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Zur Lage der Zivilbewohner in Festungsstädten beim Kriegsausbruch 1914: Kommunale Vorsorge für den Unterhalt und behördliche Zwangsmaßnahmen

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Veröffentlicht/Copyright: 14. November 2019
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Zusammenfassung

Die ökonomischen Vorbereitungen des Reiches auf einen Krieg waren unzulänglich, weil die politisch Verantwortlichen mehrheitlich von einer kurzen Auseinandersetzung ausgingen und wirtschaftliche Vorkehrungen für unnötig erachteten. Diese Vorstellungen stießen zwar gelegentlich auf Widerspruch, jedoch blieben die nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Bedenken skeptischer Militärs und selbst die dringenden Mahnungen von Regierungsmitgliedern weitgehend folgenlos, zumal die Zuständigkeit für etwaige Bevorratungen sowie deren Finanzierung ungeklärt waren. Die Notwendigkeit zur Vorsorge für den Fall einer Einschließung wurde auch in vielen Festungsstädten bezweifelt, die nach 1912 nur zögernd den Aufforderungen des Staatssekretärs im Reichsamt des Innern zur Sicherung des Lebensbedarfs der Einwohner nachkamen. Das wirtschaftliche Dilemma auf staatlicher Ebene fand demnach seine kommunale Entsprechung, wie die mangelnde Bereitschaft städtischer Repräsentanten zur Kostenübernahme der Bevorratung zeigt, die prinzipiell vom Fiskus erwartet wurde, galten doch kriegsbedingte Lasten als Staatslasten. Zudem erwies sich der tradierte militärische Anspruch auf Ausweisung jener Einwohner als problematisch, die als illoyal angesehen wurden und bei einer Belagerung die Verteidiger gefährden konnten. Dazu wurden neben fremdsprachigen Minderheiten auch diejenigen gerechnet, denen eine vorsorgliche Verproviantierung schwerfiel. Der Beitrag verdeutlicht die Unzulänglichkeit der internen Kriegsvorbereitung und untersucht das zivil-militärische Nebeneinander in den Festungsstädten, in denen die bewaffnete Macht über Autonomie verfügte und im Krieg den Vorrang innehatte, sich jedoch an der Daseinsfürsorge für die Einwohner »ihrer« Stadt nicht beteiligte, sondern die vorkonstitutionelle Distanz der modernisierenden, politisch und funktional gebotenen Kooperation vorzog.

Ende Juli 1870 hatte der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck bei einer Beratung des Staatsministeriums den tradierten militärischen Anspruch zur Ausweisung jener Bewohner von Festungsstädten, die sich bei drohender Einschließung nicht für mehrere Monate verproviantieren konnten, für veraltet und insbesondere auf größere Plätze für nicht mehr anwendbar erklärt.[1] Die Feststellung hatte im Kabinett Zustimmung gefunden, die auch der Kriegsminister teilte. Das traf ebenfalls für die Folgerung zu, dass im Fall einer notwendigen Abschiebung von Einwohnern aus kleineren Festungsstädten der Staat für die Bedürftigen zu sorgen habe, wie es dem zeitgemäßen Verständnis von Fürsorge entspräche. Somit war die bisher maßgebende monarchische Weisung von 1809 mit ihren den Festungsbefehlshabern zugebilligten weitreichenden Befugnissen politisch relativiert, jedoch rechtlich nicht aufgehoben. Zur Annullierung kam es in den nächsten Jahrzehnten nicht,[2] zumal den Militärs daran nicht gelegen war und außerdem die Übernahme der Unterhaltskosten sowohl für die bei einer Blockade tolerierten Ortsansässigen in großen Festungsstädten als auch für die Ausgewiesenen keine Klärung erfuhr. Obwohl das 1873 novellierte Kriegsleistungsgesetz mancherlei Erleichterung für die Bürger gebracht hatte,[3] blieb es bei kostspieligen Anforderungen, deren Rechtmäßigkeit und Vergütung umstritten war, galten doch den Kommunen kriegsbedingte Belastungen als »Leistungen für die Gesamtheit«[4] bzw. als Staatslasten. Im Folgenden werden die Auseinandersetzungen über diese Anforderungen zwischen den Ressorts des Innern und des Kriegs[5] sowie den betroffenen Städten[6] vor und nach dem Kriegsausbruch untersucht. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den Initiativen der maßgeblichen Staatsbehörden und der Reaktion der ideell, doch nicht gesetzlich zur Daseinsfürsorge verpflichteten Kommunen und weiterführend die Frage, inwieweit die Festungsstädte trotz politischer und finanzieller Vorbehalte konkrete Maßnahmen ergriffen oder zumindest vorbereiteten, die einer Vorsorgungsnot bei akuter Bedrohung vorbeugen konnten. Ergänzend werden die Konzepte zum Abschieben jener Armer und Verdächtiger geprüft, die als Gefahr für die Festungsbesatzung eingeschätzt wurden und – wie darzulegen ist – manchenorts tatsächlich kurzfristig abgeschoben wurden. Ferner soll der Beitrag Schlaglichter auf die bisher in Festungsstädten unzulänglich erforschten zivil-militärischen Beziehungen werfen, für die als These von einem distanzierten Nebeneinander ausgegangen wird, das in der Sonderstellung der bewaffneten Macht seine Begründung fand.

Die Darstellung basiert im Wesentlichen auf der Auswertung kaum benutzten Aktenmaterials, da die Thematik bisher wenig beachtet, geschweige denn systematisch bearbeitet wurde, und soll anhand einer Analyse der lokalen Vorsorge für den Lebensunterhalt sowie der Vorbereitungen für Abschiebungen zu generalisierbaren Erkenntnissen führen. Grundlage der Untersuchung sind Bestände des preußischen Innenministeriums im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (Berlin) sowie des Reichskanzleramts und oberster Reichsämter im Bundesarchiv (Berlin) mit ihren Verfügungen und den Berichten der nachgeordneten Behörden über den Vollzug der Anordnungen. Hingegen bieten die Bestände im Bundesarchiv-Militärarchiv (Freiburg) auf Grund der Kriegsverluste nur punktuelle Aufschlüsse. Für ergänzende Recherchen wurden die Oberpräsidialakten der Rheinprovinz (Landeshauptarchiv Koblenz) herangezogen, die nicht nur regional von Relevanz sind, sondern bei generellen Anweisungen zentraler Instanzen manche Überlieferungslücke zu schließen erlauben. Auf städtische Unterlagen wurde bloß gelegentlich zurückgegriffen, weil die Vorschriften über die Geheimhaltung der Kriegsvorbereitungen in der Regel fundierte Einsichten verwehren.

I. Versäumte Vorsorge in den Festungsstädten

Bei Kriegsbeginn 1914 gebot das Reich über 34 Festungen ungleicher Größe und Kampfkraft,[7] von denen rund zwei Dutzend Stadtfestungen[8] waren und einige mehr als 100 000 Einwohner zählten. Moderne Anlagen mit einem Gürtel vorgelagerter Forts und Zwischenwerken, zu denen im Südwesten Metz und Straßburg, im Westen Mainz und Köln, im Osten Thorn und Posen gehörten, bildeten die Ausnahme, denn der Ausbau infolge waffentechnischen Fortschritts war aufwendig. Festungen benötigten zudem eine beträchtliche Besatzung und umfangreiche Armierungen und banden demnach stattliche Ressourcen.[9] Die meisten Anlagen einschließlich der Küstenwerke konnten nur befristet einer Belagerung widerstehen. Ihre Bedeutung basierte in erster Linie auf der Anlehnung an benachbarte Bollwerke und damit auf einer Vernetzung, die zusammen mit Geländehindernissen den Feldtruppen sowohl zu Rückhalt bei der Verteidigung als auch zur Unterstützung bei einer Offensive verhelfen sollte.[10]

Die Festungen hatten nach der Reichsgründung jahrzehntelang nur mäßige Aufmerksamkeit gefunden, da die mobilen Kräfte hinlängliche Sicherheit zu bieten schienen und den überwiegenden Teil des Militäretats beanspruchten. Hierbei hatte das Heer Vorrang, bis nach der Jahrhundertwende der rasante Aufbau der Kaiserlichen Marine die Rüstungsausgaben neu gewichtete und die regelmäßigen Heeresvermehrungen drosselte. Die Restriktionen betrafen gleichermaßen die Fortifikationen, die in ihrem operativen Wert durch den Generalstab wiederkehrend begutachtet wurden, woraufhin diverse Anlagen wegen wachsender Kampfkraft der Artillerie von Modernisierungen ausgeschlossen blieben, während andere als verzichtbar galten. Zum Verzicht kam es vorrangig bei im Landesinnern gelegenen Fortifikationen, wobei sich die Freigabe des Terrains oft geraume Zeit hinzog, wenn die Kommunen, denen am Erwerb des Grund und Bodens zur Stadterweiterung und -verschönerung gelegen war, die fiskalischen Preisforderungen auf dem Verhandlungsweg zu mindern suchten. Allerdings ließen sich die Militärbehörden nur zögernd zu einem Kompromiss bewegen, zumal sie durch die Rechtslage begünstigt waren, wie ein Reichsgesetz von 1871 über Nutzungsbeschränkungen im Umfeld von Festungen nach Maßgabe älterer preußischer Normen demonstriert[11] und ein weiteres Gesetz von 1873 über den Festungsausbau belegt.[12]

Fortifikatorische Verstärkungen erfolgten in Anpassung an das Kriegsbild und an die Fortschritte in der Belagerungstaktik und bei der Artillerie. Um- und Ausbauten ließen sich generell nur mit Verzögerungen verwirklichen, weil das Bereitstellen der umfangreichen Mittel nicht kurzfristig zu bewältigen war. Die aus einem voraussichtlichen Zweifrontenkrieg resultierenden Schwierigkeiten mit einer Umorientierung in der Planung kamen hinzu. Denn der zunächst vorgesehene operative Schwerpunkt mit einer Offensive auf dem östlichen Kriegsschauplatz und einer Defensive auf dem westlichen Kampfplatz, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Umkehr in der operativen Priorität geführt hatte, fand im Festungsbau nur eine begrenzte Entsprechung, da in die Anlagen an der französischen Grenze noch jahrelang mehr investiert wurde als in jene des östlichen Grenzgebiets, obwohl die dort stehenden Truppen vor allem Rückhalt benötigten.[13] Erst nach der sich abzeichnenden französisch-russischen Kooperation fanden die Fortifikationen in Ost- und Westpreußen und in Schlesien größere Beachtung[14] und wurden ergänzt oder erweitert. Die späte Reaktion war nicht zuletzt der Unterschätzung des russischen Heeres zuzuschreiben, dessen Gros im Übrigen durch die überschätzten österreichisch-ungarischen Streitkräfte gebunden werden sollte. Das planerische Kalkül erwies sich bekanntlich hüben und drüben als Fehlschluss.

