politisch am Abgrund.[69] Vor diesem Hintergrund kam der massiv emporgeschnellten Arbeitslosigkeit[70] in mehrerlei Hinsicht zentrale Bedeutung zu, zumal sich die politische Landschaft durch den zunehmend extensiven und keineswegs unwidersprochenen[71] Rekurs auf das Notverordnungsregime nach Art. 48 WRV und die damit verbundene Demobilisierung des Reichstags in einem äußerst dynamischen Veränderungsprozess befand.[72]
Für den Reichswirtschafsrat stellte dies eine doppelte Herausforderung dar: Einerseits konnte man zu derart gravierenden Entwicklungen nicht schweigen; andererseits aber sah man sich durch den 1931 geschaffenen und mit handverlesenen Personen besetzten Wirtschaftsbeirat des Reichspräsidenten[73] institutioneller Konkurrenz gegenüber.[74] Dazu kam die taktierende Haltung der Regierung, die schon zuvor bei den Notverordnungen „zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“[75] nicht oder nur sehr zögerlich auf den Reichswirtschaftsrat zurückgegriffen hatte. Bitten von Wirtschaftsminister Hermann Warmbold, die unbestrittene Expertise des Reichswirtschaftsrats (wieder) stärker anzuzapfen, wurden kühl gekontert: Um den „Klagen zu begegnen“, solle man ihn „mit Beratungsstoff“ versorgen; ob man aber auf den als Task Force zur Krisenbewältigung gebildeten „15er-Ausschuss“ zurückgreifen werde, sei „abzuwarten“.[76] Angesichts dieser „Kaltblütigkeit“[77] der Regierung reifte im Reichswirtschaftsrat der Gedanke, nun doch autonom tätig zu werden, und die Chance dazu bot die anomische Situation, in der man sich befand: Die fragile Praxis der Präsidialkabinette, der in Teilen paralysierte Reichstag, vor allem aber die Kumulation ökonomischer und sozialer Konfliktlagen, insbesondere die exorbitante Arbeitslosigkeit. Und so konstituierte sich der spätere „Zentral-Ausschuss“ „nicht etwa auf eine Anregung oder einen Wunsch der Regierung“, sondern „aus der eigenen Initiative“.[78] Denn die „Tatsache des vollständigen Stillschweigens“ des Reichswirtschaftsrats, so der Vorsitzende Theodor Leipart, könne angesichts der „ungeheuerlichen wirtschaftlichen Lage“ nicht akzeptiert werden; im Gegensatz zum Reichstag, der „nach Hause geschickt“ worden sei, sei man selbst „noch da“ und müsse dies nun durch Sacharbeit rechtfertigen. Die Aufgabe ist, so Fritz Tarnow, „eine Idee zu finden, die zünden könnte“[79]: Da sich die gegenwärtige Krise „ganz anders“ gestalte „als alle Krisen in der Vergangenheit“, sei eine „planmässige Konjunkturpolitik durch die öffentliche Hand“, eine „künstliche Konjunkturarbeit“ nötig, um das Ruder herumzureißen.[80] Denn wenn „das System so versagt, wie es jetzt versagt […], dann muss man Möglichkeiten erörtern, die ausserhalb dieses Systems liegen“[81], und das sei „natürlich eine Finanzierungsfrage“.[82]
Tarnows nicht unwidersprochenes Plädoyer[83] für aktive Konjunkturpolitik kam freilich nicht überraschend, denn schon um die Jahreswende 1931/32 hatte das Thema einer kredit- und konjunkturpolitischen Intervention in unterschiedlichen Kreisen auf der Tagesordnung gestanden[84]: So etwa im September 1931 auf der „geheimen“ Konferenz der Friedrich-List-Gesellschaft, die sich mit der Denkschrift Wilhelm Lautenbachs, Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium, zu „Möglichkeiten einer Konjunkturbelebung durch Investition und Kreditausweitung“ beschäftigt hatte.[85] Sodann Anfang 1932 der Plan einer „konjunkturpolitische[n] Einstellung der Kreditpolitik“ des Präsidenten des Statistischen Reichsamts, Ernst Wagemann[86]; schließlich der gewerkschaftsnahe, nach seinen Verfassern Wladimir Woytinski, Fritz Tarnow und Fritz Baade benannte „WTB-Plan“[87]. Ungeachtet ihrer Unterschiedlichkeit einte die Konzepte der Anspruch, die akute Wirtschaftskrise mit einer externen Intervention, einer „Initialzündung“[88] zu bekämpfen und damit den von der Regierung favorisierten Kurs zu verlassen. So verwundert es auch nicht, dass insbesondere Wagemanns Plan in Regierungskreisen für hektische Betriebsamkeit sorgte, da man dadurch „die Politik der Reichsregierung gefährdet“ sah.[89] Die Unruhe war allerdings auch politisch-taktischen Erwägungen geschuldet, da sich „angeblich“ auch „die Nationalsozialisten für den Plan Wagemann einsetzen“ würden.[90] Hinter vorgehaltener Hand klang unter den Ministern die Ablehnung freilich nicht ganz so dezidiert: An Wagemanns Ansatz sei „manches richtig“, „die Bombe sei aber zu früh geplatzt“.[91] So hatte das Thema der „Ankurbelung der Konjunktur“ durch einen externen Impuls die Regierung zur Stellungnahme genötigt[92]; sie beließ es jedoch bei einer bloßen Beschreibung des Problems[93]. Im Reichswirtschaftsrat war man sich indes weitgehend einig: Die Regierung ist mit ihrem Kurs auf dem Holzweg, Alternativen dazu müssten auf den Tisch.
