Editorial
Das Öffentliche Gesundheitswesen umfasst alle Bereiche und Einrichtungen, deren Handeln der Gesundheit aller dient und von den Akteur:innen der öffentlichen Hand verantwortet wird: Städtische Krankenhäuser und Bezirkskliniken ebenso wie Gesundheitsämter und Einrichtungen der Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsinformation von Kommunen, Ländern und Bund, Akademien für Öffentliches Gesundheitswesen, universitäre und hochschulische Ausbildungsstätten u.a.
Das Aufgabenspektrum im Dienst der Öffentlichen Gesundheit ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über essenzielle Public Health Funktionen (EPHF) beschrieben worden. Aus den aktuell gültigen zwölf EPHF ist die neunte Funktion der Entwicklung des Gesundheitspersonals gewidmet. Gemeint sind damit die Mittel, Prozesse und Maßnahmen zum Management und zur Optimierung des Personals im öffentlichen Gesundheitswesen in quantitativer Hinsicht (in ausreichender Zahl) und in qualitativer Hinsicht (Fachkundigkeit und Kompetenz). Konkret werden dabei Schritte zur Entwicklung des richtigen Fähigkeiten- und Kompetenzmix definiert, wie beispielsweise technische, kommunikative, strategische und Führungskompetenzen, um die Bereitstellung und Umsetzung von Dienstleistungen und Aktivitäten im öffentlichen Gesundheitswesen im Einklang mit den Gesundheitsbedürfnissen der Bevölkerung zu unterstützen. Dieser Thematik ist das vorliegende Heft gewidmet, welches seinen Schwerpunkt auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung für das Öffentliche Gesundheitswesen legt.
In einer ersten Orientierung lässt sich sagen, dass Ausbildung die grundlegende berufliche Qualifikation darstellt, Fortbildung der Auffrischung und Vertiefung bestehender Kenntnisse dient und Weiterbildung ein umfassenderer Begriff für alle darauf aufsetzenden Lernformen ist, einschließlich akademischer Studiengänge. Dabei können Studiengänge an Hochschulen und Universitäten sowohl mit Schwerpunkt auf theoretische Wissensvermittlung als auch mit einem erhöhten Praxisbezug ausgestaltet sein, je nach Anbieter. Beide Arten von Studiengängen führen zu akademischen Abschlüssen (z.B. Bachelor, Master) und können sich auf spezifische Berufe oder Forschungsgebiete konzentrieren. Im Bereich Öffentliche Gesundheit kommen noch staatliche Akademien hinzu, die teilweise länderübergreifend, die Aus-, Fort- und Weiterbildung speziell für den Bereich des Öffentlichen Gesundheitswesens die dort tätigen Personen qualifizieren. Hier wird auch die theoretische Kursweiterbildung für die Facharztqualifikation Öffentliches Gesundheitswesen angeboten.
Das Heft gliedert sich in vier thematische Schwerpunkte. Der erste Schwerpunkt widmet sich den Qualifikationsrahmensetzungen, den Funktionsklassifikationen und Aspekten des Qualitätsmanagements in diesem Bereich. Konkret behandelt werden Kern-Kompetenzen der WHO und der Association of Schools of Public Health in the European Region (ASPHER), die auf den EPHF aufbauen, und das kürzlich von ASPHER veröffentliche Kerncurriculum für Public Health. Die Vielfalt von Studienformaten im Gesundheits- und Sozialwesen ebenso wie die Akkreditierung als Qualitätssicherung und -entwicklung von Studiengängen stellen eine Herausforderung dar, auf die jeweils eigene Beiträge eingehen.
In einem zweiten Schwerpunkt werden die Bildungsstrukturen in den DACH-Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz beleuchtet. Diese Beiträge befassen sich u.a. mit den Inhalten der Bachelor- und Master-Studiengänge in Österreich aus der Capacity-Perspektive und der curricularen Weiterentwicklung des Bachelorstudiums Gesundheitsförderung an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Die Erkenntnisse und Take Home Messages des DACH-Netzwerktreffens Gesundheitsförderung in Winterthur 2024 heben insbesondere die Herausforderungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung hervor. Hier sind klare Absichten formuliert worden, die u.a. die Entwicklung eines gemeinsamen Curriculums unter Berücksichtigung der existierenden Rahmensetzungen („Frameworks“) umfassen. Ergänzt wird dieser Blick über die Grenzen durch ein Mapping zu Aus- und Weiterbildungsangeboten in Public Health in der Schweiz.
Der dritte Schwerpunkt fokussiert auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung im ÖGD: Neben der Darstellung der Akademien werden innovative Lehrbuchformate für den ÖGD vorgestellt. Langfristiges Potenzial für Deutschland haben Kooperationen in der universitären Weiterbildung wie die der Heinrich-Heine-Universität (HHU) mit der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf. Sie eröffnet Absolvent:innen des Weiterbildungskurses eine Anerkennung dieser Leistungen für den Masterstudiengang Public Health. Dabei hat die HHU einen eigenen Master kreiert (Master Public Health/Öffentliches Gesundheitswesen). Weitere Beiträge befassen sich mit den Möglichkeiten des Praktischen Jahres (PJ) im ÖGD sowie das Konzept der Übertragung von Verantwortung im PJ.