Die Autonomie der Befehlshaber war für die militärisch-zivilen Beziehungen in Festungsstädten bestimmend. Die höheren Verwaltungsbehörden als kommunale Aufsichtsorgane wurden nur selten, meist auf Anweisung aktiv, um auf eine Koordination bei Vorhaben bzw. Aufträgen gemeinsamen Interesses zu drängen. Bei Konflikten waren sie auf eine Vermittlung beschränkt, geboten sie doch nur ausnahmsweise über Interventionsmöglichkeiten bei militärischen Ansprüchen, weil die konstitutionelle Sonderstellung der Streitmacht trotz wachsender politischer Kritik bis zum Weltkrieg aufrechterhalten blieb. Die unmittelbare Unterstellung der Befehlshaber der Armeekorps und der höheren Marinekomandos sowie – in diesem Zusammenhang hervorzuheben – der Festungsgouverneure und -kommandanten unter den Kriegsherrn samt dessen umfassend interpretierter Kommandogewalt bildete die Basis weitreichender Befugnisse, die nicht zur Disposition standen.[15]

Hierzu gehörte das Ausweisen jener Bewohner aus der Stadt, die für die Besatzung bei einer Einschließung zur Gefahr werden konnten. Von dieser Notmaßnahme sollte allerdings nur bei akuter Bedrohung Gebrauch gemacht werden. Dieser Umstand ließ die zuständigen Behörden kurzerhand auf substantielle Vorbereitungen verzichten. Zur Passivität trug die unsichere Finanzierung von Ausquartierungen und fehlender Handlungszwang bei. Außerdem erübrigten sich für die Festungsbefehlshaber insofern zügige Vorkehrungen, als sie durch den Status quo begünstigt waren und vorkonstitutionelle Befugnisse beanspruchen konnten, die 1891 durch das preußische Staatsministerium bestätigt worden waren.[16] Diese abwartende, wenn nicht opportunistische Haltung führte zum Mangel an Vorsorge, von dem (mit Ausnahme Helgolands) alle preußischen Festungsstädte, die im Reich bei weitem die Mehrheit bildeten, in der Zeit von der Reichsgründung bis zum Vorabend des Weltkriegs betroffen waren. Für die zivilen Bewohner des Marinestützpunkts[17] Helgoland war im Kriegsfall von vornherein der Abtransport auf das Festland geplant. Denn die Insel, die 1890 von Großbritannien an das Reich abgetreten[18] und dann Preußen überantwortet worden war,[19] galt der Kriegsmarine als Vorposten in der Deutschen Bucht, der bei einem Konflikt Rücksichtnahme auf die Bevölkerung ausschloss. Helgoland war defensiv und offensiv von großer operativer Bedeutung[20] und wurde fortifikatorisch zügig ausgebaut. Selbst die administrativen Vorbereitungen zur Ausweisung der politisch zum Teil beargwöhnten Insulaner[21] ließen nicht lange auf sich warten und führten nach anfänglichem Erwägen, Hamburg zum Aufenthaltsort zu bestimmen,[22] zur Wahl der unmittelbar angrenzenden Stadt Altona und des nördlich anschließenden Kreises Pinneberg, weil es sich hier um preußisches Staatsgebiet handelte und folglich die preußische Verwaltung unmittelbar bei der Unterbringung und Unterstützung tätig werden konnte.[23] Eine Aktualisierung der Regelungen für das Abschieben unterblieb in den folgenden Jahren trotz erheblicher Bevölkerungszunahme.[24]

Die seit 1911 wachsenden Spannungen zwischen den europäischen Großmächten hatten ein Wettrüsten zur Folge, das nicht zum Krieg führen musste, jedoch den Griff zu den Waffen wahrscheinlicher machte. Auf deutscher Seite verweist die große Heeresvermehrung von 1913 auf dieses Kalkül, der weitere strukturelle Vorkehrungen für einen Kampf zur Seite traten. Beachtung verdient hier vor allem, dass im November 1912, nachdem diverse einschlägige Denkschriften wirtschaftliche Fragen vermehrt ins Bewusstsein der Verantwortlichen gerückt hatten, eine ständige Kommission aus Vertretern verschiedener Ministerien formiert worden war,[25] die über die Versorgung Deutschlands im Krieg zu beraten hatte und Vorschläge unterbreiten sollte, um den voraussichtlichen, allerdings nur vage in Abhängigkeit von der Kriegsdauer abzuschätzenden Bedarf zu ermitteln. Das bescheidene Resultat der ersten Zusammenkunft bildete die Anregung zur reichsweiten Erhebung der inländischen Vorräte an Versorgungsgütern und Rohstoffen, damit fundiert über die Bedarfsdeckung befunden werden konnte.[26] Zudem war bei den Überlegungen die problematische Ernährung der Einwohner von Festungsstädten angeschnitten worden, die bisher im Reichsamt des Innern und im preußischen Innenministerium kaum Beachtung gefunden hatte[27] und nunmehr trotz fehlender Klarheit über die Finanzierung zum Handeln drängen ließ.

Von einer prompten Reaktion kündet eine Anfang April 1913 als »streng geheim« und »eigenhändig« erlassene Anweisung des preußischen Innenministers an die Oberpräsidenten,[28] im Einvernehmen mit den Festungsbefehlshabern, den (Ober-)Bürgermeistern und gegebenenfalls den Vorsitzenden von Wirtschaftskammern den Unterhalt der Zivilbewohner in den Festungsstädten für einen nach militärischen Gesichtspunkten abgesteckten Zeitraum »sofort einer positiven Lösung entgegenzuführen«. Die hölzerne Anordnung verdeutlichte die zunehmenden Kriegsbesorgnisse, die den bisher nicht berücksichtigten Verbrauchsgütern zur Beachtung verhalf, obwohl die meisten Verantwortlichen in Regierung und Behörden sowie die Einflussreichen in Politik und Gesellschaft weiterhin von einem kurzen Waffengang ausgingen, für den angeblich hinlängliche Vorräte vorhanden seien. Mit dem Ausbau und der Modernisierung der Festungen hatten nämlich die zivilen Vorkehrungen nicht Schritt gehalten, bei denen es einerseits um das Bevorraten des Lebensnotwendigen für den Fall einer Einschließung ging und andererseits um das Abschieben politisch Unzuverlässiger sowie jener Armer, die ihren Subsistenzbedarf für zehn, zwölf oder mehr Wochen nicht decken konnten.[29] Die ministerielle Anweisung ließ es nicht am Nachdruck fehlen, denn sie verlangte Rechenschaft über die ergriffenen Maßnahmen, die den nachgeordneten Behörden und den Kommunen überlassen blieben, ohne dass ihnen substantielle Hilfe in Aussicht gestellt wurde.

Wie bei Informationsmangel hergebracht, wurden daraufhin in den Städten Ausschüsse gebildet und mit der Feststellung des Bedarfs beauftragt. Die unter Mithilfe des Kriegsministeriums ermittelten Angaben zur militärischen und zivilen Einwohnerschaft der Festungsstädte[30] und der unterstellten, zwischen drei und sieben Monaten schwankenden Dauer einer etwaigen Blockade bildeten dann die Grundlage der Kalkulation für die lokalen Verpflegungsausschüsse. Obwohl das Innenministerium auf baldige Berichterstattung drängte,[31] weil für die Bewohner »unbedingt etwas geschehen müsse«,[32] zogen sich die Ermittlungen hin, denn das Erfassen kommunaler Vorräte und kommerzieller Lagerbestände erwies sich als mühselig, zumal die Kooperationsbereitschaft der um Auskunft Ersuchten begrenzt war.

II. Zögernde Kriegsvorbereitungen: Köln und Wesel als Beispiele

In Köln hatte man unverzüglich auf die Verfügung des Innenministers reagiert und zu einer Besprechung unter Beteiligung des Präsidenten der (Bezirks-)Regierung, des Oberbürgermeisters sowie von Angehörigen des Festungsgouvernements[33] und der Handelskammer[34] eingeladen, um über Maßnahmen zur Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand oder mögliche Alternativen zu befinden.[35] Eine vorläufige Bestandsaufnahme ergab, dass die Kranken- und die Waisenhäuser mit Lebensmitteln für ungefähr zwei Monate eingedeckt waren, was annähernd dem Minimum der vorgesehenen Bevorratungsfrist entsprach, während der Unterhalt der mehrere hunderttausend Köpfe zählenden Stadtbevölkerung durch die Vorräte beim Handel, bei den Mühlenbetrieben sowie in den Lager- und Kühlhäusern kaum für zwei Wochen gesichert war.[36] Im Vergleich zu ein, zwei Jahrzehnten zuvor hatte sich die Lage merklich verschlechtert. Die Entwicklung wurde auf Änderungen bei den Zöllen mit finanziellen Nachteilen für den Handel und verschärfte, teure Kontrollen bei den Fleischwaren zurückgeführt, in deren Folge die Bestände bei den Lebensmitteln bis auf kleinere Reste abgebaut worden waren.

Die erste spontane Zusammenkunft hatte die Notwendigkeit weiterer Gespräche verdeutlicht, die alsbald unter Beteiligung fachkundiger Großhändler stattfanden, von denen man konkrete Vorschläge für die Bevorratung erwartete. Um günstige Voraussetzungen für ein Engagement des Handels zu schaffen, hatte die Kölner Stadtverwaltung deshalb das Einrichten eines Freilagers im Hafen ins Gespräch gebracht, durch das das Kostenargument relativiert werden sollte. Zu mehr als einem unverbindlichen Gedankenaustausch in vergrößerter Runde kam es nicht,[37] weil die Übernahme des Aufwands für eine längere Lagerhaltung ungeklärt blieb und überdies manchem Teilnehmer, der die Belagerungsgefahr als gering erachtete, Lieferverträge zur Vorsorge als unnötig galten. Übereinstimmung herrschte hingegen darüber, dass im Krieg nicht mit umfangreichen Einfuhren aus dem Ausland und ebensowenig mit stattlichen Lieferungen aus den östlichen Teilen der Monarchie zu rechnen sei, jedoch verhalfen diese Einsichten nicht zu Lösungsvorschlägen. Das traf auch für die Anregung zur Anlage kommunaler Magazine zu, die von der Stadt kurzweg verworfen wurde.[38] Und mehr noch, sie stellte schließlich sogar einen dringlichen Handlungsbedarf in Frage, nachdem ein Offizier des Festungsgouvernements eine rasche Einschließung Kölns als unwahrscheinlich bezeichnet und selbst bei einer Bedrohung genügend Zeit zur Verproviantierung unterstellt hatte. Diese Zweifel scheinen die Geschäftsleute ermuntert zu haben, ihren Unwillen zum Engagement zusätzlich mit der belastenden Zollgesetzgebung des Reiches und der schleppenden Akzeptanz von Lombardkrediten zu rechtfertigen[39] und folglich mit genereller Kritik an wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu verknüpfen. Trotz ausbleibender Lösungen scheinen Außenstehende in den Kölner Verhandlungen aber ein nachahmenswertes Vorbild gesehen zu haben, wie aus einer Anfrage des ostpreußischen Oberpräsidenten hervorgeht,[40] die indessen ähnlich wie das Drängen des Oberpräsidenten der Rheinprovinz nach rascher Klärung der Vorratshaltung nur ausweichend beantwortet werden konnte.[41] Die zügig eingeleiteten Besprechungen zogen sich nämlich ergebnislos hin; zu finanziellen Vorleistungen fanden sich die Unternehmer aus der Lebensmittelbranche ebensowenig wie die städtischen Repräsentanten bereit, oblag es doch für den Oberbürgermeister unzweifelhaft dem Staat, »die Verproviantierung der Festung Cöln vorzubereiten und für den Mobilmachungsfall zu sichern«.[42]

Demnach hatte die Aufforderung des Innenministers zwar die Aufmerksamkeit auf eine mögliche Gefahr gelenkt, jedoch keine Auswirkungen gezeitigt. Das war nicht in erster Linie der Kölner Stadtgröße mit über 600 000 Einwohnern geschuldet, sondern den fraglichen Ansprüchen. Ähnliche Vorbehalte kennzeichneten die Haltung der Festungsstadt Wesel, die im Vergleich zu Köln nur einen Bruchteil zu versorgender Bewohner aufwies und dennoch zu keiner tragbaren Lösung fand. Immerhin lagen hier sechs, sieben Wochen nach der aus Berlin ergangenen Anweisung Erkenntnisse vor,[43] die den Bedarf an Lebensmitteln für 17 000 bis 18 000 Personen (ca. 80 % der Bewohner)[44] für einen dreimonatigen, vom Festungskommandanten bestimmten Versorgungszeitraum zu quantifizieren erlaubten.[45] Der Aufwand für die Grundversorgung summierte sich überschlägig auf einen Betrag von 1,5 bis 2 Millionen Mark,[46] der für die Stadt untragbar war und sie fordern ließ, eine staatliche Kasse oder die Landesbank der Rheinprovinz solle die benötigten Mittel bereitstellen. Das Verlangen wurde unter Zustimmung des Landrats vom Bürgermeister durch das Argument unterstrichen, ihm sei eine gesetzliche Bestimmung nicht bekannt, die eine Kommune zu derartigen Vorkehrungen verpflichte, denn hierbei handele es sich offenkundig um eine Kriegsvorsorge, die das Reich zu übernehmen habe. Darüber hinaus, fügte das Stadtoberhaupt an, könnten »alle militärischen Erfolge [im Feld] in Frage gestellt werden [...], wenn die wirtschaftliche Versorgung der Zivilbevölkerung der Festungsstädte« versage,[47] und zeigte mit dieser Warnung – von der Beschränkung auf Festungsstädte abgesehen – prophetischen Weitblick. Nicht zuletzt hielt der Bürgermeister auch das kurzfristige Beschaffen der Waren für problematisch, da man mit den Aufkäufen der Militärverwaltung konkurrieren müsse. Außerdem befürchtete er Engpässe bei den Lagerkapazitäten, weil im Kriegsfall dem Militär der erste Zugriff zustehe. Demnach ergaben sich bei der Sicherstellung des Unterhalts der Einwohner Wesels und offenbar vergleichbarer Städte enorme Schwierigkeiten,[48] die anscheinend nur gemeinsam durch die Staatsbehörden, die Kommunalverwaltungen und die Wirtschaftsverbände gelöst werden konnten und nach einem Konzept verlangten, das Züge der späteren Kriegsernährungswirtschaft trug.