2. Was geht und was nicht – Aporien einer „Politik ohne Politik“
Für den Reichswirtschaftsrat markierte die Arbeit des Zentralausschusses einen Einschnitt: Denn abweichend von der bisherigen Praxis brachte er sich als politischer Akteur selbst ins Spiel und schuf damit ein Gravitationsfeld, dem sich die Regierung nicht entziehen konnte.[94] Aber wie aussichtsreich war es Anfang 1932, eine grundlegende Kurskorrektur vorzunehmen, um die ökonomische, soziale und (drohende) politische Krise durch „aktive Konjunkturpolitik“ und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hand zu bekämpfen? Eine Antwort auf diese Frage sollten Sachverständigenanhörungen erweisen; doch unabhängig davon, worüber diskutiert, welche Vorschläge unterbreitet und welche Maßnahmen ins Auge gefasst wurden: Es lief stets auf die Frage hinaus, woher die Mittel kommen, welches Kreditregime verfolgt und welche Finanzierungsoptionen geprüft werden sollten. Da der Zugang zum Kapitalmarkt weitgehend versperrt war[95], richtete sich der Fokus auf die Reichsbank, die jedoch Kreditschöpfung „ganz entschieden“ ablehnte. Inflation, so ihr Credo, sei angesichts der 1923 gemachten Erfahrungen unverantwortlich, würde die Lage nur noch weiter „verschlimmern“ und damit auch den Arbeitslosen nicht helfen.[96] Also doch weiter durch Sparen aus der Krise?[97] Auf den Punkt brachte es der im Ausschuss als Sachverständiger geladene Moritz Julius Bonn, international renommierter Ökonom und Rektor der Handelshochschule Berlin[98]: Mache man wie der Wagemann-Plan „unvernünftige Dinge“, seien „in der Tat die Gefahren sehr gross“; „keine Gefahren“ drohten indes, „wenn man kleine Dinge macht“. Der Haken war freilich, dass bei kleinen Dingen auch „keine sehr grossen Ergebnisse“ zu erwarten seien; für „metaphysische“ Großprojekte fehlte also das Geld, und finanzierbare Maßnahmen konnte man sich schenken.[99]
So überrascht es kaum, dass der am 12. März 1932 vorgelegte Bericht des Zentralausschusses die Finanzierungsfrage, von einigen vagen Andeutungen abgesehen, offenließ[100]: Ausgehend von der Prämisse, dass die beauftragten Arbeiten „zusätzlich“ und „volkswirtschaftlich rentabel“ sein sollten, avisierte der Ausschuss Maßnahmen im Umfang zwischen 1,13 und 1,84 Mrd. RM, die 515 000 bis 865 000 Menschen in Lohn und Brot bringen sollten.[101] Der Bericht plädierte für Investitionen in die Infrastruktur (Reichsbahn, Post, Straßennetz), den Hochwasserschutz, landwirtschaftliche Meliorationen, die Bauwirtschaft sowie die Stützung der gemeindlichen Arbeitslosenfürsorge; alles hing aber in der Luft, sofern sich das Finanzierungsproblem nicht lösen ließ.[102] Doch „Mittel von Reich, Ländern und Gemeinden“ stünden „offenbar nicht zur Verfügung“; auch die Industrie sah sich außer Stande, die Maßnahmen aus eigener Tasche vorzufinanzieren.[103] Blieben also nur die Banken, die jedoch ihrerseits in einer tiefen „Vertrauenskrise“ steckten und als Financiers ausfielen. Zahlreiche Sparer hätten zudem ihre Einlagen abgezogen und würden nunmehr rund 1 Mrd. RM „im Strumpf“ horten – Geld, das dringend in den Wirtschaftskreislauf zurückgespült werden müsse.[104] Doch auch wenn die deutschen Kreditbanken die Finanzierung der Maßnahmen derzeit nicht würden leisten können, müsse der Weg über das Bankensystem gegangen werden, etwa in Form eigens zu kreierender „Finanzierungsinstitute“. Die Reichsbank hätte unter diesen Umständen allerdings das kaum beziffernde Risiko zu tragen, „daß ein mehr oder minder großer Teil“, im Ernstfall sogar „der Gesamtbetrag dieser Wechsel sich bei ihr ansammeln würde“.[105] Alternativen sehe man nicht, und unterm Strich sei es auch „nicht nur eine Sache des Willens, die Krise zu überwinden“: Es bedürfe vielmehr zur „Wiederbelebung der Wirtschaft“ dringend der „Wiederherstellung des Vertrauens in Deutschland und in der Welt“.[106]
Mit dem Bericht des Zentralausschusses lag ein breit evaluiertes, politisch zurückhaltendes Gesamtbild vor, das Handlungsmöglichkeiten und Grenzen zur Überwindung der ökonomischen und sozialen Krise klar konturierte. Kern war der Versuch, die „Erstarrung“ der deutschen Wirtschaft durch öffentliche Investitionen aufzubrechen, private Initiative zu stimulieren, Menschen wieder in Arbeit zu bringen und dadurch nicht zuletzt auch die politische Stimmung zu heben. Denn so gravierend die ökonomischen Probleme auch waren – dem Ausschuss graute vor den politischen Folgen, die Nichthandeln barg. Die Stabilität der politischen Ordnung stünde auf dem Spiel, und ein Fehlschlag des Vorhabens sei immer noch billiger, als „die Barrikaden“, wie es der Berichterstatter Paul Baecker zuspitzend formulierte.[107] Klar war auf der anderen Seite aber auch, dass die Finanzierung der Maßnahmen die Achillesferse des gesamten Vorhabens darstellte, zumal eine „törichte Pumppolitik“[108] unter allen Umständen vermieden werden sollte. Doch wie sah es mit der politischen Bereitschaft aus, ins Risiko zu gehen?
