Zusammenfassung
Der Aufsatz zeichnet die Geschichte des Panzerschiffs »Admiral Graf Spee« und seines Kommandanten, Kapitän zur See Hans Langsdorff, nach. Einerseits geht es um die Entscheidung zur Selbstversenkung, andererseits aber auch um die Rezeption dieser Entscheidung und Langsdorffs Suizids. Zugleich untersucht der Artikel auch die Langsdorff-Rezeption nach 1945 im Ausland und in der Bundesrepublik. Warum wurde Langsdorff zu einem Mythos, und inwieweit ist es aufgrund bisher nicht berücksichtigter Quellen notwendig, diesen zu dekonstruieren?
I.
Im Dezember 2019 jährte sich die Selbstversenkung des Panzerschiffs »Graf Spee« zum 80. Mal. Zeitgleich zu den Gedenkfeiern in Montevideo und Buenos Aires erschien Hans-Jürgen Kaacks umfangreiche Biografie über den Kommandanten des Schiffes, Kapitän zur See Hans Langsdorff.[1] Dieser hatte sich, einem alten Ehrbegriff folgend, das Leben genommen, als er die Besatzung seines Schiffes in Argentinien in Sicherheit gewusst hatte.
So würdig die Gedenkfeiern am La Plata waren, und so wichtig es war, sich nach jahrzehntelanger Beschäftigung mit den Ereignissen aus militärischer Perspektive ausführlich mit der Person des Kommandanten zu befassen, so befremdlich war die damit verknüpfte Begleitmusik. Bevor alle die Biografie lesen und sich ein eigenes Urteil machen konnten, erhob Kaack in mehreren Interviews schwere Vorwürfe gegen die Marine und ihre Historikerinnen und Historiker. Es sei völlig unverständlich, dass sie diesen Offizier, »der in einer einmaligen Situation unter brutalem Druck unkonventionell handelte und nicht der Tradition, sondern seinem Gewissen folgte, total« beschweige.[2] Parlamentarier der Fraktion DIE LINKE schlossen sich dieser Sichtweise mit kritischen Anfragen an das Ministerium zur Traditionsbildung in der Marine an.[3] Selbst die Londoner »Times«[4] und der US-Sender Fox News[5] übernahmen die Kritik des Biografen wie auch der Familie Langsdorff, ohne freilich überhaupt Einzelheiten seiner Argumentation zu kennen, die vorhandenen Quellen zu prüfen oder die andere Seite zu hören. Mit ihrem programmatischen Titel, »The Captain who defied Hitler« – »Der Kapitän, der Hitler die Stirn bot« – reihte die »Times«, so wie manche Zeitung siebzig Jahre zuvor, Langsdorff einmal mehr in die Riege der Regimekritiker ein.
Im Dezember 2019 lag die Biografie, die im Vorfeld für viele Irritationen gesorgt hatte, endlich vor. Anstelle einer ausführlichen und kritischen Bilanz der bisherigen Forschung – eigentlich ein Muss für jede wissenschaftliche Biografie – finden die Leserinnen und Leser gleich zu Beginn vielmehr jene Vorwürfe wieder, die Kaack zuvor öffentlich erhoben hatte: Der Marine habe der »Mut« gefehlt, in dieser »existenziellen Frage ihrer ethisch-moralischen Grundausrichtung und damit ihres inneren Kompasses Stellung zu beziehen«, und sie habe Langsdorff daher »offiziell totgeschwiegen«.[6] Statt, wie die Marine, nach »Personen Ausschau« zu halten, »die zu Vorbildern erklärt werden könnten«, sei es vielmehr sinnvoll, »die beispielgebende Haltung oder Tat« in den Vordergrund einer möglichen Auswahl zu stellen.[7] »Unter dieser Prämisse das humanitäre Verhalten Langsdorffs in Montevideo im Dezember 1939 bisher nicht beachtet zu haben«, sei »ein kaum nachvollziehbares Defizit im Rahmen der historischen Aufarbeitung der Kriegsmarine, aber auch des Nachdenkens der deutschen Nachkriegsmarine über ihr ideelles Normengerüst«.[8]
»Hans Langsdorff«, so heißt es an anderer Stelle, »hatte den Mut, Humanität über funktionale Professionalität zu stellen. Dieses sittlich diktierte Handeln, das seinem aus dem Innersten rührenden Respekt vor der unantastbaren Würde des Menschen entsprang, findet in der preußisch-deutschen Militärgeschichte kaum Beispiele«.[9] Es liegt für Kaack daher auch nahe, Langsdorff aufgrund seines sittlichen Verhaltens mit Generalmajor Henning von Tresckows, einem der Motoren des Widerstands gegen Adolf Hitler, zu vergleichen und ihn damit implizit in den Widerstand gegen das NS-Regime einzureihen. Langsdorff habe zugleich auch an seinem Lebensende jene humanitären Werte deutlich gemacht, die sein Handeln bereits in der Zeit der Novemberrevolution gekennzeichnet hätten. Anstatt zu kämpfen, hätte er es schon damals in einem Zwischenfall in Bremerhaven aus sittlichen Gründen vorgezogen, seine Besatzung nicht sinnlos in ein Gefecht mit dem Soldatenrat zu schicken. »Bremerhaven 1918 und Montevideo 1939 verbindet eine Kontinuitätslinie, die nicht durch Vorschriften und Traditionen gekennzeichnet war, sondern durch den Vorrang moralischen Handelns eines einzelnen Offiziers.«[10] Konsequent reiht Kaack Langsdorff daher in die Riege jener ein, die später die »Innere Führung« und das »Leitbild des Staatsbürgers in Uniform« zur ethisch-moralischen Grundlage der Bundeswehr nach der »Deutschen Katastrophe« (Friedrich Meinecke) machen sollten. Langsdorff, so Kaack, sei daher uneingeschränkt als Vorbild »jungen Offizieren und Offiziersanwärtern der Marine [...] zu empfehlen, die einsame und kompromisslose Entscheidung des Kommandanten des Panzerschiffs ›Admiral Graf Spee‹ zu durchdenken und sie mit ihren eigenen, persönlichen Wertmaßstäben zu vergleichen«.[11]
Angesichts der Schwere der Vorwürfe, die Kaack gegen die Marine und ihre Historikerinnen und Historiker erhebt, sowie der weitreichenden Schlussfolgerungen, die er aus dem Handeln seines Protagonisten glaubt ziehen zu können, ist es umso erstaunlicher, dass seine Biografie nach 600 Seiten mit Langsdorffs Selbsttötung in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1939 endet. Selbst jetzt, nach der Beschreibung vieler bedeutender, häufig aber auch zahlreicher unwichtiger Details aus dessen Leben, findet sich kein Wort über die zeitgenössischen Reaktionen, zumal der Kriegsmarine, oder die Rezeption in der Wissenschaft, in der Öffentlichkeit und in der von Kaack so heftig kritisierten Marine in der Bundesrepublik nach 1949 bzw. nach 1956. Eine Zusammenfassung, die wenigstens in Ansätzen diese Aspekte thematisiert, sucht man ebenfalls vergeblich. Das ist mehr als ungewöhnlich, zumal wenn der Autor den Anspruch erhebt, die erste umfassende, auf neue Quellen gestützte Biografie zu schreiben, er immer wieder schwere Vorwürfe gegen die Marine und ihre Historikerinnen und Historiker erhebt und ihm die Lehren, die aus Langsdorffs Verhalten zu ziehen seien, doch so wichtig sind.
Umso mehr gilt es, auf der Grundlage der überlieferten und vom Biografen gar nicht bzw. nur zum Teil ausgewerteten Quellen im Bundesarchiv-Militärarchiv erstens zu fragen, ob dessen Deutung, der Wille, die Besatzung zu retten, sei Langsdorffs eigentliches Motiv für die Selbstversenkung gewesen, mit dieser Eindeutigkeit wirklich zutrifft. Zweitens gilt es die Reaktionen in der Kriegsmarine auf Selbstversenkung und Suizid auf der einen, das zeitgleiche Entstehen des Mythos Langsdorff auf der anderen Seite nachzuzeichnen. Drittens stellt sich die Frage, ob es zutrifft, dass es der Marine seit ihrer Gründung an »Mut« gefehlt hat, sich mit Langsdorff auseinanderzusetzen. Damit eng verknüpft ist die Frage, ob die Marine und ihre, aber auch die übrigen Historikerinnen und Historiker der »Zunft« in Deutschland Langsdorff zu Unrecht bewusst »beschwiegen« haben. Schließlich: Ist es gerechtfertigt, Langsdorff aufgrund seines Verhaltens in der Novemberrevolution 1918, als er die Flagge einholen ließ, anstatt diese gegen meuternde Soldaten zu verteidigen, von seinem Wahlrecht bei den Wahlen zur Nationalversammlung Gebrauch machte und anschließend sogar der Deutschnationalen Volkspartei beitrat, tatsächlich als einen frühen Vorläufer des »Staatsbürgers in Uniform« und Vertreter des Prinzips der »Inneren Führung« zu betrachten?[12]
II.
Als das Panzerschiff »Admiral Graf Spee« unter Kapitän zur See Hans Langsdorff Wilhelmshaven am 21. August 1939 verließ, um rechtzeitig vor dem geplanten Überfall auf Polen den vorgesehenen Einsatzraum im Südatlantik zu erreichen, war dies der Beginn eines erfolgreichen Einsatzes im Handelsschiffskrieg. »Ozeanische Kriegführung«, nicht der Wille, mithilfe einer Schlachtflotte in einer Schlacht die Entscheidung im Seekrieg herbeizuführen, war eine der Lehren gewesen, die die deutsche Marine aus der Niederlage im Ersten Weltkrieg gezogen hatte. Als Bearbeiter der »Kreuzerkriegsbände«[13] des Admiralstabswerkes hatte der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, bereits in den frühen 1920er Jahren die Grundlagen für eine flexiblere, an die tatsächlichen Stärkeverhältnisse, vor allem aber die geostrategische Lage angepasste Strategie gelegt.
Seit dem 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, stand die »Admiral Graf Spee« im Südatlantik bereit. Nachdem die Seekriegsleitung am 26. September die Erlaubnis zur Handelskriegführung erteilt hatte, brachte das Panzerschiff vor der brasilianischen Küste das erste feindliche Handelsschiff, den englischen Dampfer »SS Clement«, nach den Regeln der Prisenordnung auf. Nach Rettung der Besatzung ließ Langsdorff das Schiff versenken. Acht weitere Handelsschiffe folgten in den folgenden Wochen. Auch hier hielt sich Langsdorff strikt an die Regeln der Prisenordnung: erst Rettung der Besatzung, dann Versenkung. Bemerkenswert war auch die sehr korrekte Behandlung der Besatzungen der versenkten Schiffe; mit manchen Kapitänen führte Langsdorff auch längere, regelrecht vertrauensvolle Gespräche – soweit dies unter den Umständen möglich war. Damit stellte er sich in die Tradition jener Kommandanten, die im Ersten Weltkrieg in Übersee Handelskrieg nach Prisenordnung geführt und sich dabei ebenfalls »ritterlich« verhalten hatten und nicht, wie mancher U-Boot‑ oder Hilfskreuzerkommandant, auf wehrlos im Wasser schwimmende Seeleute schießen lassen hatten, um alle Spuren aus taktischen Gründen zu verwischen, oder die die Besatzungen einfach ihrem Schicksal überlassen hatten.[14]
Da der Zustand des Panzerschiffs nach mehreren Monaten auf See eine Werftüberholung notwendig machte, entschloss Langsdorff sich Ende November 1939, Kurs Heimat zu nehmen. So geschickt er im Südatlantik, zeitweilig sogar im Indischen Ozean operiert hatte, so fatal war seine Entscheidung, für den Rückmarsch den ihm erteilten Operationsbefehl in einem entscheidenden Punkt zu ignorieren. Beim Handelskrieg, hieß es darin, sollte Langsdorff »bei den Operationen darauf Bedacht« nehmen, »daß der Feind durch frühzeitige Ausschaltung des Panzerschiffs keinen Prestigeerfolg erringen« konnte. Der »volle Einsatz des Panzerschiffs« sollte daher »vermieden werden«.[15] »Bekämpfung feindlicher Seestreitkräfte, auch unterlegener, hat nur zu erfolgen, wenn es die Hauptaufgabe erfordert.«[16] Langsdorff sah dies anders. In einem Appell schwor er am 24. November seine Besatzung darauf ein, »mitzunehmen, was mitzunehmen geht, unter vollem Einsatz des Schiffes«.[17] Konkret bedeutete dies, bei der Suche nach weiteren Handelsschiffen auch feindlichen Kriegsschiffen nicht mehr auszuweichen, wenn ein Gefecht Erfolg versprach. Angesichts der schweren Artillerie des Panzerschiffs schienen die Risiken beherrschbar. Wie immer man diese Entscheidung beurteilt; trotz der großen Spielräume, die ihm die Auftragstaktik der Marine gewährte – hier setzte sich Langsdorff über eine der wenigen Restriktionen hinweg, die seine Entscheidungsfreiheit tatsächlich einschränkten.
Den »Preis« für seinen Offensivgeist, der im Prinzip nichts anderes als »Ungehorsam« war, so zu Recht Eric Grove,[18] sollte Langsdorff wenig später bezahlen. Zwei der nach Rückkehr aus dem Indischen Ozean im Südatlantik aufgebrachten Prisen hatten vor dem Entern noch Meldungen über die Position der »Admiral Graf Spee« absetzen können. Diese Funksprüche hatte auch die Force G der Royal Navy aufgefangen, die unter dem Kommando von Commodore Henry Harwood im Südatlantik operierte und den geheimnisvollen Raider suchte und nun in der Lage war, diesen abzufangen.
Die »Admiral Graf Spee« hatte inzwischen ihren Marsch vor die südamerikanische Küste begonnen, um dort vermutete Konvois feindlicher Dampfer zu versenken. Auch die Besatzung freute sich darauf:
»Solchen Konvoy aufzubringen, war schon seit Eröffnung der Feindseligkeiten der Lieblingsgedanke unseres Kommandanten. Nun stehen wir vielleicht dicht davor. 50 000 BRT haben wir schon versenkt; würde es gelingen, diesen Konvoy zu vernichten, hätten wir die Erfolge der ›Emden‹ aus dem ersten Weltkrieg erreicht«,[19]
notierte der Artillerieoffizier der »Admiral Graf Spee«, Oberleutnant zur See Friedrich Wilhelm Rasenack, am 9. Dezember. Fast prophetisch muten dann seine Aufzeichnungen vom Folgetag an. An diesem erinnerte er sich an die Vernichtung des vom Namensgebers des Schiffes, Vizeadmiral Maximilian Graf Spee, geführten Ostasiengeschwaders im Südatlantik fast auf den Tag genau 25 Jahre zuvor. Aber, so meinte er,
»unser Kommandant hatte aus diesem Gefecht und dem Untergang der ›Emden‹ und anderer Schiffe den Grundsatz erkannt, daß ein Schiff wie wir, das fernab von jedem eigenen Stützpunkt Kaperkrieg führt, nie in der Nähe von Küsten oder Landstützpunkten operieren darf. Denn bei allen Schiffen, die das im ersten Weltkrieg taten, war es der Anfang vom Ende.«
Allerdings, dies gestand Rasenack im Nachsatz ein, hatte der Kommandant diesen Grundsatz, der »die eigene Sicherheit an erste Stelle« setzte, jetzt aufgegeben, »sich zum vollen Einsatz des Schiffes entschlossen, um noch einen abschließenden größeren Erfolg zu erringen, bevor wir in die Heimat zurückkehren«.[20]
Die Abkehr von den eigenen, als richtig erkannten Grundsätzen erwies sich innerhalb weniger Tage nach dieser Eintragung als das, was Rasenack befürchtet hatte: der Anfang vom Ende. Auf dem Weg vor die La-Plata-Mündung trafen Harwoods Verband und die »Admiral Graf Spee« ca. 250 sm östlich von Punta del Este am 13. Dezember aufeinander. In einem ca. anderthalbstündigen Gefecht fügte die »Admiral Graf Spee« den britischen Einheiten zwar erhebliche personelle Verluste und Schäden an den Schiffen zu. Den taktisch geschickt operierenden britischen Kreuzern gelang es aber trotz der erlittenen Schäden, auch die »Admiral Graf Spee« schwer zu treffen: 36 Angehörige der Besatzung fielen im Gefecht, 60 wurden verwundet. Hinzu kamen Schäden am Schiff. So klafften in der Bordwand zahlreiche kleinere und größere Löcher. Weitaus gravierender waren aber die Schäden an der Treib‑ und Schmierölreinigungsanlage sowie dem Messgeber der Geschütze. Auch der Frischwassererzeuger, die Kombüsen und die Mehllast waren zerstört. Da diese Schäden, wie Langsdorff nach einer Begehung des Schiffes mit dem Ersten Offizier festgestellt hatte, nicht mehr mit Bordmitteln repariert werden konnten, entschied er sich, für die Reparaturarbeiten Montevideo anzulaufen. Ob Langsdorff diese Entscheidung zuvor mit seinen Offizieren hätte diskutieren müssen, um sie dann nach Abwägung möglicher Alternativen zu ändern, ist müßig. Die Kommandanten der Kriegsmarine, aber auch anderer Marinen waren so sozialisiert, dass sie auf ihrem Schiff alleine entschieden. In dieser Freiheit lag ja auch von jeher der besondere Reiz der Rolle eines Kapitäns. Der I. Artillerieoffizier, Fregattenkapitän Paul Ascher, hat nach seiner vergleichsweisen schnellen Flucht und Rückkehr aus Argentinien zwar behauptet, dass die Schäden aus seiner Sicht nicht so gravierend gewesen seien, dass ein Marsch in Richtung Heimat nicht möglich gewesen wäre. Nach Rücksprache mit dem Navigationsoffizier, Fregattenkapitän Jürgen Wattenberg, hielt er es aber im Moment der Entscheidung für falsch, »den Kommandanten jetzt noch zu beeinflussen, nachdem er seinen Entschluss gefasst und in Befehle umgesetzt hatte, da die Folgen eines anderen Entschlusses naturgemäß nicht zu übersehen waren«.[21] Dass, wie bald Langsdorff wohl gesonnene Admirale annahmen,[22] auch die Verwundungen des Kommandanten im Gefecht und eine kurze Bewusstlosigkeit sein Urteilsvermögen beeinträchtigt haben, liegt nahe. Die Seekriegsleitung stimmte Langsdorffs Entschluss ebenfalls zu; auf seine Entscheidung hatte dies aber keinen Einfluss mehr, da die entsprechende Nachricht erst kurz vor oder sogar erst während des Einlaufens in Montevideo eingetroffen war.[23]
Was hätte die Seekriegsleitung Langsdorff angesichts der gemeldeten Schäden am Schiff ohne genaues Lagebild raten oder gar befehlen können? Die retrospektive und vermutlich auf Aschers oben geschilderten Angaben nach seiner Rückkehr beruhende Behauptung des damaligen Flottenchefs, Admiral Wilhelm Marschall, Langsdorff »hätte bei der vorzüglichen Werkstattausrüstung der Panzerschiffe mit eigenen Mitteln in den Feuerlandkanälen reparieren können – zumindest behelfsmäßig«,[24] ist vor dem Hintergrund der Lage im Südatlantik, der Tatsache, dass die Royal Navy ihm nun auf den Fersen war und mit ihren schnelleren Schiffen trotz Beschädigungen Fühlung halten konnte, und angesichts des Zustands des Schiffes reine Spekulation. Marschall dachte hier wohl an die Flucht von »SMS Dresden« in die Kanäle von Feuerland nach dem Gefecht bei den Falklandinseln im Dezember 1914, vergaß dabei allerdings, dass auch dieser Kleine Kreuzer letztlich nicht hatte entkommen können. Im Frühjahr 1915 hatte ihn die Royal Navy aufgespürt und unter Verletzung der chilenischen Neutralität in dessen Versteck in der Cumberland-Bucht (Isla Mas a Tierra, seit 1966: Robinson-Crusoe-Insel) beschossen, bevor der Kommandant die »Dresden« selbstversenkte. Reine Spekulation ist auch die Frage, ob Langsdorff sich anders entschieden hätte, wenn ihn die Seekriegsleitung, wie ein Bericht im Januar 1945 feststellte, vor dem Auslaufen oder während des Unternehmens über »die starke Abhängigkeit Uruguays von England auch in politischer Hinsicht« tatsächlich unterrichtet hätte.[25] Da Langsdorff einen direkten Durchbruch nach Hause angesichts der Schäden und der Verwundeten für nicht möglich hielt, war die Zahl der Häfen, die in Frage kamen, relativ gering: Ob Puerto Belgrano, Rio Grande do Sul, Buenos Aires oder Mar del Plata seine Ausgangslage verbessert hätten, ist offen.
Wie dem auch sei, Langsdorff hatte sich für Montevideo entschieden, da die Stadt am schnellsten zu erreichen war. Puerto Belgrano, das Langsdorff selbst später nannte, hätte er erst 24 Stunden später erreicht. Angesichts der Schäden sowie der Tatsache, dass die britischen Schiffe trotz ihrer Beschädigungen keineswegs verschwunden waren und mit weiteren gerechnet werden musste, schien ihm dieser Hafen in der konkreten Situation dann offenkundig doch zu weit. Der Einfahrtskanal nach Buenos Aires war wiederum sehr schmal und hätte nicht nur mehr Zeit gekostet, sondern auch ein schnelles Auslaufen noch schwieriger gemacht, als dies in Montevideo der Fall gewesen wäre. Dass Langsdorff die Entscheidung für Montevideo bereits nach der Ankunft für falsch hielt, er damit bereits beim Einlaufen quasi »Selbstmord« beging, wie Marschall später meinte, konnte an dem, was geschehen sollte, nichts mehr ändern.[26] Die zentrale Frage für Langsdorff war, wie er dem Gesandten in Montevideo bei der ersten Besprechung an Bord mitteilte, wie er trotz der Beschädigungen des Schiffes auf der einen, dem zu erwartenden Aufmarsch weiterer britischer Schiffe vor dem La Plata auf der anderen Seite, »für die Ehre der Flagge das Bestmögliche« herausholen konnte.[27]
III.