Im Spätwinter 1913/14 war die Vorsorge für den Lebensbedarf der Zivilbewohner neuerlich in den Vordergrund amtlichen Interesses gerückt, nachdem die Berichte des Vorjahrs erhebliche Defizite offenbart hatten.[49] Für den preußischen Innenminister musste das Versäumte vor allem in Königsberg, Graudenz, Posen, Breslau, Köln und Wesel nachgeholt werden, während in Thorn bereits Vorbereitungen erfolgt waren, die als vorbildhaft galten und zur Nachahmung empfohlen wurden. Um auf solider Grundlage über den Umfang an Versorgungsgütern und vor allem über die Kosten entscheiden zu können, die zu Recht als Kernfrage angesehen wurden, sollten nun in den Städten generell Verpflegungsausschüsse aus Vertretern der örtlichen Zivil- und Militärbehörden unter Beteiligung von Sachverständigen gebildet werden,[50] die den Bedarf und die Beschaffungspreise zu ermitteln, die Lager zu prüfen und eventuell auf ergänzende Neubauten zu dringen hatten, kurzum, die Voraussetzungen einer Bevorratung ergründen sollten. In der ministeriellen Anweisung ging es nicht nur um Mehl, Getreide, Fleisch, Fett, Kartoffeln und andere Nahrungsmittel, sondern u. a. auch um Kohle, Futtermittel, Medikamente und Verbandsmaterial. Von vornherein war für das Innenministerium klar, dass die Kosten nicht allein den Festungsstädten aufgebürdet werden könnten und es interministerieller Beratungen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden bedürfe, »damit die Frage [...] möglichst bald gelöst« würde.[51]

Pflichtgemäß drängten daraufhin die Oberpräsidenten zu schleunigen Maßnahmen und – sofern noch nicht geschehen – auf rasche Bedarfsermittlung,[52] bei der für Köln von einer sechsmonatigen Belagerungszeit ausgegangen wurde,[53] dagegen für Wesel bekanntlich nur von einer dreimonatigen Dauer. Über die Menge der zu veranschlagenden Kölner gab es bloß Schätzungen. Überschlägig wurde die Einwohnerschaft auf ca. 630 000 beziffert,[54] von der sich ca. 500 000 Personen selbst zu verproviantieren hatten und auf den Handel angewiesen waren. Hingegen sollten rund 20 000 Städter vor einer drohenden Einschließung abgeschoben werden, die somit bei der Nachfrage übergangen werden konnten. Ferner sollten gut 60 000 Arme – wie durch das Kriegsressort eingeräumt – von der Militärverwaltung unterhalten werden,[55] zu denen noch etwa 20 000 Personen hinzukamen, die für Armierungsarbeiten benötigt wurden und die das Militär zu versorgen hatte.[56] Die Erhebungen in der Rheinmetropole durch Fachausschüsse[57] zogen sich monatelang hin und waren bei Beginn des Krieges noch nicht abgeschlossen. Trotz unzulänglicher Kenntnisse über den Vorratsbedarf und offenkundiger Skepsis gegenüber einer Bedrohung ergriff dennoch in höchster Eile Ende Juli 1914 – also unmittelbar vor Beginn der Feindseligkeiten – die Stadtverwaltung die Initiative[58] und ließ Lebensmittel auf Kredit aufkaufen, sodass die Versorgung voraussichtlich für ca. acht bis zwölf Wochen gesichert war.[59]

Mit dem Abschieben beargwöhnter Ortsansässiger hatte im Frühjahr 1913 der Innenminister eine zweite Maßnahme zum vorsorglichen Schutz der Festungsstädte thematisiert, die bereits zwei, drei Generationen zuvor erörtert und in einigen Fällen organisatorisch vorbereitet worden war.[60] Im Unterschied zu den früheren Vorhaben sollte nun die Menge der Auszuweisenden prinzipiell begrenzt werden, wie das preußische Staatsministerium auf Grund wiederholter Kritik 1891 bestimmt hatte,[61] ohne allerdings genauere Empfehlungen zu geben, da der Entscheidungsgewalt der Kommunalbehörden und Festungsbefehlshaber nicht vorgegriffen werden durfte. Von vornherein war deren Ermessen aber insofern beschränkt, als die Ausquartierungen eine Kooperation mit den subregionalen Staatsbehörden und den lokalen Dienststellen voraussetzten, mussten doch der Abtransport ins Umland und die dortige Unterbringung rechtzeitig geklärt und zumutbar geregelt sein; perspektivisch und strukturell waren deshalb Maß und Ziel vorgegeben.[62] Neben den notfalls zwangsweise abzuschiebenden Bedürftigen und Verdächtigen, zu denen die meisten Ausländer rechneten,[63] sollten durchweg auch Kranke, Arbeitsunfähige, Greise, Frauen und Kinder mit amtlicher Hilfe evakuiert werden, sodass samt anderen die Stadt freiwillig Verlassenden eine merkliche Verringerung der Einwohnerschaft zu erwarten war. Für die Transporte sollte auf die Eisenbahn zurückgegriffen werden,[64] soweit der vorrangige Truppenaufmarsch deren Kapazitäten nicht restlos beanspruchte, weil es einen unkontrollierten Abzug zu verhindern galt.

Die zu erwartenden Komplikationen schlossen zusammen mit mangelndem Nachdruck ein zügiges Vorbereiten von Ausweisungen aus und ließen die Materie zunächst zurücktreten. Erst im Frühjahr 1914 wurde die Angelegenheit wieder aufgegriffen,[65] als der Innenminister die nachgeordneten Behörden zur Vorbereitung von Ausquartierungen aufforderte. Er stieß jedoch mit seinem Verlangen wegen des problematischen, finanziell zudem ungeklärten Vollzugs auf erhebliche Skepsis, die anscheinend sogar im Ministerium geteilt wurde.[66] Denn das Registrieren Abzuschiebender war vor allem in größeren Festungsstädten beschwerlich und zeitraubend, da heimlich vorgegangen werden musste, um Aufsehen zu vermeiden. Ferner galt das Unterbringen zahlreicher, im Voraus nur vage zu beziffernder Personen im Umland ohne Zwang als kaum durchführbar und überdies ein Nachweis von Arbeitsplätzen bei strikter Wahrung von Diskretion als schwer zu bewerkstelligen. Anders war die Lage in kleineren Städten wie Wesel; hier hielt der zuständige Landrat im Konsens mit dem Bürgermeister das Ausquartieren unerwünschter Einwohner grundsätzlich für möglich, deren Menge er auf ein- bis zweitausend Personen ansetzte.[67] Dringend erforderlich erschien indessen nach dem Übergang zum Kriegsstand ein strenges Zuzugsverbot und komplementär das Bekanntmachen der bevorstehenden Ausweisung Arbeitsunfähiger, um möglichst viele Einwohner zum freiwilligen Verlassen der Stadt zu veranlassen.

Die Sondierungen in Köln über die eventuell Abzuschiebenden benötigten viel Zeit, zumal auf Grund des Bevölkerungswachstums und der Eingemeindungen ältere Erhebungen nicht verwendet werden konnten.[68] Überschlägige Schätzungen gingen von 100 000 Personen bzw. einer Quote von 15 bis 16 Prozent der Städter aus, die auch bei der Berücksichtigung zu verlegender Patienten der Krankenhäuser, der Insassen von Pflege- und Nervenheilanstalten sowie von Gefängnissen keine bedeutsame Ausweitung erfuhr.[69] Bei den Planungen begnügte man sich mit dem Registrieren der voraussichtlich Betroffenen und Anfragen bei den subregionalen Verwaltungsbehörden nach den Unterkunftskapazitäten, um anhand dieser Erkenntnisse die Aufnahmegebiete bestimmen zu können. Obwohl der Oberpräsident der Rheinprovinz und der Kölner Regierungspräsident als vorgesetzte Instanzen das Vorgehen unterstützten, blieb es bis zum Kriegsausbruch bei Vorüberlegungen.[70] Dagegen zeichneten sich in Köln, wie Äußerungen des Polizeipräsidenten zu entnehmen ist, zumindest in Umrissen die Vorstellungen über das Fortschaffen der Bedürftigen ab,[71] für das selbstverständlich nur die Eisenbahn in Betracht kam. Als Aufnahmeraum schien das städtereiche nordwestliche Ruhrgebiet geeignet zu sein,[72] weil hier Massenquartiere in Sälen, Turn- und Festhallen etc. eingerichtet werden konnten und überdies Arbeitsmöglichkeiten zu erhoffen waren. Eine Quote von 4 Prozent Abgeschobener galt für die ständige Wohnbevölkerung unabhängig vom Sozialmilieu bei vorübergehender Unterbringung als zumutbar. Über die Kosten der Ausweisung und Quartiere hieß es nur lapidar, diese müsse der Staat übernehmen, womit die kommunale Seite jene sattsam bekannten Schwierigkeiten beiseite schob, die bei solchen Vorhaben stets den Stein des Anstoßes bildeten. Wie üblich setzte man auch auf ein freiwilliges Verlassen der Stadt durch eine stattliche Anzahl an Bürgern, auf das der Magistrat und die höheren Verwaltungsstellen angewiesen waren, da ein zwangsweises Abschieben einer mehrere Zehntausende zählenden Menge binnen kurzem nicht zu bewältigen war. Im Übrigen waren die politisch Diskriminierten nicht vergessen worden, zu denen neben den Anarchisten die »Führer der Umsturzpartei«[73] zählten, denen letztlich zwar nicht – wie zunächst beabsichtigt[74] – eine Inhaftierung drohte, jedoch das Verbleiben in der Rheinmetropole verwehrt werden sollte, um deren Einflussnahme in brisanter Zeit zu verhindern.

III. Die Ausweisung von Insel- und Küstenbewohnern 1914

Die erwähnten Vorkehrungen zum Deportieren der Bewohner Helgolands bildeten keine Ausnahme, denn im Küstenbereich war ebenfalls Vorsorge für eine von der Bevölkerung unbeeinträchtigte Verteidigung getroffen worden. Und mehr noch, auch die dortigen Gewässer hatten insofern Berücksichtigung gefunden, als im August 1914 die Nutzung der schwierigen Fahrwasser beschränkt wurde und vertrauenswürdigen Schiffern und Fischern vorbehalten blieb, um etwaige Kommando- und Landungsunternehmen zu verhindern, zumindest aber zu erschweren.[75] Deshalb war das Abschieben von Bewohnern bestimmter, dem Festland vorgelagerter Inseln und das In-Gewahrsam-Nehmen von Gewässerkundigen zweifelhafter Loyalität seit längerem geplant, sodass der Vollzug nach der Mobilmachung leicht zu bewerkstelligen war, zumal es sich – von Helgoland abgesehen – durchweg nur um ein paar Dutzend oder wenige hundert Personen handelte.