Bereits Anfang April 1932 hatten Gespräche auf Ressort- und Ministerebene stattgefunden, um zu diskutieren, wie die Vorschläge des Reichswirtschaftsratsrats konkret in die Tat umgesetzt werden könnten.[109] Dabei war rasch deutlich geworden, dass die Lage – etwa bei der Reichsbahn[110] – noch schlimmer war als befürchtet, weshalb man „praktisch nur mit mehr oder weniger hohen verlorenen Zuschüssen“ zu rechnen habe.[111] Die Reichsbank war für eine solche Operation nicht oder nur in sehr engen Grenzen zu haben, das Finanzministerium fürchtete gar einen „Generalangriff auf die Reichskasse“[112], und so blieb das Finanzierungsproblem weiter in der Schwebe. Umgekehrt bedeutete dies aber auch, dass die im Zentralausschuss lagerübergreifend als notwendig erachteten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht weiterverfolgt werden konnten – zumindest nicht in der vom Reichswirtschaftsrat konzipierten Dimensionierung. Zwar kritisierten Vertreter der Arbeitgeberorganisationen gegenüber Reichskanzler Brüning die Gewerkschaften für die von ihnen genährte Illusion, Maßnahmen von „phantastische[m] Ausmasse“ umsetzen zu können.[113] Gleichzeitig sei man aber durchaus mit ihnen „einig“, dass man „die Zeit vor dem nächsten Winter“ unbedingt nutzen müsse.[114] Brüning rechtfertigte die bisherige Zurückhaltung der Regierung gegenüber den Arbeitgebervertretern damit, angesichts der herrschenden „Wahlepidemie“ im Land faktisch „gelähmt“ worden zu sein.[115] Im Gespräch mit den Spitzen der Gewerkschaften, die sich explizit für die Umsetzung der Vorschläge des Reichswirtschaftsrats ausgesprochen hatten[116], wurde er indes deutlicher: Die „Hauptgründe“ für die verheerende Lage des Landes seien zum einen, nach dem Krieg auf zu großem Fuße gelebt zu haben, zum anderen mache die spürbare „politische Unsicherheit“ jede wirtschaftliche Erholung unmöglich.[117] Der „Tiefpunkt der Depression“ könne nur überwunden werden, „wenn in der Reparationsfrage eine Lösung gefunden werde […], die dauernden und restlosen Charakter habe“.[118] „Experimente“ in Fragen der Kreditpolitik seien dagegen „gefährlich“, „oberstes Gebot“ müsse das „Gleichgewicht“ der Haushalte und die „Aufrechterhaltung der Währung“ sein.[119] Inhaltlich folgte Brüning damit der Logik der Brauns-Kommission von 1931, die politische Stabilität zur Vorbedingung einer ökonomischen Gesundung gemacht hatte[120]; genau dafür aber sah der Reichswirtschaftsrat, und das war der zentrale strategische Unterschied, keine Zeit mehr.
Zwei Wochen später war die Lage durch die Demission Brünings, den Regierungsantritt Franz von Papens am 1. Juni 1932 und die kurz darauf erfolgte Auflösung des Reichstags eine ganz andere geworden: Zwar plädierte auch Papen für öffentliche Investitionen, gab diesen jedoch mit dem Slogan der „Entlastung der Wirtschaft“ von bürokratischen Fesseln eine neue Wendung. Mit Blick auf die bevorstehenden Reichstagswahlen am 31. Juli stellte Wirtschaftsminister Warmbold bereits den „Erlass entscheidender Notverordnungen“ in Aussicht. Doch als „wichtigstes Problem“ galt nun die „Auflockerung des Tarifwesens und die Vereinfachung der Sozialversicherung“[121], wie man überhaupt auf die privatwirtschaftliche Initiative infolge umfassender Kostensenkungen setzte. Klar sei aber auch, dass dies nur einen „Anstoss für die Wirtschaft bedeuten könne, aus sich selbst heraus wieder zu gesunden“.[122] Arbeitsbeschaffung sollte dagegen vor allem „wegen des psychologischen Effekts“ betrieben und daher „auf die Verwendung von Maschinen in weitestem Umfange verzichte[t]“ werden, selbst dann, „wenn es unwirtschaftlicher sei“.[123] Dem seitens des Reichswirtschaftsrats mit Vehemenz vertretenen Anspruch einer sachlich begründeten Wirtschaftspolitik war damit endgültig der Boden entzogen.[124]
Dennoch: Unmittelbar nach den Wahlen hatte der Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) in Person seines Präsidialmitglieds Ludwig Kastl einen ausführlichen Brief an Reichskanzler Papen gesandt und darin erneut das Problem der Arbeitsbeschaffung aufgegriffen.[125] Kastl lobte zunächst die von der Regierung projektierten Maßnahmen in Höhe von „rd. 135 Millionen RM“, mahnte aber dringend eine signifikante Erhöhung dieses Betrages an.[126] Er verwies dabei „auf die Arbeiten des Reichswirtschaftsrats“, der „praktische Vorschläge zur Durchführung eines umfassenden Arbeitsbeschaffungsprogramms“ gemacht und „mit besonderer Sorgfalt […] die Möglichkeiten der Finanzierung […] durchgeprüft“ habe.[127] Neben unbedingt notwendigen Investitionen in die Reichsbahn gelte es vor allem, die Technisierung der Reichspost und des Telekommunikationswesens trotz der damit (möglicherweise) verbundenen Freisetzung von Arbeitskräften voranzutreiben. Man dürfe sich nicht täuschen: Es habe sich schließlich „immer gezeigt, dass der richtige Einsatz technischer Fortschritte letzten Endes zu einer Vermehrung der Beschäftigung führt“[128], nur eben nicht sofort. Kastl, mit ihm aber nur Teile des RDI[129], stellte sich damit gleich in zweierlei Hinsicht gegen die Regierung: Einmal, indem er das Gutachten des Reichswirtschaftsrats als positive Kontrastfolie den Maßnahmen der Regierung gegenüberstellte. Zum anderen wegen der technokratischen Maxime, ökonomisch sinnvolle Investitionen nicht dem zeitlichen Rhythmus der Politik unterwerfen zu wollen. Während also Kastl die Automatisierung als ökonomischen Segen von morgen pries, war sie für die Regierung politischer Fluch, weil sie heute die Leute auf die Straße setzte.