Abschließend wird noch die besondere Perspektive des kontinuierlichen Lernens eingenommen: der vierte Schwerpunkt liegt auf Kooperations- und Transfermodellen. Dabei kommt der Kooperation von systemischer „New“ Public Health mit dem ÖGD eine besondere Rolle zu, ein langer und nun auch zunehmend gemeinsamer Weg, auf dem auch Neues wie Fernstudiengänge einen Platz finden könnte. In diesem Zusammenhang können Kooperationen zwischen Hochschulen und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst verschiedene Formen annehmen. Schwerpunkte wurden dafür ebenso thematisch auf die Gesundheitsberichterstattung gelegt wie auch prozessual auf interprofessionelles Lernen. Potenziell große Bedeutung kommt auch einer nachhaltigen Strukturbildung zu, in Form von Lehr- und Forschungsgesundheitsämtern auf Seiten der Praxis ebenso wie in Form von interdisziplinären Schools of Public Health auf Seiten der Forschung und Lehre – eine Strukturbildung, die auch für die ärztliche Ausbildung im Praktischen Jahr Bedeutung hat. Der spezielle Schwerpunkt Gesundheitsförderung und Prävention wird unter den Gesichtspunkten von Berufsidentität und Employability vertiefend diskutiert, abschließend auch noch Entwicklungsperspektiven für die Rahmenbedingungen des Studiums für Hebammen.
Die Vielfalt der behandelten Themen ist paradigmatisch für die notwendigen professionellen Qualifikationen im Dienst an der Öffentlichen Gesundheit. Die im Öffentlichen Gesundheitswesen Tätigen berücksichtigen die jeweiligen Bevölkerungen und Bevölkerungsgruppen und deren lebendige Vielfalt und auch Diversität. Diese Vielfalt zeigt auch, dass die Themen für das Öffentliche Gesundheitswesen stimulierend und herausfordernd sind und auch bleiben werden: Wir wünschen unseren Lesern viel Freude und interessante gedankliche Anknüpfungspunkte!
Wir danken den Heftverantwortlichen der 126. Ausgabe des Public Health Forum Frau Professorin Dagmar Starke und Herrn Professor Manfred Wildner.
Die Redaktion
©2025 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Editorial
- WHO’s essential public health functions for framing education and training
- Die Vielfalt von Studienformaten im Gesundheits- und Sozialwesen als Herausforderung
- Akkreditierung als Qualitätssicherung und -entwicklung von Studiengängen
- Aus- und Weiterbildung in der Gesundheitsförderung in Österreich. Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven
- Synergien zwischen Betrieblichen Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit in der Hochschulausbildung im Burgenland
- Professionalisierung der Gesundheitsförderung und Prävention über Ausbildung fördern
- DACH-Netzwerk für Gesundheitsförderung: Potenziale für die Aus- und Weiterbildung
- Ein Mapping zu Aus- und Weiterbildungsangeboten in Public Health in der Schweiz
- Akademien für Öffentliches Gesundheitswesen: Wissen für die Gesundheit
- Lehrbücher für den ÖGD: Innovative Formate
- M.Sc. in Public Health/Öffentliches Gesundheitswesen an der HHU
- „Ich wusste gar nicht, dass das geht“ – Das PJ im Gesundheitsamt
- Anvertraubare professionelle Tätigkeiten (APT) als Lernkonzept für das Praktische Jahr im ÖGD
- ÖGD und Public Health: der lange Weg
- Public Health im Fernstudium: Wege zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
- Kooperationen zwischen Hochschulen und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung: Mehrwert für beide Kooperationspartner?
- Interprofessionell lernen im Gesundheitsamt Göttingen
- Das Lehr- und Forschungsgesundheitsamt – eine Brücke zur Wissenschaft
- Interdisziplinäre Lehre an der Pettenkofer School of Public Health
- Praktisches Jahr im Gesundheitsamt – ein Erfahrungsbericht
- Studium der Gesundheitsförderung: Berufsidentität und Employability
- Rahmenbedingungen für das Studium von Hebammen gemeinsam weiterentwickeln
- Public Health Infos
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Editorial
- WHO’s essential public health functions for framing education and training
- Die Vielfalt von Studienformaten im Gesundheits- und Sozialwesen als Herausforderung
- Akkreditierung als Qualitätssicherung und -entwicklung von Studiengängen
- Aus- und Weiterbildung in der Gesundheitsförderung in Österreich. Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven
- Synergien zwischen Betrieblichen Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit in der Hochschulausbildung im Burgenland
- Professionalisierung der Gesundheitsförderung und Prävention über Ausbildung fördern
- DACH-Netzwerk für Gesundheitsförderung: Potenziale für die Aus- und Weiterbildung
- Ein Mapping zu Aus- und Weiterbildungsangeboten in Public Health in der Schweiz
- Akademien für Öffentliches Gesundheitswesen: Wissen für die Gesundheit
- Lehrbücher für den ÖGD: Innovative Formate
- M.Sc. in Public Health/Öffentliches Gesundheitswesen an der HHU
- „Ich wusste gar nicht, dass das geht“ – Das PJ im Gesundheitsamt
- Anvertraubare professionelle Tätigkeiten (APT) als Lernkonzept für das Praktische Jahr im ÖGD
- ÖGD und Public Health: der lange Weg
- Public Health im Fernstudium: Wege zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
- Kooperationen zwischen Hochschulen und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung: Mehrwert für beide Kooperationspartner?
- Interprofessionell lernen im Gesundheitsamt Göttingen
- Das Lehr- und Forschungsgesundheitsamt – eine Brücke zur Wissenschaft
- Interdisziplinäre Lehre an der Pettenkofer School of Public Health
- Praktisches Jahr im Gesundheitsamt – ein Erfahrungsbericht
- Studium der Gesundheitsförderung: Berufsidentität und Employability
- Rahmenbedingungen für das Studium von Hebammen gemeinsam weiterentwickeln
- Public Health Infos