Vom überstürzten Vorgehen der Behörden[76] nach dem Kriegsausbruch kündet, dass ca. 2500 Helgoländer bereits am 2. August 1914[77] und folglich einen Tag nach der Mobilmachung verschifft wurden und trotz unzulänglicher Vorbereitung in Altona und den Umlandgemeinden untergebracht werden mussten.[78] Diesen Abgeschobenen folgten in den nächsten Tagen und Wochen die vorübergehend noch beschäftigten Hafen- und Bauarbeiter, die meisten Postbeamten sowie die Leuchtturm- und Dünenwärter.[79] Hingegen erfuhr die Inselbesatzung mit dem Übergang zum Kriegsstand eine kräftige Aufstockung,[80] die zum Rückgriff auf privaten Besitz und Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur zwang. Deswegen war es naheliegend, dass noch am Ausquartierungstag eine Kommission aus Behördenvertretern und lokalen Vertrauensleuten gebildet wurde, die den zurückgelassenen Besitz der Ausgewiesenen zu registrieren hatte, damit später über etwaige Schäden und Verluste befunden werden konnte.[81] Zudem hatte ein Gremium aus zivilen und militärischen Sachkundigen den Wert der aus fortifikatorischen Gründen abgerissenen Gebäude zu schätzen und die Höhe des Ersatzanspruchs festzulegen.[82]

Jedoch nicht nur Helgoland war von Armierungsmaßnahmen und -folgen betroffen. So hatten rund 575 Personen teils auf militärische Anordnung, teils aus eigenem Antrieb die vor der Emsmündung gelegene Insel Borkum verlassen und überwiegend im Landkreis Emden Aufnahme gefunden.[83] Ferner mussten 50 Bewohner auf Weisung des Inselkommandanten von Wangerooge wegziehen,[84] während auf Sylt nur die Badegäste zur Rückkehr in ihre Heimat verpflichtet worden waren.[85] Gleichzeitig hatten die für den Landesschutz zuständigen Dienststellen auf den Nordfriesischen Inseln Föhr, Pellworm, Hooge u. a.[86] und auf Aarö im Kleinen Belt[87] jene mit den Küstengewässern vertrauten Schiffsführer in »Schutzhaft«[88] genommen, deren nationale Verlässlichkeit als zweifelhaft galt. Die Anzahl lag bei ca. 70 bis 80 Mann,[89] wobei der Gewahrsam meist auf wenige Wochen beschränkt blieb,[90] weil nach der offiziellen Neutralitätserklärung Dänemarks[91] die Furcht vor Feindbegünstigung, Sabotage, Spionage etc. nachgelassen hatte und die meist haltlosen Verdächtigungen ausgeräumt waren. Im Übrigen waren die Angehörigen der friesischen Bevölkerung geringerem Misstrauen als die Dänen ausgesetzt;[92] demnach stießen in erster Linie die Anhänger dänischer Sprache und Kultur auf Argwohn, der nicht einmal die Optanten verschonte.[93]

Zu den fragwürdigen Maßnahmen übereifriger ziviler und militärischer Behörden in Nordschleswig zählten ferner mehr als 100 Verhaftungen,[94] Verbote dänischsprachiger Zeitungen und Schikanen im Kultus- und Kulturbereich, für deren Rechtfertigung der Übergang zum Kriegsstand herhalten musste. Aus der Sicht des preußischen Innenministers waren die Anordnungen rechtswidrig, weshalb ihre rasche Aufhebung verlangt wurde, zumal der Regierung aus außenpolitischen und wirtschaftlichen Gründen an einem guten Verhältnis zu Dänemark lag. Darüber hinaus ließ es der Minister an massiver Kritik am unflexiblen schleswig-holsteinischen Oberpräsidenten, dem »Unfähigkeit« und »passive Resistenz« vorgeworfen wurde,[95] und dem regionalen Befehlshaber[96] nicht fehlen, um den Reichskanzler und letztlich den Monarchen zum Einschreiten zu bewegen[97] und der wachsenden antideutschen Stimmung in der dänischen Öffentlichkeit zu begegnen.

Nach der Ausweisung ziviler Bewohner von den Inseln verlangten einige Wochen später die Unterhaltsansprüche der Abgeschobenen sowie der Familien Inhaftierter amtliche Aufmerksamkeit.[98] Für die kraft militärischer Anordnung Ausquartierten galt für die Versorgung das Kriegsleistungsgesetz[99] als maßgebend, das nach überwiegender, wenngleich nicht unumstrittener Ansicht das Reich in die Pflicht nahm;[100] allerdings war die Höhe der Tagessätze unklar, da es an Richtwerten mangelte. Erst nach Monaten mit unterschiedlichen Tarifen kam es zu einer Angleichung der Entgelte, die sich beispielsweise im Regierungsbezirk Aurich – zuständig für die Bewohner der ostfriesischen Inseln – auf 1,50 bis 1,75 Mark pro Tag für Erwachsene für 1914/15 einpendelten.[101] Hingegen wurde den saisonal Beschäftigten etwa in der Gastronomie, im Gewerbe oder im Hoch- oder Tiefbau eine Unterstützung bloß für wenige Tage gewährt, vertrat man doch in den höheren Behörden die illusionäre Ansicht, dass diese Leute binnen kurzem auf dem Festland Lohn und Brot finden könnten.[102] Wiederholt kam es auch zu misslichen Verzögerungen beim Bereitstellen der Unterhaltsgelder, denn das Reichsschatzamt bezweifelte die unter Bezug auf das Kriegsleistungsgesetz unterstellte Zahlungsverpflichtung, da ein eindeutiger, vor Jahrzehnten bei der Verabschiedung offenbar noch nicht relevanter Passus in dem Gesetz fehlte.[103] Notgedrungen erklärte sich daraufhin das preußische Finanzministerium bereit, die Mittel vorbehaltlich der Erstattung durch den Reichsfiskus vorzuschießen,[104] weil die Abgeschobenen auf eine politische Lösung nicht warten konnten.

Zu längeren Auseinandersetzungen über die Unterstützung von Einwohnern, die nach dem Kriegsausbruch ihre Heimat verlassen hatten oder verlassen mussten, kam es auf Borkum. Anlass waren u. a. missverständliche Bekanntmachungen des Kommandanten,[105] die ein überstürztes Abreisen selbst jener bewirkt hatten, die keine Ausweisung befürchten mussten. Hierbei handelte es sich um gut 500 Personen,[106] darunter Frauen und Kinder der Honoratioren, die eigenständig zum Festland gereist waren und de iure keine Beihilfe beanspruchen konnten. Dass manche der Geflüchteten einen Aufruf des Befehlshabers zum Bleiben missachtet hatten, dem an Helfern bei den Armierungsarbeiten und im Verteidigungsfall gelegen war, hatte als eigenwilliges, wenn nicht unpatriotisches Verhalten nicht verhindert werden können und kündet von Hektik und Wirrwarr in den ersten Kriegstagen. Von den selbständig Abgereisten hatten unter Umständen auch diejenigen einen Entschädigungsanspruch, denen nach dem Kriegseintritt Englands durch ein Betretungsverbot des Inselkommandanten die Rückkehr nach Borkum verwehrt blieb;[107] eine pedantische Bewilligungspraxis dämpfte indessen manche Hoffnung.[108] Als die rigorose Inselsperre Mitte Oktober 1914 aufgehoben wurde, führte dies zur raschen Heimkehr vieler Borkumer und in deren Folge zu Streitigkeiten zwischen der Inselgemeinde und staatlichen Stellen über die Bezahlung des Rücktransports.[109] Nach wie vor wurde jedoch mit einem Angriff auf Borkum gerechnet. Bei Gefahr war weiterhin ein schleuniges Evakuieren vorwiegend von Frauen und Kindern vorgesehen, deren Zahl auf 1750 veranschlagt wurde[110] und zum Bereithalten kurzfristig verfügbarer Schiffsplätze zwang.[111]

Ende Dezember 1914 zeichnete sich eine akute Gefährdung Borkums durch feindliche Seestreitkräfte ab,[112] sodass eine Räumung der Zivilbewohner geboten schien. Vorkehrungen waren bekanntlich erfolgt, sie erwiesen sich aber zum Teil als unzulänglich. Eines der gecharterten Schiffe war nämlich für eine winterliche Passage zum Festland ungeeignet und musste trotz knapper Kapazität an Schiffsraum ausgesondert werden,[113] um ein Desaster bei der Überfahrt zu verhüten. Die Zuständigkeit für die Evakuierung und deren Finanzierung war umstritten und fiel schließlich der Borkumer Gemeindeverwaltung und den übergeordneten Zivilbehörden zu, hatte doch der Inselkommandant jede Verantwortung und Mitarbeit abgelehnt.[114] Die fehlende Kooperationsbereitschaft mag dem Mangel an verfügbarem Personal und der Unsicherheit über die Kostenübernahme geschuldet sein, zumal für den Befehlshaber die Kampfvorbereitungen unbestrittenen Vorrang hatten. Allerdings konnte er sich nicht gänzlich aller Mitwirkung entziehen, da ihm die Anordnungsbefugnis zum Räumen der Insel zustand und überdies zur Unterstützung der zu verschiffenden Insulaner höheren Orts Truppenhilfe in Aussicht gestellt worden war. Der verweigerte Beistand hielt den Gemeindevorsteher nicht ab, seine Anweisungen in einer Bekanntmachung über das Ausquartieren von Frauen und Kindern als »im Auftrage der hiesigen Königlichen Kommandantur« auszugeben und einem »Militär-Polizeimeister« im Offizierrang sowohl die Leitung des Personentransports zur Reede als auch des Einschiffens zu übertragen.[115] Mehr noch, er beanspruchte auch einen der Kommandantur zugewiesenen Dampfer, um zusätzliche Schiffsplätze für die Schutzbedürftigen verfügbar zu machen. Ein Angriff auf Borkum unterblieb, sodass die Planungen wenige Tage später ausgesetzt werden konnten, die trotz der Eigenmächtigkeiten auf ziviler Seite anscheinend vom Militär nicht beanstandet wurden, vermutlich weil bei schwindender Gefahr den Ankündigungen keine Taten gefolgt waren.

Die Deportation von Einwohnern und die Abreise der Badegäste bedeuteten für die Inselgemeinden einen drastischen Rückgang der Steuereinnahmen und für die Handels- und Gewerbebetriebe erhebliche Umsatzeinbußen, wenn nicht gar das Ende der Geschäftstätigkeit.[116] Staatliche Kompensationen gab es nicht, denn mittelbare Kriegsauswirkungen begründeten keinen Entschädigungsanspruch.[117] Im Jahr 1915 mehrten sich deswegen die Gesuche um Beihilfe bei den Verwaltungsbehörden, nachdem die Illusion vom kurzen Krieg erloschen war. So klagten diverse Sylter Hotelbesitzer, die Zinsen für Hypotheken nicht bezahlen zu können,[118] weil nach dem Besuchsverbot für die Insel die Geschäfte weitgehend daniederlagen, oder bat der Helgoländer Bürgermeister um Unterstützung für seine Gemeinde, weil die laufenden Personal- und Sachkosten, die trotz des im Exil merklich reduzierten Umfangs anfielen, nicht aufgebracht werden konnten,[119] zumal der Etat in den Vorjahren durch den Bau einer Kanalisation und von Elektrizitätsleitungen sowie durch Straßenpflasterungen stark beansprucht worden war. Überdies hatten viele Helgoländer durch die Herbst- und Winterstürme 1914/15 Beschädigungen an ihren Häusern hinnehmen müssen, die zur Verhütung übler Folgen eine rasche Reparatur erforderten[120] und um Hilfe nachsuchen ließen. Immerhin fand sich daraufhin der Inselkommandant zum provisorischen Ausbessern u. a. von Dächern, Fenstern und Türen bereit, deren Schäden im Unterland zum Teil der Explosion losgerissener Sperrminen zuzuschreiben waren. Das Militär ließ sogar die Gebäude regelmäßig kontrollieren und lüften, um höheren Forderungen nach Schadensersatz zuvorzukommen. Trotzdem mangelte es in der Folgezeit nicht an Streitigkeiten vor allem zwischen den Eigentümern jener Häuser, die von Marinedienststellen beschlagnahmt worden waren oder durch soldatischen Vandalismus gelitten hatten, einerseits und den Rechnungsbehörden Preußens und des Reiches andererseits,[121] bei denen die öffentliche Hand wie herkömmlich auf strenge Kostenbegrenzung bedacht war und bei Instandsetzungen detaillierte Kalkulationen über den Aufwand erwartete, die von den Evakuierten aus der Ferne nur mit Mühe beschafft werden konnten.

IV. Kommunale Vorkehrungen in den Festungen der Ostprovinzen

Selbstverständlich wurden die Festungsstädte in den östlichen Landesteilen Preußens ebenfalls zu Vorkehrungen für den Unterhalt ihrer Bewohner angehalten, zumal hier die Planungen zunächst eine auf Rückhalt angewiesene operative Defensive vorsahen. Es war konsequent, dass sich die Behörden wiederholt mit der Verproviantierung der zur Verteidigung ausgebauten ost- und westpreußischen, posenschen und schlesischen Städte befassten, wie sich insbesondere für Thorn belegen lässt,[122] während sich andere Kommunen der Materie nur zögernd annahmen. Die Vorbereitungen der Thorner Stadtverwaltung von 1912 in Absprache mit dem Festungsgouvernement galten als vorbildlich und wurden ministeriell zur Nachahmung empfohlen; von den Maßnahmen sei Folgendes resümiert.