Ende August 1932, nur wenige Wochen nach Kastls Schreiben, präsentierte Reichskanzler Papen bei einem Empfang von Vertretern des RDI aber ein anderes „Wirtschaftsprogramm“[130] und stieß auf große Zustimmung.[131] Die finanziellen Entlastungen gefielen den anwesenden Verbandsvertretern ebenso wie „die Ablehnung planwirtschaftlicher Projekte“. Man sei unter diesen Umständen „gern bereit mitzuhelfen an einer Belebung der Wirtschaft“.[132] So verpuffte die Selbstbehauptung des Reichswirtschaftsrats unter dem Eindruck der ökonomischen Schieflage, der politischen Prioritäten der Regierung und einer bereits im Gange befindlichen Transformation des politischen Systems, die dem ohnehin fragilen Akteur den Boden entzog. Das Dilemma lag auf der Hand: Der Reichswirtschaftsrat musste politische Handlungsfähigkeit demonstrieren, ohne dabei die selbstgewählte Maxime „unpolitischer Sacharbeit“[133] zu untergraben. Dass dieser technokratische Anspruch nicht nur die „Grundentscheidung“ der Weimarer Verfassung[134] für eine parlamentarische Demokratie unterlief, sondern damit auch die eigene Existenz, schien man nicht wahrzunehmen.
3. Reichswirtschaftsrat, Parlament und autoritäre Verlockung
Noch vor den großen Krisen der frühen 1930er Jahre hatte Ludwig Heyde, Honorarprofessor für Soziologie an der Universität Kiel und von 1922 bis 1933 Mitglied im Reichswirtschaftsrat, dessen politische Funktion programmatisch für die französische Revue Politique skizziert: Er wirke als „‚Entlastungs-Offensive‘ gegenüber dem Einfluss der grossen Verbände auf das parteipolitische Leben“ und ermögliche eine „Arbeitsteilung zwischen Reichstag und Reichswirtschaftsrat“.[135] Denn während Letzterer „gewissermassen die ökonomischen und sozialen Gesichtspunkte“ akzentuiere, sollten im Reichstag „die parteipolitischen Grundsätze, die sogenannten Weltanschauungen und die Staatsauffassungen zur Geltung kommen“.[136] In der Praxis sei das schwierig, da der Reichstag „leider keine rechte Wertschätzung für die Arbeiten des Reichswirtschaftsrats“ hege.[137] Was man aber dennoch erreicht habe, sei „die Loslösung der Wirtschafts- und Sozialpolitik von parteipolitischen Betrachtungen“, denn weder seien „parteipolitische Rede[n] gehalten“ noch Beschlüsse gefasst worden, die auf „parteipolitische Parolen zurückzuführen gewesen seien“.[138] Und nicht zuletzt habe der Reichswirtschaftsrat maßgeblich das „Verständnis für die Gesichtspunkte der anderen Seite“ gefördert und sei schon allein deshalb „eine wichtige und nachahmenswerte Schule des wirtschaftlich tätigen Volkes“.[139]
Die hier von Heyde skizzierte Alternative zur „Allmacht des Parlaments“[140] zeigt, worum es ging: Um die Erschließung eines Möglichkeitsraums politischen Handelns, das den Notwendigkeiten der Sachorientierung wie den Logiken des politischen Wettbewerbs Rechnung trug und gerade so das „Verständnis für die Gesichtspunkte der anderen Seite“ fördern und die Stabilisierung des institutionellen Gefüges bewirken sollte. Doch genau daran mangelte es der Weimarer Republik. Und so fiel dem europaweiten Drift von den Parlamenten zur Exekutive auch der Reichswirtschaftsrat zum Opfer. Er konnte aufgrund seiner pluralen Struktur und seines auf Autonomie gründenden Selbstverständnisses trotz seiner parlamentskritischen Rhetorik nicht das Organ sein, das einer autoritär agierenden Regierung die ökonomischen Stichworte lieferte. Doch welche Funktion erfüllte er dann? Zunächst ist davon auszugehen, dass er für die Zeitgenossen eine Leerstelle im politischen System, eine Projektionsfläche umschrieb, die gefüllt werden musste – wie, blieb deutungsoffen und umkämpft. Die ideologischen Zukunftsvisionen einer Neuordnung von Staat und Wirtschaft trafen sich hier mit technokratischen Visionen, die der Parlamentarisierung der politischen Ordnung ein Substanzproblem attestierten: Denn wie sollte der Reichstag angesichts seiner Anfälligkeit für „irrationale“ Wendungen das Übermaß komplexer und ökonomisch weitreichender policies bewältigen und für einen sachgerechten Output garantieren können? Damit stand die demokratietheoretisch elementare Frage im Raum, ob man den anomischen und autodestruktiven Potentialen der „Volksherrschaft“ freien Lauf lassen oder sie institutionell einhegen oder exekutiv bannen sollte.