Rezensierte Publikation:
Schmidt Verena-Christin Digitale und hybride Lernraumgestaltung in Wissenschaftlichen Bibliotheken, Wiesbaden: b.i.t. verlag gmbh, 2023, 118 Seiten, 24,50 €, ISBN 978-3-9824425-5-6
Die Digitalisierung hat nicht erst seit der Covid-19-Pandemie den Bildungsbereich verändert. Längst sind Schule, Erwachsenenbildung und Hochschulen stark davon tangiert. Bibliotheken hatten sich schon länger mit der Digitalisierung beschäftigt und Strategien entwickelt, Lernraumgestaltung auch unter der Perspektive Digitalität und Hybridität zu entwickeln. Besonders die wissenschaftlichen Bibliotheken waren hier aktiv. Wie diese Entwicklung gestaltet wurde und welche Optionen es gibt, steht im Zentrum der Bachelorarbeit von Verena-Christin Schmidt, die nun als Publikation vorliegt.
Die Fragen, „wie der Lernort Wissenschaftliche Bibliothek bei der Nutzung von digitalen Angeboten und dem Erwerb der dafür benötigten Kompetenzen helfen und um welche digitalen und hybriden Angebote er ergänzt werden kann“ (S. 16 f.), sind die beiden zentralen Punkte der Arbeit. Die Analyse basiert auf einer Literaturrecherche.
Zunächst wird ein Blick auf Hochschulen im Zeitalter der Digitalisierung geworfen. Es werden Hinweise zur digitalen Bildung gegeben, ohne diese differenziert auszuführen. Auf die Relevanz von Digitalisierung für die Lernraumgestaltung geht die Autorin ein. Man hätte sich eine differenziertere Betrachtung gewünscht, was jedoch den Rahmen einer Bachelorarbeit wahrscheinlich gesprengt hätte.
Die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie in der Hochschullehre werden ebenfalls beleuchtet. Die Autorin weist darauf hin, welche Bedeutung die Pandemie für die dynamische Entwicklung der Digitalisierung an Hochschulen hatte. Mit Verweisen auf Studien fächert sie einige zentrale Aspekte auf. Dabei wird deutlich, dass das Potenzial von digitaler Lehre stark vom Fach und vom Veranstaltungstyp abhängt.
Für die Hochschullehre ergeben sich aus den Möglichkeiten, die die Digitalisierung schafft, diverse Anforderungen für die konkrete Gestaltung. Grundlegend bei der Entwicklung von Konzepten ist das Verständnis von Lernen. Die Autorin liefert einen kurzen Überblick über relevante Lerntheorien, die die Basis des Verständnisses bilden. Mit digitalen und hybriden Lehrformaten kann auf die Veränderung von Lernzugängen reagiert werden, ohne dabei die Präsenzlehre abzuschaffen. Vielmehr geht es für die Autorin darum, dass die Lehrformate „nicht gegeneinander ausgespielt werden“ (S. 32). So wird auf verschiedene Lehrformate eingegangen und die unterschiedlichen Zugänge erläutert. Trotz aller Potenziale digitaler Lehre macht die Autorin doch deutlich, wie wichtig der physische, soziale Ort Hochschule ist. Auch auf die Rolle der Bibliotheken wird eingegangen. Ein weiterer Aspekt, der thematisiert wird, sind die Kompetenzen, die benötigt werden, um den Umbruch zu bewältigen. Dabei wirft die Autorin einen genaueren Blick auf Medienkompetenz, digitale Kompetenz und Schlüsselkompetenzen und geht auf die Rolle der Lehrenden ein.
Nach der Entfaltung der Grundlagen für die Entwicklungen im Lehr-/Lernkontext rückt die Autorin Auswirkungen veränderter Lehre auf wissenschaftliche Bibliotheken in den Fokus. Von zentraler Bedeutung für die Anpassung an die Anforderungen ist die Veränderung der Infrastruktur. Dazu gehören vor allem die physischen Lernräume. Des Weiteren werden Raumkonzepte bezogen auf die technische Ausstattung vorgestellt. Die Autorin weist darauf hin, dass zudem Kooperationen innerhalb der Hochschule für wissenschaftliche Bibliotheken immer wichtiger werden, um Lehr-/Lernsettings zu optimieren. Dadurch können notwendige Supportstrukturen für die digitale und hybride Lehre verbessert werden. In diesem Zusammenhang werden weiterhin Hinweise darauf gegeben, welchen Support wissenschaftliche Bibliotheken leisten können.
„Wie Räumlichkeiten und Serviceleistungen digital, aber auch hybrid im analogen und virtuellen Raum umgesetzt werden können“ (S. 63), thematisiert die Autorin in ihren weiteren Ausführungen. Konzepte für und von Makerspaces und Learning Labs werden vorgestellt. Die Themen Beratung, Führung und Schulung werden ebenfalls anhand von Beispielen bearbeitet. Ferner werden weitere Lehr- und Lernangebote von wissenschaftlichen Bibliotheken in den Fokus gerückt und Beispiele präsentiert. Insgesamt werden interessante Entwicklungen aufgezeigt und mit Praxisbeispielen unterfüttert.
Auch die Auseinandersetzung mit digitalen und hybriden Elementen im physischen Raum liefert weitere Hinweise darauf, wie die Lernraumgestaltung in wissenschaftlichen Bibliotheken weiterentwickelt werden kann. Von der digitalen Arbeitsplatzverwaltung über interaktive Whiteboards, Multitouch-Tables und Blended Shelves bis hin zu Augmented und Virtual Reality werden Techniken und deren Einsatz anhand von Beispielen vorgestellt.
Insgesamt liefert der Band einen guten Überblick über Trends bei der digitalen und hybriden Lernraumgestaltung in wissenschaftlichen Bibliotheken. Vor allem die Einbindung von Beispielen macht deutlich, in welche Richtung die Entwicklungen gehen. Eine intensivere theoretische Fundierung darf man bei einer Bachelorarbeit nicht erwarten. Aber hierzu liefert die Autorin Hinweise zu aktueller Literatur, wenn der Bedarf zur Vertiefung besteht. Wichtig sind sicher die Anregungen, dass Entwicklungen im Bereich Lehre und Lernen auf jeden Fall mit einem didaktischen Konzept einhergehen sollten und bei der Verknüpfung physischer und digitaler Zugänge „das Beste aus beiden Welten kombiniert“ (S. 97) werden sollte.
© 2024 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
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- Madeleine C. Fombad, Collence Takaingenhamo Chisita, Omwoyo Bosire Onyancha und Mabel K. Minishi-Majanja (Hrsg.): Information Services for a Sustainable Society: Current Developments in an Era of Information Disorder. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, 2023. VII, 369 Seiten: Illustrationen, 129,00 €, ISBN 978-3-11-077268-5. Auch als PDF & EPUB
- Stefan Alker-Windbichler, Axel Kuhn, Benedikt Lodes, Günther Stocker (Hrsg.): Akademisches Lesen. Medien, Praktiken, Bibliotheken. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, V&R unipress 2022. 370 S.
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