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WEITER WISSEN. Mit uns! Mit der Kampagne WEITER WISSEN machen wissenschaftliche Bibliotheken ihre Leistungen für eine offene Wissenschaft und Forschung sichtbar

  • Kristin Bäßler

    Kristin Bäßler ist Pressesprecherin des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv) und leitet dort die Kommunikation. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Kulturrat und hat die Kommunikation verschiedener Programme der Kulturstiftung des Bundes verantwortet.

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Published/Copyright: June 13, 2024

Zusammenfassung

Wissenschaftliche Bibliotheken im 21. Jahrhundert sind von zentraler Bedeutung für Bildung und Forschung. Sie dienen als Informationsinfrastrukturdienstleister und bieten ein breites Spektrum an Wissensressourcen. 15 große wissenschaftliche Bibliotheken haben sich zusammengetan und gemeinsam mit dem Deutschen Bibliotheksverband die Kommunikationskampagne WEITER WISSEN konzipiert und entwickelt. Das Ziel der Kampagne ist es, die gesellschaftliche Relevanz wissenschaftlicher Bibliotheken, ihre Aufgaben und Funktionen sichtbar zu machen.

Der Beitrag gibt einen Einblick in die Ziele und die Umsetzung der Kampagne WEITER WISSEN und zeigt, wie die wissenschaftlichen Bibliotheken die Kampagne für ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit nutzen können. Zugleich zeigt der Artikel anhand des Themas „Forschungsdatengesetz“, wie Bibliotheken und Verbände mit Stellungnahmen und Austauschformaten ihre Interessen gegenüber der Politik vertreten.

Abstract

In the 21st century, academic and research libraries are of central importance for education and research. They operate as providers for information infrastructure services and offer a wide range of knowledge resources. 15 large academic libraries have joined with the German Library Association to design and develop the communication campaign WEITER WISSEN. The aim of this campaign is to make the social relevance of academic libraries, their tasks, and functions visible.

This article provides an insight into the aims and implementation of the campaign and shows how academic and research libraries can use the campaign for their own public relations. Furthermore, the article uses the topic of the “Research Data Act” to show how libraries and associations can represent their interests towards politics with statements and exchange formats.

Längst sind die wissenschaftlichen Bibliotheken im digitalen Zeitalter angekommen, mischen mit, wenn es um Forschungsdaten, Fragen zu Open Access oder um die Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens geht. Angesichts des Einsatzes von künstlicher Intelligenz, dem bewussten Streuen von Falschinformationen für politische Zwecke oder der kommerziellen Nutzung privater Daten, kommt den Bibliotheken und ihrer nichtkommerziellen Arbeitsweise eine wichtige Bedeutung zu.

„In einer Zeit, in der die Digitalisierung die Wissenschaft und Bildung tiefgreifend transformiert, sind wissenschaftliche Informationsinfrastrukturen unverzichtbare Partner für den nachhaltigen Betrieb von sozio-technologischen Informationsinfrastrukturen und die Förderung von Open Science.“, sagt Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Direktor der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft.[1]

Das Image von Bibliotheken ist zu Recht gut: Sie sind sowohl technische Innovationstreiber als auch vertrauenswürdige und serviceorientierte Einrichtungen für die Bevölkerung. Ihre Arbeit, die auch Einfluss auf das gesellschaftliche Zusammenleben hat (Stichwort freier Zugang zu Bildung, Informationen und Wissen), wird nicht angezweifelt. Dennoch ist für viele nicht immer ersichtlich, was wissenschaftliche Bibliotheken jeden Tag für Wissenschaft, Forschung und Lehre leisten. Vielleicht auch, weil Bibliotheken eher die Ermöglicher sind, die Treiber für Wissenschaft und technischen Fortschritt, und weniger die Stars im Rampenlicht.