[141] Die Integration von Diversität, wie sie pluralistische Systeme organisieren, konnte in der Zwischenkriegszeit von wenigen Ausnahmen abgesehen[142] nicht auf große Unterstützung hoffen. Vielmehr galten Führung und Gemeinschaft als Narrative, die Orientierung und Ordnung im Chaos versprachen.[143] Dem Reichswirtschaftsrat war damit die komplexe Aufgabe gestellt, durch deliberative Kommunikation und den Verweis auf die (freilich nur vermeintliche) Selbstevidenz „ökonomischer ratio“[144] als Korrektiv gegen die populistische Facette der Demokratie zu fungieren, ohne damit in das andere Extrem autoritärer Alternativlosigkeit zu driften.[145] Doch mit der Zeit trat gerade diese autoritäre Latenz in den Vordergrund: Das offene Bestreben, von der Paralyse des Reichstags profitieren zu wollen, um „Dilettantismus“[146] und Ineffizienz „der Politik“ durch „Sachlichkeit“ zu ersetzen, zeigten, dass man eine auch gegen das Parlament gerichtete Zusammenarbeit mit der Regierung nicht ausschloss: Denn primär bestand das Ziel in einem Zuwachs eigener politischer Relevanz und nicht im Protest gegen die autoritäre Konversion des politischen Systems.[147] Das Problem war, dass der Reichswirtschaftsrat ebenso wie die politische Ordnung von Weimar seine Existenz dem situativen Bemühen einer classe politique verdankte, ein Gemeinwesen mit funktionierenden Institutionen zu implementieren und mit Leben zu füllen. Die Voraussetzungen dafür waren am Ende der Weimarer Republik indes kaum mehr gegeben. Mit dem faktischen Ende der Reparationsverpflichtungen im Sommer 1932 war schließlich der letzte disziplinierende Faktor verschwunden, der das mühsame Austarieren von außenpolitischer Notwendigkeit und innenpolitischer Stimmungslage noch bis zu einem gewissen Grad erzwungen hatte. An der Quadratur des Kreises musste man sich nun nicht mehr versuchen, es ging mit der notwendigen Skrupellosigkeit auch deutlich einfacher.
V. Politik als Quadratur des Kreises – Demokratie zwischen Populismus und Technokratie
Der Versuch, die Möglichkeitsräume politischen Handelns am Ende der Weimarer Republik aus der Perspektive der antinomischen Struktur demokratischer Politik auszuloten und am Beispiel des Reichswirtschaftsrats und seiner paradoxen „Politik der Ökonomie“ zu konkretisieren, nahm seinen Ausgang bei einer scheinbar einfachen Frage: Wie konnte in den frühen 1930er Jahren zwischen den Extremen einer (gewalttätigen) „Politik der Straße“ und dem (autoritären) Anspruch auf technokratische „Sachpolitik“ überhaupt noch „demokratische“ Politik gemacht werden? Hinter dieser schematischen, aber aufschlussreichen Gegenüberstellung steht die demokratietheoretisch zentrale Annahme, dass das Pendeln zwischen den Polen von Volkssouveränität und Repräsentation, Homogenität und Pluralismus, Qualität und Quantität, Elite und Masse, Wissen und Meinen der politischen Form der Demokratie inhärent und die Herstellung und Aufrechterhaltung eines labilen Gleichgewichtszustands zwischen diesen konkurrierenden Polen ihre ständige (und zentrale) Aufgabe ist.[148] Doch gerade in Krisenzeiten wird die damit verbundene Uneindeutigkeit als Problem, nicht selten gar als Grund allen Übels wahrgenommen und mit der Forderung verknüpft, die Spannung nicht mehr aushalten, sondern „auflösen“ zu wollen. Damit wird ein Strukturprinzip demokratischer Politik aufgegeben.[149] Dass dieser Drang nicht selten von volatilen politischen Stimmungen und einem hohen Maß politischer Psychologie vorangetrieben wird, zeigt, wie komplex die Gratwanderung ist, demokratische Politik unter Druck zu „machen“.