Die Planungen gingen bei einer Bedrohung von dem Grundsatz aus, dass sich die Einwohner selbst zu versorgen hätten, wobei die Zeitspanne zur Bevorratung auf sieben Monate angesetzt war. Die Organisation der Zufuhr von Lebensmitteln und sonstigem Unterhaltsbedarf übernahmen die Kommunalbehörden. Erst wenn sich die städtische Bedarfsdeckung, durch die man einen unkontrollierten preistreibenden Zugriff auf die begehrten Güter zu verhindern suchte, als undurchführbar erweisen sollte, wollte man notgedrungen ein individuelles, dann zweifellos für manche Schicht problematisches Verproviantieren zulassen. Zur Unterstützung der lokalen Versorgung hatte sich auch das Festungsgouvernement bereit erklärt, ohne indessen seine Ermessensfreiheit aufzugeben. Diese schloss notfalls eine militärische Beschlagnahme und Bewirtschaftung der lokalen Subsistenzmittel ein, wie das Kriegsleistungsgesetz vorsah,[123] um die Bedürfnisse der Festungsbesatzung zu sichern. Ferner war bestimmt, dass eine eventuelle Aushilfe der Militärverwaltung bei Engpässen die zivile Seite zum Ersatz verpflichtete. Damit hatte man eine Klausel vereinbart, die im Krisenfall das komplexe zivil-militärische Verhältnis zu belasten und Auseinandersetzungen zu provozieren drohte. Das sorgsam kalkulierte Versorgungskonzept taxierte die Kosten für die Lebensmittel und sonstigen Güter für einen siebenmonatigen Verbrauch einschließlich eines Teuerungszuschlags pro Person auf knapp 130 Mark[124] und schloss sogar eine Pauschale für Arzneien, Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel u. a. für Aborte mit ein, da man bei einer Belagerung mit Beschädigungen der Wasserleitungen[125] und folglich dem Versagen der Wasserspülung bei den Toiletten rechnete.

Zu den Festungsstädten mit unzulänglicher Vorsorge für den Fall einer Einschließung gehörte Posen, obwohl das regionale Generalkommando zur Bevorratung nach dem Muster Thorns gedrängt hatte.[126] Der Mahnung war nur insofern entsprochen worden, als wenig später unter Teilnahme lokaler und benachbarter Behördenvertreter über Versorgungsfragen beraten wurde, ohne dass sich nennenswerte Ergebnisse abzeichneten, weil die üblichen Diskrepanzen zwischen militärischen Ansprüchen und kommunaler, vor allem finanziell begründeter Obstruktion ein übergroßes Hindernis bildeten. Das militärische Verlangen nach einer fünfmonatigen Verproviantierung lehnten sowohl der Oberbürgermeister als auch die Landräte für die im Festungsbereich gelegenen Ortschaften prinzipiell ab, da die benötigten Mittel nicht verfügbar waren und es im Übrigen, wie vielsagend angefügt wurde, auch keine gesetzliche Grundlage für eine solche Verpflichtung der Kommune und Bürger gebe, womit auf ein staatliches Engagement angespielt wurde. Selbst die Drohung der Posener Kommandantur mit der Abschiebung vorratsloser Städter, deren vermeintliche Menge auf 80 000 bis 90 000 Personen angesetzt worden war,[127] führte zu keinem Meinungswandel. Ebensowenig ließen sich die zivilen Repräsentanten durch die Warnung beeindrucken, dass nach einem Kriegsausbruch mit dem Erwerb von Lebensmitteln im größeren Umfang kaum gerechnet werden könne.

Den ersten unbefriedigenden Sondierungen folgten neuerliche Beratungen unter Beteiligung u. a. des Oberpräsidenten der Provinz, des Festungskommandanten, Angehöriger des Generalkommandos sowie Vertreter der Stadt und kommunaler Versorgungsbetriebe.[128] Ausgehend von einer jetzt auf sieben Monate angesetzten Einschließungsdauer und rund 157 000 Zivilbewohnern, deren mögliche Minderung durch eine freiwillige Abreise der Bessergestellten indessen unberücksichtigt blieb, wurde nun dem formal und fachlich aufgewerteten Gremium eine Kalkulation über den Bedarf an Brot, Mehl, Fleisch, Fisch, Fett, Zucker, Kartoffeln etc. vorgestellt und somit das Volumen der Bedarfsgüter abgesteckt. Wie bei konkurrierenden zivil-militärischen Ansprüchen üblich, fiel der Festungsbesatzung der vorrangige Zugriff auf die vorhandenen Konsumgüter zu, während die Kommune bei einem etwaigen Fehlbestand auf Absprachen mit dem Handel verwiesen wurde, um auf dessen hoffentlich aufgestockte Vorräte zurückgreifen zu können. Dass eine derartige Erwartung finanzielle Zusagen an die Geschäftsleute voraussetzte, zumal manche Waren regelmäßig umgeschlagen und aufgefrischt werden mussten, fand als Kostenfaktor zwar eine lapidare Erwähnung, doch wurde der Aspekt einer notwendigen Ausgleichszahlung für die Leistungen übergangen. In die Überlegungen waren die Wasserversorgung, der Kohlenbedarf, das Bevorraten mit Medikamenten, Verbandsmaterial und Desinfektionsmitteln einbezogen, jedoch die finanziellen Aspekte wiederum ausgespart worden, wozu im Übrigen das Innenministerium aus opportunistischen Erwägungen geraten hatte,[129] weil sonst nicht einmal eine auf Vorüberlegungen beschränkte Übereinkunft zu erzielen gewesen wäre. In Posen begnügte man sich deshalb mit einigen wie zufällig anmutenden Kostenansätzen auf hypothetischer Grundlage, die keinen Rückschluss auf ein finanzielles Engagement der Kommune zuließen.

Immerhin hatten die Beratungen nützliche Einsichten und diskutable Vorschläge erbracht, gleichzeitig allerdings die Schwierigkeiten verdeutlicht, die zur Fortsetzung der Sondierungen zwangen; von diesen seien die weiterführenden, dem Innenminister vorgelegten Ergebnisse resümiert.[130] Die Anregung zum Abschluss von Lieferverträgen mit dem lokalen Handel erwies sich als illusorisch, weil für die Geschäftsleute das Risiko einer ausgeweiteten Vorratshaltung bei zweifelhaftem Absatz unüberschaubar war und es außerdem an Lagerkapazität fehlte, die ein Speichern großer Mengen an Lebensmitteln zugelassen hätte. Zum Überwinden dieser Probleme wären Mittel der öffentlichen Hand, und zwar in erster Linie der Kommune, zum subventionierten Warenkauf und zum Speicherbau erforderlich gewesen, aber damit war kaum zu rechnen, hatten doch der Oberbürgermeister und der Stadtrat Posens ein solches Ansinnen längst abgelehnt. Diese Absage schloss eine Kalkulation des voraussichtlichen Aufwands durch städtisches Fachpersonal nicht aus, die beispielsweise die Kosten für einen Verwalter der Proviantvorräte, für Wachtpersonal und die obligatorische Feuerversicherung enthielt und mit ihrem detaillierten Kostenanschlag in einem eigentümlichen Kontrast zur ausstehenden und unwahrscheinlichen Grundsatzentscheidung stand. Dennoch mangelte es auch in Posen nicht an sachdienlichen Erwägungen und Vorbereitungen. So finden sich in den Beratungsunterlagen zum Beispiel Angaben über die Vorräte des Einzel- und Großhandels an Lebensmitteln, ferner über das benötigte Schlachtvieh und außerdem die Lagerkapazität für Fleisch, für das ein zweites Gefrierhaus gebraucht wurde, falls der zu Vermeidung einer entsprechenden Investition ersatzweise vorgesehene Bierkeller der lokalen Brauerei ungeeignet sein sollte. Den Ankauf des Schlachtviehs wollte man übrigens der Heeresverwaltung überlassen und das Erforderliche für die Stadtbewohner abzweigen, um Konkurrenz beim Einkauf zu vermeiden und die dem Militär durch das Kriegsleistungsgesetz[131] gewährten Beschaffungsvorteile zu nutzen. Andererseits hatte eine Bestandsaufnahme ergeben, dass die derzeitigen Getreidevorräte der örtlichen Großhändler und Mühlenbetriebe zur Deckung der Nachfrage an Mehl wahrscheinlich ausreichten. Auch die anderen lebenswichtigen Güter ließen keine größeren Engpässe befürchten und folglich war unter der Voraussetzung kein Mangel zu erwarten, dass höheren Orts hinlängliche Mittel zum Abschluss vor- und teilfinanzierter Lieferverträgen bereitgestellt würden.

Nach überschlägiger Zusammenstellung beliefen sich die Kosten für die Bevorratung nach dem Friedensstandard auf über zehn Millionen Mark, zu denen nach der Mobilmachung noch ca. acht Millionen Mark für Ergänzungen u. a. an Gütern mit begrenzter Haltbarkeit und für eine spezielle kommunale Reserve hinzukamen. Solange die Finanzierung aber nicht geklärt war, was in weiteren Verhandlungen zwischen dem Oberpräsidenten der Provinz, der Militärverwaltung und dem Oberbürgermeister gelingen sollte, verharrten die Planungen im theoretischen Stadium und blieb eine Verwirklichung ohne staatliches Engagement und massivem Handlungsdruck ungewiss.

Von zögerlicher, wenn nicht vernachlässigter Vorsorge für den Fall einer Einschließung kündet auch die Berichterstattung Königsbergs, obwohl die renommierte Festungs-, Krönungs- und Provinzhauptstadt in weniger als fünf Tagesmärschen von in Grenznähe stationierten russischen Truppen zu erreichen war und deswegen mit einer raschen Blockade gerechnet werden musste. Denn als Mitte 1914 der ostpreußische Oberpräsident den Innenminister über den Stand der Vorbereitungen informierte,[132] war von konkreten Lösungen kaum die Rede, statt dessen häuften sich in den Darlegungen solche Wendungen[133] wie »ist vorgesehen«, »ist ferner in Aussicht genommen« oder »schweben noch Verhandlungen«, die das Ungenügen und die Sustanzarmut nicht kaschieren konnten. Warum die Vorkehrungen, die nominell unter der Leitung des regional verantwortlichen Oberpräsidenten standen, so schleppend betrieben wurden, ist unbekannt, doch waren vermutlich die politischen Zweifel an der kommunalen Verpflichtung zur Vorsorge und an einer kurzfristigen Gefährdung ausschlaggebend.

In Königsberg musste bei einer Einschließung der Unterhalt von bis zu 220 000 Zivilbewohnern sichergestellt werden. Allerdings setzte man bei Gefahr auf eine merkliche Verringerung durch ein freiwilliges Verlassen der Stadt vor allem von Frauen, Kindern und Greisen, deren behördliches Abschieben – von den Ausländern abgesehen – die zivile Seite im Unterschied zum Festungsgouvernement nicht für ratsam hielt. Als vermeintliche Chance zur Entlastung von weiteren überzähligen Einwohnern galt zudem die Vermittlung von Arbeitskräften zur Landarbeit ins Umland, um die durch das Einberufen Wehrpflichtiger entstandenen Lücken zu schließen und außerdem die für die Zeit nach Kriegsausbruch erwartete städtische Arbeitslosigkeit zu dämpfen. Hingegen sollte der Zuzug in die Stadt zur Erleichterung einer geordneten Versorgung mit polizeilichen und notfalls militärischen Mitteln verhindert werden. Bei den Lebensbedürfnissen war die Anlage eines sechsmonatigen Vorrats beabsichtigt. Für diesen Zeitraum war anscheinend der Fleischkonsum relativ leicht aus dem Königsberger Umland zu decken, zumal eine große Kühl- und Gefrieranlage erst vor kurzem in Betrieb genommen worden war und das Einlagern erleichterte. Die Lage beim Brotgetreide warf dagegen Schwierigkeiten auf, wurde vom Oberpräsidenten dennoch positiv eingeschätzt, da man in der kurzerhand vorausgesetzten Frist zwischen Mobilmachung und etwaiger Einschließung, die optimistisch auf ein paar Wochen veranschlagt wurde, von hinlänglicher Zeit für Zufuhren ausging.[134] Die zwischenzeitlich erwogene Lösung, durch kommunale Getreidelager Defizite auszugleichen, hatte sich nämlich als unausführbar erwiesen, weil die Stadt wie andere Festungsstädte eine risikoreiche Bevorratung ablehnte. Die meisten Lebensmittel und ebenso Brennstoffe waren offenbar in ausreichender Menge vorhanden. Mit Mangel rechnete man hingegen bei einer längeren Unterbrechung der Lieferung von Arzneien und Verbandsmaterial, deckte doch der Sanitätsdienst der Truppe seinen Bedarf überwiegend bei lokalen Unternehmen, sodass er den Krankenhäusern und der Krankenpflege den Kauf zu beschneiden drohte. Rechtzeitige Absprachen schienen deswegen geboten zu sein, die nach Ansicht von Oberpräsidium und Magistrat die Nachfrage in Korrelation zum Angebot zu regulieren hatten und auch durch das Militär gutgeheißen wurden. Das unbefriedigende Fazit, das der an den Innenminister berichtende Oberpräsident über die Königsberger Kriegsvorsorge zog, kann als bezeichnend gelten: Er schloss sein Schreiben mit der vagen Hoffnung,[135] »dass es gelingen [werde], die vorhandenen Schwierigkeiten zu überwinden«, womit er indirekt auf ein zivil-militärisches Nebeneinander in der Festungsstadt anspielte, das bei als unbillig empfundenen Forderungen im Unterschied zu früheren Jahrzehnten Widerspruch nicht mehr ausschloss.