Abb. 1: Banner der Kampagne
Abb. 1:

Banner der Kampagne

„In unserer täglichen Arbeit stellen wir immer wieder fest, dass längst nicht alle vielfältigen Wirkungsfelder außerhalb unserer Fachcommunity bekannt sind. Das allgemeine Image von wissenschaftlichen Bibliotheken bleibt – so ist mir das in zahlreichen Gesprächen begegnet – diffus bis anachronistisch. Liegt es daran, dass die Nutzenden uns heute oft so sehen, wie sie uns auch vor 20 Jahren schon gesehen haben; nämlich mäßig moderne Räume mit Schreibtischen und Bücherregalen?“

So Dr. Andreas Brandtner, ehemaliger Leitender Direktor der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. Und weiter stellt er die zentrale Frage: „Müssen wir unsere Services, unsere Rolle, unsere Bedeutung heute nicht stärker kommunizieren? Sollten wir nicht selbstbewusster auftreten, uns besser vernetzen, unsere unverzichtbare Funktion im Wissenschaftsbetrieb stärker betonen?“[2]

1 Awareness schaffen

Seit mehreren Jahren gibt es eine von der ZBW initiierte Arbeitsgemeinschaft der Kolleg*innen der Öffentlichkeitsarbeit in wissenschaftlichen Bibliotheken, die sich genau um diese Fragen kümmert. Sie diskutiert, wie das Image und die vielfältigen Themen der wissenschaftlichen Bibliotheken öffentlich noch sichtbarer gemacht und ihre Relevanz für den Wissenschaftsstandort Deutschland verdeutlicht werden können – insbesondere den politischen Entscheidungsträger*innen.

Aus dieser Frage wurde die Idee einer gemeinsamen Kampagne geboren, die unter dem Motto „WEITER WISSEN“ im Januar 2024 gestartet ist. Entwickelt und koordiniert wird die Kampagne vom Deutschen Bibliotheksverband und 15 großen Bibliotheken: der Badischen Landesbibliothek, der Bayerischen Staatsbibliothek, der Deutschen Nationalbibliothek, der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, der SLUB Dresden, der Staatsbibliothek zu Berlin, der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, der Universitätsbibliothek Leipzig, der Universitätsbibliotheken der Humboldt Universität zu Berlin, der Freien Universität Berlin sowie der Technischen Universität Berlin, der Universitätsbibliothek Mannheim, TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbibliothek, ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften sowie ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Ein Jahr lang haben Vertreter*innen dieser Institutionen in einer Steuerungsgruppe gemeinsam mit einer Grafikagentur an dem Erscheinungsbild der Kampagne, am Claim und den Themenslogans gearbeitet, die Landingpage[3] sowie Kommunikationsmaßnahmen zur Umsetzung der Kampagne entwickelt.

Zum Auftakt der Kampagne sagte der Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek Dr. Klaus Ceynowa:

„Wissenschaftliche Universalbibliotheken sind Orte der Inspiration und Innovation, des Entdeckens und Wiederentdeckens unseres Wissenskosmos im Interesse der künftigen Gestaltung unserer kulturellen und gesellschaftlichen Lebenswelt. Ich freue mich sehr, dass die Kampagne diese Rolle wissenschaftlicher Bibliotheken in der breiten Öffentlichkeit noch stärker verankern und akzentuieren wird.“[4]

Denn das Kommunikationsziel ist, Sichtbarkeit für die Leistungen und Aufgaben der wissenschaftlichen Bibliotheken zu schaffen. Zielgruppen sind sowohl die Wissenschaftscommunity als auch politische Entscheidungsträger*innen, Fördermittelgeber sowie die breite Öffentlichkeit. Angesichts neuer Aufgaben, veränderter politischer Rahmenbedingungen und gesellschaftlichem Wandel müssen die Leistungen der wissenschaftlichen Bibliotheken und ihr Beitrag für eine offene Wissenschaft und Forschung stärker sichtbar werden. Dabei soll nicht nur ein Zeichen für die Stärkung der wissenschaftlichen Bibliotheken gesetzt, sondern auch gezeigt werden, in welchen – auch politisch relevanten Themen – wissenschaftliche Bibliotheken wichtige Akteure und Partner sind.