Dem Reichswirtschaftsrat als Institution des politischen Systems und als Akteur der Weimarer Politik kommt so nicht nur historische, sondern vor allem auch systematische Relevanz zu: Denn in ihm kristallisierte sich die Frage, ob – und wenn ja, in welcher Form – dem Anspruch in der Praxis Rechnung getragen werden konnte, expertokratische „Sachpolitik“ mit demokratischer Repräsentation verbinden und so ein alternatives institutionelles Setting etablieren zu können, das dem von Emil Lederer 1912 beschriebenen „Bedürfnis nach neuen politischen Formen“[150] Rechnung trug. Die Geschichte der Weimarer Republik zeigt, dass der Reichswirtschaftsrat diese Rolle nur sehr bedingt spielen konnte. Obwohl seine Existenz als „Ergänzung“ zum Parlament auch von den unterschiedlichsten ideologischen Lagern als Notwendigkeit erachtet wurde, saß der konkrete Reichswirtschaftsrat als politischer Akteur zwischen allen Stühlen. Denn der Hang, in der Krise des Weimarer Parlamentarismus nicht nur als Ergänzung, sondern Ersatz des in seiner Entscheidungsfähigkeit schwer beeinträchtigten Reichstags eine gewichtigere Rolle spielen zu wollen, nahm die autoritäre Transformation des politischen Systems nicht nur in Kauf, sondern zum Anlass. Was man dabei übersah, war, dass auch die eigene Existenz an der Funktionsfähigkeit der politischen Ordnung von Weimar hing. Und gerade deshalb hatte die Exekutive an dieser technokratischen Offerte des Reichswirtschaftsrats kein Interesse: Einen seinem Wesen nach autonomen Akteur konnte man nicht gebrauchen, auch dann nicht, wenn man mit ihm die Skepsis gegenüber den Spielregeln der parlamentarischen Demokratie teilte.
Damit wird klar, weshalb für den Reichswirtschaftsrat und seine Politik der Ökonomie in der Endphase der Weimarer Republik kein Platz mehr war. Sein Versuch des institutionellen Managements einer unausgetragenen und umkämpften Wirtschaftsordnung, eines fragilen politischen Systems, einer dynamischen Verfassungsordnung und zahlreicher politischer Deutungskämpfe zwischen Hinterzimmer und Straße wurde von den Dynamiken der frühen 1930er Jahre überrollt. Die „Entscheidung“[151] gegen die parlamentarische Demokratie war dabei der Nenner, auf den sich die unterschiedlichen Akteure mehrheitlich einigen konnten, auch wenn über das, was an ihrer Stelle folgen sollte, große Uneinigkeit herrschte. „Politik“ als Versuch des Ausgleichs zwischen interessebezogenen politics und sachorientierten policies, wie es oben beschrieben wurde, war zu einer Quadratur des Kreises geworden, weil der Grundkonsens über die polity erodiert war. Auch für gegenwärtige Herausforderungen ist das eine zentrale Erkenntnis: Denn wenn dieses Gravitationszentrum demokratischer Politik fehlt, um die gegenläufigen Trends zu technokratischer Alternativlosigkeit oder populistischer Eindeutigkeit zu managen, Dynamiken zu integrieren und damit institutionell zu relativieren, droht Implosion. Es liegt auf der Hand, dass die Moderation dieser Spannungen kein stabiler, sondern ein in höchstem Maße störungsanfälliger Modus ist, der gelingen kann, aber eben nicht muss. Und gleichzeitig liegt auf der Hand, dass dies nicht statisch erfolgen kann, sondern nach dynamischen und kreativen Anpassungsleistungen der politischen Akteure verlangt. Beides zeigt: Sich auf die Stabilität der politischen Ordnung zu verlassen, ist naiv; sie deshalb zu verwerfen, autoritär.
Zusammenfassung
Der Beitrag stellt die Frage nach den Räumen politischen Handelns am Ende der Weimarer Republik, die sich jenseits der autoritären Extreme einer populistischen „Politik der Straße“ und einer technokratischen Verlagerung politischer Entscheidungen ins elitäre Hinterzimmer boten. Ausgehend von der generellen Fragilität demokratischer Politik und ihrem Changieren zwischen den Antinomien von Repräsentation und Volkssouveränität, Elite und Masse, Homogenität und Pluralität soll dieser schmale Korridor anhand der Debatte um Arbeitsbeschaffung und Konjunkturpolitik ausgelotet werden. Dabei kommt dem Weimarer Reichswirtschaftsrat exemplarische Bedeutung zu, weil sich an seiner ambivalenten Rolle im politischen System die Aporien unterschiedlicher Ansätze illustrieren lassen, mit den komplexen Herausforderungen der frühen 1930er Jahren politisch umzugehen. Demokratische Politik als Versuch des Ausgleichs von interessebezogenen politics und sachorientierten policies, kam – so die These – angesichts von Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Entparlamentarisierung einer Quadratur des Kreises gleich, weil der Grundkonsens über die gemeinsamen Spielregeln erodiert war. Der Weimarer Republik fehlte damit ein Gravitationszentrum, ein stabiler institutioneller Rahmen, um die strukturell inhärenten Spannungen der Demokratie politisch entschärfen zu können – ein Phänomen, das uns auch aktuelle Herausforderungen besser verstehen hilft.