Langsdorffs Hoffnung, nach dem Einlaufen in Montevideo genügend Zeit zu haben, um die eigenen 36 Gefallenen beerdigen, die Verwundeten versorgen und die Schäden am Schiff in einem über die gewährten 72 Stunden hinaus dauernden Aufenthalt – er selbst hielt 14 Tage für notwendig – beheben zu können, erfüllte sich nicht. Ebenso wenig erfüllte sich seine anfängliche, »dem ihm eigenen Optimismus« entspringende Hoffnung, »nachts bei möglichst unsichtigem Wetter [...] erfolgreich durchzubrechen«, wie einer seiner Offiziere nach einer Besprechung am späten Abend des 14. Dezember notierte. Anders als Langsdorff hielten seine Offiziere einen solchen Versuch für »unmöglich«. »Der Kommandant hört sich alle diese Gesichtspunkte ruhig an. Denn genau so wie er eine Internierung in diesem Hafen vermeiden will, versucht er die Vernichtung des Schiffes zu vermeiden, ohne dass wir dem Gegner Schaden zufügen können.«[28] Vor dem Hintergrund der weiteren Entscheidungen in den Folgetagen waren dies bemerkenswerte Äußerungen Langsdorffs. Verantwortlich für seine Bereitschaft durchzubrechen, ohne aber erneut das Gefecht zu suchen, dürfte gewesen sein, dass er zu diesem frühen Zeitpunkt offenbar noch kein klares Lagebild hatte. Gleichzeitig hatte ihm aber der deutsche Gesandte in Montevideo, Otto Langmann, bereits beim Eintreffen des Panzerschiffs unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er eine fatale Fehlentscheidung getroffen hatte. »Prestigefrage«, hieß es in Rasenacks Tagebuch: »Anscheinend hat dabei der Botschafter den Kommandanten bei seiner Ehre zu packen versucht. Denn der Kommandant will mit einem Mal, gegen seine militärische Einsicht, in der gesetzten Frist auslaufen.«[29]
Bemerkenswert an diesen frühen Ausführungen ist zum einen, dass Langsdorff sich über sein grundsätzliches Dilemma im Klaren war: auslaufen, egal um welchen Preis, ohne aber zu wissen, ob er dem Gegner Schaden zufügen kann, nur um des »Prestiges« willen und, dies sei ausdrücklich noch einmal hervorgehoben, »gegen seine militärische Einsicht«, oder Internierung. Gleichermaßen bemerkenswert ist aber auch, dass Langsdorff bei seinen Überlegungen seine Offiziere um Rat fragte und diesem dann auch folgte. Dieses Muster sollte sich in den nächsten Tagen, vor allem aber in den entscheidenden Stunden wiederholen. Rationales, keineswegs intuitives oder an überkommenen Ehrbegriffen orientiertes Verhalten bestimmte Langsdorffs Handeln.
Mehr als 72 Stunden sollte die Regierung Uruguays Langsdorff jedoch nicht zugestehen. Für Langsdorff bedeutete dies, dass er sorgfältig überlegen musste, wie er sich in dieser »Mausefalle«[30] – so seine eigene Einschätzung kurz nach der Ankunft – verhielt. Bereits nach dem Gefecht hatte er der Seekriegsleitung seinen Entschluss gemeldet, Montevideo anzulaufen, und diesen mit den Schäden am Schiff begründet.[31] Die Seekriegsleitung, die diese Meldungen in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember erhielt, billigte die Entscheidung des Kommandanten. Aufgrund fehlender weiterer Meldungen durch Langsdorff selbst sowie widersprüchlicher Berichte ausländischer Nachrichtenagenturen über das Gefecht hatte sie weiterhin kein klares Lagebild. Sie setzte darauf, dass Langsdorff, den Raeder seit vielen Jahren hoch schätzte, selbst am besten wusste, was zu tun sei. Konkret bedeutete dies, die »Admiral Graf Spee« wieder see‑ und gefechtsfähig zu machen, »um das Panzerschiff der weiteren deutschen Seekriegführung zu erhalten und, falls dies nicht möglich sein sollte, einen ehrenvollen Verlust des Schiffes unter größtmöglicher Schädigung des Gegners zu gewährleisten«.[32] Eine Meldung, die diese Erwartungen deutlich ausdrückte, erhielt Langsdorff jedoch nicht. Die Antwort der Seekriegsleitung auf seine erste Meldung lautete vielmehr nur: »Einverstanden.«[33]
Entscheidend für den weiteren Verlauf des Geschehens, aber auch für die Beurteilung der Haltung der Seekriegsleitung ist, dass diese, den überlieferten Prinzipien der Handlungsfreiheit des Kommandanten vor Ort folgend, Langsdorff weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt Befehle gab, die ihn einschränkten. Gleichermaßen bemerkenswert ist, dass die Seekriegsleitung Langsdorffs Entscheidung, am Ende der Operation größere Risiken einzugehen und auch ein Gefecht mit feindlichen Seestreitreitkräften zu wagen, ausdrücklich weiterhin nicht kritisierte. Sie lobte Langsdorffs Entscheidung vielmehr: »[O]hne Risiko, kein Erfolg!«[34]
Die Seekriegsleitung bezeichnete die Wahl Montevideos zwar als »nicht günstig«, gab Langsdorff aber keinen anderen Befehl. Sie nahm vielmehr an, dass der Kommandant diesen Hafen gewählt hatte, »da er von Montevideo aus noch die beste Möglichkeit sah, nach Wiederherstellung des Schiffes den Durchbruch in die freie See zu erkämpfen«. Vor diesem Hintergrund strebte die Seekriegsleitung eine möglichst lange Liegezeit des Schiffes in Montevideo an. Mit Langsdorffs Meldungen über das Gefecht sowie den Zustand des Schiffes, aber auch die wachsende Bedrohung durch britische Kreuzer vor der La-Plata-Mündung verschlechterten sich aber die Aussichten.[35]
Langsdorffs erste Meldung machte der Seekriegsleitung deutlich, dass der Kommandant nur noch wenige Alternativen hatte:
»1. Eine Fortführung des Handelskrieges ist für ›Spee‹ nicht möglich [...]
2. Die Aussichten für das Gelingen eines Durchbruchs in die Heimat durch die vor Montevideo stehenden überlegenen englischen Streitkräfte sind bei geringem Munitionsbestand auch nach Wiederherstellung der anscheinend stark eingeschränkten Seefähigkeit gering, scheinen aber immerhin noch vorhanden zu sein [...]
3. Eine Internierung in Uruguay ist bei der stark englandfreundlichen Regierung des Landes auf alle Fälle zu vermeiden.«
»Es muß«, so hieß es nach der Beurteilung der Handlungsoptionen,
»aus diesen Gründen mit allen Mitteln versucht werden, das Schiff so schnell wie möglich wieder seefähig zu machen, um in kürzester Frist, möglichst noch vor Eintreffen weiterer feindlicher schwerer Streitkräfte wieder auszulaufen und auf schnellstem Wege eine Rückkehr in die Heimat zu versuchen«.[36]
Von einem Befehl zum Auslaufen sah die Seekriegsleitung dennoch ausdrücklich ab, »da sie überzeugt [war], daß der Kommandant die Lage am Ort am besten zu übersehen vermag und daß er, wenn überhaupt eine Möglichkeit zum Durchbruch besteht, diese auch mit allen Mitteln ausnutzen wird«. Dies war ein bemerkenswertes und zugleich prophetisches Urteil. Es hing in der Tat alles davon, ob es diese »Möglichkeit zum Durchbruch« nach dem Urteil der Handelnden vor Ort wirklich gab.
An dieser Linie sollte die Seekriegsleitung in den folgenden beiden Tagen hektischer Verhandlungen in Montevideo und kurzer Telegrammwechsel mit Langsdorff weiter festhalten. Sie übermittelte Langsdorff über die Gesandtschaft zwar rechtliche »Unterlagen zur Vermeidung einer Internierung und zum Erreichen einer Verlängerung des Aufenthaltes in Montevideo zwecks Beseitigung der Seeschäden«. Einen Befehl, das Gefecht zu suchen, erhielt Langsdorff jedoch weiterhin nicht. Dazu war nicht nur die Beurteilung der Lage, soweit eine solche überhaupt möglich war, zu ungünstig. Geschickt hatte die britische Regierung seit Bekanntwerden des Gefechts den Eindruck erweckt, dass die »Admiral Graf Spee« in der Falle säße und starke Verbände vor dem La Plata nur darauf warten würden, diese endgültig zu vernichten.[37] Falsche Beobachtungen von Offizieren der »Admiral Graf Spee« selbst sollten diesen Eindruck bald verstärken. Zugleich überlegte die Seekriegsleitung, einen Ausbruch des Schiffes durch Entsendung eines »großen U-Bootes« zu unterstützen, um »durch Angriff auf die schweren Feindstreitkräfte eine Schwächung, Beunruhigung und Bedrohung des blockierenden Gegners und damit eine sehr wesentliche Entlastung des ›Spee‹ zu erreichen«.[38] Diese Überlegungen änderten aber nichts an der Grundüberzeugung der Seekriegsleitung, den Kommandanten alleine entscheiden zu lassen. Warum Langsdorffs Biograf Kaack bei seiner an entscheidenden Stellen allerdings verkürzten Darstellung der Überlegungen in Montevideo wie auch in Berlin am Ende des ersten Tages der Seekriegsleitung einerseits eine »[r]ealistische Lagebeurteilung und Annahme, dass schnellstmögliches Auslaufen angezeigt wäre«, bescheinigt, um dann andererseits festzustellen: »Weigerung, diesbezüglich konsequent zu handeln und durch einen Auslaufbefehl in die Entscheidungen Langsdorffs einzugreifen«,[39] erschließt sich dem Betrachter nicht. Diese These übersieht nicht nur, dass die »Admiral Graf Spee« nach Meinung des Kommandanten nicht see‑ und angesichts des hohen Munitionsverbrauchs – das Panzerschiff hätte allenfalls ein halbstündiges Gefecht durchgestanden – nicht kampffähig genug war, um einen Durchbruch zu wagen. Sie übersieht zugleich vielmehr auch, dass jeder Befehl zum Durchbruch in welche Richtung auch immer – Buenos Aires oder die Heimat – aufgrund der hoffnungslosen Lage nur der Befehl für eine »Todesfahrt« hätte sein können. Und diesen wollte die Seekriegsleitung – man mag dies vor dem Hintergrund der späteren Weisungen Raeders erstaunlich finden oder nicht – weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt geben. Zudem ist fraglich, ob es das kleine Zeitfenster zum Ausbruch, das Langsdorff und der deutsche Gesandte, wie beschrieben, anfänglich sogar zu haben glaubten, überhaupt gab. Aber selbst wenn die Seekriegsleitung, die ein sehr unklares Lagebild hatte, einen Befehl hätte geben wollen, hätte dieser aufgrund des Zeitunterschiedes bei der Kommunikation das Panzerschiff erst erreicht, als es ohnehin zu spät war. Kaacks Kritik an dem »starre[n] Verhalten« der Seekriegsleitung, die nicht erkannt habe, dass es möglich sein müsse, »ein allgemein bewährtes Führungsprinzip in Grenzsituationen zu durchbrechen, wenn der höhere Informationsstand des Führungskommandos dies gebietet«,[40] geht so fehl: Die Seekriegsleitung wusste nicht mehr als Langsdorff selbst.
An ihrer Entscheidung, die Handlungsfreiheit des Kommandanten nicht einzuschränken, hielt die Seekriegsleitung auch in den folgenden Tagen fest. Nach Eintreffen des Gefechtsberichts stellte sie sich vielmehr erneut an Langsdorffs Seite. Zugleich nutzte sie diese Gelegenheit, auf das grundsätzliche Dilemma deutscher Seekriegführung im Zeitalter der Weltkriege hinzuweisen, an dem schon die Tirpitz’schen Planungen ein Vierteljahrhundert zuvor gescheitert waren:
»die Ungunst der seestrategischen Lage Deutschlands [...], die es den im Auslande operierenden deutschen Seestreitkräften nicht erlaubt, in einem eigenen Überseestützpunkt zur Reparatur notwendiger, aber an sich unbedeutender Schäden einzulaufen, sondern sie zwingt, ohne Rast und Ruhe auf den Weltmeeren den Jagdstreitkräften einer überlegenen Seemacht Trotz zu bieten und erforderlichenfalls die Gnade neutraler Staaten in Anspruch zu nehmen«.[41]
Die hypertrophen Annexionsplanungen der Marine, die ihren Höhepunkt in den Überlegungen von Generaladmiral Alfred Saalwächter im Winter 1944/45 erreichen sollten, haben hierin einen ihrer Ursprünge.[42]
Raeder beschränkte sich daher zunächst darauf, der Besatzung der »Admiral Graf Spee« für ihren »bewiesenen Heldenmut und erzielte Erfolge höchste Anerkennung und Dank der Kriegsmarine« auszusprechen und dem Kommandanten »weitere Verleihungen von EK I und EK II« anheimzustellen. »Weiter alles Gute«, hieß es in einem Funkspruch am 15. Dezember.[43]
Was die Zukunft der »Admiral Graf Spee« selbst betraf, so hielt Raeder sich zurück und wartete auf weitere Meldungen des Kommandanten. Am Abend des 15. Dezember meldete Langsdorff detailliert das Ergebnis der Untersuchung der Schäden am Schiff. Um die Seefähigkeit wiederherzustellen, seien mindestens 14 Tage notwendig. Zugleich wies er darauf hin, dass von Land wie auch von Bord mehrere britische Kriegsschiffe gesichtet worden seien. Zu diesen gehörten nicht nur der Schwere Kreuzer »HMS Cumberland«, sondern auch der Schlachtkreuzer »HMS Renown« und der Flugzeugträger »HMS Ark Royal«. Dass der I. Artillerieoffizier sich dabei geirrt hatte, wusste Langsdorff zu keinem Zeitpunkt. Der Flug mit einem gemieteten Flugzeug brachte auch keine eindeutige Klarheit, da der Pilot nicht die La-Plata-Mündung hatte überfliegen dürfen. Das eigene Bordflugzeug war seit dem Gefecht beschädigt und stand nicht zur Verfügung. Auch als später erste Meldungen über den Aufenthalt der feindlichen Einheiten andeuteten, dass der eigene Beobachter sich getäuscht haben könnte, gab es keinen Anlass, an der eigenen Lagebeurteilung zu zweifeln. »Augenbeobachtung«, so rechtfertigte Langsdorffs Adjutant, Oberleutnant zur See Kurt Diggins, das Verhalten seines Kommandanten später, sei bei Entscheidungen im Ernstfall immer wichtiger als Mutmaßungen über den Aufenthalt möglicher Gegner.[44] Entscheidend war, dass die »Admiral Graf Spee« einem Gefecht mit diesen Einheiten, zumal mit der »HMS Renown« mit ihren sechs 38-cm-Geschützen, nicht gewachsen sein würde. Da die uruguayische Regierung eine Verlängerung des Aufenthalts in Montevideo über die gewährten 72 Stunden hinaus ablehnte, war Langsdorff gezwungen, eine Entscheidung zu treffen.
In einem Telegramm an die Seekriegsleitung, das am 15. Dezember abends in Montevideo abging und am 16. vormittags in Berlin eintraf, beschrieb Langsdorff die drei Alternativen, die es angesichts der Kräfteverhältnisse am La Plata und der Aussichtlosigkeit eines »Ausbruch[s] in freie See und Durchbruch[s] in die Heimat« noch gab:
»Auslaufen bis zur Neutralitätsgrenze. Falls durch Einsatz Restmunition Durchbruch nach Buenos Aires erkämpft werden kann, soll dies versucht werden [...] Für den Fall, dass Durchbruch zu sicherer Vernichtung ›Spee‹ ohne Schädigung Feindes führen würde[,] erbitte Entscheidung, ob Versenkung trotz ungenügender Wassertiefe La-Plata Mündung oder Internierung.«[45]
Der Gesandte in Montevideo, Langmann, – und dies wird häufig übersehen – unterstützte gemeinsam mit dem aus Buenos Aires eingeflogenen dortigen deutschen Marineattaché, Fregattenkapitän Dietrich Niebuhr, ausdrücklich Langsdorffs letzten Alternativvorschlag. Noch vor Langsdorffs Besprechungen mit seinen Offizieren über die vorhandenen Optionen im weiteren Verlauf des Tages schrieb er ans Auswärtige Amt: »In Übereinstimmung mit Marine-Attaché halte Internierung Schiffes in jedem Falle für schlechteste Lösung. Sprengung selbst in flachen La-Plata-Gewässern mit folgender Internierung Besatzung vorzuziehen. Begründung Munitionserschöpfung.«[46] Langsdorffs Auffassung, dass ein Durchbruch keinen Erfolg verspreche, hielt auch er für plausibel. Von einem Gefecht nur um des ehrenhaftes Kampfes wegen hielt offenbar auch der Gesandte nichts, da er diese Option nicht einmal erwähnte.
Die Seekriegsleitung erörterte die von Langsdorff genannten Alternativen nicht nur ausführlich, sondern trug sie unmittelbar nach Eintreffen der Meldung auch dem »Führer« vor. Das Vertrauen in Langsdorff war dabei weiterhin groß, war er doch in ihren Augen »als energische, zähe und tatkräftige Persönlichkeit« bekannt.[47] Die Seekriegsleitung akzeptierte daher Langsdorffs Einschätzung, dass ein Durchbruch »in die Heimat [...] aussichtlos« war. Sie billigte zugleich dessen Entschluss, falls möglich, kämpfend nach Buenos Aires durchzubrechen und dabei so viele Gegner wie möglich zu schädigen.[48] Für den Fall, dass Argentinien wie Uruguay eine Internierung ablehnen und das Panzerschiff zum Verlassen zwingen würde, bliebe dann immer noch die Möglichkeit einer Selbstversenkung: Allerdings hätte die »Admiral Graf Spee« dann »unter Einsatz der Restmunition eine Schädigung des Gegners erreicht und die Besatzung würde in einem Deutschland gegenüber günstiger eingestellten Lande interniert«.[49]
Aber auch die Alternative der Selbstversenkung unmittelbar nach dem Verlassen von Montevideo und ohne ein weiteres Gefecht war aus der Sicht der Seekriegsleitung durchaus eine vernünftige Option: Entscheidend war hierbei »die wirksame Zerstörung des Schiffes. Es müsste dann verhindert werden, dass das Schiff oder Teile von ihm unzerstört in Feindeshand fielen.« Aus ihrer Sicht war dies aber nur die »letzte Möglichkeit«, »für den Fall, dass eine vorherige Schädigung des Gegners und ein Durchbruch in die Heimat oder nach Buenos Aires keinesfalls erreicht werden kann«.[50]
Der Seekriegsleitung erschien daher das Gefecht wünschenswert und sie kündigte nach Rücksprache mit Dönitz in einem weiteren Telegramm für den 25. Januar 1940 sogar ein U-Boot zur Unterstützung an.[51] Die Antwort an Langsdorff überließ ihm dann doch die Entscheidung.[52] Allein die Internierung in Uruguay untersagte die Seekriegsleitung. Die politische Lage in dem Land erschien zu unsicher, die Gefahr, dass das wertvolle Panzerschiff trotz Internierung »dem Gegner über kurz oder lang in die Hände fallen wird«, zu groß.[53] Und für den Fall, dass Langsdorff sich für die Selbstversenkung entscheiden sollte, galt: »Bei Versenkung wirksame Zerstörung anstreben.«[54] Für die Behauptung von Hitlers Marineadjutant, dem späteren Konteradmiral Karl-Jesko von Puttkamer in seinen »Erinnerungen«, der »Führer« habe den Ausbruch verlangt, »um dabei, wenn er nicht gelingen sollte, im Kampfe wenigstens noch einen Gegner mitzunehmen«, gibt es keinen bestätigenden Beleg.[55] Das überlieferte Protokoll von Raeders Vortrag am Mittag des 16. Dezember enthält diesbezüglich keinen Hinweis.[56] Hitler billigte vielmehr die Entscheidung, die Raeder Langsdorff mitteilen wollte. Was immer Raeder oder Hitler ansonsten erwartet haben mögen, sie haben es Langsdorff nicht mitgeteilt und ihn weder direkt noch indirekt unter Druck gesetzt. Dass die »Weisung des Ob[erbefehlshabers] d[der] M[arine] vermutlich anders ausgefallen« wäre, wenn die Seekriegsleitung gewusst hätte, dass das von Langsdorff übermittelte Lagebild falsch war, wie Konteradmiral Gerhard Wagner in seiner späteren Edition von Raeders Lagevorträgen ausführte, zeigt einmal mehr, dass dieser seine Entscheidung im vollen Bewusstsein von dessen Tragweite getroffen hatte. Ohne die mehrfach bestätigte Sichtung kampfstarker britischer Einheiten durch den I. Artillerieoffizier und andere Angehörige der Besatzung hätte Raeder einen anderen Befehl gegeben.[57] Kaacks Ausführungen über Hitlers Erwartungen insinuieren insofern mehr, als quellenmäßig zweifelsfrei belegbar ist.[58]
Für Langsdorff war mit dem Empfang von Raeders Antwort die Entscheidung klar, sollte die uruguayische Regierung seinem Versuch, die Aufenthaltsfrist zu verlängern, nicht nachkommen: Selbstversenkung statt Durchbruch nach Buenos Aires im Gefecht. Im Gegensatz zu seinen auf See ohne Rücksprache gefällten Entscheidungen hatte Langsdorff die verschiedenen Optionen in Gesprächen nicht nur mit seinen Navigationsoffizieren und dem Leitenden Ingenieur, sondern wenig später auch noch einmal mit dem I. Offizier und dem Marineattaché erörtert. Ein Verbleiben im Hafen schied danach aus. Eine »Seeschlacht im Hafen« versprach keinen Erfolg, von den politischen Folgen ganz abgesehen. Aus Gründen der »Ehre« waren die Navigationsoffiziere Wattenberg und Fregattenkapitän Horst Höpfner anfänglich zwar dafür, ein Gefecht zu wagen, der Leitende Ingenieur, Korvettenkapitän Carl Klepp, war angesichts des Zustands der Maschinen und anderer technischer Probleme jedoch dagegen. Allen war klar, dass der La Plata zu flach war, um frei manövrieren zu können; die vorderen Geschütze seien nur eingeschränkt einsatzbereit, und auch die Restmunition für die 28-cm-Geschütze, die Hauptbewaffnung des Schiffes, reiche nicht aus, um ein Gefecht zu wagen und bei schweren Treffern, die das Schiff auf Grund setzen könnten, dieses dann doch noch wirksam zu zerstören. Darüber hinaus, so der Leitende Ingenieur, drohten die Schiffsdiesel aufgrund der Bodenventile, die unweigerlich schlammiges Wasser ansaugen würden, heiß zu laufen und damit die Manövrierfähigkeit weiter einzuschränken. Schließlich erschien es »sehr fraglich«, ob Argentinien mehr Zeit gewähren würde, falls Buenos Aires erreicht werden könnte.[59] Der Marsch dorthin würde immerhin ca. 8–10 Stunden dauern, und angesichts der engen Kanäle sowie des flachen Wassers bestand jederzeit die Gefahr, dass das Schiff auflaufen und damit zum Abschuss frei sein würde.
