Paul V. Kelly, The Financial Markets of Roman Egypt. Risk and Return. Liverpool, Liverpool University Press 2023

Kerstin Droß-Krüpe

doi:10.1515/hzhz-2025-1011

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Paul V. Kelly, The Financial Markets of Roman Egypt. Risk and Return. Liverpool, Liverpool University Press 2023

Kerstin Droß-Krüpe

Published/Copyright: February 1, 2025

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From the journal Historische Zeitschrift Volume 320 Issue 1

Rezensierte Publikation:

Paul V. Kelly, The Financial Markets of Roman Egypt. Risk and Return. 2023 Liverpool University Press Liverpool, 978-1-80207-833-6, € 116,95

Es ist kein Geheimnis, dass wir über die römische Provinz Ägypten besser informiert sind, als über jede andere Region der klassischen Antike. Die Papyrustexte aus dieser Region bieten ein für den Bereich der Alten Geschichte ungewöhnlich dichtes Netz an Daten und Informationen über ökonomische, gesellschaftliche, religiöse und rechtliche Gegebenheiten, die im Rahmen einer historischen Papyrologie ausgewertet werden können. Dennoch haftet den Papyri in großen Teilen der altertumswissenschaftlichen Forschung das Stigma einer eher randständigen Quellengattung an.

Es ist daher vielleicht nicht überraschend, dass sich mit Paul Kelly sozusagen ein Outsider an die Auswertung der dokumentarischen Papyri zum Themenfeld Finanztransaktionen gemacht hat. Kelly, der seinen Weg zur Antike erst als „mature student“ (S. VII) gefunden hat, bietet mit seiner aus der ökonomischen Praxis kommenden Perspektive eine willkommene Ergänzung zur bestehenden Forschungslandschaft. Hervorgegangen ist die hier zu besprechende Monographie zu den Finanzmärkten Ägyptens vom 1. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts aus seiner Doktorarbeit. Der Band gliedert sich in acht Kapitel, alle sind gut lesbar und mit zahlreichen Graphen versehen. Hervorzuheben ist die klar strukturierte Einführung, in der Kelly sich unter anderem gegen Max Webers Generalisierungen positioniert und auch eine kritische Haltung gegenüber Karl Polanyi einnimmt. Kapitel 2 liefert eine Übersicht zum Währungs- und Preissystem; Kapitel 3–5 widmen sich der Analyse einzelner Märkte und deren Kapitalrenditen; Kapitel 6 rückt die Rolle der Frauen in den Fokus. Kapitel 7 präsentiert eine vergleichende Bewertung von Risiko und Rendite, bevor Schlussfolgerungen zur ökonomischen Rationalität den Band beschließen. Es folgt eine für eine papyrologische Arbeit eher schmale Bibliographie, bei der die in der anglophonen Welt Usus gewordene Fokussierung auf englischsprachige Forschungsarbeiten zu monieren ist. Bedauerlich ist das Fehlen eines Quellenindexes. Der beigefügte Sach- und Namensindex ist wenig hilfreich, da ein Großteil der Einträge aus Namen von Wissenschaftler:innen besteht.

Kellys Buch steht in der Tradition von quantitativer Datenanalysen, wie sie in den letzten Jahren unter anderem im Rahmen des Oxford Roman Economy Project forciert worden sind. Eingang in seine Datenbanken haben 2941 Papyri gefunden, die 4367 Transaktionen dokumentieren (S. 16). Kellys Arbeit bietet interessante Überlegungen, basiert aber ausschließlich auf der Duke Database of Documentary Papyri (DDDP). Die Auseinandersetzung mit Kommentaren in den Editionen, mit Einträgen in der Berichtigungsliste oder Miszellen zu einzelnen Papyri fehlen. Zwar mag die Neulesung einer einzelnen Zahl oder die Veränderung der vermuteten Provenienz eines Dokuments im Einzelfall nicht signifikant sein, dennoch erfüllt die Arbeit dadurch nicht die wissenschaftlichen Ansprüche, die üblicherweise an die Beschäftigung mit dokumentarischen Quellen gestellt werden. Problematisch ist auch, dass die Datengrundlage nicht nachvollziehbar ist und sich so der Überprüfung entzieht; es wird lediglich auf die Abgabeversion der Dissertation verwiesen (S. 15, Fn. 47: „A listening and partial [sic] description of the data may be found in the appendices to my doctorate […]“, mit einem Link zum Profil Kellys auf academia.edu, wo die Arbeit verfügbar ist). Hier liegt aus Sicht der Rezensentin ein großes Manko der Arbeit.

Kellys Untersuchung leidet somit unter einer mehrfachen Engführung: Einerseits basiert sie ausschließlich auf der DDDP, andererseits vernachlässigt sie relevante Forschungsliteratur und legt ihre Datenbasis nicht offen. Diese Kombination führt zu Einbußen hinsichtlich der Evidenz der Analysen. So postuliert Kelly etwa, dass selbst bei dem gängigen Zinssatz von 12 Prozent für Kreditgeber kaum größere Renditen möglich waren (S. 140) – ein Ergebnis, das durch die Offenlegung seiner Datengrundlage deutlich an Überzeugung gewinnen würde. Dass die Preise in Ägypten bis 274 stabil geblieben und inflationäre Entwicklungen erst in den Folgejahren zu konstatieren sind (S. 171), ist dagegen schon lange aus Arbeiten Karl Strobels und Kai Ruffings bekannt – die aber in der Bibliographie fehlen. Insgesamt bietet Paul Kellys Arbeit auf der Basis von Data-Mining neue Perspektiven auf die Finanztransaktionen im römischen Ägypten und interessante Einzelergebnisse, bleibt jedoch letztlich vor allem methodisch hinter den Erwartungen zurück.

Online erschienen: 2025-02-01

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