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- Pharmazeutische Industrie und Kolonialismus. Globale Verflechtungen einer deutschen Leitindustrie am Beispiel von Boehringer Mannheim, 1859–1997
- Politik als Quadratur des Kreises. Das Ende der Weimarer Republik und die Antinomien der Demokratie
- Thomas Großbölting (1969–2025)
- Corrigendum
- Rezensionen
- Horst-Dieter Beyerstedt, 1000 Jahre Mögeldorf. (Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 49.) Nürnberg, Stadtarchiv 2024
- Jörg Baberowski, Der sterbliche Gott. Macht und Herrschaft im Zarenreich. München, C. H. Beck 2024
- Matthias Middell (Ed.), French Globalization Projects. (Handbooks of Globalization Projects, Vol. 1.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2024
- Markus Thurau (Hrsg.), Konfliktkulturen in Geschichte und Gegenwart. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2024
- Mahmood Mamdani, Neither Settler nor Native. The Making and Unmaking of Permanent Minorities. Cambridge, MA, Harvard University Press (Cambridge) 2020
- Susanne Friedrich / Jana Mangold / Susanne Rau (Hrsg.), Wandlungen des Sammelns. Praktiken, Wissen, Anordnungen. Bielefeld, Transcript 2024
- Alexandra Katharina Krebs, Geschichten im digitalen Raum. Historisches Lernen in der „App in die Geschichte“. (Medien der Geschichte, Bd. 7.) Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Pieter D’Hoine / Geert Roskam / Stefan Schorn et al. (Eds.), Polemics and Networking in Graeco-Roman Antiquity. (Studies in the Transmission of Texts and Ideas, Vol. 12.) Turnhout , Brepols 2022
- Robert Holschuh Simmons, Demagogues, Power, and Friendship in Classical Athens. Leaders as Friends in Aristophanes, Euripides, and Xenophon. New York, Bloomsbury Academic 2023
- Jessica L. Lamont, In Blood and Ashes. Curse Tablets and Binding Spells in Ancient Greece. Oxford, Oxford University Press 2023
- David M. Pritchard (Ed.), The Athenian Funeral Oration. After Nicole Loraux. Cambridge, Cambridge University Press 2024
- Giovanni Parmeggiani, Ephorus of Cyme and Greek Historiography. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Julian Gieseke, Vom äußersten Westen der Welt. Die Griechische Ethnographie und die Völker Iberiens und der Keltiké im Schatten der römischen Expansion (2. Jahrhundert v. Chr. – 1. Jahrhundert n. Chr.). Stuttgart, Steiner 2023
- Jasmin Welte, Helmut Berve und die Alte Geschichte. Eine deutsche Biographie. Basel, Schwabe 2023
- Selen Kılıç Aslan, Lycian Families in the Hellenistic and Roman Periods. A Regional Study of Inscriptions: towards a Social and Legal Framework. Leiden, Brill 2023
- Frederik Juliaan Vervaet, Reform, Revolution, Reaction. A Short History of Rome from the Origins of the Social War to the Dictatorship of Sulla. Zaragoza, Universidad de Zaragoza 2023
- Thomas Blank, Religiöse Geheimniskommunikation in der Mittleren und Späten Römischen Republik. Separatheit, gesellschaftliche Öffentlichkeit und zivisches Ordnungshandeln. Stuttgart, Steiner 2024
- Giulia Vettori, Bonae matronae e bona matronarum: donne e capacità patrimoniale tra Repubblica e Principato. Bari, Edipuglia 2022
- Jan-Markus Kötter, Hannibal. Roms größter Feind. München, C. H. Beck 2024
- Peter Scholz, Lucullus. Herrschen und Genießen in der späten römischen Republik. Stuttgart, Klett-Cotta 2024
- James B. Rives, Animal Sacrifice in the Roman Empire (31 BCE – 395 CE). Power, Communication, and Cultural Transformation. Oxford, Oxford University Press 2024
- R. R. R. Smith / Christian Niederhuber, Commodus. The Public Image of a Roman Emperor. Wiesbaden, Reichert Verlag 2023
- Averil Cameron, Transitions. A Historians Memoir. Turnhout , Brepols 2024
- Stefan Esders / Massimiliano Bassetti / Wolfgang Haubrichs (Hrsg.), Verwaltete Treue. Ein Verzeichnis vereidigter Personen aus dem Norden des „regnum Italiae“ zur Zeit Ludwigs II. Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Matthew Gabriele, Between Prophecy and Apocalypse. The Burden of Sacred Time and the Making of History in Early Medieval Europe. Oxford, Oxford University Press 2024
- Janel M. Fontaine, Slave Trading in the Early Middle Ages. Long-Distance Connections in Northern and East Central Europe. Manchester, Manchester University Press 2025
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- Christoph Waldecker (Bearb.), Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Erzbistum Mainz 3: Die Mainzer Erzbischöfe von 1089 bis 1200. Herausgegeben von Jasmin Hoven, Bärbel Kröger, Nathalie Kruppa und Christian Popp. (Germania Sacra. Die Kirche des Alten Reiches und ihre Institutionen. Dritte Folge, Bd. 23.) Berlin/Boston, De Gruyter 2024
- Sini Kangas, War and Violence in the Western Sources for the First Crusade. (History of Warfare, Vol. 143.) Leiden, Brill 2024
- Knut Görich (Hrsg.), Cappenberg. Der Kopf, das Kloster und seine Stifter. Unter Mitarbeit von Michael Kister und Maria Luisa Cremer. Regensburg, Schnell & Steiner 2021