Aufgrund dieser militärischen Lagebeurteilung, nach dem Scheitern aller Bemühungen um Verlängerung des Aufenthalts sowie einem weiteren Telegramm aus Berlin, das er noch in der Gesandtschaft erhielt und das ihm seine Handlungsfreiheit entsprechend den aufgezeigten Optionen noch einmal bestätigte sowie ihm erneut befahl: »Bei Selbstversenkung wirksame Zerstörung anstreben«,[60] gab Langsdorff nach Verlassen der deutschen Gesandtschaft in den frühen Morgenstunden des 17. Dezember den Befehl, die in der Besprechung mit seinen Offizieren befohlenen Planungen zur Sprengung auszuführen.[61] Bereits am Abend des 15. Dezember hatte er auch eine kleine Gruppe von Besatzungsangehörigen auf dieses mögliche Szenario vorbereitet. Er werde nur dann hinausfahren, »wenn er auch Aussicht auf Erfolg [sehe], sonst würde er das Schiff draußen sprengen. Ein billiges Scheibenschießen würde er die Engländer nicht auf uns durchführen lassen«,[62] notierte Oberleutnant zur See Rasenack in seinem Tagebuch. Ähnlich hatte Langsdorff sich in seinem letzten Gespräch mit einem der gefangenen englischen Handelsschiffkapitäne geäußert: »Selbstmord« wolle er angesichts der auf ihn wartenden Schiffe keinesfalls begehen.[63] Der Maschinen-Obermaat auf der »Admiral Graf Spee«, Hans Götz, schließlich hielt am 17. Dezember, als die Entscheidung zur Selbstversenkung endgültig gefallen war, über die Entwicklung der Lage und die Entscheidungen des Kommandanten in seinem Tagebuch fest: »Wenn ein Durchbruch aussichtlos, dann nachhaltige Zerstörung und Versenkung des Schiffes«, hätte ihm die Seekriegsleitung mitgeteilt. »Wie ein Lauffeuer«, so Götz, »verbreitete sich diese Nachricht durchs Schiff, verbunden mit dem Ausspruch unseres Kommandanten, ›ich lasse uns doch dort draußen nicht von einer Uebermacht zusammenschießen. Mir sind 1000 junge lebende Menschen lieber als 1000 tote Helden!‹«[64]
Wenn man diese wie auch Langsdorffs Äußerungen in den Briefen an seine Eltern und seine Ehefrau liest, liegt der Gedanke nahe, die Rettung der Besatzung sei das eigentliche Motiv der Selbstversenkung gewesen. Die Entwicklung der Lage, die »fieberhaft[en] Arbeiten«[65] zur Reparatur des Schiffes durch die Besatzung und Langsdorffs sehr gut dokumentierte Überlegungen und Gespräche mit seinen Offizieren, dem Gesandten und dem Marineattaché in Montevideo sowie die Bitten um konkrete Weisungen seitens der Seekriegsleitung, aber auch Langsdorffs Austausch mit dem argentinischen Fregattenkapitän Eduardo A. Aumann unmittelbar nach dem Eintreffen in Buenos Aires bestätigen jedoch nicht die Eindeutigkeit, in der Kaack und andere behaupten, für diese Entscheidung sei allein Langsdorffs »Wertekompass« maßgeblich gewesen. Er hätte, so erklärte Langsdorff Aumann,
»das Gefecht in einer Zone des Rio de La Plata [...] annehmen müssen, wo die geringe Wassertiefe keine Gewähr dafür bot, daß, wenn die Munition, die er noch hatte, verschossen sein würde und er sich entschließen sollte, sein Schiff zu versenken, es unter der Wasseroberfläche verschwinden würde. Unter diesen Umständen war es durchaus möglich, daß der Gegner sich des Schiffsrumpfes bemächtigte, ihn wieder flottmachte und im Triumph nach England brächte. Aufgrund dieser Überlegungen entschied er sich für die Sprengung des Schiffes, wie er sie dann durchführte.«[66]
Diese Stellungnahmen Langsdorffs zeigen vielmehr, dass »Ehre« oder überkommene Vorstellungen vom Krieg zur See an sich für ihn keine Argumente waren, wenn es darum ging, das Gefecht zu suchen. Dies gilt umso mehr, wenn dieses um der »Ehre« Willen letztlich wesentliche Ziele verfehlt hätten: zu verhindern, dass das wertvolle Schiff, beschädigt oder nicht, mit seinen vielen neuen technischen Einrichtungen dem Gegner aufgrund der geringen Wassertiefe doch noch in die Hände gefallen wäre ohne den Gegner tatsächlich auch zu schädigen. Dass Langsdorff hier militärisch nüchtern abgewogen und dabei auch das Schicksal seiner Besatzung, die er durch seinen »Ungehorsam« (Grove) in diese missliche Lage gebracht hatte, mit berücksichtigt hat, wird niemand bestreiten wollen. Was geschehen wäre, wenn ihm die Seekriegsleitung den Durchbruch, komme was wolle, befohlen hätte, wissen wir nicht. Erst als diese ihm seine Handlungsfreiheit, die auch die Selbstversenkung mit einschloss, erneut bestätigte, entschloss er sich, diese zu befehlen.
Kurz vor dem Auslaufen hatten bestätigte Meldungen über das Einlaufen des Schlachtkreuzers »HMS Renown« und des Flugzeugträgers »HMS Ark Royal« in Rio de Janeiro zwar ergeben, dass die beiden Schiffe nicht vor der Flussmündung auf das deutsche Panzerschiff warteten; an Langsdorffs militärischer Lagebeurteilung änderte dies jedoch nichts: »Kommandant rechnet jetzt damit, dass vor der La[‑]Platamündung in erster Linie Kreuzer (darunter Cumberland) stehen, die im Falle seines Auslaufens Fühlung halten sollen, um ›Renown‹ und ›Ark Royal‹ und evtl. weitere starke Streitkräfte an Spee heranzuführen. Ein Abschütteln der Fühlungshalter hält er bei dem Zustand des eigenen Schiffes und den hellen Sommernächten für aussichtslos. Die Nachricht ändert also nichts an seinem Entschluss«,[67] hieß es im Kriegstagebuch. Am Entschluss hätte eine optimistischere Lageeinschätzung ohnehin nichts mehr ändern können, wie auch der Chef des Stabes der Seekriegsleitung, Konteradmiral Otto Schniewind, und der Chef der 1. Abteilung, Konteradmiral Kurt Fricke, nach Erhalt des Kriegstagbuchs festhielten: »Zu spät!«[68] Seit der Zerstörung wichtiger Anlagen an Bord war das Panzerschiff nicht mehr see‑, geschweige denn gefechtsfähig.
Am gleichen Abend lief die »Admiral Graf Spee« aus dem Hafen von Montevideo aus. An Bord waren nur noch diejenigen Offiziere und Mannschaften, die für die von der Seekriegsleitung gebilligte wirksame Zerstörung benötigt wurden. Nach Erreichen internationaler Gewässer flog das Schiff in die Luft. Hunderttausende, manche Schätzungen sprechen von einer Dreiviertelmillion Menschen, schauten überrascht vom Hafen aus zu. Radioreporter übertrugen diesen Moment in die ganze Welt. Selbst US-Präsident Franklin D. Roosevelt soll das Geschehen am Radio verfolgt haben. Die Besatzung hatte Langsdorff zuvor heimlich ausgeschifft und in Richtung Buenos Aires bringen lassen. Ob Langsdorff die Absicht gehabt hatte, sich mit dem Schiff in die Luft zu sprengen, wissen wir nicht. Einige seiner Offiziere haben dies aber befürchtet. Sie hatten daher entgegen Langsdorffs Befehl, das Schiff mit einem Knopfdruck von seinem Kommandantenstand aus zu sprengen, nicht nur die Sprengleitungen dezentral verlegt, sondern sich auch auf Weisung des I. Offiziers, Fregattenkapitän Walter Kay, ausdrücklich um ihren Kommandanten gekümmert. Nach Einholen der Flaggen und des Kommandantenwimpels war Langsdorff zusammen mit dem Sprengkommando dann von Bord gegangen.[69]
Langsdorffs Verhalten war ungewöhnlich in der Geschichte der Marinen der Welt. Selbst Joseph Goebbels, der skrupellose Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, konnte seine Bewunderung für einen kleinen Moment nicht verhehlen:
»›Graf Spee‹ hat sich selbst versenkt. Ein heldenhaftes Ende dieses stolzen Schiffes, das von der ganzen Welt bewundert wird. Nur die Engländer schmähen uns. Aber wir werden es ihnen schon heimzahlen. Die Lage des ›Spee‹ war hoffnungslos geworden [...] Aber trotzdem schneidet das doch ins Herz hinein. Dieses stolze Schiff!«,[70]
notierte Goebbels nach Erhalt der Nachricht. Dass Goebbels seine Meinung nach harscher Kritik Hitlers an der Selbstversenkung innerhalb von Stunden dann wieder änderte, sei hier ebenfalls erwähnt: »[E]in Schiff ist zum Kampf und Einsatz da. Und wertvoller als totes Material ist, ist [!] immer noch der Mensch. Und selbst der muß eingesetzt werden, wenn es nötig ist«,[71] so Hitler. Ob der »aufgebracht[e]« Diktator Raeder aus Wut noch am selben Tag einbestellte, wie der Chef des Wehrmachtsführungstabes, Generalmajor Alfred Jodl, in seinem Tagebuch festhielt,[72] geht aus den Akten nicht hervor. Hitlers martialische Botschaften erreichten Reader aber zweifellos, und dieser machte sie sich auch unverzüglich zu eigen.
In Buenos Aires angekommen, ging die Besatzung in die Internierung. Der Kommandant, Kapitän zur See Langsdorff, entschloss sich, sich in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember das Leben zu nehmen. Nachdem er nicht mit seinem Schiff kämpfend hatte untergehen können, wollte er wenigstens auf diese Weise überlieferten Formen der »Ehre« folgen. In seinem Abschiedsbrief an das Oberkommando der Kriegsmarine betonte er einmal mehr die militärischen Überlegungen, die ihn zu seinen Handlungen veranlasst hatten. Abschließend hieß es:
»Ich bin glücklich darüber, dass ich mit meinem Leben jeden nur denkbaren Schatten auf der Ehre der Flagge tilgen kann. Ich werde meinem Schicksal entgegensehen in dem festen Glauben an die gerechte Sache und an die Zukunft meines Volkes.«[73]
IV.
Am 19. Dezember erhielt die Seekriegsleitung Langsdorffs Bericht über die Selbstversenkung, den er nach Ankunft in Buenos Aires verfasst hatte: »Hauptschwierigkeit bestand darin, sicherzustellen, dass Schiff oder wichtige Einrichtungen nicht in Feindeshand fielen. Dies wäre nur bei tieferem Wasser mögliche gewesen. Versuch tiefes Wasser zu erreichen erschien aussichtslos.«[74]
Mit einer von Widersprüchen nicht freien Stellungnahme dazu begann die kritische Auseinandersetzung mit Langsdorff. Die Seekriegsleitung empfand die Selbstversenkung nun als »besonders bitter, da es nicht gelungen ist, die Waffen des Schiffes [...] zur Schädigung des Gegners zum letzten Einsatz zu bringen, in der Absicht, nach Buenos Aires durchzubrechen oder das Schiff auf tiefem Wasser zu versenken«.[75] Zugleich rechtfertigte sie aber ihre Entscheidung, Langsdorff keinen klaren Befehl gegeben zu haben, mit dem Hinweis »auf die eigene Unkenntnis über die tatsächliche Lage und den Schiffszustand« und die »Persönlichkeit des Kommandanten«.[76] In einer persönlichen Randnotiz fügte Raeder in grün hinzu: »das war richtig«.[77]
Langsdorffs Selbsttötung half der Seekriegsleitung ebenso wie der Führung des Regimes, wenn man so will, dann nach der vorherigen enthusiastischen Berichterstattung über die »Admiral Graf Spee« im »Völkischen Beobachter«[78] aus der Bredouille. Damit übernahm der Kommandant die Verantwortung dafür, dass er das Schiff überhaupt in diese »Mausefalle« gebracht hatte. »Ein heroischer Entschluß. Ein Drama, das stolz und wehmütig macht«[79], hieß es pathetisch in Goebels Tagebuch. Kaum weniger pathetisch war die Stellungnahme der Seekriegsleitung im Kriegstagebuch sowie einer Stellungnahme für die Öffentlichkeit: »Er hat den unter tragischen Umständen erfolgten Untergang seines Schiffes nicht überleben wollen und sah nach Internierung seiner Besatzung seine ihm vom Führer gestellte Aufgabe als gelöst an.«[80] Nichts, so der Eindruck, sollte die Kriegsmarine in Verruf bringen und Erinnerungen an die Tatenlosigkeit von 1914/18 wachrufen.
Und es war diese Sorge, die den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine wie auch seinen Nachfolger, Großadmiral Dönitz, in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren umtreiben sollte. Am Tag der Veröffentlichung von Langsdorffs Todesanzeige wandte Raeder sich daher auch mit einem »Erlass« an alle Angehörigen der Marine, um allen »Mißdeutungen« Einhalt zu gebieten. Zunächst lobte er – was in allen Darstellungen bisher übersehen wurde – Langsdorff und verteidigte dessen Entscheidungen, die das Ergebnis »einer Zwangslage« gewesen seien, ohne Wenn und Aber. Doch so sehr Raeder sich auch vor Langsdorff stellte, in Zukunft sollten sich die Kommandanten anders verhalten:
»Die [...] von mir gebilligten Maßnahmen [...] ändern nichts an meiner grundsätzlichen Einstellung, die seit jeher Allgemeingut der deutschen Kriegsmarine ist: ›Das deutsche Kriegsschiff kämpft unter vollem Einsatz seiner Besatzung bis zur letzten Granate, bis es siegt oder mit wehender Flagge untergeht.‹«[81]
Am 30. Dezember trug Raeder auch Hitler noch einmal vor. Dabei bestätigte er seine Entscheidung, Langsdorff keinen anderen Befehl gegeben zu haben.[82]
Da die Ereignisse vor dem La Plata weiterhin Anlass für Diskussionen in der Kriegsmarine waren, nahm auch der Flottenchef, Admiral Marschall, zu Beginn des neuen Jahres dazu Stellung. Marschall stellte sich wie zuvor schon Raeder ausdrücklich vor Langsdorff. Deutlicher als dieser ging er dabei auf die Frage der »Ehre« ein, die viele Marineangehörige aufgrund ihrer Sozialisation zweifellos beschäftigte. Er würdigte Langsdorffs »letzten persönlichen Schritt als in der Linie heldischer Überlieferung liegend voll«. Zugleich unterstrich er, dass es zwischen Raeders Befehl vom 22. Dezember, »bis zur letzten Granate« zu kämpfen und entweder zu siegen oder »mit wehender Flagge« unterzugehen, und Langsdorffs Verhalten keinen Widerspruch gebe. »Das Panzerschiff ›Admiral Graf Spee‹«, so Marschall,
»ist mit wehender Flagge untergegangen. Seine letzte Munition hat dazu gedient, seine Vernichtung auf dem weit bis vor Montevideo hinausreichenden Wasser sicher zu stellen [...] Ein Kommandant, der gemäß den vorstehenden Auffassungen handelt, hat seine Pflicht bis zum Äußersten getan. Er hat danach – genau wie seine noch lebende Besatzung – keine verpflichtende Ursache, von sich aus den Tod zu suchen. Selbst wenn ein Führer und Soldat seine Aufgabe zur Zeit erfüllt hat, so kann er doch nicht übersehen, welche Aufgaben für sein Volk seiner früher oder später noch harren [...] Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob – nachträglich gesehen – für das Panzerschiff ›Admiral Graf Spee‹ noch eine andere Möglichkeit ehrenhaften Unterganges bestanden hätte; für die damalige Beurteilung und den darauf gegründeten Entschluss des Kommandanten spielte dieses keine Rolle.«[83]
Inwieweit diese deutlichere Stellungnahme zugunsten Langsdorffs mit Raeder abgestimmt war oder gar als subtile Kritik[84] an dessen Erlass verstanden werden kann, und wie dieser darauf reagierte, ist nicht überliefert. Genauswenig gibt es jedoch Quellen über die Resonanz auf beide Stellungnahmen von höchster Stelle in der Kriegsmarine.
Allerdings begann sich die Haltung der Seekriegsleitung in den folgenden Tagen zu verändern. Am 14. Januar 1940 trafen in Berlin die Antworten auf eine Reihe von Fragen über die Entscheidungen des Kommandanten während des Gefechts und danach, den Munitionsbestand sowie den Zustand der Maschinen ein, die die Seekriegsleitung am 7. Januar dem I. Offizier der »Admiral Graf Spee« zur weiteren Klärung des Geschehens gestellt hatte. Personell war die Gefechtsbereitschaft demnach »in nennenswertem Umfange nicht« beeinträchtigt. Auch die schwere Artillerie war »voll gefechtsklar«. Bei der Mittelartillerie gab es allerdings Beeinträchtigungen durch den Ausfall des dritten Geschützes auf Backbordseite und der »Munitionsaufzüge vordere Gruppe« sowie der »Flakartillerie«, die zu »1/3 ausgefallen« war. Die Geschwindigkeit war demnach ebenfalls »nicht beeinträchtigt«. Allerdings gab es »Außenbordbeschädigungen, durch die das Schiff bei Seegang Wasser machte«. Allein die Hilfsdiesel hatten Risse.
»Überraschend und die Erwartungen wesentlich übersteigend ist die hohe Zahl der noch vorhandenen Artilleriemunition, die mit etwa 3/7 der S A‑ [schwere Artillerie] und mit über der Hälfte der M A-Munition [Mittelartilleriemunition] die bisherigen Annahmen der Seekriegsleitung beträchtlich übersteigt«,[85]
hieß es abschließend.
Diese Meldung überraschte die Seekriegsleitung, da sie ein anderes Bild vom Zustand des Schiffes und damit der möglichen Optionen zeichnete. Inwieweit diese neuen Informationen sowie die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen jedoch mit dazu beigetragen haben, die Vorschriften über das »Streichen der Flagge« in einen unmissverständlichen »Führerbefehl« umzuwandeln, muss angesichts fehlender Quellen offenbleiben. Seit Raeders Erlass vom 22. Dezember 1939 war aber ohnehin klar, dass das, was sich am 18. Dezember 1939 ereignet hatte, sich nicht wiederholen sollte. Ein von Raeder gegengezeichneter »Führerbefehl« vom 6. Februar 1940 machte dies nicht nur mit seiner scharfen Diktion, sondern auch seiner äußeren Aufmachung für alle Angehörigen der Kriegsmarine deutlich. »Übergabe und Streichen der Flagge vor dem Gegner sind für ein deutsches Kriegsschiff unmöglich. Lieber ehrenvoll untergehen, als die Flagge streichen!«, hieß es in Ziffer 4. Ziffer 6 machte deutlich, dass es hier keinerlei Auslegungsspielräume mehr geben würde:
»Gegen jeden Kommandanten, der die Ehre der Flagge bloßstellt und es an derjenigen Tatkraft fehlen lässt, die allein Erfolge herbeizuführen und der deutschen Marine eine geachtete Stellung zu geben vermag, werde ich unnachsichtlich einschreiten.«[86]
Raeders Erlass vom 22. Dezember 1939 sowie der »Führerbefehl« vom 6. Februar 1940 hatten zweifellos einen drohenden Unterton. In ihrer Substanz, auch dies ist, soweit ersichtlich, bisher unbeachtet geblieben, unterschieden sie sich aber nicht von jenen Weisungen, die in den Jahrzehnten zuvor erlassen worden waren. In der Anweisung Kaiser Wilhelms I. vom 17. März 1885 an alle Kommandanten von Schiffen im Ausland für die Kaiserliche Marine hatte es bereits geheißen:
»Ich hoffe, daß selbst im Unglück ein ehrenvoller Untergang Meine Schiffe davor bewahren wird, die Flagge streichen zu müssen. Scheint dies aber dennoch dem Kommandanten unvermeidlich, so soll er gehalten sein, das Kommando sofort an jeden an Bord befindlichen Offizier abzutreten, der etwa dagegen Einspruch erhebt und der den Kampf fortzusetzen gewillt ist.«
Allerdings, und dies sollte hier nicht übersehen werden, machte bereits die Kaiserliche Ordre es bei allem Verständnis für gefährliche Situationen jenen Kommandanten, die sich der Lage nicht gewachsen fühlten, »zur Pflicht, das Kommando sofort an den Nächstältesten abzugeben«. »Unnachsichtlich werde Ich«, so hieß es, »aber gegen denjenigen Kommandanten einschreiten, der die Ehre der Flagge bloßstellt und es an derjenigen Tatkraft fehlen läßt, die allein Erfolge herbeiführen und der deutschen Marine eine geachtete Stellung geben kann«.[87]
Spätere Bestimmungen knüpften daran an. Den Befehl, »[l]ieber ehrenvoll unter[zu]gehen, als die Flagge [zu] streichen«, enthielten sowohl die »Anweisung für die Kommandanten der im Auslande befindlichen Schiffe und Fahrzeuge für den Fall eines Krieges« vom 11. November 1926[88] als auch die Neufassung der Bestimmungen vom 9. Oktober 1935.[89] Die »Bestimmungen für den Dienst an Bord« aus dem Jahre 1938 knüpften daran an. »Je schwieriger seine Lage wird, je aussichtsloser sie erscheint, um so fester soll der Kommandant sich allein an die Gebote der militärischen Ehre halten«, hieß es in Ziffer 184.[90] Aber auch die »Grenzsituation«, in der Langsdorff sich befunden hatte, war geregelt. So hieß es weiter:
»Sind für das Schiff [...] die Möglichkeiten seines Einsatzes erschöpft, so ist es mit geringster Besatzung aufzulegen, wenn der Kommandant überzeugt ist, daß die neutrale Macht es zu treuen Händen bis zum Kriegsende verwalten wird, anderenfalls zu versenken.«[91]
Ziffer 197 war diesbezüglich noch eindeutiger:
»Sind alle Kampfmittel erschöpft, so soll ein ehrenvoller Untergang das Schiff davor bewahren, die Flagge zu streichen. Das Schiff ist zu versenken. Ist ein Versenken des Schiffs nicht möglich, so ist es samt seinen Waffen für die weitere Verwendung durch den Gegner unbenutzbar zu machen.«
Wie wichtig »Ehre« war, machten jedoch bereits diese Bestimmungen deutlich. Im Nachsatz hieß es zu Ziffer 184: »Lieber ehrenvoll untergehen, als die Flagge Streichen«, und in Ziffer 197 hieß es unmissverständlich: »Der Kommandant, der die Flagge vor dem Feind gestrichen hat, verfällt dem Kriegsgericht.«[92] Sinn dieser Weisungen war, so hatte 1925 bereits der damalige Chef der Marineleitung, Admiral Hans Zenker, unter Hinweis auf die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges geschrieben, »den Auslandskommandanten in ihrer schwierigen, oft verzweifelten Lage ein starker moralischer Rückhalt« zu sein.[93] Langsdorff, der seit Jahrzehnten mit diesen Vorschriften vertraut war, wusste also, in welchem Rahmen er sich bewegen konnte und durfte.