Von einer Einschließung blieb Königsberg im Spätsommer 1914 verschont, nicht aber von Eingriffen in das tägliche Leben mit erheblichen Belastungen. Als sich Mitte August infolge des Einfalls russischer Truppen in die Provinz Ostpreußen die Gefahr einer Belagerung abzuzeichnen schien, beschleunigte sich auf Anraten des Festungsgouvernements, das zugleich die Verproviantierung für die Besatzung forciert hatte, der bisher zögerliche Abzug von Einwohnern. Dieser war insbesondere den beruflich Abkömmlichen und deren Angehörigen sowie den Kranken nahegelegt worden.[136] Zudem wurden die Familien der im aktiven Militärdienst Stehenden durch einen Bahntransport in ungefährdete westliche Gebiete verbracht[137] und ferner die unausgebildeten Rekruten und Kriegsfreiwilligen über das Frische Haff nach Danzig verschifft, um sie einer befürchteten Internierung zu entziehen. Die Stadt Danzig nahm vorübergehend auch das Oberlandesgericht, die (Bezirks-)Regierungskasse und wichtige Aktenbestände auf. Dem Königsberger Magistrat wiederum oblag die Organisation der Versorgung der Einwohnerschaft und somit die Realisierung jener Maßnahmen, die in den vorausgegangenen Monaten ohne Nachdruck eingeleitet worden waren. Sorge bereitete darüber hinaus der Andrang vieler Flüchtlinge aus den in feindliche Hand gefallenen östlichen Distrikten, deren Unterbringung und Verpflegung sicherzustellen war, bevor sie auf die Weiterreise mit gecharterten Schiffen nach Westen geschickt werden konnten.

Im Unterschied zu Königsberg war die Lebensmittelversorgung der Zivilbevölkerung in der grenznahen Festung Thorn[138] längst geregelt, sodass nur Aktualisierungen und Nachbesserungen geboten waren, wie der westpreußische Oberpräsident in seinem Bericht an den Innenminister feststellte[139] und zufrieden bilanzierte, es seien hier »unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse so ausreichende Vorbereitungen getroffen [worden], dass von weitergehenden Maßnahmen [...] abgesehen werden« könne.[140]

Hingegen war die Lage in Graudenz, der zweiten an der Weichsel gelegenen westpreußischen Festung, aufgrund des jüngst begonnenen Ausbaus der Anlagen problematischer.[141] Die fortifikatorische Aufwertung hatte nämlich die Erwartung, dass im Kriegsfall nicht mit einer raschen Gefährdung zu rechnen sei und es deshalb genügend Zeit zur Verproviantierung aus dem Umland gebe, insofern spürbar beeinträchtigt, als mit der Verstärkung der Festungswerke zugleich die Besatzung aufgestockt worden war, deren Versorgung wie üblich Priorität hatte und demnach den Rückgriff auf die in der Nähe verfügbaren Ressourcen für die Stadtbevölkerung beschränkte. Diese Folgen hatte die zivile Seite wegen unzulänglicher Absprachen nicht ins Kalkül einbezogen und sah sich nun vor eine neue Situation gestellt, die zu aufwendigen Umdispositionen samt der Klärung des Umfangs, der Deckung und des Magazinierens des auf sieben Monate angesetzten Bedarfs an Verbrauchsgütern zwang. Deswegen konnte dem Minister nur ein vorläufiger Bericht erstattet werden. Ein sachdienliches Konzept für die Stadt mit ihren ca. 40 000 Einwohnern, von denen notfalls knapp 2000 abgeschoben werden sollten,[142] lag bei Kriegsbeginn nicht vor.

In den ostdeutschen Städten fehlte es im Übrigen nicht an weiteren Überlegungen unterschiedlicher Art für den Kriegsfall, die meist spezifische lokale Regelungen beinhalteten und die höheren Orts angeordneten Vorbereitungen ergänzten. Als Beispiele sei für Danzig das Einplanen eines stattlichen Kontingents an Armierungsarbeitern für den Fall des Übergangs zur Kriegsbereitschaft genannt,[143] für Posen die Absicht zum vorrangigen Abschieben der polnischen Bewohner erwähnt[144] und für Breslau auf das Verlangen nach Unterbringung der Ausquartierten in einer Entfernung von mindestens fünfzig Kilometer verwiesen.[145] Also mangelte es nicht prinzipiell an kommunaler Bereitschaft zur Kooperation mit dem Militär; das traf in der Regel aber nur zu, wenn damit für die Stadt keine größeren materiellen oder finanziellen Lasten verbunden waren.

V. Zweifelhafte Staatstreue in östlichen Festungsstädten?

Bekanntlich lief die operative Kriegführung im Osten zunächst auf eine Defensive hinaus. Trotzdem konnten die quantitativ unterlegenen deutschen Kräfte nicht verhindern, dass bald nach dem Kriegsausbruch russische Verbände nach Ostpreußen vordrangen und in Teilen der Bevölkerung eine Fluchtbewegung auslösten, die sogar westpreußische Landesteile zu erfassen drohte.[146] Der befürchtete Durchbruch wurde durch die Schlacht bei Tannenberg verhindert und folglich ein rasches Abschieben von Bewohnern unnötig, für das beispielsweise in Thorn neben den Vorkehrungen der Vorkriegszeit[147] gegen Ende August 1914 schon Absprachen zum Ausquartieren von mehreren tausend Personen getroffen worden waren. Das betraf in gleicher Weise die Festungsstadt Posen,[148] aus der bei einer Gefährdung ungefähr 60 000 Einwohner ausquartiert werden sollten,[149] für deren Unterbringung der relativ ferne mitteldeutsche Regierungsbezirk Merseburg bestimmt worden war.[150] Für die schlesischen Festungen waren ebenfalls Ausweisungen vorgesehen. Aus Breslau waren im Spätsommer längst die Ausländer deportiert sowie die Insassen der Irren- und Strafanstalten evakuiert worden, deren bescheidenes Quantum sich durch die freiwillige Abreise weiterer Städter vergrößert hatte.[151] Die Zahl der bei akuter Gefahr vordringlich Auszuquartierenden war so auf gut 9000 begrenzt. Denn der überwiegende Teil der Breslauer mit ungefähr 450 000 Personen[152] konnte unmöglich abgeschoben werden und blieb in der Stadt, deren auf vier Monate angesetzte Verproviantierung im Großen und Ganzen als sichergestellt galt. Doch nicht nur für die Provinzhauptstadt war Vorsorge geboten, sondern auch für das oberschlesische Industrierevier, das angeblich in der ersten Septemberhälfte 1914 mit einem Angriff russischer Kavallerieabteilungen zu rechnen hatte.[153]

Der Übergang exekutiver Befugnisse auf die kommandierenden Generale und die höheren Festungsbefehlshaber nach der Erklärung des Kriegszustands schloss umfangreiche Ermächtigungen ein, zu denen u. a. das Begrenzen oder Aufheben von Grundrechten gehörte. In den östlichen Provinzen mit fremdsprachigen Staatsbürgern, zu denen Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien mit einem beträchtlichen Bevölkerungsanteil polnischer Muttersprache zählten, kam es daraufhin wie in Nordschleswig und in Lothringen (siehe unten) zu Restriktionen bei der Presse und mitunter zur Überwachung als illoyal eingeschätzter Redakteure.[154] Von solchem Vorgehen wird aus dem Bezirk des XVII. Armeekorps berichtet, der im Wesentlichen die Provinz Westpreußen umfasste und in dem das Hin und Her von Verbot und Freigabe von der Unsicherheit der Verantwortlichen kündete. Denn Anfang August 1914 war das Erscheinen aller Zeitungen und Zeitschriften in polnischer Sprache untersagt[155] und dann zwei Wochen später wegen der »patriotischen Haltung« dieser Presseorgane wieder erlaubt worden,[156] um zehn Tage später neuerlich verboten zu werden,[157] nachdem russische Truppen nach Ostpreußen vorgestoßen waren und das Tal der Weichsel zur Kampfzone zu werden schien. Ob und wann das Verbot abermals aufgehoben wurde, ist unbekannt, doch ist ein derartiger Schritt wohl erst nach größeren Erfolgen im Osten zu vermuten. Im Übrigen mangelte es nicht an weiteren Vorsichtsmaßnahmen, zu denen Aufenthaltsbeschränkungen für ausländische Wanderarbeiter,[158] eine Anordnung zur vorsorglichen Räumung des ersten Rayons der Festung Danzig,[159] Abholzungen im Bereich der Außenwerke der Festung Posen und zusätzlich der Bau betonierter Unterstände,[160] zudem das Niederlegen von Gebäuden im Vorfeld der Festung Graudenz[161] und, um eine Gefährdung von Menschen und Vieh durch verseuchtes Wasser auszuschließen, ein Nutzungsverbot des dortigen Weichselwassers gehörten.[162]

Hatte die militärische Lage im Spätsommer stabilisiert werden können, so zeichneten sich Ende Oktober 1914 neuerliche Gefahren für die Provinzen Schlesien und Posen ab. Für die alarmierten regionalen Behörden ging es nun zum ersten um ein beruhigendes Einwirken auf die Bevölkerung, um eine Massenflucht mit demoralisierenden Auswirkungen zu verhindern,[163] zum zweiten um das Verhalten der ausharrenden Bewohner bei einem Einfall, denen zur Verhütung von Übergriffen und Gewalt ein pragmatisches Entgegenkommen etwa bei der Forderung von Verpflegung, Unterkunft etc. empfohlen wurde,[164] und zum dritten um die Organisation eines eventuell notwendigen Abtransports von Menschen und Vieh.[165] Die daraufhin vorgesehenen Maßnahmen für den Fall einer Invasion trugen unterschiedliche Akzente, die anscheinend die individuellen Wahrnehmungen und Beurteilungen der Bedrohung durch die leitenden Beamten spiegeln. Während das Oberpräsidium in Schlesien die Bewohner zum Bleiben in der Heimat ermunterte, war man im Posener Oberpräsidium skeptisch und billigte Ratschlägen zum Standhalten wegen »der vandalischen Kriegsführung der Russen«[166] wenig Chancen zu,[167] weshalb die Oberbehörde frühzeitig um Eisenbahntransporte zum Ausweichen nach Westen bemüht war. Allerdings hatten auch die Ratschläge des Breslauer Oberpräsidiums nicht verhindern können, dass aus Unsicherheit nachgeordneter Dienststellen oder infolge militärischen Drucks kurzerhand einige hundert Schlesier in den thüringischen Regierungsbezirk Erfurt abgeschoben worden waren.[168] Außerdem wurden in jenen Wochen diverse Rekrutendepots aus den östlichen Regionen einschließlich der Wehrpflichtigen der nächsten zwei, drei Jahrgänge nach Westen verlegt, um sie einer befürchteten Internierung zu entziehen,[169] wobei unklar ist, ob hierbei etwaige Loyalitätskonflikte bei polnischsprachigen Dienstpflichtigen ebenfalls eine Rolle spielten. Folge der Verlegung war ein alsbald beklagter Mangel an Arbeitskräften.

VI. Verhaftungen und Abschiebungen: Die Festungsstädte Bitsch, Metz und Straßburg

In den grenznahen Festungsstädten im Südwesten des Reiches, deren Ausbau bzw. Modernisierung 1913/14 forciert worden war,[170] stand nach Kriegsbeginn die Einwohnerschaft vermehrt unter obrigkeitlicher Beobachtung. Argwohn erweckten vor allem die frankophilen Bürger, die sich soziokulturell und politisch nicht oder nur eingeschränkt in die Gesellschaft integriert fühlten oder integrieren wollten. An repressiven Maßnahmen in Elsass-Lothringen gegen alle, die vermeintlich oder tatsächlich als Sympathisanten Frankreichs eingeschätzt wurden oder in der Öffentlichkeit mit kritischen Äußerungen an der Politik des Reiches hervorgetreten waren, fehlte es deshalb in den ersten Kriegstagen nicht. Es kam zu Verhaftungen, Internierungen und Deportationen.[171] Offenbar verfügten die Behörden über Listen mit den Namen missliebiger Personen, sodass ein rasches Vorgehen sichergestellt war, das zugleich der Abschreckung möglicher »unsicherer Kantonisten« diente, deren Zahl wiederum nach Kriegsbeginn durch die Denunziation angeblich Suspekter beträchtlich angestiegen war.[172] Indirekt wird diese Vermutung durch häufige Festnahmen u. a. wegen Spionageverdachts bestätigt, die beispielsweise in der am Südrand des Pfälzer Walds gelegenen kleinen Festung Bitsch bei unterschiedlichen Vorwürfen 151 Personen betrafen, die am Ort nicht einmal sicher untergebracht werden konnten und daher zügig abtransportiert werden mussten.[173] Unter den elsass-lothringischen Festgenommenen und dann meist zum Zwangsaufenthalt ins Reichsinnere Abgeschobenen waren ein Reichstagsmitglied, Landtagsabgeordnete, Mitglieder kommunaler Gremien, Vereinsvorstände, Redakteure und Priester.[174] Ein Erscheinungsverbot für französischsprachige Zeitungen kam hinzu und verdeutlichte mit weiteren, zum Teil schikanösen Anordnungen das behördliche Misstrauen und die Unsicherheit vor allem landfremder staatlicher Repräsentanten.