- Joachim Smet, Die Karmeliten. Geschichte des Karmelitenordens. Bd. 1: Von ca. 1200 bis zum Konzil von Trient. Hrsg. von Edeltraud Klueting. (Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Provinz der Karmeliten, Bd. 5,1.) Münster, Aschendorff 2023
- Sabrina Späth (Bearb.), Die Nürnberger Briefbücher I. 1404–1408. (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 44.) Nürnberg, Stadtarchiv 2024Anna Bub / Julian Krenz / Martin Mayr u. a. (Bearb.), Die Nürnberger Briefbücher II. 1408/1409. (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 45.) Nürnberg, Stadtarchiv 2024; Simon Bürcky / Julian Krenz / Martin Mayr u. a. (Bearb.), Die Nürnberger Briefbücher III. 1409–1412. (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 46.) Nürnberg, Stadtarchiv 2024
- Thomas Steinfeld, Goethe. Porträt eines Lebens, Bild einer Zeit. Reinbek, Rowohlt 2024
- Britt Schlünz, Pastoral und Politik. Katholische Frömmigkeit im Spanien des 19. Jahrhunderts. (Schriftenreihe „Religion und Moderne“, Bd. 29.) Frankfurt am Main, Campus 2024
- Konstantina Zanou, Transnational Patriotism in the Mediterranean, 1800–1850. Stammering the Nation. Oxford, Oxford University Press 2023
- Elias Buchetmann, Hegel and the Representative Constitution. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Jonas Schuster, Karl Theodor von Heigel (1842–1915). Geschichtswissenschaft in Bayern zwischen Politik und Öffentlichkeit. (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der wissenschaften, Bd. 113.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2024
- Ute Frevert, Verfassungsgefühle. Die Deutschen und ihre Staatsgrundgesetze. Göttingen, Wallstein 2024
- Wilfried Setzler (Hrsg.), Robert Hirsch (1857–1939). Ein jüdischer Schwabe, seine Familie und seine Erinnerungen. Ostfildern, Thorbecke 2023
- Florence Bernault, Colonial Transactions. Imaginaries, Bodies, and Histories in Gabon. (Theory in Forms.) Durham, NC, Duke University Press 2019
- Angela Ilić, Identitäten in regionalen Zentren der Habsburgermonarchie 1867–1918. Die Fallbeispiele Rijeka und Maribor. Wiesbaden, Harrassowitz 2024
- Daniela Simon, Die bedrohte Ordnung der Vielfalt. Kulturelle Hybridität in Istrien, 1870–1914. Bielefeld, Transcript 2024
- Roger Chickering, The German Empire, 1871–1918. Cambridge, Cambridge University Press 2024
- Benjamin Ziemann, Gesellschaft ohne Zentrum. Deutschland in der differenzierten Moderne. Ditzingen, Reclam 2024
- Benoit Vaillot, L’invention d’une frontière. Entre France et Allemagne, 1871–1914. Paris, CNRS Éditions 2023
- Christine Bold, „Vaudeville Indians“ on Global Circuits, 1880s–1930s. (The Henry Roe Cloud Series on American Indians and Modernity.) London, Yale University Press 2022
- Cornelia Jöchner / Christin Nezik / Gáspár Salamon u. a., Museale Architekturdörfer 1880–1930. (Das Eigene in transnationalen Verflechtungen. Visuelle Geschichtskultur Bd. 21.) Dresden, Sandstein 2023
- Sybille Bauer / Juliane Egerer, Vom Schüler einer christlichen Kolonialschule zum Wotansverehrer. Deutsche Kolonialgeschichte im schriftlichen Nachlass von Wilhelm L. G. Elmenhorst. Göttingen, Wallstein 2023
- Laura Carter, Histories of Everyday Life. The Making of Popular Social History in Britain, 1918–1979. Oxford, Oxford University Press 2024
- Peter Martin, „Der Kuss des Judas“. Die Befreiungsbewegung schwarzer Arbeiter und die „Afrikanisierung“ der sowjetischen Außenpolitik (1919–1933). Leipzig, Leipziger Universitätsverlag 2024
- Rainer Nicolaysen / Eckart Krause / Gunnar B. Zimmermann (Hrsg.), 100 Jahre Universität Hamburg. Studien zur Hamburger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte in vier Bänden. Bd. 2: Geisteswissenschaften, Theologie, Psychologie. Göttingen, Wallstein 2021
- Michael Thöndl, Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi, die „Paneuropa-Union“ und der Faschismus 1923–1944. Leipzig, Leipziger Universitätsverlag 2024
- Alan E. Steinweis, The People’s Dictatorship. A History of Nazi Germany. Cambridge, Cambridge University Press 2023
- Anna Hájková, The Last Ghetto. An Everyday History of Theresienstadt. Oxford, Oxford University Press 2023
- Lukas Willmy, Operation Donnerschlag. Imperiale Aufstandsbekämpfung aus der Luft und das „Morale Bombing” deutscher Städte durch die britische Royal Air Force 1945. Göttingen, Wallstein 2024
- Wolfgang Klietz, Waffenhändler in Uniform. Geheime Im- und Exporte der DDR. Stuttgart, Kohlhammer 2024
- Robert Gildea, Backbone of the Nation. Mining Communities and the Great Strike of 1984–85. London, Yale University Press 2023
- Kerstin Brückweh (Hrsg.), Die Wiederbelebung eines „Nicht-Ereignisses“? Das Grundgesetz und die Verfassungsdebatten von 1989 bis 1994. Eine Veröffentlichung aus dem Arbeitskreis für Rechtswissenschaft und Zeitgeschichte an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Tübingen, Mohr Siebeck 2024
- Eingegangene Bücher
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