Gänzlich neu waren Raeders Erlass vom 22. Dezember 1939 und Hitlers Befehl vom 6. Februar 1940 also nicht. Der fundamentale Unterschied zur bisherigen Praxis und Vorschriftenlage bestand vielmehr darin, dass ein Kriegsgerichtsverfahren vor 1918 und sicherlich auch noch 1938 mit »Unehre« und Haft verbunden gewesen wäre. Seit Februar 1940 war jedoch klar, dass unehrenhaftes Verhalten aus Sicht der Verantwortlichen unweigerlich den Tod bedeuten würde, selbst wenn Hitlers Befehl dies nicht explizit erwähnte. Die späteren Hinrichtungen zahlreicher Offiziere und selbst Generale wegen Feigheit machen dies deutlich. Auch der Untergang der »Bismarck« im Mai 1941 war daher das Ergebnis dieses Befehls, bis zur letzten Granate zu kämpfen. Diese Bereitschaft zu sterben hatte Raeder bereits am 3. September 1939 in seinen berühmt-berüchtigten und viel zitierten »Bemerkungen zum Kriegsausbruch« eingefordert:
»Die Überwasserstreitkräfte sind aber noch so gering an Zahl und Stärke gegenüber der englischen Flotte, dass sie – vollen Einsatz vorausgesetzt – nur zeigen können, daß sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für einen späteren Wiederaufbau zu schaffen gewillt sind.«[94]
Doch es war nicht nur die Selbstversenkung der »Admiral Graf Spee«, die Raeder und Hitler zu einer schärferen Gangart veranlasste. Das aus NS-Sicht unrühmliche Ende des Panzerschiffs korrelierte zeitlich mit der ersten, wenig erfolgreichen Operation der Schlachtschiffe »Scharnhorst« und »Gneisenau« im Nordatlantik im November 1939. Der Flottenchef, Admiral Marschall, hatte mit seiner kampfkräftigen Gruppe nur einen britischen Hilfskreuzer, »HMS Rawalpindi«, versenken können. Auf den ersten Blick war die Seekriegsleitung zwar erleichtert, dass die Schlachtschiffe, deren Operation auch dazu gedient hatte, die Royal Navy im Interesse der Sicherung des Rückmarsches der »Admiral Graf Spee« zur Diversion zu zwingen, ohne Verluste und Beschädigungen zurückgekommen waren, und viele lobten sich selbst. Alsbald war aber auch deutliche Kritik laut geworden: »Günstige Gelegenheiten, den Feind ohne besonderes Risiko empfindlich zu schädigen«, seien verpasst worden, urteilte der Marinenachrichtendienst.[95] Der Chef der Operationsabteilung der Seekriegsleitung, Konteradmiral Kurt Fricke, schloss sich dieser Kritik, an: »Alle Überlegungen zu stark im Zeichen höchster Sicherheit. Es konnte viel mehr riskiert werden.«[96] Eine Situation wie 1914/15, als die Flotte sehr zögerlich agiert hatte, wie Raeder aus eigener Erfahrung als I. Admiralstabsoffizier im Kommando der Hochseeflotte wusste, sollte es nicht mehr geben. Zu Frickes Bemerkung, »der Kampf sollte diesmal nicht geführt werden!«, die Marschalls Vorgehen rechtfertigen sollte, notierte Raeder: »aber bei günstiger Gelegenheit doch!«[97] Geschichte sollte sich, bei aller gebotenen Vorsicht, nicht wiederholen. Zum anderen hatte am 12./13. Dezember 1939 ein britisches U-Boot die beiden Leichten Kreuzer »Nürnberg« und »Leipzig« durch Torpedotreffer beschädigt und ein Flottenbegleitschiff versenkt, als diese in der Deutschen Bucht eine Gruppe Zerstörer aufnehmen wollten, die von einer Minenoperation zurückkehrten – ein aus Raeders Sicht zu hoher Preis für eine vergleichsweise unbedeutende Operation.[98]
So scharf Raeder hier wie auch nach dem Norwegendebakel mit seinem Erlass vom 23. Mai 1940 den »kühnen Einsatz gegen den Feind« und mehr Mut zum Risiko selbst unter Inkaufnahme großer Verluste einforderte,[99] von seiner Billigung Langsdorffs Entscheidungen vor Montevideo rückte er nach außen hin weiterhin nicht ab. Wie Raeder wirklich dachte, wissen wir nicht. Gleichwohl, nach ersten Auswertungen der Operationen der »Admiral Graf Spee« diskutierte die Seekriegsleitung am 16. Januar 1940 noch einmal ausführlich über die »weitere Atlantikkriegführung«. Das Versenkungsergebnis und die Handelskriegführung an sich galten weiterhin als voller Erfolg. Langsdorffs Entscheidung, sich auf ein Gefecht mit drei Kreuzern einzulassen, stieß daher nicht auf grundsätzliche Kritik, auch wenn die Seekriegsleitung den »Versuch zum Absetzen vom Gegner« für besser und nach »Herstellung der Gefechtsfühlung [...] schärfstes Herangehen an den Gegner unter vollem Einsatz, bis zur Niederkämpfung des Hauptgegners« für »notwendig« gehalten hätte. Zugunsten Langsdorffs sprachen allerdings die »erheblichen« strategischen Auswirkungen der »›Spee‹-Operation« sowie der Verlauf des Gefechts und dessen Folgen ungeachtet der Risiken.
Diese Bewertung bedeutete aber nicht, in Zukunft dann doch anders zu handeln. Auch weiterhin sollten Panzerschiffe durch »bewegliches Auftreten« gegnerische Seeverbindungen bedrohen und »zur Entlastung des Heimatkriegsschauplatzes« »Feindstreitkräfte« binden. »Kampf mit feindlichen Kriegsschiffen steht Hauptaufgabe entgegen und ist daher nur anzunehmen, wenn unvermeidbar. Dann allerdings Durchkämpfen unter vollem Einsatz.«[100] Erneut zeigte Raeder hier, wie sehr er in historischen Dimensionen dachte. Bereits in seinem Band über den Kreuzerkrieg im Ersten Weltkrieg hatte Raeder den engen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Schlachtflotte in der Nordsee und den Operationen der Auslandskreuzer in Übersee betont.[101]
Ende Februar 1940 legte der I. Admiralstabsoffizier (Asto I) und Gruppenleiter Ia der Seekriegsleitung, Fregattenkapitän Wagner, dann allerdings einen kritischeren Bericht vor.[102] Darin stellte er fest:
»Taktisch hatte ›Spee‹ mit Erfolg gekämpft und seinen Gegnern schweren Schaden zugefügt. Das zu erreichende strategische Ziel, den Gegner mit dem Mittel des Kampfes abzuschütteln, hatte er, da noch zwei der feindlichen Kreuzer über ihre volle Geschwindigkeit verfügten, nicht erreicht.«
Langsdorff sei sich aber offensichtlich der »Größe des bereits erreichten Erfolges augenscheinlich nicht bewusst« geworden.
»Die Einwirkungen des Gefechtes, vielleicht auch die leichten Verwundungen des Kommandanten und die Vorstellung von der Nähe schwerer feindlicher Kampfgruppen [...] ließen seine strategische Lage besonders schwer, wahrscheinlich sogar hoffnungslos erscheinen.«
Zugleich habe er die eigenen Beschädigungen und Personalverluste überschätzt. Diese Deutung bestimmte dann auch das Urteil über Langsdorffs Verhalten in Montevideo. Offenkundig sei dem »Kommandanten der Versuch, wieder auszulaufen, in wachsendem Maße als hoffnungslos, vermutlich auch als ein nicht zu verantwortendes nutzloses Opfer seiner über 1000köpfigen Besatzung« erschienen. Wie schon nach dem Gefecht habe Langsdorff »der noch vorhandenen Kampfkraft des Schiffes nicht hinreichend Rechnung getragen«. Anders seien seine wenig präzisen Meldungen über den noch vorhandenen Munitionsbestand nicht zu erklären. »Verhängnisvoll« sei allerdings auch die falsche »Vorstellung der Nähe einer schweren feindlichen Kampfgruppe« gewesen, die allerdings, und dies war eine sehr deutliche Kritik, »durch sachlich-nüchterne Überlegungen hätte überwunden werden können«. Dass allerdings auch die Seekriegsleitung unter diesem Gesichtspunkt anders hätte entscheiden können, verschwieg Wagner.
Wie sehr es Wagner darum ging, das Verhalten der Seekriegsleitung zu rechtfertigen, zeigten dann die weiteren Ausführungen. Wagner bestritt nicht, dass ein Eingreifen aus 7000 sm Entfernung schwierig war, boten Entscheidungen aus der Ferne doch die »Gefahr von verhängnisvollen Missverständnissen in sich, die geeignet« seien, »den freien, den Gegebenheiten Rechnung tragenden Entschluss des am Ort befindlichen Führers einzuengen und zu hemmen«. Aber, so Wagner:
»Ein frühzeitig gegebener, eventuell konditionaler Befehl oder Hinweis auf einen Absatz des Operationsbefehls hätte dem auf sich selbst gestellten, schwerster seelischer Belastung ausgesetzten Kommandanten einen Teil seiner Verantwortung abgenommen und möglicherweise eine günstigere Entwicklung angebahnt.«
Wagner ließ keinen Zweifel, was er meinte: vollen Einsatz. »Das Ende des Panzerschiffes war vielleicht auch dadurch nicht abzuwenden, auf ideellem Gebiet war jedoch eine Schlacht zu gewinnen, die mit Bestimmtheit für die Marine und das deutsche Volk Früchte getragen hätte.« Die Häme, aber auch die noch zu beschreibende Instrumentalisierung Langsdorffs durch die Alliierten hatten ihre Wirkung auf Wagner nicht verfehlt. In der Konsequenz empfahl er daher: Da »auch der erprobteste und erfahrenste Soldat und Führer im Kriege und besonders an exponierter Stelle in Lagen kommen kann, die allein zu meistern er nicht mehr im Stande ist«, solle sich die Marine an die Worte General Helmuth von Moltkes an seinen Stab erinnern, als dieser »1871 dem auf die gefährliche Lage seiner vor Belfort stehenden Armee hinweisenden [General August von] Werder den Befehl zum Angreifen gab: ›Wir müssen ihm die Verantwortung abnehmen.‹« Der Führerbefehl vom 6. Februar 1940 fügt sich nahtlos in diese Auffassung ein.
Bis in den Untergang hinein sollte das Schicksal der »Admiral Graf Spee« die Kriegsmarine beschäftigen. In diversen Studien gingen Offiziere der Frage nach, ob und wenn ja wo Fehler gemacht worden seien, welche taktischen und strategischen, operativen und technischen Lehren zu ziehen seien und inwiefern auch die Ausbildung zu verbessern sei.
Offene Kritik an der Person Langsdorff übte jedoch niemand, auch wenn manche seiner taktischen Entscheidungen kritikwürdig erschienen. Als die Seekriegsleitung 1944 erneut eine Überprüfung der Lehren aus dem Gefecht in Auftrag gab, stellte sich Langsdorffs Crewkamerad Admiral Theodor Krancke einmal mehr vor diesen.[103] Aus seiner Sicht gab es nach den Gesprächen, die er mit Langsdorffs I. Artillerieoffizier Ascher geführt hatte, keinen Zweifel, dass die im Gefecht erlittenen Verwundungen Langsdorffs Urteilsvermögen beeinträchtigt hatten. »Ich glaube daher, dass selbst ein so dicker Schädel, wie er ihn hatte, das schlecht verträgt und von diesem Zeitpunkt an alle seine Entschlüsse nicht mehr mit klarem Kopf gefällt worden sind.« Krancke beurteilte manche taktische Entscheidung Langsdorffs vor dessen Verwundung durchaus kritikwürdig, anlasten wollte er ihm diese jedoch nicht.
»Zu allen diesen Dingen gehört nun einmal Praxis auf See in immer wiederholten Übungen. Die haben wir leider nicht mehr, weil wir zu wenig Schiffe besaßen und in den letzten Jahren vor dem Krieg durch den Einsatz in Spanien überhaupt nicht mehr zu verständigen Übungen im Verband gekommen sind. Anders beim Engländer, er ist in diesen Dingen offensichtlich geschult und erkennt solche Lagen mit Fingerspitzengefühl und ist dazu erzogen, sie auszunutzen. Diesen Mangel«,
so Krancke, »können wir erst wieder einholen, wenn wir über eine Flotte verfügen und sie bimsen wie in alten Zeiten, damit alles im Schlaf geht und ohne große theoretische Überlegungen«. Einmal mehr wiederholte Krancke hier das, was viele Seeoffiziere bereits vor und nach 1914 empfunden hatten, wenn sie sich und ihre Marine mit der Royal Navy verglichen.[104]
V.
Während sich die Kriegsmarine noch mit den strategischen und taktischen Lehren aus Langsdorffs Operationen und der Durchsetzung klarer, unmissverständlicher Prinzipien im Gefecht befasste, stilisierten die Alliierten Langsdorff ab dem Zeitpunkt der Selbstversenkung, insbesondere aber nach dessen Suizid, bereits zum Mythos. Sicherlich, die Tatsache, dass das Panzerschiff als Gegner verschwunden war, war ein großer Erfolg in einem Krieg, der gerade erst begonnen hatte und von dem niemand wusste, wie lange er dauern würde. In jedem Krieg spielte von Anfang an aber auch Propaganda eine wichtige Rolle. Bereits eine der ersten Meldungen einer holländischen Zeitung über das Einlaufen der »Admiral Graf Spee« in Montevideo benutzte das Wort »ritterlich«, als sie Langsdorffs Bericht über das zurückliegende Gefecht zusammenfasste.[105] Auch die Londoner »Times« zollte Langsdorff Respekt:
»Während seiner kurzen Laufbahn in diesem Kriege hat er sich ehrenvoll geführt. Er hätte seine Aufgabe als Handelsangreifer wie ein Pirat ausführen können, aber in Wirklichkeit erledigte er sie wie ein humaner Gentleman [...] Die britische Marine wird sich nicht darüber beklagen, dass ein Weg gewählt worden ist, durch den der sinnlose Verlust vieler Menschenleben vermieden wurde.«[106]
Viele andere internationale Zeitungen sahen dies ähnlich, instrumentalisierten dabei jedoch Langsdorffs Entscheidungen, um zugleich Kritik am NS-Regime zu üben: »Kapitän Langsdorff«, so die »Washington Post«, »konnte für Deutschland kämpfen und er tat das auch in wirksamster Weise. Aber er konnte es nicht ertragen, den Befehlen einer entarteten Regierung zu gehorchen, die ihn zwang, seine Ehrbegriffe zu opfern. Wird die gegenwärtige herrschende Nazischicht sich auch selbst vernichten, wenn es dem deutschen Volk klar werden wird, dass es keine Aussicht hat, den Krieg zu gewinnen?« Und Patrick Dove, Kapitän der von der »Admiral Graf Spee« aufgebrachten »Africa Shell«, unterstrich die Deutung des »Gentleman« mit seiner Stellungnahme, dass Langsdorff ihn nach dem Gefecht zu sich gerufen habe, um ihn zu seiner Rettung zu beglückwünschen. Dabei habe Langsdorff gesagt: »Wenn man tapfer kämpft, kann man keine Feindschaft gegeneinander empfinden. Man kann sich nur die Hände schütteln«. Darauf habe er geantwortet, »daß er seinerseits stolz war, die Hand eines so tapferen Gentleman wie Langsdorff zu drücken«.[107]
Die erste, bereits im Jahre 1940 erschienene englische Monographie »The Battle of the Plate«, welche 1945 ebenfalls in Frankreich publiziert wurde, griff diese Deutungen und Topoi auf. Darin zeichnet der Autor Joseph Kenworthy das überschwängliche Bild eines Kommandanten, der in Opposition zum Nationalsozialismus gestanden – »On ne l’avait jamais vu faire le salut nazi« – und ein bewundernswertes Verhalten – »admirable tenue« – gezeigt habe. Zu dieser Einreihung Langsdorffs in den Widerstand gegen das NS-Regime passt auch die Darstellung, dieser habe sich aus Protest auf der alten kaiserlichen Kriegsflagge erschossen. Auch der Tragik-Topos taucht – wenngleich die »Washington Post« zitierend – hier erstmals auf: »grande tragedie«.[108] Dass keine dieser Behauptungen zutraf, wusste damals niemand oder störte zumindest niemanden: So war der militärische Gruß in der Kriegsmarine normal und wurde erst nach dem Attentat auf Hitler 1944 durch den »Deutschen Gruß« ersetzt. Und die Flagge, auf der Langsdorff sich das Leben genommen hatte, war die seines Schiffes, die mit dem Hakenkreuz versehene Kriegsflagge, und nicht die alte kaiserliche Flagge. Die Vorstellung vom Gegner des NS-Regimes passte jedoch damals besser ins Bild, und es kennzeichnet bis heute manche Deutung von Langsdorffs Verhalten.
Der damalige britische Marine‑ und spätere Premierminister Winston S. Churchill trug mit seinen Memoiren ebenfalls erheblich zur positiven Rezeption Langsdorffs bei.[109] Anhand von Churchills Bewertung wird zugleich ein Muster ersichtlich: So groß seine Bewunderung für Harwood und die anderen britischen Kommandanten auch war, so sehr zollte er auch Langsdorff großen Respekt. Dieser war für ihn ein »hervorragender Offizier«.[110]
Diese Deutung bestimmte auch die Darstellungen, die in den folgenden Jahren aus englischer und französischer Perspektive erschienen. All diese Darstellungen waren aber eher »klassische« Schilderungen militärischer Operationen als das Ergebnis quellengesättigter Forschungen.[111] So sehr diese zudem auch versuchten, Langsdorffs Handeln gerecht zu werden, letztlich waren sie »Heldengeschichten« aus englischer Perspektive. Die Anthologie des ehemaligen britischen Gesandten in Montevideo, Sir Eugen Millington-Drake,[112] erweiterte mit ihrer Sammlung von Dokumenten aus britischer und deutscher Perspektive zwar unser Wissen über das Geschehen, eine detaillierte Darstellung und Analyse konnte und wollte diese Sammlung jedoch nicht sein. Und die Entscheidung zur Selbstversenkung? Lässt man an dieser Stelle die wenigen deutschen Studien im Interesse einer zusammenfassenden Darstellung zunächst einmal beiseite, dann ist die Studie von Eric J. Grove die erste, die auf breiter Quellengrundlage die Ereignisse ausgewogen beschreibt und beurteilt.[113] So groß seine Sympathie für Langsdorff ist, sein Urteil über die Leistungen seines Gegenspielers, Harwood, und die anderen britischen Kommandanten in der Schlacht vor dem La Plata ist dann doch erheblich positiver. Im Hinblick auf die Selbstversenkung ist Groves Urteil eindeutig: Diesen Entschluss habe Langsdorff nach Beratungen mit seinen Offizieren, dem deutschen Gesandten und dem Marineattaché in Buenos Aires nach Abwägung aller Alternativen aus militärischen Gründen gefasst.[114] »The depressing logic pointed in one direction, to scuttling in such a way that the destruction of the ship’s secret equipment would be ensured.«[115] Langsdorff, so Grove, »was asking for the trouble he got. It is to his everlasting credit that he decided to pay with his own life, rather than that of his ship’s company, the price of that fateful disobedience.«[116]
David Millers Studie unterscheidet sich von dieser Deutung allenfalls in Nuancen, aber nicht in ihrer generellen Ausrichtung.[117] Die Arbeit von Joseph Gilbey wiederum ist, wie so manches Buch über das Geschehen, eher die dramatisierende Erzählung eines Journalisten über einen aus seiner Sicht tragischen, aber ehrenhaften »Seehelden« als eine quellengesättigte Biografie.[118] »The commandant of the Graf Spee fought and died as a gentleman«, lautet auch das Motto dieses Buches.[119] Viele Zitate dienen der Dramaturgie des Erzählers ohne aber eine Stütze in den Quellen zu haben.
Erwähnenswert ist als wichtige Ergänzung allein die Darstellung des pensionierten argentinischen Brigadegenerals Enrique Dick,[120] Sohn eines ehemaligen »Spee«-Fahrers. Dick beschreibt detailliert das Schicksal der »Spee«-Fahrer nach der Internierung, nach deren Flucht bzw. Rückkehr nach Deutschland sowie der Reimmigration einer erstaunlich großen Zahl Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre. Besonders wertvoll sind jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, seine Ausführungen über die deutsche wie auch britische Gedenkpraxis nach dem Zweiten Weltkrieg, da es über viele der von ihm beschriebenen Treffen der Ehemaligen beider Seiten und der dabei gehaltenen Reden keine anderen zugänglichen Quellen gibt. Neues ist seitdem nicht mehr hinzugekommen.
VI.
Im Gegensatz zu Großbritannien, wo es von jeher nicht nur ein großes Interesse an der Schilderung von Seeschlachten gab, zumal wenn sie siegreich endeten, sondern Beteiligte und Historikerinnen und Historiker zudem auch lange den Vorteil hatten, sich nicht nur auf ihre Erinnerungen, sondern auch auf eine breite Auswahl von Quellen stützen zu können, waren die Verhältnisse in Deutschland gänzlich anders. Zwar hatten private Kriegserinnerungen trotz der Schrecken des Krieges durchaus eine gewisse Konjunktur, und Soldatenverbände und Vereinigungen wie der Arbeitskreis für Wehrforschung ließen mit ihren Zeitschriften die Vergangenheit wieder zur Gegenwart werden. Seriöse Forschungen über die Ereignisse zwischen 1939 und 1945 waren lange Zeit aber nur schwer möglich. Die Masse der Akten lagerte noch bei den Alliierten oder in der Sowjetunion und war, wenn überhaupt, bis Mitte der 1960er Jahre nur schwer zugänglich.