Abb. 2: Open Access: Forschung für alle zugänglich
Abb. 2:

Open Access: Forschung für alle zugänglich

Jürgen Christof, Leitender Direktor der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin:

„Die Kampagne WEITER WISSEN ist wichtig und notwendig, weil sie nicht nur die wissenschaftlichen Bibliotheken auf moderne Art und Weise sichtbarer macht, sondern auch unsere vielfältigen, innovativen Themen und Services in den Vordergrund stellt. Dabei geht es auch darum, dass wir mit geballter, lauter Stimme sprechen und deutlich machen, wie relevant unsere Arbeit ist und welchen essenziellen Einfluss sie auf Studium, Forschung, Lehre sowie auf den gesamten Wissenschaftsbetrieb hat.“[5]

Kerngedanke der Kampagne ist, zusammen als wissenschaftliche Bibliotheken sichtbar zu werden: mit einem gemeinsamen Konzept, konkreten Themen und einem einheitlichen visuellen Erscheinungsbild. Dafür wurden grafische Vorlagen für Plakate, Banner, Postkarten sowie Grafiken für individuelle kleine Social-Media-Kampagnen entwickelt, die von allen wissenschaftlichen Bibliotheken mit ihren jeweiligen Logos angepasst und für die Öffentlichkeitsarbeit ihrer Institution genutzt werden können. So können Plakate in den Bibliotheken und Wissenschaftseinrichtungen auf die Kampagne verweisen, große Banner an Gebäuden befestigt oder auch Postkarten verteilt werden.

Je mehr Bibliotheken sich beteiligen, desto größer die Wirksamkeit der Kampagne.

2 Einbindung von Testimonials

Zugleich war es wichtig, auch die Außenperspektive auf die Bibliotheken zu kommunizieren: Welche Rolle spielen die Bibliotheken für Wissenschaftler*innen und Forscher*innen? Wie werden sie genutzt? Wie werden sie wahrgenommen? Um diesen Außenblick zu erhalten, wurden zahlreiche Wissenschaftler*innen und Forscher*innen angefragt, ein Statement abzugeben, was für sie ganz persönlich wissenschaftliche Bibliotheken bedeuten. Unterstützt wird die Kampagne unter anderem von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Prof. Marcel Fratzscher, der Nobelpreisträgerin Prof. Emmanuelle Charpentier, Prof. Dr. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V., dem Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif, der Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung Prof. Dr. Jutta Allmendinger, der Transformationsforscherin Prof. Maja Göpel, dem Philosophen Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, der Migrationsforscherin Prof. Dr. Naika Foroutan sowie Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Ihre verschiedenen Blicke auf die Bibliotheken betonen deren Rolle als Orte des freien Zugangs zu Wissen, Orte der Inspiration, Serviceeinrichtungen für wissenschaftliches Publizieren, als Garanten für kritische Forschung bis hin zu unverzichtbaren Orten des kulturellen Erbes.

In den Statements der Testimonials wird die Bandbreite der Aufgaben und Leistungen der Bibliotheken deutlich. Diese Bandbreite wird in der Kampagne durch einige Schwerpunktthemen illustriert: Open Access, Forschungsdatenmanagement, Kulturelles Erbe, digitale Langzeitarchivierung sowie Forschung und Entwicklung. In kurzen Slogans werden diese oftmals etwas sperrigen und für die breite Öffentlichkeit nicht sofort zugänglichen Themenfelder heruntergebrochen und als Botschaften formuliert:

  • Open Access: Forschung für alle zugänglich.

  • Digitale Langzeitarchivierung: Für immer Daten gesichert.

  • Kulturelles Erbe: Kulturerbe bewahren für Generationen.

  • Forschung und Entwicklung: Infrastrukturen und Services für die Wissenschaft.

  • Forschungsdatenmanagement: Vom Datenberg zur Wissensquelle.

Diese Slogans dienen als Türöffner in die komplexe und vielfältige Welt der wissenschaftlichen Bibliotheken.

