Jane Webster, Materializing the Middle Passage. A Historical Archaeology of British Slave Shipping, 1680–1807. Oxford, Oxford University Press 2023

Suzanne Amy Foxley

doi:10.1515/hzhz-2025-1024

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Jane Webster, Materializing the Middle Passage. A Historical Archaeology of British Slave Shipping, 1680–1807. Oxford, Oxford University Press 2023

Suzanne Amy Foxley

Published/Copyright: February 1, 2025

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From the journal Historische Zeitschrift Volume 320 Issue 1

Rezensierte Publikation:

Jane Webster, Materializing the Middle Passage. A Historical Archaeology of British Slave Shipping, 1680–1807. 2023 Oxford University Press Oxford, 9780199214594, £ 130,–

In der vorliegenden Studie begreift die historische Archäologin Jane Webster das Sklavenschiff als heuristischen Dreh- und Angelpunkt der britischen Sklavenschifffahrt. Als größtes Artefakt der Mittelpassage versteht die Autorin das Schiff nicht nur pragmatisch als physischen Ort und Transportmittel, sondern auch als kulturellen Raum der Metamorphose. Sie beschreibt das Schiff als „conceptual between-space“ (S. 18), einem ausschlaggebenden Bestandteil im Entstehungsprozess der Diasporaidentität versklavter Afro-Amerikaner:innen (S. 16). Die Mittelpassage und die Lebenswelt an Bord prägten diese Identität maßgeblich und beeinflussten das Leben der versklavten Menschen noch lange nach der Überfahrt (S. 383). Die ansprechend geschriebene Monografie liest sich in großen Teilen wie eine Sozialgeschichte der Sklavenschifffahrt, wobei der Forschungsgegenstand „Schiff“ maritime Archäologie mit historischer Forschung verbindet.

In zwölf in sich abgerundeten Kapiteln widmet Webster sich nach einer ausführlichen methodischen und fachlichen Einführung (Kap. 1–3), den Schiffen selbst (Kap. 4–5), den Lebenswelten von (britischem) Schiffspersonal und den versklavten Personen an Bord (Kap. 6, 9–11), sowie der Überfahrt, den Handelspraktiken (Kap. 7–8) und der Gedächtniskultur (Kap. 12) des Sklavenschiffes.

Anhand von qualitativen Untersuchungen von Logbüchern, musealen Objekten und quantitativen Daten, unter anderem aus der Transatlantic Slave Trade Database (slavevoyages.org), ist Websters Veröffentlichung das Ergebnis von über 20 Jahren Arbeit. Methodisch stellt die Verfasserin deutlich die materielle Kultur in den Mittelpunkt. In Anlehnung an J. C. Scotts Konzept der „hidden transcripts“ (Domination and the Arts of Resistance, 1990) nutzt sie Objekte und gedruckte sowie handschriftliche Quellen – zusammengefasst „the stuff of slavery“ (S. 10) –, um das System Sklavenschiff zu materialisieren und zwischen den Zeilen des Mächteungleichgewichtes „auszugraben“. Obwohl diese gewählte Quellenbasis eine Betonung der britischen Perspektive der Sklavenschifffahrt vorgibt und Webster versucht, einen nationalen „documentary record“ (S. 1) zu erstellen, verwendet sie alle internationalen Wrackfunde – auch nach 1807 – als Forschungsbasis, um der maritimen Archäologie einen prominenten Platz zu verschaffen. Auch reicht die Einführung weit bis ins 16. Jahrhundert zurück (Kap. 3, 4).

Zweifelsohne wird Websters Buch zum festen Bestandteil von Studium und Lehre der Geschichte der Versklavung werden und sollte im Regal nicht fehlen. Der hochwertige Druck enthält diverse Objektfotografien und Skizzen, aber auch Tabellen, Grafiken und Infoboxen, die in ihrer Übersichtlichkeit an Eltis/Richardsons klassisches Lehrbuch „Atlas of the Transatlantic Slave Trade“ erinnern. Die tabellarische Auflistung von Quellenbeständen birgt hierbei besonderes Potenzial. Der lebensweltliche Ansatz scheint zudem als Einführungswerk für Studierende sehr geeignet.

Dabei ist die Bedeutung der materiellen Kultur keinesfalls lediglich als Vermittlungstool zu verstehen, vielmehr muss diese als Ausgangsbasis von Websters Forschung begriffen werden: „Shackles, whips, and images of slave ships are uncomfortable things to write about or look at, but they reveal crucial information” (S. 8). Von diesem interdisziplinären Ansatz werden auch viele Fachwissenschaftler:innen profitieren. Wiederholt stößt man auf kaum bekannte Details (etwa die Luken- und Lüftungsschemata) und wertvolle methodische Anregungen. In ihrer Analyse knüpft Jane Webster gekonnt verschiedene Quellen(arten) zusammen und gibt einen umfassenden Eindruck der Mittelpassage. Ihre Forschung, ihr interdisziplinärer Ansatz und ihr souveräner Umgang mit dem Quellenmaterial leisten wichtige Beiträge zu unserem Verständnis von „saltwater slavery“.

Online erschienen: 2025-02-01

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