Ungeachtet des schwierigen Aktenzugangs gab es dennoch erste Publikationen, die sich u. a. mit Langsdorff und der »Admiral Graf Spee« befassten. Vermutlich der Erste, der sich dazu äußerte, war der spätere erste Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Friedrich Ruge. Ruge hatte von jeher eine Neigung, sich mit der Geschichte von Seekriegen zu befassen. Seine diesbezüglichen Fähigkeiten hatte er als Mitglied des Naval Historical Team vertiefen können. 1954 veröffentlichte Ruge ein größeres Buch über den »Seekrieg 1939–1945«. Darin behandelte er auch das Geschehen vor dem La Plata und in Montevideo. Sein Urteil über Langsdorff ist äußerst knapp und deutlich kritisch. Langsdorff sei zwar ein fähiger Offizier gewesen, zugleich jedoch nicht »robust genug«, worauf der Fehlentschluss, Montevideo anzulaufen, zurückzuführen sei.[121] Der Ton von Ruges Beitrag anlässlich des 15. Jahrestages der Selbstversenkung in der Zeitschrift des Marinebundes »Leinen Los!« war dann jedoch etwas wohlwollender:
»Es darf nicht verhehlt werden, dass das Ende der ›Admiral Graf Spee‹ nicht den Erwartungen entsprach, die mit Recht auf das Schiff gesetzt worden waren. Sowohl das Anlaufen von Montevideo nach dem Gefecht wie der Verzicht auf den Versuch, wieder offenes Wasser zu gewinnen, waren offensichtliche Fehlentschlüsse.«[122]
»Es ist«, so fuhr Ruge fort,
»bezeichnend für diesen besonders wertvollen Offizier, daß er nicht nach Entschuldigungen oder einem Sündenbock suchte, sondern ohne irgendwelchen Druck von anderer Seite die Verantwortung für das Geschehene übernahm. Wir werden das Andenken an eine so klare Persönlichkeit immer in besonderen Ehren halten, auch wenn ihr der verdiente Erfolg versagt blieb«.[123]
Hinsichtlich Inhalt und Tenor wiederholte Ruge damit – bewusst oder unbewusst – das, was Marschall im Januar 1940 zur Erklärung und Rechtfertigung der Selbstversenkung und zur Würdigung Langsdorffs vorgegeben hatte. Auffallend ist allerdings die im Vergleich zu Marschall größere Gefühlskälte.
Viel einflussreicher im Hinblick auf die Erinnerung an das Geschehen vor dem La Plata und die Konstruktion des Langsdorff-Mythos als jedes Buch oder jede Gedenkfeier war ohne Zweifel die Verfilmung des Geschehens in England. Angestoßen durch Gespräche mit Offizieren der am Gefecht beteiligten britischen Kreuzer beschrieb der Film »The Battle of the River Plate«, der 1956 in die Kinos kam, die damaligen Ereignisse aus der Sicht der Royal Navy. Bemerkenswert war dabei nicht allein, dass in dem Film die damals bekanntesten Schauspieler des britischen Kinos mitwirkten, sondern auch der Versuch, dem Film die Aura größtmöglicher Authentizität zu geben. So hatte jener Handelsschiffskapitän, mit dem Langsdorff sich immer wieder unterhalten hatte und der bereits während des Krieges in seiner Darstellung der Erlebnisse ein positives Bild des deutschen Kommandanten gezeichnet hatte, Patrick Dove, die Filmemacher beraten und sogar eine kleine Nebenrolle übernommen. Mehr Aufsehen erregte aber die Teilnahme zweier »Veteranen« der Schlacht, »HMS Cumberland« und »INS Dehli«, die ehemalige »HMS Achilles«. Auf typische Merkmale vieler Kriegsfilme wie eingeflochtene Liebesgeschichten oder andere Formen der Ausschmückung verzichteten die Filmemacher bewusst, um die Aura des Dokumentarischen nicht zu beeinträchtigen. Die deutsche Sicht und Langsdorffs Verhalten spielten wie in vielen ähnlichen Kriegsfilmen über den Zweiten Weltkrieg zwar nur am Rande eine Rolle; gleichwohl prägte der Film mit seinen Schlussszenen das spätere Bild des Kommandanten des Panzerschiffs in der Öffentlichkeit. Da Langsdorff kein klares Bild von der Lage vor der Mündung gehabt habe und er das Panzerschiff in der kurzen Frist nicht see‑ und gefechtsklar habe machen können, habe er sich zur Selbstversenkung entschlossen, um sein Schiff nicht in die Hände des Gegners fallen zu lassen. Dramatisch, aber voller Bewunderung schließt der deutsche Rahmenerzähler dann mit den Worten:
»Für ihren Kommandanten, Hans Langsdorff, gab es nur eines: Die Seemannsehre gebot ihm, das Ende seines Schiffes nicht zu überleben. Während der Gegner heimwärts lief, hallte im Quartier des Marinearsenals in Buenos Aires der Schuß, der dem Leben dieses von Freund und Feind hochgeachteten Mannes ein Ende setzte. Dieses Mannes, der ein Seemann war – und ein Gentleman.«[124]
Diesen Kommentar gab es bezeichnender Weise jedoch nur in der deutschen Fassung des Films. Das britische Original zeigte einen deprimierten Hans Langsdorff an Bord der »Tacoma«, die ihn und seine Besatzung nach Buenos Aires brachte, im Hintergrund die brennende »Admiral Graf Spee«. Jeder Hinweis auf Langsdorffs Schicksal, seinen Suizid und jede Form einer moralischen Deutung fehlen.
International wie auch in Deutschland fand der Film große Verbreitung, zeichnete er doch das Bild eines »guten« Deutschen. »Jetzt, da der allumfassende Haß des großen Weltbrandes verraucht ist, besinnt sich der Film fairer Einzelkämpfer. Zu ihnen gehört Kapitän zur See Hans Langsdorff, der Kommandant der ›Spee‹«, schrieb der »Stern« in einer großen Bildreportage anlässlich der bevorstehenden Vorstellung des Filmes im Juni 1956.[125]
»Das Seekriegsrecht hetzte die ›Spee‹ in den Untergang [...] Noch immer leck, war es dem starken englischen Geschwader nicht gewachsen, das auf See wartete. Es blieb nur die Selbstversenkung. Eine Woche danach wurden in England die Butterrationen verdoppelt.«
Der Film gab möglicherweise den Anstoß für weitere Publikationen, die sich mit der »Admiral Graf Spee« und ihrem Kommandanten befassten. Zu den bedeutendsten gehörte dabei das Tagebuch des Artillerieoffiziers auf der »Admiral Graf Spee«, Friedrich Wilhelm Rasenack, im Jahr 1957. Auch wenn manche »Einstreuung« späterer Ereignisse erkennen lässt, dass der Verfasser dieses vor der Drucklegung überarbeitet hatte, so ist es neben den amtlichen Kriegstagebüchern und dem 1960 zunächst in Auszügen, Jahrzehnte später dann veröffentlichten Tagebuch eines Mannschaftsdienstgrads, Hans Götz,[126] bis heute eines der wichtigsten Zeugnisse für die Rekonstruktion und Deutung der Ereignisse. Diese machen unmissverständlich zweierlei deutlich: zum einen das enge Band zwischen Langsdorff und seinen Offizieren und Mannschaften während der Unternehmung. Immer wieder ist zu spüren, wie die Besatzung des Schiffs in schwierigen Situationen bis zuletzt bereit waren, dem Kommandentan »blind zu folgen«.[127] Zum anderen zeigen Rasenacks Eintragungen, dass militärische Gründe für die Selbstversenkung ausschlaggebend waren.
»Die Würfel sind gefallen. Das Oberkommando hatte Anweisung gegeben, das Schiff keinesfalls auf Grund der politischen Verhältnisse in Uruguay internieren zu lassen, um nicht Gefahr zu laufen, dass Schiff und Besatzung in englische Hände fielen, andererseits auch keine Schlacht anzunehmen, die nur eine totale Niederlage bringen könnte, es sei denn, dass einige Aussicht auf Erfolg bestände, da man gerade jetzt solchen Prestigegewinn Englands vermeiden will«,
notierte Rasenack, der mit seinen Männern die Artillerieanlagen zerstören musste, am 17. Dezember 1939.[128]
Das Vorwort zu Rasenacks Tagebuch von Admiral Krancke, Crewkamerad von Langsdorff und im Winter 1940/41 als Kommandant des zum Schweren Kreuzer umgebauten ehemaligen Schwesterschiffs der »Admiral Graf Spee«, der »Admiral Scheer«, ebenfalls monatelang im Handelskrieg im Südatlantik und Indischen Ozean, würdigte diesen im Stil einer hervorragenden dienstlichen Beurteilung ausdrücklich.
»Das Panzerschiff ›Admiral Graf Spee‹ hatte in seinem Kommandanten, Kapitän zur See Langsdorff, einen der fähigsten deutsche Seeoffiziere als Führer der Unternehmung. Seine überdurchschnittlichen Geistesgaben, seine ruhige ausgeglichene Persönlichkeit gepaart mit feinem Humor, seine taktische und strategische Schulung, wie sie nur wenigen Seeoffizieren der Reichsmarine hatte gegeben werden können, gaben uns in der Heimat [...] die Gewissheit, daß er die ihm gestellte schwere Aufgabe meistern würde.«
Langsdorffs Suizid ist für Krancke das Ergebnis zeitgenössischer Missdeutungen und falscher Propaganda:
»Dies Propagandanetz, welches ihm und seiner Besatzung Feigheit und Angst vor dem letzten Kampf vorwerfen wollte, mußte Kapitän zur See Langsdorff zerreißen. Nachdem er für seine getreuen und tapferen Männer durch Überführung nach Buenos Aires das Menschenmögliche getan hatte, folgte er seinem Schiff in klarer Überlegung in den Tod, untadelig, wie er gelebt hatte. Er opferte sein Leben für sein geliebtes Vaterland, für seine und seiner Besatzung Ehre.«[129]
So befremdlich die Diktion heute klingt, und so eng Krancke sich hier an überlieferten Ehrvorstellungen der Marine orientierte, so sehr fällt doch der Unterschied zu Ruges kritischer Deutung auf. Krancke »stand« zu seinem Crewkameraden ohne Wenn und Aber.
Ähnlich wohlwollend wie Krancke urteilte im gleichen Jahr auch Raeder in seinen nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Spandauer Kriegsverbrechergefängnis veröffentlichten Memoiren über Langsdorff. Darin kritisierte er zwar Langsdorffs Entscheidung, sich entgegen seiner Weisung auf das Gefecht vor dem La Plata überhaupt eingelassen zu haben. Er relativierte diese Kritik aber dann doch, da Langsdorff seinen Angriffswillen klar habe erkennen lassen. Zugleich stützte Raeder, wie schon 1939, dessen Entschluss, das Schiff zu versenken, anstatt einen letzten Kampf durchzufechten. Insgesamt, so sein Urteil, walte über allem eine große Tragik.[130]
Die erste aktengestützte Studie über das Geschehen aus deutscher Sicht war die von Gerhard Bidlingmaier. Bidlingmaier, der als Korvettenkapitän u. a. zeitweilig auf der »Tirpitz« gedient hatte, hatte es sich nach seiner Wiederverwendung bei der Bundesmarine als Wehrgeschichtslehrer zur Aufgabe gemacht, den Seekrieg zwischen 1939 und 1945 zu beschreiben, aber auch die ehemalige Führung der Kriegsmarine zu verteidigen. Nachdem Bidlingmaier Anfang der 1960er Jahre Zugang zu den in der Admiralität in London lagernden Akten erhalten hatte, widmete er sich dem Thema »Handelskrieg«. Über diesen legte er zunächst ein umfangreiches Buch vor. Dieses war dann Grundlage für einen in drei Teilen erschienenen Aufsatz. In diesem beschrieb er 1964 aus Anlass des 25. Jahrestages der Ereignisse ausführlich die Operationen der »Admiral Graf Spee« und das Geschehen in Montevideo.[131]
Bidlingsmaiers Darstellung war sehr wohlwollend. Dies betrifft sowohl die unter den Ehemaligen immer wieder diskutierten angeblichen Fehlentscheidungen Langsdorffs – Annahme des Gefechts und Einlaufen in Montevideo – als auch dessen Entschluss zur Selbstsprengung und zur Selbsttötung. Ähnlich wie Raeder kritisierte Bidlingmaier Langsdorffs Entschluss, sich entgegen dem Operationsbefehl überhaupt auf ein Gefecht eingelassen zu haben. Dies sei »tragisch« gewesen, zumal Harwoods Verband die »Admiral Graf Spee« erst viel später gesichtet habe als diese die britischen Kreuzer. Taktisch sei das Gefecht jedoch keinesfalls falsch geführt worden. Ebenso gebe es angesichts der Schäden am Schiff keinen Grund, Langsdorffs Entscheidung für Montevideo zu kritisieren. Und die Selbstversenkung? Diese sei das Ergebnis einer Zwangslage gewesen, denn die geringe Wassertiefe habe keine sichere Versenkung als Ergebnis eines verlorenen Gefechts zugelassen. Raeder habe Langsdorffs Entschluss auch ausdrücklich gebilligt und selbst später gerechtfertigt. Wenn dieser sich dennoch das Leben genommen habe, dann sei es ihm darum gegangen, »jede Mißdeutung auszuschließen und klarzustellen, daß seine Entschlüsse allein von sachlichen Gründen und nicht etwa von persönlichen Rücksichten bestimmt gewesen seien«.[132] Unter Hinweis auf Langsdorffs »Kampfgefährten« wies Bidlingmaier auch die Kritik Ruges und anderer zurück, Langsdorff sei »für die seelische Belastung durch die lange Kreuzerfahrt und den schweren Kampf nicht robust genug gewesen«.
Der Tenor der Deutung von Langsdorffs Entscheidung begann sich jedoch in den folgenden Jahren zu ändern, ohne dass – außer den Tagebüchern Rasenacks und Götz’ – neue Quellen verfügbar gewesen wären. Deren Äußerungen über Langsdorffs Willen, die Besatzung zu retten, nicht der von diesen selbst wie auch anderer Seite gut dokumentierte differenzierte Entscheidungsprozess, galten zunehmend als Schlüssel zum Verständnis von Langsdorffs Handeln. Zentrale Botschaft eines SPIEGEL-Artikels aus dem Jahr 1968 über den weiterhin umtriebigen britischen Gesandten Millington-Drake war Langsdorffs inzwischen bekannt gewordene Äußerung: »Lebende Männer sind mehr wert als tote Helden.«[133]
In den folgenden Jahren oszillierten die Darstellungen über Langsdorff und das Ende der »Admiral Graf Spee« weiter zwischen nüchternen, gleichwohl manchmal dramatisch aufgemachten Darstellungen des Geschehens auf der einen, das Vorbildhafte der Entscheidungen des Kommandanten in den Vordergrund stellenden Berichten auf der anderen Seite. Rolf Bürgels Aufsatz »Admiral Graf Spee – Ein Name – zwei Schicksale«, der das Schicksal des Namensgebers des Schiffes wie auch des nach diesem benannten Panzerkreuzers behandelt, steht für Ersteres,[134] Sven-Felix Kellerhoffs aus Anlass des 65. Jahrstages der Selbstversenkung verfasster Artikel »Der letzte Samurai«[135] in DIE WELT für Letzteres. »Geschickt«, so Kellerhoff, habe Langsdorff das entscheidende Telegramm an Raeder formuliert: »Ausbruch in freie See und Durchbruch Heimat aussichtslos«, und so den Oberbefehlshaber gleichsam zur Billigung seines eigentlichen Vorgehens – der Selbstversenkung – veranlasst. Rein humanitäre, nicht militärische Gründe, wie im Telegramm suggeriert, hätten Langsdorff veranlasst, das Panzerschiff zu versenken. DER SPIEGEL wiederum betonte in einem Bericht und Film über »Kaperfahrt unterm Hakenkreuz« anlässlich des 70. Jahrestags im Jahr 2009 hingegen die militärischen Gründe, die Langsdorff zur Selbstversenkung veranlasst hatten. »Der Kapitän der ›Spee‹ zerbricht an der Entscheidung, sein Schiff versenken zu müssen, anstatt heroisch in einem Seegefecht unterzugehen.«[136]
Substanzieller als die zahlreichen anderen Presseartikel, die mehr oder weniger in die gleiche Richtung gingen, waren allein die Beiträge von Frank D. Ropers sowie Dietrich Bludau, die 1982 bzw. 1990 im MarineForum erschienen waren. Ropers, aktiver Marineoffizier und später Drei-Sterne-Admiral als Deutscher Militärischer Vertreter bei der NATO und EU, untersuchte in seinem Aufsatz in klassisch militärischer Weise Langsdorffs Entscheidungen.[137] Dezidiert wandte er sich dabei gegen jene, die diese aus militärischer Perspektive kritisiert hätten. Zutreffend stellt Ropers fest, dass »eine nüchterne Lagebeurteilung [...] die Selbstversenkung als die am ehesten der Situation gerecht werdende Entscheidung zum Ergebnis haben« musste. Umso bedauerlicher sei es daher, dass der »›Makel‹ des Mißerfolgs, der über dem selbstverschuldeten Untergang zu schweben scheint, eine Würdigung Langsdorffs, wie sie ihm unter Berücksichtigung der erzielten Erfolge zugestanden hätte«, bisher verhindert habe. Langsdorff gehöre daher »an die Seite der vielen anderen Marineoffiziere [...], die ihre Pflicht in Verantwortung bis zum Äußersten getan haben und so vorbildhaft sind für Haltung und Denkweise nachfolgender Generationen von Marineoffizieren.«[138]
In die gleiche Richtung zielte auch der Artikel von Dietrich Bludau.[139] Dieser war allerdings in zweierlei Hinsicht interessant. Als junger Leutnant zur See hatte Bludau das Geschehen 1939 miterlebt. Wie viele andere Offiziere war auch er 1940 aus der Internierung geflohen und hatte auf S-Booten im Kanal bis zuletzt weitergekämpft. Viel interessanter waren jedoch die neuen Quellen aus Familienbesitz, die er erstmals der Öffentlichkeit vorlegte und auf die Kaack sich später maßgeblich beziehen sollte, ohne dies freilich zu erwähnen. Bludau beschreibt Langsdorff als »ritterlichen« Offizier. Ausführlich schildert er auch Langsdorffs letztes, bis dahin von niemandem erwähntes, sehr selbstkritisches Gespräch mit dem argentinischen Fregattenkapitän Eduardo Aumann am Tag vor seinem Suizid. Darin hatte Langsdorff u. a. ausführlich die militärischen Gründe erläutert, die ihn letztlich zur Selbstversenkung veranlasst hatten. Diese Auffassung habe auch Admiral Hermann Boehm geteilt, der Langsdorff seit Langem gekannt und geschätzt habe, wie ein von Bludau zitierter und bis dahin ebenfalls unbekannter Brief an Langsdorffs Ehefrau vom August 1940 aus dem Familiennachlass belege:
»Daß ihr Mann sein Schiff versenkt hat in der Überzeugung, es unter den obwaltenden Umständen nicht mit Erfolg durchbringen zu können – daß er im Gegenteil die Gefahr sah, daß es in Feindeshand fallen könne, ehe er selbst in der Lage war, es zu sprengen, – daß er die Besatzung nicht einem Kampf aussetzen wollte, der ihm nutzlos, ja für die Ehre des Schiffes gefährlich erschien und daß er seine Person zum Opfer brachte, um die Lauterkeit seines Denkens und Wollens außer jeden Zweifel zu setzen«,[140]
resümierte er »die logische Abfolge der Entscheidungen« (Bludau) des Kommandanten. Insofern war es nur konsequent, dass Bludau sich Ropers Forderungen aus dem Jahre 1982 anschloss.
VII.
Unterschiedliche und sich wandelnde Auffassungen über das Geschehen im Dezember 1939 änderten jedoch nichts daran, dass sich alle – Überlebende, Angehörige, Marine, Bundesregierung und Öffentlichkeit – in einer Sache nach 1945/49 einig waren: dem ehrenden Gedenken an die Toten. Dieses war allerdings entgegen mancher Legenden nie wertfrei, sondern beinhaltete – zeitgebunden – jeweils ein eigenes Narrativ über das Sterben jener, derer gedacht werden sollte. Das ehrende Gedenken schloss, was immer später auch behauptet werden sollte, nicht nur die im Gefecht vor dem La Plata Gefallenen ein, sondern ausdrücklich auch den durch Suizid aus dem Leben geschiedenen Kommandanten der »Admiral Graf Spee«, Langsdorff. Aufgrund der räumlichen Distanz war dieses Gedenken immer auf einen engen Kreis begrenzt, gleichwohl aber stets von Würde gekennzeichnet. Ein Beispiel dafür ist die Gedenkfeier in Buenos Aires im Dezember 1954. Zuvor hatten sich die Überlebenden der »Admiral Graf Spee«, die in Argentinien zurückgeblieben waren, und die, die 1945 nach Deutschland zurückgekehrt, dann aber doch wieder nach Argentinien ausgewandert waren, an den Jahrestagen der Selbstversenkung bereits mehrfach zum Gedenken an die Gefallenen sowie zur Ehrung ihres Kommandanten getroffen. Das Treffen 1954 war jedoch insofern besonders, als Langsdorffs Witwe und Tochter erstmals daran teilnahmen und das Grab ihres Mannes bzw. Vaters besuchten. Um dies zu ermöglichen, hatten die ehemaligen »Spee«-Fahrer längere Zeit gesammelt. Da die Witwenpension aufgrund der Selbsttötung relativ klein war, verfügte die Familie Langsdorff selbst nicht über die Mittel, um eine derartige Reise zu finanzieren. In Argentinien war deren Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen ein großes Ereignis. Als besonderes Zeichen der Wertschätzung hatte Staatspräsident Juan Perón Langsdorffs 1939 beschlagnahmte persönliche Waffen – Degen und Dolch – sowie die Flagge der »Admiral Graf Spee« zurückgegeben. Auch die junge Bundesrepublik war durch ihren Botschafter in Argentinien, Dr. Hermann Terdenge, vertreten. Dieser übergab der Familie nun Langsdorffs persönliche Gegenstände. In seiner Rede lobte er diesen als »tapferen« Kommandanten, der, wie die Anhänglichkeit des überlebenden »Spee«-Fahrer beweise, »über das dienstliche und so beispielhaft bewährte Verhältnis von Vorgesetzten und Untergebenen hinaus die Besatzung seines Schiffes zu einer menschlichen Gemeinschaft verschmolzen hat«.[141] Höhepunkt der Gedenkfeier war ein Feldgottesdienst mit anschließender Kranzniederlegung an Langsdorffs Grab am 20. Dezember 1954. Dabei wiederholte Rasenack, nach seiner Rückkehr aus Deutschland nach Argentinien für viele Jahrzehnte Sprecher der Bordgemeinschaft der »Spee«-Fahrer, die entweder nach Buenos Aires zurückgekehrt oder im Lande geblieben waren, noch einmal das, was der Botschafter tags zuvor bereits betont hatte.