Neben der Sichtbarkeit für die Arbeit der wissenschaftlichen Bibliotheken braucht es aber auch politische Rahmenbedingungen, damit Bibliotheken ihren Auftrag auch erfüllen können.[6]

3 Politische Themenanwaltschaft

Ein Thema, das in der aktuellen Legislaturperiode der Bundesregierung politisch bearbeitet wird, ist der Bereich der Forschungsdaten. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung heißt es:

„Das ungenutzte Potential, das in zahlreichen Forschungsdaten liegt, wollen wir effektiver für innovative Ideen nutzen. Den Zugang zu Forschungsdaten für öffentliche und private Forschung wollen wir mit einem Forschungsdatengesetz umfassend verbessern sowie vereinfachen und führen Forschungsklauseln ein.“[7]

So hat sich das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zum Ziel gesetzt, Forschungsinfrastrukturen zu stärken und Daten zugänglich zu machen, um exzellente Forschung und Innovation zu ermöglichen.

Denn im Zuge der digitalen Transformation entstehen u. a. in der Forschung riesige Mengen an ganz unterschiedlichen Daten. Um diese zu erschließen, bieten wissenschaftliche Bibliotheken Verfahren, Werkzeuge und Infrastrukturen sowie Beratungs- und Schulungsangebote an. Daten müssen nicht nur erhoben, gebündelt und analysiert, sondern auch visualisiert, archiviert, publiziert und damit auffindbar gemacht werden. Wissenschaftliche Bibliotheken unterstützen Forschende dabei, ihre Daten langfristig vorzuhalten und für alle nutzbar zu machen. Gerade für geisteswissenschaftliche Forschungsvorhaben bergen Bibliotheken einen riesigen Fundus: Handschriften, Nachlässe, vollständige Dokumentationen von vergänglichem Schriftgut, AV-Medien und vieles mehr. Tageszeitungen und Zeitschriften, die oftmals nicht mehr beschafft werden können, sind bei den zuständigen Pflichtexemplar-Bibliotheken vollständig einsehbar und – als Forschungsdaten – mit digitalen Methoden und Verfahren beforschbar.

Prof. Dr. Dietrich Rebholz-Schuhmann, Wissenschaftlicher Direktor von ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften:

„Ohne Fachliteratur, die wissenschaftliche Bibliotheken bereitstellen, ist Forschung nicht möglich. Es ist wie mit dem Strom. Der kommt auch nicht einfach aus der Steckdose, sondern braucht eine leistungsstarke Infrastruktur. Die wissenschaftlichen Bibliotheken haben ihr Ohr an der Wissenschaft, um die notwendige Fachliteratur – also den Strom – bereitzustellen. Unsere wichtigen Entscheidungsträger*innen müssen diese Leistungen der wissenschaftlichen Bibliotheken als Infrastruktur anerkennen, damit die hochwertige Forschung in Deutschland in ihrer Tiefe und Breite auch morgen erhalten bleibt.“[8]

Um das Thema Forschungsdaten innerhalb des dbv vertieft zu bearbeiten, wurde Anfang 2023 die AG Forschungsdaten ins Leben gerufen. Diese verfolgt die aktuellen politischen Entwicklungen und unterstützt die dbv-Bundesgeschäftsstelle bei der Vertretung politischer Interessen im Bereich der Forschungsdaten. So beteiligte sich der dbv – mit Unterstützung der AG Forschungsdaten – im April 2023 mit einer Stellungnahme[9] an einer öffentlichen Konsultation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).[10] Interessierte Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft waren eingeladen, dem BMBF ihre Positionen zum geplanten Forschungsdatengesetz mitzugeben. Die in der Stellungnahme des dbv formulierten wesentlichen Forderungen sind:

  • Erleichterung der Kooperation zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen beim Sammeln, Bereitstellen und Austausch von Forschungsdaten untereinander.

  • Die Regelungen zum Datenschutz und ggf. anderer Persönlichkeitsrechte sowie den Urheber-/Leistungsschutzrechten als Hemmnisse für gewünschte Datentransfers müssen in den Fokus genommen werden.