Von fragwürdigem Übereifer und anfechtbaren Vorurteilen kündet die Festnahme von ca. zwanzig Priestern, über die wenige Wochen nach Kriegsausbruch der Bischof von Metz klagte. Erst nach dessen freimütiger Intervention, mit der er unterstellte Illoyalitäten der Kleriker zurückwies, fand sich das Reichskanzleramt im Einvernehmen mit dem preußischen Kriegsministerium und dem Generalstab sowie dem Statthalter von Elsass-Lothringen bereit, den Betroffenen Hafterleichterung zuzubilligen und den gering Belasteten unter Umständen die Entlassung zu gewähren, die allerdings an einen Aufenthaltsort im Innern des Reiches gebunden sein und auf Kriegsdauer die Rückkehr in die Heimat ausschließen sollte.[175] Außerdem wurde den Behörden, die federführend bei den Festnahmen und der Aufsicht über die Inhaftierten waren, ein Termin zur Berichterstattung vorgeschrieben, um die prinzipielle Rückkehr zum rechtskonformen Verhalten kontrollieren zu können.[176]

Diese Nachforschungen erwiesen sich als zeitraubend, denn offenbar war das zivile und militärische Vorgehen gegen die vermeintlich oder tatsächlich Illoyalen in den ersten Kriegstagen unkoordiniert, wenn nicht willkürlich erfolgt. Das mehrmonatige Warten auf ein Klären der Vorwürfe und die erhoffte Rehabilitation veranlassten schließlich den Metzer Oberhirten, sich an die Reichsleitung zu wenden und politisch korrektes, gegebenenfalls gerichtsfestes Handeln anzumahnen, andernfalls werde er – so wurde unverblümt angefügt – den Apostolischen Stuhl unterrichten und diesem das Weitere überlassen müssen.[177] Darauf wurden die Ermittlungen forciert, bei denen dem Kriegsministerium vorrangig an einer Rechtfertigung der Maßnahmen und deswegen an Informationen gelegen war, »in welcher Weise katholische Geistliche, namentlich die verhafteten [...] bewusst den Bestrebungen der Regierung und der Militärbefehlshaber zur Stärkung des Deutschtums in Elsass-Lothringen entgegen arbeiten«.[178] Das Resultat der tendenziösen Erhebungen ließ die Zahl inhaftierter Kleriker aus den Bistümern Metz und Straßburg auf mindestens 36 ansteigen, von denen aber mehr als die Hälfte inzwischen mit Auflagen entlassen worden war.[179] Man kann dieses kaschierte Einlenken als Bemühen um Entspannung werten. So ließen es die staatlichen Stellen in den folgenden Monaten an weiteren Schritten nicht fehlen, zu denen u. a. die Erlaubnis zum französischsprachigen Gottesdienst in diversen Gemeinden[180] und vor allem die Weisung an die territorialen Befehlshaber, Eingriffe in innerkirchliche Angelegenheiten tunlichst zu vermeiden, gehörten.[181]

Mit Aktionen gegen Landesbewohner ließ man es nicht bewenden, kamen doch teils vollzogene, teils geplante Abschiebungen vieler Bewohner aus den voraussichtlichen Kampfgebieten und – das verdient hier vorrangig Aufmerksamkeit – aus den Festungsstädten hinzu. Aus der lothringischen, zur Gürtelfestung ausgebauten Stadt Metz, die in weniger als einem Tagesmarsch aus dem französischen Grenzgebiet zu erreichen war, sollten kurzfristig bis zu 25 000 Bewohner, mehr als zwei Drittel der Zivilbevölkerung, ausquartiert und im östlichen Mittelrheingebiet untergebracht werden, da deren Verpflegung im Fall einer Gefährdung nicht gewährleistet war;[182] dass die Kommando- und Verwaltungsbehörden überdies erhebliche Zweifel an der Staatstreue der größtenteils französischsprachigen Bürger hegten,[183] lieferte insgeheim eine weitere Begründung. Vereinzelte Übergriffe auf Wachtposten sah das Festungsgouvernement als Bestätigung für seinen Verdacht an und drohte wie im Feindesland sogar mit Geiselnahme, von der rund ein Dutzend Stadtverordnete betroffen sein sollte.[184] Der geforderte Abtransport der meisten Zivilbewohner aus Metz binnen weniger Tage galt somit als konsequent und dringlich; jedoch stieß das Ersuchen bei den für Bahntransporte zuständigen Militärs auf Einwände, da der Truppenaufmarsch uneingeschränkten Vorrang hatte und ein Abweichen von den detaillierten Planungen nach Ansicht der Bahnabteilung im Generalstab ausgeschlossen war.[185] Dennoch kam es ein, zwei Wochen später und somit vor dem Beginn der Grenzschlachten[186] zur Ausweisung vieler Einwohner, von denen das Gros in der preußischen Provinz Hessen-Nassau und der kleinere Teil im Großherzogtum Hessen Unterkunft fanden; zur Einquartierung dienten neben den derzeit wenig frequentierten Badeorten vorwiegend ländliche Gebiete.[187] Der Abzug aus der Festungsstadt verlief allerdings nicht nach Plan. Falsche Angaben über die zur Aufnahme vorgesehenen Stadt- und Landkreise und daraus resultierende Fehlleitungen der Züge hatten nämlich zu beträchtlichen Verwirrungen und für die Ausgewiesenen zu mancherlei Zumutungen geführt,[188] die offenbar behördlicher Hektik in den ersten Kriegswochen anzulasten waren. Der Aufwand für die vorübergehend Abgeschobenen belief sich beinahe auf 463 000 Mark, wie die Metzer Stadtverwaltung später in einen Erstattungsantrag geltend machte, und lässt auf ein mehrwöchiges, vermutlich bis Anfang oder Mitte September 1914 währendes »Exil« schließen,[189] wenn man die üblichen Unterhaltssätze für Ausquartierte zugrunde legt.

Das Entfernen ärmerer Städter mit rund 30 000 Personen bzw. gut 20 Prozent der Einwohnerschaft stand auch in Straßburg zur Debatte, als Teile der Vogesen zum Kriegsschauplatz wurden.[190] Für diese Abschiebung aus der Festungsstadt, der die Abreise Wohlhabender längst vorausgegangen war, setzten die Fachleute einen Zeitbedarf von fünf bis sechs Tagen mit täglich sechs bis sieben Eisenbahnzügen an,[191] wobei als Aufnahmegebiete zwei mitteldeutsche preußische Regierungsbezirke und ferner bayerische, württembergische und thüringische Regionen vorgeschlagen worden waren,[192] um die politisch erwünschte dezentrale Unterbringung sicherzustellen. Kurz vor dem Verwirklichen wurde das Vorhaben indessen vom Festungsgouvernement aufgegeben, weil es durch die militärische Entwicklung im Umland an Dringlichkeit verloren hatte und außerdem die Versorgung der Bevölkerung bei einer Einschließung inzwischen als gewährleistet galt.[193] Zwar behielt sich das Militär den Rückgriff auf das erarbeitete Abschiebungskonzept vor, falls es demnächst zu einem Angriff kommen sollte,[194] doch ergab sich diese Notwendigkeit im Kriegsverlauf nicht und daher blieben den Straßburgern derartige Zwangsmaßnahmen erspart.

* * *

Als Fazit der Analyse über die Kriegsvorsorge in den Festungsstädten ist festzuhalten, dass im Unterschied zur bewaffneten Macht die Vorbereitungen auf einen Kriegsfall für die Bewohner grenznaher Festungsstädte vernachlässigt worden waren, da zum einen unmittelbarer Sachzwang fehlte oder kurzweg in Zweifel gezogen wurde und zum anderen die Zuständigkeit für die Proviantierung zwischen den Ressorts des Innern und des Kriegs strittig war. Erst 1912/13 fand die Aufgabe größere Aufmerksamkeit und führte zu Vorüberlegungen über den Bedarf an Verbrauchsgütern, denen trotz des Nachdrucks höherer Behörden aber nur ausnahmsweise konkrete Maßnahmen folgten, weil die ungeklärte Finanzierung den bei der Vorsorge federführenden Kommunen ein zögerliches Vorgehen erleichterte. Daher waren die meisten Festungsstädte in Analogie zum Reich auf einen Kriegsausbruch wirtschaftlich nicht vorbereitet. Das galt administrativ mit Einschränkungen für das von den Kommandobehörden verlangte und von den Zivilbehörden zu organisierende Abschieben mittelloser und verdächtiger Einwohner ebenfalls, zu denen auch die sozio-kulturell nicht oder schlecht integrierten sprachlichen Minderheiten zählten. Die Vorbereitungen in den Festungsstädten, in denen sich die zivilen und militärischen Belange überschnitten, spiegeln in der unzulänglichen Kooperation politisch-rechtliche und ökonomische Versäumnisse, die durch die in der Öffentlichkeit dominierende Illusion vom kurzen Krieg mitverursacht worden waren.