»Der Kommandant [...] habe wie ein Vater für seine Besatzung gesorgt und sie bis zu seinem Tode nie im Stich gelassen. Als das Schicksal eine glückliche Heimkehr verwehrte und das Schiff am La Plata sein Ende fand, kannte der Kommandant nur eine Pflicht: für die Besatzung zu sorgen und sie nach Argentinien in Sicherheit zu bringen. ›Hier besiegelte er die Liebe zu seiner Besatzung mit dem Tode. Aber er lebt in seiner Besatzung weiter. Sein Geist der Kameradschaft und der Selbstlosigkeit wirkt nach vielen Jahren noch immer unter uns.‹«[142]
Einen ganz anderen Ton hatte dann allerdings die Rede des Vorsitzenden der deutschen Marine-Offizier-Messe Buenos Aires, Will Holst. Als er für diese einen Eichenkranz niederlegte, gelobte er:
»Hans Langsdorff! Vor 15 Jahren folgtest du – der Tradition der Kommandanten unserer Kaiserlichen Marine getreu – deinem schönen Panzerschiff, das in Rauch und Flammen gehüllt unweit von hier in den Fluten der La[‑]Plata-Mündung versank. Wir gedenken deiner in stolzer Trauer und geloben dir, dich nicht zu vergessen, solange noch einer von uns auf dieser gastlichen argentinischen Erde weilt, in der du – fern unserer geliebten deutschen Heimat – die ewige Ruhe gefunden!«[143]
Sieht man einmal von dem erstaunlichen Rückgriff auf kaiserliche Traditionen, nicht die der Kriegsmarine, ab, so entsprachen diese Würdigungen Langsdorffs jenen Mustern, die viele Gedenkfeiern für gefallene Kameraden nach 1949/50 kennzeichneten. Klassische Soldatentugenden wie Tapferkeit, Selbstlosigkeit und Kameradschaft standen dabei im Vordergrund. Erstaunlich ist jedoch zugleich, dass das eigentliche Geschehen in den letzten Tagen und Stunden im Dezember 1939 nicht weiter thematisiert wurde.
In der deutschen Öffentlichkeit scheint diese Gedenkfeier nicht weiter wahrgenommen worden zu sein. Erst 1956, anlässlich des 17. Jahrestags der Selbstversenkung, veröffentlichte Rasenack in der Zeitschrift der Marineoffiziervereinigung einen Artikel über den Besuch von Langsdorffs Witwe und Tochter zwei Jahre zuvor und die Ereignisse vom Dezember 1939. Darin schilderte er zugleich den Kreuzerkrieg und das Gefecht vor dem La Plata sowie die Blockierung des Panzerschiffs durch britische Einheiten.
»Dem britischen Gesandten gelang es, die uruguayische Regierung so unter Druck zu setzen, dass das deutsche Schiff gezwungen wurde, ohne die notwendigsten Reparaturen durchführen zu können, wieder auszulaufen. Kapt. z. See Langsdorff entschloss sich daher, im Einverständnis mit der Marineleitung und der Reichsregierung das Panzerschiff in der La[‑]Plata-Mündung zu sprengen und die Besatzung nach Argentinien zu überführen. Er selbst wählte den Tod.«[144]
Das war eine erstaunlich nüchterne Beschreibung des Geschehens. Sie entsprach dem, was Rasenack wenig später auch in seinen veröffentlichten Tagebüchern schreiben sollte und was, wie er sicherlich wusste, in dem erhalten gebliebenen Kriegstagebuch der »Admiral Graf Spee« festgehalten worden war. Eine Kopie war 1941 auf Weisung von Langsdorffs ehemaligen I. Offizier, Kapitän zur See Walter Kay, in Argentinien für das Oberkommando der Marine und für die Bordgemeinschaft angefertigt worden.[145]
Diese Gedenkfeier war dann auch das Muster für weitere Veranstaltungen ähnlicher Art. Während sich die ehemaligen »Spee«-Fahrer, soweit sie nach Argentinien zurückgekehrt waren, nunmehr jährlich in Buenos Aires trafen, versammelten sich die übrigen am Ehrenmal der Marine in Laboe. Besondere Bedeutung hatten dabei die »runden« Jahrestage. So fand anlässlich des 20. Jahrestags 1959 eine große Gedenkveranstaltung am Marineehrenmal statt. Organisiert von Kurt Sieberich, »Spee«-Fahrer und Landesleiter Hamburg des Deutschen Marinebundes, gedachten dort Besatzungsangehörige aus Deutschland der Gefallenen. Besatzungsmitglieder der britischen Kreuzer hatten ebenso einen Kranz geschickt wie 31 Kapitäne und Offiziere der Handelsschiffe, die die »Admiral Graf Spee« aufgebracht hatte. Neben ehemaligen hohen Offizieren der Kriegsmarine nahm für die Bundesmarine auch eine Abordnung der Schulfregatte »Graf Spee« an der Veranstaltung teil. Zeitgleich fand eine ähnliche Gedenkveranstaltung im englischen Marinehafen Plymouth statt. Die Anregung zur gleichzeitigen Ehrung war von englischer Seite ausgegangen.[146] Verbunden mit dem Bericht darüber veröffentlichte der Deutsche Marinebund die oben zitierten Auszüge aus dem Tagebuch des ehemaligen Maschinen-Obermaats auf der »Admiral Graf Spee«, Hans Götz, aus den entscheidenden Tagen im Dezember 1939.[147]
Es war, so zeigt diese bis dahin unbekannte Tagebucheintragung bei genauer Lektüre einmal mehr, die »Aussichtslosigkeit« des Durchbruchs, die Langsdorff veranlasst hatte, das Leben seiner Besatzung nicht aufs Spiel zu setzen, sondern stattdessen das Panzerschiff, wie von der Seekriegsleitung gebilligt, »nachhaltig« zu zerstören, damit zugleich aber auch die Mannschaft zu retten.
So wie bereits 1959 nahm die Marine auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten an Gedenkfeiern teil. Sichtbarster Ausdruck dieser Gedenkpraxis war neben der Teilnahme der jeweiligen Attachés in späteren Jahren der erste Besuch deutscher Marineeinheiten, der Schulfregatten »Hipper« und »Graf Spee«, in Montevideo und Buenos Aires im Frühjahr 1961. Während der 14. Ausbildungsreise, bei der die Schiffe neben Argentinien auch Brasilien, Venezuela und die Vereinigten Staaten anliefen, machten diese vom 23. März bis 2. April 1961 im dortigen Hafen fest. Auf Bitten der deutschen Botschaft sollten dabei die Kontakte zu der relativ großen deutschen Gemeinde, aber auch den ehemaligen »Spee«-Fahrern gepflegt werden.[148] Im Laufe des Besuchs legten deutsche und argentinische Kadetten einen Kranz am Grab von Hans Langsdorff nieder.[149]
1962 führte die Ausbildungsreise erneut nach Südamerika. Dieses Mal liefen die beiden Schulfregatten nur Montevideo an. Dort gehörte die Kranzniederlegung an den Gräbern der Gefallenen des Gefechts vor Punta del Este, deren dauerhafte letzte Ruhestätte in Uruguay viele Jahre Gegenstand heftiger Auseinandersetzung zwischen der Regierung, Gewerkschaften und Kommunisten war,[150] ebenfalls zum festen Programm.[151]
Höhepunkt des Gedenkens an die Ereignisse im Dezember 1939 waren freilich die Veranstaltungen anlässlich des 25. Jahrestages im Dezember 1964. Treibende Kraft war der ehemalige britische Gesandte in Uruguay, Sir Eugen Millington-Drake.[152] Mit viel Engagement und gegen zahlreiche Widerstände vor Ort, aber auch bei den betroffenen Botschaften organisierte er große internationale Gedenkfeiern in Montevideo, seiner alten Wirkungsstätte, und in Buenos Aires sowie später auch das Aufstellen eines Denkmals zur Erinnerung an die Opfer auf beiden Seiten. Sieht man einmal davon ab, dass es Millington-Drake auch darum ging, sich selbst noch einmal in Szene zu setzen, so waren diese Feiern dennoch beeindruckend, obwohl sie in der Bundesrepublik, soweit ersichtlich, keine Resonanz gefunden haben.[153] Auch Langsdorffs Witwe, seine Tochter sowie sein Bruder nahmen daran ebenso teil wie zahlreiche »Spee«-Fahrer und Vertreter der Gesandtschaft und der Marine. Zugleich weihten sie in Montevideo einen der Anker der »Admiral Graf Spee« als Denkmal zur Erinnerung an alle Gefallenen im Gefecht ein. Die Inschrift »May the ideals that you bowed before endure« war bald umstritten, billigte sie indirekt doch auch die Ziele des NS-Regimes. Erst 1979, als sich anlässlich des 40. Jahrestages Veteranen aller am Gefecht beteiligten Marinen trafen, wurde diese ersetzt: »May the ideals that we jointly defend endure«, hieß es nun. Millington-Drakes Pläne, Mitte der 1960er Jahre weitere Gedenktafeln anzubringen, waren zuvor gescheitert. Die betroffenen Botschaften, aber auch die uruguayischen Behörden, denen er zunehmend »auf die Nerven ging«, hatten kein Interesse, in dem von kommunistischen Gewerkschaften beherrschten Hafengebiet Anlass für Auseinandersetzungen zu bieten.[154]
Obwohl die bundesdeutsche Öffentlichkeit vom 25. Jahrestag keine Notiz genommen hatte, gab es am 26. April 1965 in Anwesenheit des ehemaligen britischen Gesandten in Montevideo eine weitere Gedenkveranstaltung an der Marineschule Mürwik.[155] Theatralisch hatte Millington-Drake ihr den Namen »Operation Walhalla« gegeben, gingen doch alle Überlebenden an den Ereignissen mit ihren Unterschriften in die von ihm verfasste Anthologie »Walhalla des Seekrieges« ein.[156] Gleichwohl, neben ehemaligen Offizieren der Royal Navy und der Handelsmarine, die alle 1939 dabei gewesen waren – sei es an Bord eines der britischen Kreuzer, sei es als Gefangene auf der »Admiral Graf Spee« –, nahmen auf deutscher Seite ebenfalls zahlreiche ehemalige »Spee«-Fahrer teil. Konteradmiral a.D. Gerhard Wagner war zwar kein »Spee«-Fahrer. Er war allerdings mit den Ereignissen und Entscheidungen insofern vertraut, als er als Gruppenleiter Ia an den Diskussionen über das Geschehen und die Weisungen an Langsdorff teilgenommen hatte. Zudem hatte er anschließend wichtige Stellungnahmen zur Beurteilung von Langsdorffs Entscheidungen verfasst. Zu den deutschen »Spee«-Fahrern gehörten u. a. Langsdorffs Adjutant Diggins sowie die ehemaligen Navigationsoffiziere Wattenberg und Höpfner. Wichtigster Teil der Veranstaltung war die Übergabe der Dokumentation, die Millington-Drake in den Jahren zuvor auf der Grundlage von amtlichen Quellen, aber auch der Befragung von Zeitzeugen auf allen Seiten erstellt hatte. Diese war nach diversen persönlichen Schilderungen von Beteiligten die erste Sammlung aller verfügbaren Dokumente. Vor den Ehemaligen und in Anwesenheit von 400 Angehörigen der Marineschule übergab Millington-Drake dieser einen Prachtband seiner Dokumentation. Dabei betonte er, dass aus ehemaligen Feinden nun »Alliierte« geworden seien. Zugleich lobte er den Kommandanten der »Admiral Graf Spee«:
»Langsdorff war ein ausgezeichneter Kommandant und, wie wir auf Englisch sagen, ein Offizier und Gentleman im höchsten Maße. Dazu war er ein geistiger und humaner Mensch, der überzeugt war, dass ein Seekrieg entsprechend den Regeln des Völkerrechts geführt werden muss. Dazu kam sein Glaube an die Brüderlichkeit der Seemänner auf allen Meeren der Welt.«[157]
Die Antwort des ehemaligen Navigationsoffiziers auf der »Admiral Graf Spee«, Wattenberg, ist leider nicht überliefert. Wattenberg, rangältester der überlebenden Offiziere, hatte sich allerdings Jahre zuvor bereits geäußert und – wie andere ehemalige Besatzungsangehörige bzw. Langsdorffs Crewkamerad Krancke – auch einen Beitrag zu Millington-Drakes Anthologie beigesteuert. Wattenberg wehrte sich in seinem Beitrag dabei zunächst gegen Gerüchte, die Crew sei nach dem Gefecht »zur Hergabe des Letzten« nicht bereit gewesen. Zugleich verteidigte er Langsdorffs Entscheidungen als Zeichen von »human greatness«. Neu war allerdings Wattenbergs Interpretation, Langsdorff habe mit der Rettung der Besatzung dieser auch das Leben retten wollen, um nach erfolgreicher Flucht aus der Internierung aktiv teilnehmen zu können
»in the fight of their country, to risk their lives not only in the belief of their just cause but as having regard to the tragic end of their beautiful ship and the sacrifice of the life of their Captain who told them all in his farewell letter ›I am happy that I can with my life prevent the casting of any imagineable shadow on the honour of the flag.‹«[158]
Diese Deutung, die ohne jede kritische Anmerkung zu dem verbrecherischen Regime Ehre und Pflichterfüllung für die »gerechte Sache« in den Vordergrund stellte, und die unverkennbare Diktion der ehemaligen Kriegsmarine erstaunen nicht, taten sich viele ehemalige Offiziere eigentlich bis an ihr Lebensende schwer, sich davon zu distanzieren. Wattenberg, ein überzeugter Nationalsozialist, hatte den Auftrag, den er in Langsdorffs Suizid hineinlegte, für bare Münze genommen: Er war geflohen und als U-Bootkommandant erfolgreich zur See gefahren. 1942 versenkt und von US-Schiffen gerettet, hatte Wattenberg im Gefangenenlager weiter NS-Propaganda betrieben und soll sogar an einem Fememord an einem »Antifaschisten« beteiligt gewesen sein. Sein Ausbruch aus dem Lager in Arizona 1944, um sich erneut der Kriegsmarine zur Verfügung zu stellen, war schließlich gescheitert.
Krancke und Diggins wiederum betonten die Aussichtslosigkeit eines Gefechts in der La-Plata-Mündung und die Notwendigkeit, das Panzerschiff daher wirksam zu versenken. »Then [nachdem die britischen Einheiten das kaum manövrierfähige Schiff nach erfolgreichem Beschuss auf Grund gesetzt hätten] there would be nothing more to be done and there would be a great danger that the ship would later fall into the hands of the enemy [...] Under these circumstances the decision to destroy the ship himself was therefore certainly right.«[159]
So wie in den Jahren zuvor oder wie 1965 in Mürwik nahm die Marine weiterhin am Totengedenken für den Kommandanten und dessen Mannschaft teil – in Deutschland wie oben beschrieben, aber auch in Montevideo und Buenos Aires. Im Zuge dieses Gedenkens veränderten sich allerdings zunehmend die Erklärungen für Langsdorffs Verhalten. Rasenacks Ansprache anlässlich der Langsdorff-Gedenkfeiern in Buenos Aires am 20. Dezember 1970 zeigte dies. Im Gegensatz zu früheren Deutungen erklärte er nun: »Uns alle erfüllt tiefe Dankbarkeit ihm gegenüber, weil ihm das Leben seiner Besatzung mehr Wert war, als militärischen Ruhm zu ernten.«[160]
1972 verneigte sich der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Heinz Kühnle, während eines Argentinienbesuchs an Langsdorffs Grab.[161] 1979 beteiligte sich die Marine an den von Diggins, nunmehr außer Dienst, mitorganisierten Gedenkfeiern aus Anlass des 40. Jahrestags des Gefechts, der Selbstversenkung der »Admiral Graf Spee« und Langsdorffs Suizids in Montevideo und Buenos Aires.[162] Im Mittelpunkt dieser internationalen Gedenkfeiern, an denen zahlreiche Veteranen teilnahmen, stand jedoch nicht Hans Langsdorff. An dessen Grab wie auch dem der anderen Gefallenen gab es zwar Gedenkzeremonien. Wichtiger war für die Veteranen aber der Wille, am Ort des Geschehens daran zu erinnern, an einer »der letzten Seeschlachten« teilgenommen zu haben, »die in Kavaliersmanier geschlagen wurde«, die »Tapferkeit« des jeweiligen Gegners zu würdigen sowie zu betonen, dass aus ehemaligen Gegnern nun »Freunde und Alliierte« geworden seien. Das gemeinsame Gedenken sollte zugleich eine »Demonstration für Frieden und Völkerverständigung« sein und anderen »Länder[n] in der heutigen Welt als Beispiel dienen«.[163]
Auch an späteren »runden« Gedenktagen haben die jeweiligen Verteidigungsattachés in Montevideo bzw. Buenos Aires an Gedenkveranstaltungen teilgenommen. Belegt ist diese Teilnahme beispielsweise für 1989, 2009, 2014 sowie 2019.[164] Die bedeutendste war die Gedenkfeier 1989 in Buenos Aires und in Montevideo. Daran nahm eine größere Zahl auch aus Deutschland angereister ehemaliger »Spee«-Fahrer an den Veranstaltungen teil. »Demonstrativ«, so erinnerte sich Langsdorffs Tochter, sei der Marineattaché in »weißer Uniform« zum Grab gegangen und habe »salutiert«.[165] Wie sehr mancher ehemaliger »Spee«-Fahrer noch in der Vergangenheit lebte, zeigten die zeitgleichen Auseinandersetzungen über das Entfernen der Hakenkreuze von Langsdorffs Grab wie auch denen jener Angehöriger der »Admiral Graf Spee«, die ebenfalls auf dem Friedhof in Buenos Aires beerdigt worden waren. Langsdorffs Tochter ließ das Hakenkreuz über dem Grab ihres Vaters daraufhin endlich entfernen, die letzten sollten allerdings erst 1994 durch das Eiserne Kreuz ersetzt werden.[166]
Unabhängig von Gedenkfeiern anlässlich besonderer Jahrestage machte es sich die Deutsche Marine zur Aufgabe, das Andenken der Toten zu wahren. In einer »Informationsschrift für Verbandsführer und Kommandanten der Deutschen Marine«, die der damalige Inspekteur, Vizeadmiral Wolfgang Nolting, 2008 gemeinsam mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge herausgegeben hatte, wies diese ausdrücklich auf die Notwendigkeit des Gedenkens hin. Unter Hinweis auf die MDv 162/1 (»Auslandsreisebestimmungen«) forderte Nolting »die verantwortlichen Vorgesetzten auf, bei Auslandsreisen den Besuch von Gedenkstätten einzuplanen«.[167] Zu diesen Gedenkstätten gehörten auch die Gräber der Gefallenen der »Admiral Graf Spee« und ihres Kommandanten.