  • Zur Vermeidung von Nadelöhren ist es wichtig, den Bibliotheken als Forschungsdatenempfänger für Aufgaben der Sacherschließung und der Bewahrung der Forschungsdaten einen Sonderstatus als „sicherer Ort/vertrauenswürdiger Dritter“ einzuräumen, so dass die Prüfschritte zum Datenschutz und anderer Persönlichkeitsrechte einem Transfer nicht vorgelagert werden müssen.

  • Schaffung einer rechtlichen Regelung für die dauerhafte Speicherung und Veröffentlichung pseudonymisierter Forschungsdaten.

  • Bibliotheken dürfen mit den schwierigen Rechtsfragen und dem sich daraus ergebenden erhöhten Prüfaufwand für Anonymisierung/Prüfung urheberrechtlicher Erlaubnisse, Schrankenregelungen/Haftungsfragen nicht allein gelassen werden.

Aus Sicht des dbv muss eine gesetzliche Regelung zu Forschungsdaten für Bibliotheken Strukturen schaffen, innerhalb derer sie ihre Rolle als infrastrukturelle Zugangsvermittler rechtssicher wahrnehmen können. Dafür müssen insbesondere bereits bestehende Regelungen in den Bereichen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte sowie Urheberrecht und Leistungsschutzrechte mit in den Blick genommen und ggf. harmonisiert werden. Konfligierende Regelungen oder Überregulierungen sollten vermieden werden.[11]

Und auch das Thema Open Access ist Teil des Bereichs Forschungsdaten. So fordert der dbv in seiner Stellungnahme einen Kulturwandel:

„Weg von der Idee ‚Das sind meine Daten‘ hin zu einem Selbstverständnis für Openness. Dieser Kulturwandel kann vorangetrieben werden, indem gesamtgesellschaftliche Vorteile von Openness, aber auch Vorteile für die (wissenschaftliche) Forschung selbst (Nachnutzbarkeit, keine doppelten Bezahlstrukturen für aus öffentlichen Mitteln finanzierte Forschungsergebnisse, Sichtbarkeit, Vergleichbarkeit) bekanntgemacht werden.“[12]

Allerdings brauche es insbesondere bei öffentlichen Daten einheitliche Vorgaben zu Gebühren und Auslagen, so der dbv in seiner Stellungnahme.

4 Gemeinsam für eine offene Wissenschaft und Forschung

Im weiteren Prozess wird der dbv – in Zusammenarbeit mit der AG Forschungsdaten – den Dialog mit dem für das Forschungsdatengesetz federführende BMBF weiter vertiefen. Sobald das BMBF einen Gesetzesvorschlag für ein Forschungsdatengesetz vorlegt, werden zudem der Bundestag und der Bundesrat eine zentrale Rolle in der Weiterentwicklung des Gesetzes spielen. Auch hier wird der dbv mit relevanten Vertreter*innen den Dialog suchen.

Für wissenschaftliche Bibliotheken ist es daher nicht nur wichtig, sich in ihrem Image zu positionieren, und ihre Leistungen zu kommunizieren, sondern auch auf politische Entwicklungen Einfluss zu nehmen, damit sie ihren Auftrag als Einrichtungen für den freien Zugang zu Wissen, für wissenschaftliche technische Innovation und für gesicherte Daten wahrnehmen können.

Zur Verdeutlichung und Sichtbarmachung dessen, was wissenschaftliche Bibliotheken leisten, braucht es eine starke gemeinsame Stimme, Kooperation und Partnerschaften sowie starke Fürsprecher*innen. Die Kampagne WEITER WISSEN soll dafür ein Baustein sein. Denn wissenschaftliche Bibliotheken sind entscheidend für den Wissenschaftsstandort Deutschland, sie sind entscheidend für den freien und nicht-kommerziellen Zugang zu Wissen, entscheidend für technische Innovationen, insbesondere um die riesigen Datenberge durchsuchbar zu machen. Und sie sind entscheidend dafür, wie wir als Gesellschaft Bildung und Forschung ermöglichen und nutzen können.