Published Online: 2019-11-14
Published in Print: 2019-11-05

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Artikel in diesem Heft

  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Editorial
  4. Nachruf
  5. Aufsatz
  6. Zur Lage der Zivilbewohner in Festungsstädten beim Kriegsausbruch 1914: Kommunale Vorsorge für den Unterhalt und behördliche Zwangsmaßnahmen
  7. Lebenswelten und Deutungszusammen-hänge im modernen Massenkrieg
  8. Propagandisten des k.u.k. Vielvölkerreiches: Österreichisch-ungarische Soldaten im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges
  9. Nachrichten aus der Forschung
  10. »Sowjetische Kriegsgefangene. Widerstand. Kollaboration. Erinnerung«
  11. »Blicke auf die Revolution 1918/19«
  12. »Comparing Militaries in the Long 19th Century«
  13. »Gewalt und Heldentum«
  14. Buchbesprechungen Allgemeines
  15. Gewaltgemeinschaften in der Geschichte. Entstehung, Kohäsionskraft und Zerfall. Hrsg. von Winfried Speitkamp, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017, 276 S., EUR 60,00 [ISBN 978‑3‑525‑30116‑6]
  16. Jeremy Black, Combined Operations. A Global History of Amphibious and Airborne Warfare, Lanham, MD [u. a.]: Rowman & Littlefield 2018, XIV, 247 S., $ 35.00 [ISBN 978‑1‑4422‑7693‑2]
  17. Manfried Rauchensteiner, Unter Beobachtung. Österreich seit 1918, Wien [u. a.]: Böhlau 2017, 628 S., EUR 29,00 [ISBN 978-3-205-20500-5]
  18. Friederike Neumann, Schreiben im Geschichtsstudium, Opladen, Toronto: Budrich Verlag 2018, 111 S. (= utb. Schreiben im Studium, 5), EUR 12,99 [ISBN 978‑3‑8252‑4843‑7]
  19. Frühe Neuzeit
  20. Herfried Münkler, Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618–1648, Berlin: Rowohlt 2017, 975 S., EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑87134‑813‑6]
  21. Menschen im Krieg. Die Oberpfalz 1618 bis 1648. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Amberg. Hrsg. von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 2018, 92 S. (= Staatliche Archive Bayerns. Kleine Ausstellungen, 58), EUR 4,00 [ISBN 978‑3‑938831‑85‑4]
  22. Zeichen und Medien des Militärischen am Fürstenhof in Europa. Hrsg. von Matthias Müller und Peter-Michael Hahn, Berlin: Lukas 2017, 240 S. (= Schriften zur Residenzkultur, 10), EUR 36,00 [ISBN 978‑3‑86732‑251‑5]
  23. Marcus Warnke, Logistik und friderizianische Kriegsführung. Eine Studie zur Verteilung, Mobilisierung und Wirkmächtigkeit militärisch relevanter Ressourcen im Siebenjährigen Krieg am Beispiel des Jahres 1757, Berlin: Duncker & Humblot 2018, 696 S. (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 50), EUR 139,90 [ISBN 978‑3‑428‑15371‑8]
  24. Brian L. Davies, The Russo-Turkish War, 1768–1774. Catherine II and the Ottoman Empire, London [u. a.]: Bloomsbury 2016, X, 328 S., £ 25.99 [ISBN 978‑1‑4725‑0801‑0]
  25. 1789–1870
  26. Günter Müchler, Napoleon. Revolutionär auf dem Kaiserthron, Darmstadt: Theiss 2019, 623 S., EUR 24,00 [ISBN 978‑3‑8062‑3917‑1]
  27. Hideaki Suzuki, Slave Trade Profiteers in the Western Indian Ocean. Suppression and Resistance in the Nineteenth Century, London: Palgrave Macmillan 2017, XIII, 224 S., EUR 74,96 [ISBN 978‑3‑319‑59803‑1]
  28. Buchbesprechungen, 1871–1918
  29. Matthias Häussler, Der Genozid an den Herero. Krieg, Emotion und extreme Gewalt in »Deutsch-Südwestafrika«, Weilerswist: Velbrück 2018, 348 S., EUR 38,90 [ISBN 978‑3‑95832‑164‑9]
  30. Handbuch einer transnationalen Geschichte Ostmitteleuropas, Bd 1: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Hrsg. von Frank Hadler und Matthias Middell, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017, 685 S. (= Transnationale Geschichte, 6), EUR 75,00 [ISBN 978‑3‑525‑30173‑9]
  31. Vor dem Sprung ins Dunkle. Die militärische Debatte über den Krieg der Zukunft 1880–1914. Hrsg. von Stig Förster, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2016, 406 S. (= Krieg in der Geschichte, 92), EUR 54,00 [ISBN 978‑3‑506‑78266‑3]
  32. Geheimdienst und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Die Aufzeichnungen von Oberst Walter Nicolai 1914 bis 1918. Im Auftrag des ZMSBw hrsg. von Michael Epkenhans [u. a.], Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, X, 667 S. (= Zeitalter der Weltkriege, 18), EUR 64,95 [ISBN 978‑3‑11‑060501‑3]
  33. Christian Th. Müller, Jenseits der Materialschlacht. Der Erste Weltkrieg als Bewegungskrieg, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2018, VI, 297 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑77870‑3]
  34. Holger Afflerbach, Auf Messers Schneide. Wie das Deutsche Reich den Ersten Weltkrieg verlor, München: C. H. Beck 2018, 664 S., EUR 29,95 [ISBN 978‑3‑406‑71969‑1]
  35. Monika Gibas und Ulrike Krauße, Jüdische Soldaten Magdeburgs. Regionalgeschichtliche Aspekte des Ersten Weltkrieges, Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag 2018, 94 S., EUR 10,00 [ISBN 978‑3‑96311‑028‑3]
  36. Das Kriegsgefangenenlager Amberg-Kümmersbruck im Ersten Weltkrieg. Begleitband zur Ausstellung in Zusammenarbeit von Staatsarchiv Amberg, Stadtarchiv Amberg, Gemeinde Kümmersbruck und Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern. Hrsg. vom Kultur-Schloss Theuern, Red.: Maria Rita Sagstetter [u. a.], Kümmersbruck: Kultur-Schloss Theuern 2017, 228 S. (= Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern – Kultur-Schloss Theuern, 56), EUR 22,00 [ISBN 978‑3‑925690‑31‑0]
  37. Philosophers at the Front. Phenomenology and the First World War. Ed. by Nicolas de Warren and Thomas Vongehr, Leuven: Leuven University Press 2017, 285 S., EUR 49,50 [ISBN 978‑94‑6270‑121‑2]
  38. Sebastian Steiner, Unter Kriegsrecht. Die schweizerische Militärjustiz 1914–1921, Zürich: Chronos 2018, 472 S. (= Die Schweiz im Ersten Weltkrieg/La Suisse pendant la Première Guerre mondiale, 4), EUR 68,00 [ISBN 978‑3‑0340‑1479‑3]
  39. Ignaz Miller, 1918 – der Weg zum Frieden. Europa und das Ende des Ersten Weltkriegs, Zürich: NZZ Libro 2019, 459 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑03810‑372‑1]
  40. 1919–1945
  41. Stephen A. Smith, Revolution in Russland. Das Zarenreich in der Krise 1890–1928. Aus dem Engl. von Michael Haupt, Darmstadt: Zabern 2017, 496 S., EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑8053‑5068‑6]
  42. Wolfgang Templin, Der Kampf um Polen. Die abenteuerliche Geschichte der Zweiten Polnischen Republik 1918–1939, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2018, 254 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78757‑6]
  43. Volker Koop, Hitlers Griff nach Afrika. Kolonialpolitik im Dritten Reich, Bonn: Dietz 2018, 213 S., EUR 24,00 [ISBN 978‑3‑8012‑0538‑6]
  44. Dennis Egginger-Gonzalez, Der Rote Stoßtrupp. Eine frühe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, Berlin: Lukas 2018, 794 S., EUR 34,90 [ISBN 978‑3‑86732‑274‑4]
  45. Nicholas John Williams, An »Evil Year in Exile«? The Evacuation of the Franco-German Border Areas in 1939 under Democratic and Totalitarian Conditions, Berlin: Metropol 2018, 612 S. (= Evakuierungen im Zeitalter der Weltkriege/Évacuations à l’ère des Guerres mondiales/Evacuations in the Age of World Wars, 2), EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑86331‑368‑5]
  46. Kristian Gancer [= Christian Ganzer] [u. a.], Brest, leto 1941 g. Dokumenty, Materialy, Fotografii, Smolensk: Inbelkul’t 2017, 728 S., RUB 1355,00 [ISBN 978‑5‑00076‑037‑6]
  47. Alexander Querengässer, El Alamein 1942. Materialschlacht in Nordafrika, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2019, 266 S. (= Schlachten – Stationen der Weltgeschichte), EUR 29,90 [ISBN 978‑3‑506‑78912‑9]
  48. Nach Stalingrad. Walther von Seydlitz’ Feldpostbriefe und Kriegsgefangenenpost 1939–1955. Hrsg. von Torsten Diedrich und Jens Ebert im Auftrag des ZMSBw, 2. überarb. Aufl., Göttingen: Wallstein 2018, 427 S., EUR 24,90 [ISBN 978-3-8353-3190-7]
  49. Thomas Karlauf, Stauffenberg. Porträt eines Attentäters, München: Blessing 2019, 367 S., EUR 24,00 [ISBN 978‑3‑89667‑411‑1]
  50. Linda von Keyserlingk-Rehbein, Nur eine »ganz kleine Clicque«? Die NS-Ermittlungen über das Netzwerk vom 20. Juli 1944, Berlin: Lukas 2018, 707 S. (= Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Reihe A: Analysen und Darstellungen, 12), EUR 34,90 [ISBN 978‑3‑86732‑303‑1]
  51. Jakob Knab, Ich schweige nicht. Hans Scholl und die Weiße Rose, Darmstadt: Theiss 2018, 264 S., EUR 24,95 [ISBN 978‑3‑8062‑3748‑1]
  52. Sven Deppisch, Täter auf der Schulbank. Die Offiziersausbildung der Ordnungspolizei und der Holocaust, Marburg, Tectum 2017, 672 S. (= Veröffentlichungen des Bayerischen Polizeimuseums, 2), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑8288‑4050‑8] Hans-Christian Harten, Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2018, 668 S., EUR 89,00 [ISBN 978‑3‑506‑78836‑8]
  53. Klaus-Jürgen Bremm, Die Waffen-SS. Hitlers überschätzte Prätorianer, Darmstadt: Theiss 2018, 362 S., EUR 24,95 [ISBN 978‑3‑8062‑3793‑1]
  54. Falk Breuer und Walter Waiss, Heinrich Sannemann. Ein Jagdfliegerleben in Berichten, Dokumenten, Fotos, Aachen: Helios 2018, 248 S., EUR 39,80 [ISBN 978‑3‑86933‑218‑5]
  55. Christian König und Axel Kleckers, Das große Bordflugzeug. Arado AR 95 und Heinkel He 114, Aachen: Helios 2018, 148 S., EUR 34,50 [ISBN 978‑3‑86933‑215‑4]
  56. The 10 Cent War. Comic Books, Propaganda, and World War II. Ed. by Trischa Goodnow and James J. Kimble, Jackson, MS: University Press of Mississippi 2017, IX, 256 S., $ 30.00 [ISBN 978‑1‑4968‑1848‑5]
  57. Nach 1945
  58. Victor Mauer, Brückenbauer. Großbritannien, die deutsche Frage und die Blockade Berlins 1948–1949, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, 573 S. (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London/Publications of the German Historical Institute London, 80), EUR 69,95 [ISBN 978‑3‑11‑058442‑4]
  59. Philipp Gassert, Bewegte Gesellschaft. Deutsche Protestgeschichte seit 1945, Stuttgart: Kohlhammer 2018, 308 S. (= Zeitgeschichte aktuell), EUR 25,00 [ISBN 978‑3‑17‑029270‑3]
  60. Jost Dülffer, Geheimdienst in der Krise. Der BND in den 1960er-Jahren, Berlin: Ch. Links 2018, 672 S. (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, 8), EUR 50,00 [ISBN 978‑3‑96289‑005‑6]
  61. Florian Reichenberger, Der gedachte Krieg. Vom Wandel der Kriegsbilder in der militärischen Führung der Bundeswehr im Zeitalter des Ost-West-Konflikts, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, XI, 498 S. (= Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, 13), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑046260‑9]
  62. Rüdiger Wenzke, Wo stehen unsere Truppen? NVA und Bundeswehr in der ČSSR-Krise 1968, Berlin: Ch. Links 2018, VIII, 595 S. (= Militärgeschichte der DDR, 26), EUR 55,00 [ISBN 978‑3‑96289‑026‑1]
  63. DDR-Spionage. Von Albanien bis Grossbritannien. Hrsg. von Helmut Müller-Enbergs und Thomas Wegener Friis, Frankfurt a. M.: Verlag für Polizeiwissenschaft 2018, 320 S. (= Analysen zu Sicherheitsfragen, 6), EUR 34,90 [ISBN 978‑3‑86676‑535‑1]
  64. Siegfried Lautsch, Grundzüge des operativen Denkens in der NATO. Ein zeitgeschichtlicher Rückblick auf die 1980er-Jahre und Ausblick, 2., erw. Aufl., Berlin: Miles 2018, 327 S., EUR 24,80 [ISBN 978‑3‑945861‑58‑5]
  65. Tobias Wunschik, Knastware für den Klassenfeind. Häftlingsarbeit in der DDR, der Ost-West-Handel und die Staatssicherheit (1970–1989), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014, 363 S. (= Analysen und Dokumente, 37), EUR 29,99, [ISBN 978‑3‑525‑35080‑5]
  66. Tradition in der Bundeswehr. Zum Erbe des deutschen Soldaten und zur Umsetzung des neuen Traditionserlasses. Hrsg. von Donald Abenheim und Uwe Hartmann, Berlin: Miles 2018, 312 S., EUR 29,80 [ISBN 978‑3‑945861‑75‑2]
  67. Paweł Machcewicz, Der umkämpfte Krieg. Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig. Entstehung und Streit. Aus dem Poln. übers. von Peter Oliver Loew, Wiesbaden: Harrassowitz 2018, XII, 253 S. (= Polnische Profile, 5), EUR 22,90 [ISBN 978‑3‑447‑11035‑8]
  68. Expeditionary Police Advising and Militarization. Building Security in a Fractured World. Ed. by Donald Stoker and Edward B. Westermann, Solihull: Helion 2018, XI, 347 S. (= Military History Series, 3), £ 35.00 [ISBN 978‑1‑911512‑86‑8]
  69. Andreas Herberg-Rothe and Key-young Son, Order Wars and Floating Balance. How the Rising Powers Are Reshaping Our Worldview in the Twenty-First Century, London, New York: Routledge 2018, XVI, 238 S. (= Routledge Advances in International Relations and Global Politics, 133), £ 105.00 [ISBN 978‑1‑138-05710‑4]
  70. Special Operations Forces in the 21st Century. Perspectives from the Social Sciences. Ed. by Jessica Glicken Turnley, Kobi Michael and Eyal Ben-Ari, London, New York: Routledge 2018, XIV, 312 S. (= Cass Military Studies), £ 105.00 [ISBN 978‑1‑138‑63262‑2]
  71. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  72. Gesamtinhaltsverzeichnis 2019
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