Dass ausgerechnet zwei Jahre später dem Kommandanten der »Gorch Fock« bei einem Besuch in Buenos Aires im Jahr 2010 aus Anlass des 200. Unabhängigkeitstages in Argentinien die Teilnahme an einer Gedenkfeier an Langsdorffs Grab regelrecht verboten worden sei, war Anlass für die Familie, sich beim damaligen Bundesminister der Verteidigung, Theodor zu Guttenberg, zu beschweren.[168] Sieht man einmal davon ab, dass diese Behauptung nicht zutraf – der Kommandant hatte schlichtweg keinerlei Informationen über die gleichzeitig stattfindende Gedenkfeier erhalten[169] –, so zeigten die dem Schreiben von Langsdorffs Schwiegersohn, Dr. Rüdiger Nedden, beigefügte Rede, die dieser anlässlich des 70. Jahrestages in Buenos Aires gehalten hatte, und die Antwort von Staatssekretär Dr. Rüdiger Wolff auf der anderen Seite wie in einem Brennglas die Unterschiede hinsichtlich Inhalt und Form des Gedenkens und der Traditionsbildung. In seiner Rede, welche die Erwartungen der Familie und der noch lebenden »Spee«-Fahrer widerspiegelt, hatte Dr. Nedden Langsdorff zunächst als Person gewürdigt und der Toten auf beiden Seiten gedacht. Danach beklagte er mit erstaunlicher Schärfe, dass die »ethisch-moralische Dimension der Entscheidung des Kommandanten der ›Admiral Graf Spee‹, die Rettung seiner gesamten Mannschaft und sein Tod niemals eine uneingeschränkte Würdigung gefunden« hätten. Anlass dafür war die sicherlich ungeschickte Antwort des damaligen Verteidigungsattachés in Buenos Aires auf die Einladung zur Gedenkfeier. Dieser hatte angeblich erklärt, er werde nur tun, »›was in Montevideo oder Buenos Aires erwartet werde‹«, denn »›Hans Langsdorff habe einem verbrecherischen Regime gedient‹«. Im Prinzip hatte der Attaché nicht unrecht, und seine Antwort entsprach auch den Bestimmungen des Traditionserlasses 1982. Allerdings scheint er nicht sorgfältig zwischen Totengedenken, Ehrung und Tradition unterschieden zu haben. Wie dem auch sei, Dr. Nedden nahm diese Antwort zum Ansporn für einen Generalangriff gegen die Gedenkpraxis in der Bundesrepublik überhaupt. »Deutschland«, so Nedden, fehle eine »einigende Idee, ein einigender Mythos«, der »das Gedenken an geschichtliche Persönlichkeiten bestimmen könnte«. Da seien andere Nationen viel großzügiger. »Auch die Geschichte Englands/Großbritanniens ist bei weitem nicht die einer moralischen Anstalt«. Und »doch die alles überwölbende Geschichte von der ›Größe‹ der einstigen Weltmacht verheißt allen Persönlichkeiten, die zu dieser beigetragen haben, ein unterschiedsloses Gedenken und Aufstieg zu Adelswürden«. Um nicht missverstanden zu werden, betonte Nedden zwar auch sein Verständnis dafür, »daß in Deutschland nach dem desaströsen 20. Jahrhundert ein anderes Denken und mehr Sensibilität im Hinblick auf die eigene Geschichte eingezogen« sei. »Aber nur Dekonstruktion tut dem deutschen Selbstverständnis und Selbstbewußtsein entscheidenden Abbruch. Es täte mehr Differenzierung not.« Ungeachtet allen »Unrechts« müsse »es doch möglich sein, integren Persönlichkeiten, auch Soldaten, die ihnen gebührende Anerkennung und vielleicht auch ein angemessenes Gedenken zu geben, neben dem rituellen Gedenken an den militärischen Widerstand des 20. Juli 1944. Es wäre gut«, so Nedden zum Schluss, »sich im vereinten Deutschland der Friderizianisch-preußischen Tugend des Geltenlassens zu erinnern«.[170]
Das waren schwere Vorwürfe. Neu waren sie allerdings nicht. Bereits Diggins hatte Jahre zuvor die Wehrmachtsausstellung und die damit verbundene Kritik an Wehrmachtsoffizieren zum Anlass genommen, scharf gegen die bisherige, ihm völlig unzureichende Ehrung tapferer Offiziere Front zu machen. In einer Ansprache auf einem der jährlichen Treffen der ehemaligen »Spee«-Fahrer hatte er »das zwiespältige Verhältnis der Bundeswehr zur eigenen Tradition« kritisiert. Besonders scharf waren seine Angriffe gegen die seiner Meinung nach »verleumdende Wehrmachtsausstellung in Hamburg«, die Journalisten, »die sich als historische Bescheidwisser profilierten« und die wie der Moderator der Sendung »ZDF-History«, Guido Knopp, eher »ein verzerrtes, als ein korrektes Bild der Geschichte liefert[en]«.[171]
Spätestens hier wird einmal mehr deutlich, dass Erinnerung immer auch Erinnerungspolitik war und ist, und diese ist stets auch eine Konstruktion von Geschichte. Dies zeigen nicht zuletzt auch die Verschiebungen bei der Erklärung von Langsdorffs Handeln. Aus einer zunächst primär militärischen Entscheidung wurde im Laufe der Zeit eine in erster Linie moralische und damit vorbildhafte Tat. Darüber hinaus machten Nedden mit seinem Hinweis auf die britische Gedenkpraxis wie auch Diggins mit seiner Kritik an der zunehmend kritischeren Sicht auf die Wehrmacht in Deutschland deutlich, dass sie ein ganz anderes Verständnis von »Ehrung« hatten. So vorsichtig Nedden sich auch ausgedrückt hatte, die Frage, für was und welche Werte ein Soldat gekämpft hatte, spielte dabei im Vergleich zur soldatischen Leistung eine untergeordnete Rolle. Dass die bisherige Gedenkpraxis, die militärische Leistung und die Werte, für die diese erbracht wurde, auch in den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen Staaten inzwischen auf dem Prüfstand stehen, sei hier nur am Rande bemerkt. Jede Generation stellt ihre eigenen Fragen an die Geschichte und bewertet dementsprechend nach den jeweils gültigen moralischen Maßstäben neu, so schmerzlich dies manchem »Traditionalisten« dann auch fallen mag.
VIII.
Totengedenken und Erinnerung sind eben nicht gleichbedeutend mit Tradition, auch wenn eine saubere Unterscheidung nicht immer möglich ist – wie die Rede Neddens in Buenos Aires und der anschließende Schriftwechsel mit dem Bundesministerium der Verteidigung zeigen. Wie also setzte sich die Bundesmarine mit Langsdorff auseinander? Im Grunde hatte Ruge, seit 1956 Inspekteur der Bundesmarine, die Richtung vorgegeben. So wohlwollend er Langsdorff dann doch marineintern beurteilt hatte, so wenig war er bereit, diesen nun umfassender zu würdigen, geschweige denn ihn zu einem Vorbild zu machen. Die von Kapitän zur See Karl-Adolf Zenker in Absprache mit den ehemaligen Admiralen der Kriegsmarine bei Aufstellung der Bundesmarine Anfang 1956 angestoßene Debatte zur Tradition und dem Umgang mit der Kriegsmarine war in Politik und Öffentlichkeit auf große Kritik gestoßen.[172] Die Kriegsmarine konnte danach kein Vorbild mehr sein. Es entbehrt im Gegenteil nicht einer gewissen historischen Ironie, dass in der Debatte des Deutschen Bundestages über »Tradition« in der Marine der wortgewaltige SPD-Politiker Carlo Schmid genau jenen Typus des Marineoffiziers als Vorbild empfahl, der Langsdorff gerade nicht hatte sein wollen:
»Will man eine Tradition für unsere Marine aufstellen – und man sollte das tun –, gibt es denn dann nicht in der deutschen Seekriegs‑ und Friedensgeschichte unzählige Seeleute, die man als Vorbilder nennen könnte: die große Menge der Namenlosen, die bis zur letzten Granate auf ihren Schiffen ausgehalten haben und mit ihren Schiffen untergegangen sind? Und wenn schon Namen genannt werden sollten, wäre dann nicht Admiral Graf Spee ein würdiges Vorbild für unsere Marine?«,[173]
fragte Schmid im April 1956.
Im Gegensatz zu »Seehelden« wie den Admiralen Maximilian Graf Spee, Reinhard Scheer und Franz von Hipper, die in der Kaiserlichen Marine gedient, Benjamin Raule, der unter dem Großen Kurfürsten eine brandenburgische, und Karl Rudolf Brommy, der 1848/49 die deutsche Bundesflotte aufgebaut hatten, stand Langsdorffs Name daher auch nicht auf der ersten Liste für die Benennung neuer Einheiten. Unabhängig von seiner Haltung zum Kommandanten des Panzerschiffs hatte Ruge nach den Auseinandersetzungen des Jahres 1956 wenig Neigung, die Traditionsdebatte neu anzufachen. Obwohl er von der Notwendigkeit militärischer Traditionen überzeugt war, warnte Ruge im Februar 1957 vielmehr in einem Kommandeurbrief ausdrücklich vor Personen und Symbolen der jüngsten Marinegeschichte. Langsdorff kam damit als Name für Schiffe oder Kasernen und somit als traditionsstiftendes Vorbild nicht in Frage. Keine der Marinedienststellen, die im Zuge der ersten Rundfrage über mögliche Namen zur Stellungnahme aufgefordert worden waren, hatte Langsdorff jedoch überhaupt genannt. Dies erstaunt, hatten diese doch nicht gezögert, in jeder Hinsicht problematische Namen wie die ehemaliger deutscher Kolonien, erfolgreicher U-Bootfahrer wie Otto Weddigen und Günther Prien oder eindeutig NS-belasteter Admirale wie Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg, Dönitz’ treuem Nachfolger als Chef der Kriegsmarine bis in den Suizid hinein, vorzuschlagen.[174]
Auch später sollte Langsdorff in keiner Liste berücksichtigt werden. Nachdem die Marine zunächst nur Namen von Bundesländern und Städten vergab, änderte sich dies Mitte der 1960er Jahre mit dem Zulauf dreier neuer Zerstörer. Erstmals sollten dabei auch wieder Personen aus der Marinegeschichte berücksichtigt werden. Neben »Hipper«, »Scheer«, und »Graf Spee« sowie »Tirpitz« und »Bismarck« waren auch Angehörige der Kriegsmarine wieder traditionswürdig. Dazu gehörte neben »Bonte« und »Bey« auch »Lütjens«. »Langsdorff« als möglicher Namensgeber fehlte weiterhin. Dies erstaunt insofern, als der Referatsleiter, der die einschlägigen Vorschläge ausarbeitete, Langsdorffs ehemaliger Adjutant, der jetzige Kapitän zur See Diggins, war. Nur Sieger wie »Scheer« und »Hipper« oder Admirale, die wie die übrigen mit ihren Schiffen im Gefecht untergegangen waren, erschienen ihm, erstaunlich genug, traditionsstiftend. In der öffentlichen Debatte, in der der Name »Lütjens« aufgrund seines Verhaltens, bis zur letzten Granate zu kämpfen, heftig kritisiert, Langsdorff hingegen als »Anti-Held« zunehmend verklärt wurde, tauchte dessen Name allerdings ebenfalls nirgendwo auf.[175] »Lütjens«, »Rommel« und »Mölders« lauteten dann die Namen der neuen Zerstörer.
Auch wenn Langsdorff für die Bundesmarine in den 1960er Jahren nicht als traditionsstiftend in Frage kam, so versuchte sie dennoch, aus dessen Verhalten als Kommandant Lehren zu ziehen. So war der 20. Jahrestag der Selbstversenkung 1959 Anlass, sich auf der zwei Jahre zuvor vom damaligen Flottenchef, Konteradmiral Rolf Johannesson, ins Leben gerufenen jährlichen Historisch-taktischen Tagung der Flotte (Hitata) mit dem Geschehen zu befassen. Da diese Tagungen auch aktuelle Lagen in einem Seekrieg mit der Sowjetunion durchspielten, fanden sie aber hinter verschlossenen Türen statt. Der damalige Kapitänleutnant Dr. Ing. Horst Geffers, der selbst zeitweilig der Besatzung des Schlachtschiffs »Scharnhorst« angehört hatte und am Ende des Krieges Kommandant von U-2367 gewesen war, referierte dabei über: »Das Gefecht am La Plata 1939 mit Analyse der Entschlüsse, Taktik und Auswertungen.« Das Koreferat »mit eigenen Erlebnissen an Bord Panzerschiff ›Graf Spee‹« hielt Langsdorffs ehemaliger II. Navigationsoffizier, Fregattenkapitän Horst Höpfner. Dieser war ebenfalls wieder in die Marine eingetreten und lehrte nun Navigation an der Marineschule in Mürwik. »Der rote Faden der beiden vergangenen Tagungen – und [...] auch dieser Tagung –«, so Johannesson bei Eröffnung der Tagung in Sengwaarden am 1. Dezember 1959,
»ist stets das Problem des militärischen Führers und sein Konflikt zwischen Besonnenheit und Abwägen auf der einen Seite und Entschlossenheit und Intuition und sein Glück versuchen auf der anderen Seite, zwischen Bindung an seinen Gehorsam und Gehorchen und seinem Gewissen, unter Umständen auch gegen den Befehl seines Vorgesetzten.
Gerade bei der Darstellung des Gefechtes vor der La[‑]Plata-Mündung werden wir uns größter Objektivität befleißigen. Keine falsch verstandene Kameradschaft wird uns abhalten, die damaligen Ereignisse so zu betrachten, dass wir das größtmögliche daraus für unsere Aufgaben in der Bundesmarine lernen. Nur damit handeln wir Überlebenden auch im Sinne der damals Handelnden.«[176]
Nüchtern schilderte Geffers dann in seinem Referat das Gefecht und die anschließenden Ereignisse in Montevideo, soweit diese damals bekannt waren bzw. soweit möglich Zeitzeugen neben Höpfner ihm diese geschildert hatten. »Nachträglich betrachtet«, so Geffers, »scheint es mir so, als ob eine Fehlbeurteilung der Lage und daraus resultierende falsche Entschlüsse zum tragischen Ende der ›Spee‹ und ihres Kommandanten geführt haben. Im Seekrieg«, so fuhr er fort, »liegen Erfolg und Misserfolg meist dicht beieinander. Ein falscher oder auch ein nur zu später Entschluss kann entscheidend sein für den Ausgang des Kampfes«. Und diesbezüglich habe Harwood besser als Langsdorff verstanden, »mit der gegebenen Situation [...] fertig zu werden«.[177] Inwieweit Höpfners Auffassung Eingang in dieses Urteil gefunden hat bzw. welche Stellungnahme er abgegeben hat, geht aus den Akten leider nicht hervor. So maßvoll die Kritik an Langsdorffs Verhalten im Gefecht auch war, Geffers Schlussfolgerung war eindeutig: Kommandanten sollten im Zweifel mutiger sein.
Diesen Willen, von Kommandanten im Gefecht alles abzuverlangen, spiegelten auch die ersten Vorschriften zum »Verhalten im Gefecht« wider. Langsdorff konnte diesbezüglich keine »Messlatte« sein, so Vizeadmiral Hans Frank – Crew IV/61 – rückblickend 2009.
»Was hätte ein Verbandsführer in den 60er oder 70er Jahren, als die Überlegenheit der Warschauer-Pakt-Flotten in der Ostsee fast dramatisch und allen Handelnden bekannt war, seinen Kommandanten vor einem zu erwartenden verlustreichen Anrennen gegen einen Landungsverband gesagt? Aufgeben und sich retten, wenn die Übermacht zu groß ist? Wohl kaum. Nein, es galt und gilt auch heute noch, tapfer zu verteidigen, und ob die Lage wirklich aussichtslos war, kann in der Regel nur nach dem Gefecht beurteilt werden.«[178]
Es war daher auch nicht weiter erstaunlich, dass die »Richtlinien für den Dienst an Bord« (MDv 400/1) in Ziffer 1052 befahlen:
»Je schwieriger die Lage wird, je aussichtsloser sie erscheint, umso fester soll sich der Kommandant an die Gebote der militärischen Ehre halten. Er ist jeder Verantwortung für die Beschädigung oder den Verlust seines Kriegsschiffes ledig, wenn diese durch energischen Kriegseinsatz oder in ehrenvollem Kampfe herbeigeführt wurden. Als Grundsatz gilt: Streiche nie die Flagge!«[179]
In der Diktion unterschied sich die Vorschrift nicht von dem Führerbefehl vom 6. Februar 1940. Jedem Kommandanten drohte sogar weiterhin ein »Kriegsgericht«, wenn er seine Pflichten verletzte. Allein die Tatsache, dass Kommandanten keine Todesstrafe mehr fürchten mussten, machte dann einen entscheidenden Unterschied. Auch die Neufassung der »Bestimmungen für den Dienst an Bord«, wie sie nun hießen, aus dem Jahre 1964 enthielt nur eine Änderung: Anstatt vor einem Kriegsgericht sollte sich der Kommandant nun vor einem »Strafgericht« verantworten.[180] Erst 1970 sollte sich dies ändern – aus Gründen, die anhand der Akten nicht nachvollzogen werden können. Seitdem hieß es in Ziffer 2148: »Solange noch irgendeine Möglichkeit besteht, ein beschädigtes Kriegsschiff zu erhalten, darf der Kommandant weder das Verlassen noch das Versenken seines Kriegsschiffes befehlen, wenn nicht die Gefahr der Aufbringung durch den Gegner besteht.«[181]
Die Bestimmungen der Bundesmarine über das Verhalten des Kommandanten im Gefecht waren allerdings nicht so besonders und rückwärtsgewandt, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Bestimmungen der Volksmarine unterschieden sich von denen ihres möglichen Gegners in der Ostsee keineswegs. So hieß es in der Dienstvorschrift »Bestimmungen für den Dienst an Bord« von 1954 (!) für die Seestreitkräfte der DDR: »Die Kriegsschiffe der Seekriegsflotte streichen in keinem Falle vor dem Feind ihre Flagge.«[182] In der Neufassung des Abschnittes »Der Einsatz eines Kampfschiffes im Gefecht« aus dem Jahre 1963 findet sich diese Passage dann allerdings nicht mehr.
IX.
Obwohl die Bundesmarine Langsdorff nicht als traditionswürdig im Sinne der verschiedenen Traditionserlasse betrachtete, so hat sie bereits in ihren Gründungsjahren deutlich gemacht, dass sie ihn durchaus schätzte und daher bereit war, sich um dessen Familie zu kümmern. Im Herbst 1957 befürwortete die Marineführung geschlossen einen Antrag von Langsdorffs Witwe auf Gewährung einer Unfallrente, ungeachtet der rechtlichen Bauchschmerzen, die sie bei der Begründung hatte.
»Der Tod des Kpt z.S. Langsdorff muss in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kampfhandlung vor der La-Plata-Mündung gesehen werden. Bei einem Kampf bis zum äußersten wäre der Tod gleichfalls zwangsläufig eingetreten. Es ist mithin vertretbar, seinen Freitod dem Tod vor dem Feinde gleichzusetzen.«[183]
Zur Begründung verwies der Führungsstab der Marine auf jene Erlasse und Rundschreiben, die Raeder und Marschall Ende Dezember 1939/Anfang 1940 herausgegeben und in denen sie die Notwendigkeit des Kampfes bis zur letzten Granate, aber auch die Tatsache betont hatten, dass Langsdorff mit seinem Suizid die Ehre bewahrt und seine Pflicht erfüllt hatte. Ob das Bundesministerium des Innern dieser Argumentation gefolgt ist und eine gegenteilige Entscheidung des Oberkommandos der Wehrmacht aufgehoben und Langsdorffs Witwe zusätzlich zu den 43,2 Prozent des letzten Gehalts der Besoldungsgruppe A I a – nach Überleitung entsprach dies der heutigen Besoldungsgruppe A 16 – weitere 120 DM Unfallrente bewilligt hat, geht aus den Akten nicht hervor.[184] Im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Gehältern war dies, selbst ohne die Unfallrente, nicht wenig.[185]
X.
Langsdorff – ein Vorreiter der »Inneren Führung« und des »Staatsbürgers in Uniform«? Dafür, Langsdorff wegen seines Verhaltens im November 1918 als einen der Vorväter der Inneren Führung anzusehen, gibt es keinen Anlass. Sein Verhalten entsprach vielmehr dem der übergroßen Mehrheit der Marineoffiziere in diesen Tagen. Abgesehen vom 5. November 1918, als sich auf dem Linienschiff »SMS König« in Kiel einige wenige Offiziere den Meuterern entgegenstellten und es dabei zu einem Schusswechsel mit zwei Toten kam, haben alle übrigen entgegen ihrem Eid ihren Obersten Kriegsherrn, Kaiser Wilhelm II., nicht verteidigt. Auch der Begriff »Staatsbürger in Uniform« erscheint in diesem Kontext unangebracht. Dieses Prinzip setzt das Bekenntnis zur Demokratie voraus. Doch davon kann bei Langsdorff keine Rede sein. Indem er der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) beitrat, unterstützte er genau jene politische Richtung, die von Anfang an die Weimarer Republik bekämpfte und zuletzt auch mit zu ihren Totengräbern gehörte. Wie weit rechts Langsdorff stand, zeigt nicht zuletzt seine Empfehlung an seine Frau, im Sommer 1932 Hitler zu wählen. Er hielt ihn »für in Ordnung«. »Die Leute«, so hieß es in einem Brief an die Ehefrau, »müssen an die Macht, dann werden sie schon vernünftig«.[186] Von einer Distanz zum Regime kann auch späterhin nicht die Rede sein. Im Sommer 1933 stellte er fest, dass Hitler für ihn »etwas von einem Propheten« habe.[187] Inwieweit Langsdorff nach dem Mord an seinem ehemaligen Vorgesetzten, General Kurt von Schleicher, und dessen Ehefrau im Zuge des »Röhm-Putsches« 1934 auf Distanz zum Regime gegangen ist, ist reine Spekulation. Im Februar 1934 hatte er jedenfalls Hitlers Auftritt im Reichstag als »großes Erlebnis« empfunden.[188]
XI.
Was bleibt also von Langsdorff? Im Hinblick auf das Geschehen in Montevideo ist festzuhalten, dass nach Lage der Quellen primär militärische Gründe für seinen Entschluss verantwortlich waren, das Panzerschiff »Admiral Graf Spee« zu sprengen. Angesichts nüchterner Beurteilungen der Lage, die er nach Rücksprache mit seinen Offizieren, dem Gesandten und dem Marineattaché in den entscheidenden Tagen traf, wollte er ein Gefecht verhindern, das er nicht gewinnen konnte und bei dem er den Gegner nicht einmal schädigen konnte, das aber das Risiko enthielt, dass das Schiff mit seiner neuen Technik in die Hände des Gegners fiel. »Nach ausgiebigen Erörterungen«, so Diggins aus der Rückschau, »wurde dem OKM die Lagebeurteilung übermittelt. In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember erhielt der Kommandant Handlungsfreiheit. GRAF SPEE hatte keine reelle Chance aus der Falle von Montevideo in den Atlantik auszubrechen.«[189] Bei Abwägung aller Aspekte erschien ihm dann auch das Opfer von »1000 toten Helden« nutzlos. Wer Langsdorffs »moralischen Imperativ« – so Kaack[190] – oder den Willen, »Hitler die Stirn zu bieten« – so die Londoner »Times« –, zum wesentlichen Motiv macht, übersieht die Komplexität der Entscheidungsfindung und betreibt Geschichtspolitik, nicht aber das seriöse Geschäft der um differenzierte Urteile bemühten Geschichtswissenschaft.
Die Entscheidung zur Selbstversenkung und zum anschließenden Suizid der »Ehre der Flagge« wegen machten Langsdorff bereits 1939/40 zum »Mythos«. Diese Mythisierung hat ihre Ursprünge in der alliierten Propaganda gegen das NSRegime. Je länger die Ereignisse zurücklagen, umso mehr übernahmen manche Historikerinnen und Historiker und Publizistinnen und Publizisten dann diese Deutung, stilisierten ihn in Verkennung von Langsdorffs Haltung gerade auch in politischen Fragen sogar schließlich zu Unrecht zu einem Vorläufer des »Staatsbürgers in Uniform«. Die Konstruktion ersetzte, wie so oft, die viel komplexere Realität.
Langsdorff war nie Bestandteil der Tradition der Bundesmarine. Im Hinblick darauf, dass seit Mitte der 1960er Jahre auch Angehörige der Kriegsmarine traditionswürdig waren und als Vorbild dienten, ist dies erstaunlich und unbefriedigend. Erstaunlich ist allerdings auch, dass selbst Langsdorffs ehemalige Offiziere dies nach Lage der Akten nie eingefordert haben. Gleiches gilt für die Familie.