Deutschland leistet sich zurecht eine Vielfalt an wissenschaftlichen Bibliotheken. Diese gilt es zu schützen. Angesichts knapper Kassen müssen wir gemeinsam ihren Wert verdeutlichen: politisch und öffentlichkeitswirksam.

Über den Autor / die Autorin

Kristin Bäßler

Kristin Bäßler ist Pressesprecherin des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv) und leitet dort die Kommunikation. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Kulturrat und hat die Kommunikation verschiedener Programme der Kulturstiftung des Bundes verantwortet.

Literaturverzeichnis

Antworten des dbv (2023): Antworten des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. (dbv) auf die öffentliche Konsultation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zum Forschungsdatengesetz. Verfügbar unter https://www.bibliotheksverband.de/sites/default/files/2023-04/2023_04_24_dbv_Stellungnahme_%C3%96ffentliche%20Konsultation_Forschungsdatengesetz_final.pdf.Search in Google Scholar

Bäßler, Kristin; Sigfried, Doreen (2024): Mitmachen bei der nationalen Kampagne WEITER WISSEN. In: BuB – Forum Bibliothek und Information, 2–3.Search in Google Scholar

Forschungsdatengesetz (2023): Forschungsdatengesetz. In: Bibliotheken 2023, 10. Verfügbar unter https://www.bibliotheksverband.de/sites/default/files/2023-10/Bibliotheken%202023_final_web.pdf.Search in Google Scholar

Konsultation zum Forschungsdatengesetz gestartet (2023): „Konsultation zum Forschungsdatengesetz gestartet“. Pressemeldung des BMBF vom 06.03.2023. Verfügbar unter https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/2023/03/230306-forschungsdatengesetz.html.Search in Google Scholar

Mehr Fortschritt wagen (2021): Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Verfügbar unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf.Search in Google Scholar

Online erschienen: 2024-06-13
Erschienen im Druck: 2024-07-31

© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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  30. Pettegree, Andrew: The Book at War. Libraries and Readers in a Time of Conflict. London: Profile Books, 2023. 474 S., s/w-Abb. im Text, 31 Farbabb., ISBN: 978-1-80081-493-6, eISBN: 978-1-80081-495-0. Hardcover ₤ 30, Paperback ₤ 12,99
  31. Anne Baillot: From Handwriting to Footprinting: Text and Heritage in the Age of Climate Crisis. Cambridge: Open Book Publishers, 2023, 179 Seiten, ISBN 978-1-80511-089-7, https://doi.org/10.11647/OBP.0355
  32. Hassan Soilihi Mzé: Geöffnet – Gelenkt – Umgebaut. Universitätsbibliothek Leipzig, Deutsche Bücherei und Leipziger Stadtbibliothek zwischen institutioneller Reorganisation und politischer Instrumentalisierung (1945–1968/69). Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2023. 266 S., ISBN 978-3-96023-555-2. Hardcover € 33,–
  33. Madeleine C. Fombad, Collence Takaingenhamo Chisita, Omwoyo Bosire Onyancha und Mabel K. Minishi-Majanja (Hrsg.): Information Services for a Sustainable Society: Current Developments in an Era of Information Disorder. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, 2023. VII, 369 Seiten: Illustrationen, 129,00 €, ISBN 978-3-11-077268-5. Auch als PDF & EPUB
  34. Stefan Alker-Windbichler, Axel Kuhn, Benedikt Lodes, Günther Stocker (Hrsg.): Akademisches Lesen. Medien, Praktiken, Bibliotheken. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, V&R unipress 2022. 370 S.
  35. Verena-Christin Schmidt: Digitale und hybride Lernraumgestaltung in Wissenschaftlichen Bibliotheken, Wiesbaden: b.i.t. verlag gmbh, 2023, 118 Seiten, 24,50 €, ISBN 978-3-9824425-5-6
Downloaded on 12.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2024-0009/html
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