Langsdorff war aber, und dies wird leider zu oft übersehen, von jeher Teil des würdigen Totengedenkens seitens der Politik wie auch der Bundesmarine. Die Akten sind hier eindeutig. Mit dem zunehmend kritischeren Blick auf die NS-Zeit und die Wehrmacht vergrößerte sich jedoch in einem für viele Ehemalige zweifellos schmerzlichen Prozess die Distanz zu den »alten Helden«. Für »Heldenverehrung«, zumal wenn es nur unzureichende Belege für traditionswürdiges Verhalten gab, war kein Platz. Umgekehrt nährten verklärende Berichte den Wunsch jener, die glaubten, Vorbilder gefunden zu haben, diese auch als solche zu betrachten. Der Maßstab war dabei, wie im Fall Langsdorff, das Verhalten von dessen ehemaligen Gegnern, die Royal Navy. Doch britische Vorstellungen von Heldentum, Ehre und Vorbild sind allein aufgrund unserer Geschichte sowie dem Traditionsverständnis der Bundeswehr nicht kompatibel. Zudem: Heutige Debatten in Großbritannien zeigen, dass dort, nur zeitversetzt, jetzt jener Prozess der kritischen Selbstüberprüfung stattfindet, den die Bundesrepublik in den vergangenen siebzig Jahren durchgemacht hat, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Was bleibt also von Langsdorff? Langsdorff war »Teil des nationalsozialistischen Deutschlands und daher nicht mit dem Traditionsverständnis der Bundeswehr vereinbar«.[191] Er ist insofern nicht traditionswürdig. Aber er ist Teil unserer Geschichte, und damit auch der Geschichte der Marine, und dies schließt neben der Totenehrung eine angemessene Würdigung nicht aus. Wie diese Würdigung aussehen und begründet werden könnte, hat Vizeadmiral a.D. Hans Frank, ohne dabei die Frage der Motive der Selbstversenkung selbst näher zu thematisieren und Langsdorff zu überhöhen, bereits 2009 aufgezeigt:
»Es bleibt die Erinnerung an einen Seeoffizier, der gemäß seinem Auftrag erfolgreich Handelskrieg geführt hat, der Schiffe aufbrachte, ohne dabei Menschenleben zu vernichten, und der tapfer kämpfte, als ihm das Gefecht aufgezwungen wurde [...] Ritterlichkeit, Charakterfestigkeit und Menschlichkeit – Tugenden, die Langsdorff vorlebte und die zu achten und zu ehren und zu bewahren auch den heutigen Streitkräften gut ansteht.«[192]
Der Traditionserlass von 2018 lässt für eine Würdigung auf dieser Grundlage genügend Raum. Wer mehr wollte und will, hat weder die historischen Ereignisse richtig verstanden noch Inhalt und Funktion des Traditionserlasses begriffen. Würdigung bedeutet nicht Verklärung. Tradition ist nicht Geschichte, sondern eine wertebezogene Auswahl daraus. Auf seine Tugenden bezogen, ist Hans Langsdorff ein Vorbild. Ob dies reicht, um ihn insgesamt für traditionswürdig zu befinden, ja Kasernen, Straßen oder Lehrgänge nach ihm zu benennen oder gar ein jährliches Langsdorff-Symposium zu veranstalten, erscheint in dieser Weite jedoch fragwürdig. Es wäre vermutlich eher einmal mehr ein Versuch, Geschichte aus einem bestimmten Blickwinkel zu konstruieren, statt diese sine ira et studio nachzuzeichnen, wie sie eigentlich gewesen ist. Diesem Anspruch ist Kaack jedenfalls nicht gerecht geworden.
© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Frontmatter
- Aufsätze
- Militärische Jugenderziehung vor dem und im Ersten Weltkrieg
- Chaos und Kohärenz
- Kapitän zur See Hans Langsdorff – »the Captain who defied Hitler«?
- Dokumentation
- »Verehrter Parteigenosse Landfried!«
- Buchbesprechungen Allgemeines
- Jeremy Black, Military Strategy. A Global History, New Haven, CT, London: Yale University Press 2020, XVII, 306 S., £ 25.00 [ISBN 978‑0‑300‑21718‑6]
- Wolfgang Reinhard, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415–2015, München: C. H. Beck 2016, 1648 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑68718‑1] Philip T. Hoffman, Wie Europa die Welt eroberte. Aus dem Engl. von Cornelius Hartz, Darmstadt: Theiss 2017, 336 S., EUR 24,95 [ISBN 978‑3‑8062‑3476‑3] Stefan Rinke, Conquistadoren und Azteken. Cortés und die Eroberung Mexikos, München: C. H. Beck 2019, 399 S., EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑406‑73399‑4]
- 1870–1945. Weltmärkte und Weltkriege. Hrsg. von Emily S. Rosenberg, München: C. H. Beck 2012, 1152 S. (= Geschichte der Welt / A History of the World), EUR 48,00 [ISBN 978‑3‑406‑64105‑3]
- War and the City. The Urban Context of Conflict and Mass Destruction. Ed. by Tim Keogh, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, IV, 200 S. (= War (Hi)Stories, 6), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑70278‑4]
- Rudolf Jaun, Geschichte der Schweizer Armee. Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Zürich: Orell Füssli 2019, 548 S., CHF 68,00 [ISBN 978‑3‑280‑06125‑1]
- Hagen Fleischer, Krieg und Nachkrieg. Das schwierige deutsch-griechische Jahrhundert. Hrsg. von Chryssoula Kambas. Aus dem Griechischen übers. von Andrea Schellinger, Köln: Böhlau 2020, 366 S. (= Griechenland in Europa, 5), EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑412‑51789‑2]
- War and Stereotypes. The Image of Japan’s Military Abroad. Ed. by Frank Jacob and Sepp Linhart, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, XVI, 214 S. (= War (Hi)Stories, 7), EUR 99,00 [ISBN 978‑3‑506‑70293‑7]
- Altertum
- Mischa Meier, Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr., 4. Aufl., München: C. H. Beck 2020, 1532 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑73959‑0]
- Christoph Haack, Die Krieger der Karolinger. Kriegsdienste als Prozesse gemeinschaftlicher Organisation um 800, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, X, 273 S. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 115), EUR 109,95 [ISBN 978‑3‑11‑062614‑8]
- 1789–1870
- Sara Petzold, Alltag in der Fremde. Hannoversche Soldaten im Dienst der British East India Company 1782–1791, Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2019, 366 S. (= Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, 98), EUR 99,80 [ISBN 978‑3‑339‑10522‑6]
- Arthur Kuhle, Die preußische Kriegstheorie um 1800 und ihre Suche nach dynamischen Gleichgewichten, Berlin: Duncker & Humblot 2018, 419 S. (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 49), EUR 99,90 [ISBN 978‑3‑428‑15342‑8]
- Georg Nafziger, Napoleon at Dresden. The Battles of August 1813, Solihul: Helion & Company 2018, XVI, 360 S., £ 35.00 [ISBN 978‑1‑911512‑81‑3]
- Die Heilige Allianz. Entstehung – Wirkung – Rezeption. Hrsg. von Anselm Schubert und Wolfram Pyta, Stuttgart: Kohlhammer 2018, 280 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑17‑035284‑1]
- 1871–1918
- Götz Ulrich Penzel, Ein Leben für die Luftfahrt. Hermann Wilhelm Ludwig Moedebeck (1857–1910). Hrsg. vom Verkehrsmuseum Dresden, Dresden: Sandstein 2020, 120 S., EUR 24,00 [ISBN 978‑3‑95498‑543‑2]
- Gero Fedtke, Roter Orient. Muslimkommunisten und Bolschewiki in Turkestan (1917–1924), Wien [u. a.]: Böhlau 2020, 432 S. (= Peripherien. Beiträge zur Europäischen und Globalgeschichte, 5), EUR 60,00 [ISBN 978‑3‑412‑51324‑8]
- 1919–1945
- Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]
- Matthias Herrmann, Das Reichsarchiv (1919–1945). Eine archivische Institution im Spannungsfeld der deutschen Politik, Kamenz: Stadtarchiv Kamenz 2019, 533 S. (= Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Kamenz, 4), EUR 49,00 [ISBN 978‑3‑910046‑78‑8]
- Stephan Lehnstaedt, Der vergessene Sieg. Der Polnisch-Sowjetische Krieg 1919–1921 und die Entstehung des modernen Osteuropa, München: C.H. Beck 2019, 221 S., EUR 14,95 [ISBN 978‑3‑406‑74022‑0]
- Nikos Späth, Das Thema hatte es in sich. Die Reaktion der deutschen und amerikanischen Presse auf Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. Eine vergleichende Rezeptionsstudie über Fronterlebnis‑ und Weltkriegserinnerung in der Weimarer Republik und den USA in den Jahren 1929 und 1930. Göttingen: V&R unipress; Universitätsverlag Osnabrück 2020, 619 S. (= Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs, 35), EUR 75,00 [ISBN 978‑3‑8471‑1021‑7]
- Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd 8: Sowjetunion mit annektierten Gebieten II. Generalkommissariat Weißruthenien und Reichskommissariat Ukraine. Bearb. von Bert Hoppe, Mitarbeit: Imke Hansen, Martin Holler, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2016, 762 S., EUR 59,95 [ISBN 978‑3‑486‑78119‑9]
- Pierre Tiquet, The 3rd SS Panzer Regiment. 3rd SS Panzer Division Totenkopf, Oxford: Casemate 2020, 128 S., £ 19.99 [ISBN 978‑1‑61200‑731‑1]
- Gerrit Reichert, U 96. Realität und Mythos. Der Alte und Lothar-Günther Buchheim. Hamburg: Mittler 2019, 231 S., EUR 29,95 [ISBN 978‑3‑8132‑0990‑7]
- Tobias Korenke, Widerstand aus Loyalität. Zum Verständnis einer deutschen Freiheitsbewegung, Essen: Klartext 2020, 186 S., EUR 18,00 [ISBN 978‑3‑8375‑2077‑4]
- Robert Lackner, Camp Ritchie und seine Österreicher. Deutschsprachige Verhörsoldaten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Mit einem Gastbeitrag von Florian Traussnig, Wien: Böhlau 2020, 342 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑205‑21009‑2]
- Ryszard Kaczmarek, Polen in der Wehrmacht. Aus dem Poln. übers. von Andreas R. Hofmann, wissenschaftliche Red.: Burkhard Olschowsky, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2017, 244 S. (= Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 65), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑11‑050158‑2]
- Kerstin Bischl, Frontbeziehungen. Geschlechterverhältnisse und Gewalt-dynamiken in der Roten Armee 1941–1945, Hamburg: Hamburger Edition 2019, 348 S. (= Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts), EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑86854‑332‑2]
- Corinna Kuhr-Korolev, Ulrike Schmiegelt-Rietig und Elena Zubkova, Raub und Rettung. Russische Museen im Zweiten Weltkrieg. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Eichwede, Köln [u. a.]: Böhlau 2019, 383 S. (= Studien zu kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern, 1), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑412‑50188‑4]
- Nach 1945
- Astrid M. Eckert, West Germany and the Iron Curtain. Environment, Economy, and Culture in the Borderlands, Oxford, New York, Oxford University Press 2019, XV, 422 S., $ 99.00 [ISBN 978‑0‑19‑069005‑2]
- Armin Müller, Wellenkrieg. Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, Berlin: Ch. Links 2017, 416 S. (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, 5), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑86153‑947‑6]
- Kriegsmaterial im Kalten Krieg. Rüstungsgüter in der Schweiz zwischen Militär, Industrie, Politik und Öffentlichkeit/Le matériel de guerre pendant la guerre froide. L’armement en Suisse – entre l’armée, l’industrie, la politique et le public. Hrsg. von/ed. par Monika Dommann und/et Sibylle Marti, Basel: Schwabe 2020, 180 S., sFr. 48,00 [ISBN 978‑3‑7965‑4104‑9]
- Prokop Tomek, Československá armáda v čase Sametové revoluce. Proměny ozbrojených sil na přelomu osmdesátých a devadesátých let [Die Tschechoslowakische Volksarmee während der Samtenen Revolution. Veränderungen in den Streitkräften Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre], Cheb: Svět křídel 2019, 259 S., KČ 330,00 [ISBN 978‑80‑7573‑060‑2]
- Peter Heinze, Bundeswehr beeindruckt Deutschlands Osten. Ein Journalist erlebte die Armee der Einheit, Baden-Baden: Tectum 2019, 486 S., EUR 68,00 [ISBN 978‑3‑8288‑4410‑0]
- The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories. Ed. by Katrin Bromber [u. a.], Frankfurt a. M., New York: Campus 2018, 296 S. (= Eigene und fremde Welten, 36), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑593‑50862‑7]
- Stephan Jaeger, The Second World War in the Twenty-First-Century Museum. From Narrative, Memory, and Experience to Experientiality, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, XIV, 354 S. (= Media and Cultural Memory/Medien und kulturelle Erinnerung, 26), EUR 86,95 [ISBN 978‑3‑11‑066106‑4]
- War and Memorials. The Second World War and Beyond. Ed. by Frank Jacob and Kenneth Pearl, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2019, VI, 220 S. (= War (Hi)Stories, 4), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑78823‑8]
- Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen. Hrsg. von Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer, Göttingen: V&R unipress, Mainz University Press 2018, 327 S., EUR 50,00 [ISBN 978‑3-8471‑0808‑5]
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Artikel in diesem Heft
- Frontmatter
- Frontmatter
- Aufsätze
- Militärische Jugenderziehung vor dem und im Ersten Weltkrieg
- Chaos und Kohärenz
- Kapitän zur See Hans Langsdorff – »the Captain who defied Hitler«?
- Dokumentation
- »Verehrter Parteigenosse Landfried!«
- Buchbesprechungen Allgemeines
- Jeremy Black, Military Strategy. A Global History, New Haven, CT, London: Yale University Press 2020, XVII, 306 S., £ 25.00 [ISBN 978‑0‑300‑21718‑6]
- Wolfgang Reinhard, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415–2015, München: C. H. Beck 2016, 1648 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑68718‑1] Philip T. Hoffman, Wie Europa die Welt eroberte. Aus dem Engl. von Cornelius Hartz, Darmstadt: Theiss 2017, 336 S., EUR 24,95 [ISBN 978‑3‑8062‑3476‑3] Stefan Rinke, Conquistadoren und Azteken. Cortés und die Eroberung Mexikos, München: C. H. Beck 2019, 399 S., EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑406‑73399‑4]
- 1870–1945. Weltmärkte und Weltkriege. Hrsg. von Emily S. Rosenberg, München: C. H. Beck 2012, 1152 S. (= Geschichte der Welt / A History of the World), EUR 48,00 [ISBN 978‑3‑406‑64105‑3]
- War and the City. The Urban Context of Conflict and Mass Destruction. Ed. by Tim Keogh, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, IV, 200 S. (= War (Hi)Stories, 6), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑70278‑4]
- Rudolf Jaun, Geschichte der Schweizer Armee. Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Zürich: Orell Füssli 2019, 548 S., CHF 68,00 [ISBN 978‑3‑280‑06125‑1]
- Hagen Fleischer, Krieg und Nachkrieg. Das schwierige deutsch-griechische Jahrhundert. Hrsg. von Chryssoula Kambas. Aus dem Griechischen übers. von Andrea Schellinger, Köln: Böhlau 2020, 366 S. (= Griechenland in Europa, 5), EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑412‑51789‑2]
- War and Stereotypes. The Image of Japan’s Military Abroad. Ed. by Frank Jacob and Sepp Linhart, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, XVI, 214 S. (= War (Hi)Stories, 7), EUR 99,00 [ISBN 978‑3‑506‑70293‑7]
- Altertum
- Mischa Meier, Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr., 4. Aufl., München: C. H. Beck 2020, 1532 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑73959‑0]
- Christoph Haack, Die Krieger der Karolinger. Kriegsdienste als Prozesse gemeinschaftlicher Organisation um 800, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, X, 273 S. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 115), EUR 109,95 [ISBN 978‑3‑11‑062614‑8]
- 1789–1870
- Sara Petzold, Alltag in der Fremde. Hannoversche Soldaten im Dienst der British East India Company 1782–1791, Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2019, 366 S. (= Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, 98), EUR 99,80 [ISBN 978‑3‑339‑10522‑6]
- Arthur Kuhle, Die preußische Kriegstheorie um 1800 und ihre Suche nach dynamischen Gleichgewichten, Berlin: Duncker & Humblot 2018, 419 S. (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 49), EUR 99,90 [ISBN 978‑3‑428‑15342‑8]
- Georg Nafziger, Napoleon at Dresden. The Battles of August 1813, Solihul: Helion & Company 2018, XVI, 360 S., £ 35.00 [ISBN 978‑1‑911512‑81‑3]
- Die Heilige Allianz. Entstehung – Wirkung – Rezeption. Hrsg. von Anselm Schubert und Wolfram Pyta, Stuttgart: Kohlhammer 2018, 280 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑17‑035284‑1]
- 1871–1918
- Götz Ulrich Penzel, Ein Leben für die Luftfahrt. Hermann Wilhelm Ludwig Moedebeck (1857–1910). Hrsg. vom Verkehrsmuseum Dresden, Dresden: Sandstein 2020, 120 S., EUR 24,00 [ISBN 978‑3‑95498‑543‑2]
- Gero Fedtke, Roter Orient. Muslimkommunisten und Bolschewiki in Turkestan (1917–1924), Wien [u. a.]: Böhlau 2020, 432 S. (= Peripherien. Beiträge zur Europäischen und Globalgeschichte, 5), EUR 60,00 [ISBN 978‑3‑412‑51324‑8]
- 1919–1945
- Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]
- Matthias Herrmann, Das Reichsarchiv (1919–1945). Eine archivische Institution im Spannungsfeld der deutschen Politik, Kamenz: Stadtarchiv Kamenz 2019, 533 S. (= Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Kamenz, 4), EUR 49,00 [ISBN 978‑3‑910046‑78‑8]
- Stephan Lehnstaedt, Der vergessene Sieg. Der Polnisch-Sowjetische Krieg 1919–1921 und die Entstehung des modernen Osteuropa, München: C.H. Beck 2019, 221 S., EUR 14,95 [ISBN 978‑3‑406‑74022‑0]
- Nikos Späth, Das Thema hatte es in sich. Die Reaktion der deutschen und amerikanischen Presse auf Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. Eine vergleichende Rezeptionsstudie über Fronterlebnis‑ und Weltkriegserinnerung in der Weimarer Republik und den USA in den Jahren 1929 und 1930. Göttingen: V&R unipress; Universitätsverlag Osnabrück 2020, 619 S. (= Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs, 35), EUR 75,00 [ISBN 978‑3‑8471‑1021‑7]
- Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd 8: Sowjetunion mit annektierten Gebieten II. Generalkommissariat Weißruthenien und Reichskommissariat Ukraine. Bearb. von Bert Hoppe, Mitarbeit: Imke Hansen, Martin Holler, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2016, 762 S., EUR 59,95 [ISBN 978‑3‑486‑78119‑9]
- Pierre Tiquet, The 3rd SS Panzer Regiment. 3rd SS Panzer Division Totenkopf, Oxford: Casemate 2020, 128 S., £ 19.99 [ISBN 978‑1‑61200‑731‑1]
- Gerrit Reichert, U 96. Realität und Mythos. Der Alte und Lothar-Günther Buchheim. Hamburg: Mittler 2019, 231 S., EUR 29,95 [ISBN 978‑3‑8132‑0990‑7]
- Tobias Korenke, Widerstand aus Loyalität. Zum Verständnis einer deutschen Freiheitsbewegung, Essen: Klartext 2020, 186 S., EUR 18,00 [ISBN 978‑3‑8375‑2077‑4]
- Robert Lackner, Camp Ritchie und seine Österreicher. Deutschsprachige Verhörsoldaten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Mit einem Gastbeitrag von Florian Traussnig, Wien: Böhlau 2020, 342 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑205‑21009‑2]
- Ryszard Kaczmarek, Polen in der Wehrmacht. Aus dem Poln. übers. von Andreas R. Hofmann, wissenschaftliche Red.: Burkhard Olschowsky, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2017, 244 S. (= Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 65), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑11‑050158‑2]
- Kerstin Bischl, Frontbeziehungen. Geschlechterverhältnisse und Gewalt-dynamiken in der Roten Armee 1941–1945, Hamburg: Hamburger Edition 2019, 348 S. (= Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts), EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑86854‑332‑2]
- Corinna Kuhr-Korolev, Ulrike Schmiegelt-Rietig und Elena Zubkova, Raub und Rettung. Russische Museen im Zweiten Weltkrieg. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Eichwede, Köln [u. a.]: Böhlau 2019, 383 S. (= Studien zu kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern, 1), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑412‑50188‑4]
- Nach 1945
- Astrid M. Eckert, West Germany and the Iron Curtain. Environment, Economy, and Culture in the Borderlands, Oxford, New York, Oxford University Press 2019, XV, 422 S., $ 99.00 [ISBN 978‑0‑19‑069005‑2]
- Armin Müller, Wellenkrieg. Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, Berlin: Ch. Links 2017, 416 S. (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, 5), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑86153‑947‑6]
- Kriegsmaterial im Kalten Krieg. Rüstungsgüter in der Schweiz zwischen Militär, Industrie, Politik und Öffentlichkeit/Le matériel de guerre pendant la guerre froide. L’armement en Suisse – entre l’armée, l’industrie, la politique et le public. Hrsg. von/ed. par Monika Dommann und/et Sibylle Marti, Basel: Schwabe 2020, 180 S., sFr. 48,00 [ISBN 978‑3‑7965‑4104‑9]
- Prokop Tomek, Československá armáda v čase Sametové revoluce. Proměny ozbrojených sil na přelomu osmdesátých a devadesátých let [Die Tschechoslowakische Volksarmee während der Samtenen Revolution. Veränderungen in den Streitkräften Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre], Cheb: Svět křídel 2019, 259 S., KČ 330,00 [ISBN 978‑80‑7573‑060‑2]
- Peter Heinze, Bundeswehr beeindruckt Deutschlands Osten. Ein Journalist erlebte die Armee der Einheit, Baden-Baden: Tectum 2019, 486 S., EUR 68,00 [ISBN 978‑3‑8288‑4410‑0]
- The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories. Ed. by Katrin Bromber [u. a.], Frankfurt a. M., New York: Campus 2018, 296 S. (= Eigene und fremde Welten, 36), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑593‑50862‑7]
- Stephan Jaeger, The Second World War in the Twenty-First-Century Museum. From Narrative, Memory, and Experience to Experientiality, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, XIV, 354 S. (= Media and Cultural Memory/Medien und kulturelle Erinnerung, 26), EUR 86,95 [ISBN 978‑3‑11‑066106‑4]
- War and Memorials. The Second World War and Beyond. Ed. by Frank Jacob and Kenneth Pearl, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2019, VI, 220 S. (= War (Hi)Stories, 4), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑78823‑8]
- Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen. Hrsg. von Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer, Göttingen: V&R unipress, Mainz University Press 2018, 327 S., EUR 50,00 [ISBN 978‑3-8471‑0808‑5]
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter