Home Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]
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Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]

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Published/Copyright: May 19, 2021
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Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]

Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]

Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]


So wie im Vorfeld zum einhundertsten Jahrestag des Kriegsbeginns eine kaum noch überschaubare Zahl von Büchern über Ursachen und Verlauf des Ersten Weltkrieges erschienen ist, so war dies auch für dessen Ende und die damit verbundenen Folgen zu erwarten. Letztlich sind es nicht ganz so viele Veröffentlichungen geworden. Gleichwohl hat die vorhergehende Debatte über den Kriegsbeginn zweifellos auch die Studien befruchtet, die im Gedenkjahr 2018/19 vorgelegt worden sind. Drei sollen hier näher vorgestellt werden.

Zu diesen gehört zunächst die Studie des renommierten Marburger Historikers Eckart Conze. Schon allein der Titel, »Die große Illusion«, deutet an, worum es Conze geht – die Beschreibung der großen Hoffnungen, die viele Menschen, Sieger wie Besiegte, mit den Verhandlungen am Ende des »Großen Krieges« verbanden, und der Enttäuschungen, die viele nach den Pariser Vorortverträgen weltweit verspürten. Conze will jedoch nicht nur die »große Illusion« beschreiben. Zugleich versucht er deutlich zu machen, dass »die Welt von Versailles [keine] abgeschlossene, sondern eine sehr gegenwärtige Vergangenheit [ist], weil sie in ihren Wirkungen bis in das 21. Jahrhundert hineinragt« (S. 36).

Mit wohltuender Sachlichkeit und dennoch der Bereitschaft, nicht nur zu beschreiben und zu analysieren, sondern auch klar zu urteilen, löst Conze seinen umfassenden Anspruch auf knapp 500 Seiten ein. In seiner Einleitung beschreibt er das Dilemma der Zeitgenossen – der Verantwortlichen wie auch der einfachen Bürger: »Aus Kriegszielen mussten nun Friedensziele werden, die nicht auf die nationale Mobilisierung gerichtet waren, sondern auf eine internationale, stabile politische Ordnung, die gleichwohl den nationalen Interessen entsprach« (S. 19). Ohne eine »Reduktion von Ansprüchen« (ebd.) war dies nicht möglich.

Damit die Lesenden verstehen, was dies konkret bedeutete, zeichnet Conze zunächst noch einmal den »Krieg der Illusionen« nach, d. h. die Vorstellungen der beteiligten Mächte von dem Frieden nach einem »Sieg«, die angesichts der Opfer und Zerstörungen, aber auch der Dämonisierung des Gegners jeden Kompromissfrieden de facto unmöglich machten. Im Anschluss behandelt er ausführlich die Rolle des US-Präsidenten Woodrow Wilson. Dessen Visionen von einer liberalen Friedensordnung auf der einen, der Versuch der Reichsleitung auf der anderen Seite, mit den »Diktatfrieden« von Brest-Litowsk und Bukarest sowie einer letzten großen Schlacht im Westen 1918 Europa nach deutschen Vorstellungen umzugestalten, zeigen, wie unterschiedlich die Ziele am Ende des Krieges waren. Diese Diskrepanz hatte unweigerlich Folgen für die Verhandlungen über einen Frieden, auf die Conze im großen zweiten Teil seines Buches, »Frieden schließen«, eingeht.

In sechs Abschnitten beschreibt Conze zunächst die deutschen Illusionen über den künftigen Frieden im »Traumland der Waffenstillstandsperiode«, so ein zutreffendes Etikett des Kulturphilosophen Ernst Troeltsch. Danach widmet er sich Paris als »Hauptstadt der Welt« und Ort globaler Politik, der Gründung des Völkerbundes sowie dem Versailler Vertrag einschließlich der oft vergessenen, in ihrer grundsätzlichen Bedeutung aber nicht hoch genug einzuschätzenden Strafbestimmungen sowie den »Alte[n] Reiche[n] und neue[n] Staaten«. In den beiden letzten Kapiteln setzt Conze sich zum einen noch einmal mit der Bedeutung des Versailler Vertrages in der Zwischenkriegszeit auseinander, um dann zum anderen in einem sehr lehrreichen Epilog nach der Relevanz der Pariser Vorortverträge heute zu fragen.

Conzes Urteil über diese Verträge unterscheidet sich nicht von dem vieler Zeitgenossen und späterer Historikerinnen und Historiker: Der Versuch, 1919/20 eine neue Ordnung zu etablieren, ist gescheitert. Verantwortlich dafür waren zunächst die hohen Erwartungen an eine Friedensordnung, die nur enttäuscht werden konnten. Damit verknüpft war eine Komplexität, der die Verantwortlichen kaum gerecht werden konnten. Anders als bei früheren Friedensschlüssen lastete auf denen von 1919 aber auch der ungeheure Druck der Öffentlichkeit bei Siegern wie Besiegten. Doch nicht nur der Frieden mit dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten habe die Verantwortlichen überfordert. Gleiches gelte für die Neuordnung Süd- und Ostmitteleuropas, aber auch die Behandlung der Kolonien und anderer Gebiete in Übersee. Viele Widersprüche wie der zwischen der Geltung des Prinzips nationaler Selbstbestimmung, der Wahrung von Minderheitenrechten sowie der Fortsetzung klassischer Kolonialpolitik unter der Rubrik der »Mandate« hätten sich vor dem Hintergrund fortwirkender machtpolitischer Interessen nicht auflösen lassen. Das besondere Dilemma der neuen Ordnung sei aber gewesen, dass sie keine mächtigen Fürsprecher gehabt habe. Die fehlende Bereitschaft der USA, auch nach 1919 Verantwortung zu übernehmen, habe sich dabei besonders fatal ausgewirkt. Dies bedeute aber nicht, den USA und ihren Verbündeten die Verantwortung für den Aufstieg des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg zuzuschieben, wie manche immer noch behaupten. »Zauberlehrlingsgleich« (S. 471) hätten die alten Eliten in der Endphase der Weimarer Republik vielmehr die Kräfte des »Anti-Versailles-Syndroms« entfesselt und damit, trotz gewichtiger Zugeständnisse der Alliierten vor 1933, die Nationalsozialisten gestärkt und zu deren Machtübernahme maßgeblich beigetragen. Diese hätten dann systematisch und skrupellos das angestrebt, was Adolf Hitler seit Beginn der 1920er Jahre gefordert habe: einen neuen Krieg, der den Ersten Weltkrieg wirklich beendete. Die symbolträchtige Unterzeichnung der französischen Kapitulation im Wald von Compiègne am 22. Juni 1940 sei aus dieser Sicht dann auch das Ende von Versailles gewesen. Zu den bitteren Ironien der Geschichte gehört, dass die viel kritisierte Appeasement-Politik »[a]ngesichts der Gewaltpolitik des Nationalsozialismus« mit ihrer »Friedensorientierung« »chancenlos« gewesen sei, »ja sie spielte dem NS-Regime in die Hände« (S. 488). Diesem Urteil ist nichts hinzufügen.

Der Aachener Emeritus Klaus Schwabe, seit Jahrzehnten ein ausgewiesener Kenner dieser Epoche, hat sich in Anknüpfung an frühere Studien noch einmal ausführlich mit dem »Wagnis eines demokratischen Friedens« nach dem Ende des Ersten Weltkrieges befasst. In seiner Einführung macht Schwabe deutlich, worum es ihm geht. »Fehlerlos«, so auch seine Auffassung, sei der Versailler Vertrag keineswegs gewesen. Trotzdem sei es aber gerechtfertigt, »sich umgekehrt noch einmal zu fragen, ob diese Friedensordnung, für sich genommen, nicht doch Elemente enthielt, die ihr eine längere Lebensdauer hätten vergönnen können« (S. 7). Um diese Frage beantworten zu können, beschreibt Schwabe zunächst das Programm der »Friedensmacher« bei den Alliierten. Die »allermeisten« seien überzeugte Linksliberale gewesen und hätten eine grundlegend neuartige, gerechte Friedensordnung angestrebt, die, bewusst oder unbewusst, an Kant’sche Maximen angeknüpft habe. Auch auf deutscher Seite habe man darin nach der Niederlage eine Grundlage für einen halbwegs erträglichen Frieden gesehen.

Die Verhandlungen, zu denen die Deutschen zu ihrem eigenen Erstaunen dann nicht eingeladen worden seien, hätten schnell deutlich gemacht, dass die Realität klassischer Machtpolitik sowie der Druck der Parlamente der Idee eines demokratischen Friedens und Wilsons Idealen doch Grenzen setzten. In insgesamt fünf Kapiteln beschreibt Schwabe die komplizierten Verhandlungen in Versailles, um sich dann am Beispiel der übrigen Vorortverträge mit den ehemaligen Verbündeten des Reiches ausführlich mit deren Fernwirkungen auseinanderzusetzen.

Wie lautet schließlich Schwabes Antwort auf seine Leitfrage? Abgesehen vom Frieden von Lausanne, der allerdings unter ganz anderen Umständen zustande gekommen sei, seien Wilsons Hoffnungen enttäuscht worden. Die Wilson-Begeisterung sei schnell verflogen, alle Siegerstaaten einschließlich der USA hätten einen Rechtsruck erlebt, der den Idealen des US-Präsidenten den Boden entzogen habe. Dies zu sagen bedeutet für Schwabe aber nicht, die Friedensordnung als verfehlt zu bezeichnen: »Versailles war besser als sein Ruf« (S. 233) – so schwach dessen Fundament im Einzelnen und so stark die Kräfte, die diesen unterminieren wollten, auch waren. Vor diesem Hintergrund sei die amerikanische Entscheidung, sich aus Europa zurückzuziehen und keine Vermittlerrolle einzunehmen, geradezu »verheerend« (S. 234) gewesen.

Marcus M. Payk nimmt in seiner Berliner Habilitationsschrift ebenfalls die Pariser Vorortverträge unter die Lupe. Gleich zu Beginn macht er deutlich, dass sich sein Zugriff von den beiden anderen hier vorgestellten Studien grundlegend unterscheidet. Ihm geht es um eine Auseinandersetzung mit dem Problem des »Rechtsfriedens«, als den die Alliierten den Versailler Vertrag durchaus voller Stolz bezeichneten. Dass die Besiegten dies anders sahen, nicht von »Recht«, sondern »Diktat« sprachen, war wenig verwunderlich. Gleichwohl, bei keinem Friedensschluss der neueren Geschichte hätten bei Siegern wie Besiegten »Recht, Rechtlichkeit und Gerechtigkeit eine derart prominente Rolle gespielt wie nach dem Ersten Weltkrieg« (S. 1), konstatiert Payk unter Hinweis auf die Pläne Wilsons, aber auch die Erwartungen der neuen Regierungen bei den Besiegten zu Recht. Aus der Bedeutung dieses Aspekts leitet der Verfasser dann auch seine Leitfragen ab. Zum einen will er die Frage nach den »zeitgenössische[n] Vorstellungen über den rechtlichen Zusammenhalt der europäischen Staatenwelt, über ihre zivilisatorischen Grundlagen und ihre Abgrenzung zur außereuropäischen Welt« (S. 4) beantworten. Zum anderen fragt er nach »dem praktischen Stellenwert des Völkerrechts auf der Pariser Friedenskonferenz« (S. 5).

Das, was Leserin und Leser dann auf über 700 Seiten als Antworten geboten bekommen, ist in jeder Hinsicht beeindruckend. Mit großer Sachkenntnis, ausgewogenen und überzeugenden Urteilen beschreibt Payk zunächst das Völkerrecht als »Fortschrittserzählung«. Nur allgemein verbindliche Normen konnten, so die Meinung vieler Völkerrechtler im ausgehenden 19. Jahrhundert, dem »anarchischen Ringen« der Staaten um »Macht« Einhalt gebieten und eine regelgeleitete internationale Ordnung schaffen, die Konflikte im Ansatz verhinderte oder durch Schiedsgerichte löste. Die Haager Konferenzen 1899 und 1907 und die dabei verabschiedeten Verträge waren, wenn man so will, der Beweis für die Möglichkeit einer »Selbstregulation der internationalen Gemeinschaft« (S. 44). Die Bindung von Macht an Recht, die im 19. Jahrhundert im Innern der europäischen Staatenwelt durch Verfassungen der Willkür von Monarchen ein Ende gesetzt hatte, sollte in Anlehnung an die Ideen der Aufklärung nun auch auf das Verhältnis der Staaten untereinander übertragen werden.

Mit Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollwegs verächtlichen Urteil zu Kriegsbeginn, die internationalen Verträge über die belgische Neutralität seien nur ein »Fetzen Papier«, wurde deutlich, wie sehr der Kampf um die Einhaltung von Verträgen und Normen den Verlauf des Krieges kennzeichnen sollte. Payk zeichnet diesen an verschiedenen Beispielen nach. Zugleich thematisiert er die Rolle der Völkerrechtler im Spannungsfeld von Lehre und Politik wie auch unter Politikern und Militärs auf alliierter Seite.

Die folgenden Kapitel behandeln die Planungen von Friedensgesprächen, die interalliierten Verhandlungen, die formale Gestaltung des Friedens und schließlich die »Pariser Ordnung« als »Bauformen eines staatszentrierten Internationalismus« (S. 664). Die Leserin und der Leser, die bis zum Ende durchgehalten haben, werden zwar tief durchatmen. Das, was sie auf den vorangegangenen vielen Hundert Seiten gelesen und gelernt haben, wird sie jedoch in jeder Hinsicht »entschädigen«. Auch wenn völkerrechtliche Diskurse kein einfaches Lesevergnügen sind: Payk versteht es meisterlich, die Lektüre angenehm zu gestalten und seine Leserschaft immer wieder mit faszinierenden Beschreibungen und Analysen zu fesseln.

So überzeugend die Darstellung ist, so überzeugend sind auch die Schlussfolgerungen. Payk lässt keinen Zweifel, dass die Pariser Verträge »originäre Rechts- und Vertragsfrieden« (S. 658) waren, macht zugleich aber auch deutlich, dass dies nicht gleichbedeutend mit »Gerechtigkeit« ist. Aber selbst die Alliierten konnten, und darin zeigen sich die Grenzen ihres Handelns aufgrund der Verträge, »diese Maske« nicht mehr ohne Weiteres ablegen. Das Auftreten des französischen Präsidenten Rymond Poincaré in der Ruhr-Krise 1923 zeigte dann die auch für die Alliierten unangenehme »hässliche Fratze eines rücksichtslosen Gewaltpolitikers« (S. 659). Insgesamt hält Payk, wie Conze und Schwabe, den Versailler Vertrag ungeachtet seiner Härten keineswegs für einen Diktat- und »Unrechtsfrieden«. Eine konziliantere Politik hätte den Deutschen seiner Meinung nach mittelfristig eine Revision vieler Bestimmungen ermöglicht. Diese Klugheit habe aber gefehlt. Ein »Unterwerfungsfriede« ist für Payk allein der Vertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich 1920, den die Alliierten jedoch, eine Ironie der Geschichte, bereits wenige Jahre später wieder revidieren mussten.

Und das internationale System? Die Pariser Verträge hätten, so Payk, die »Vorstellung einer rechts- und vertragsförmig organsierten, interdependenten Gemeinschaft souveräner Staaten« (S. 662) eindrucksvoll bekräftigt. Eine Beschränkung der Souveränität der Einzelstaaten, wie gelegentlich in irriger Weise angenommen wurde und wird, sei damit aber nicht verbunden gewesen. Die Vorstellungen eines staatszentrierten Internationalismus seien unter dem Ansturm von Bolschewismus und Faschismus zwar unter Druck geraten, die staatliche Gliederung des Planeten und die Universalität des Völkerrechts werde jedoch nirgendwo mehr ernsthaft infrage gestellt. Allerdings, und hier wird Payk politisch, selbst wenn sich niemand mehr von der Prämisse, »dass eine gemeinsame Rechtsordnung aller Staaten der Welt bestehen solle,« distanzieren mag, so bleibe es doch »eine Gewissensentscheidung, ob man das kardinale Problem des Friedens eher in seinen normativen Ansprüchen erblickt, in ihrer ungenügenden Erzwingung oder in ihrer unzureichenden Akzeptanz«. In jedem Fall aber könne bilanziert werden: »Mit Recht allein lässt sich kein Frieden gestalten« (S. 666).

Diese Bereitschaft, historische Analysen auch für die Gegenwart »nutzbar« zu machen, kennzeichnet jedoch nicht nur Payks Arbeit. Gleiches gilt für Conzes Werk. Auch er fragt explizit danach, was »uns Versailles nach hundert Jahren noch – und wieder – zu sagen hat« (S. 36). Die Unsicherheiten der Gegenwart, der grobfahrlässige Umgang mit der internationalen Werte- und Sicherheitsordnung sind für ihn Anlass, in Anlehnung an eine Rede von des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unter Verweis auf die Zwischenkriegszeit zu warnen vor der »illiberalen Faszination« als »einer tödlichen Illusion, die [...] unseren Kontinent in den Abgrund gestürzt hat. Die Illusion der starken Macht, des Nationalismus und der Aufgabe der Grundfreiheiten« (S. 503).

Auch Schwabes Ausführungen sind nicht unpolitisch. Er macht ebenfalls keinen Hehl daraus, dass ihm das erratische Agieren der Vormacht des Westens, der USA, vor dem Hintergrund der Erfahrungen nach 1919 große Sorgen bereitet.

Trotz unterschiedlicher Akzente sind alle drei Studien eine große Bereicherung für die Wissenschaft, aber auch für eine interessierte Öffentlichkeit: Sie schildern nüchtern und sachlich das Geschehen 1918/19, ordnen dieses in den größeren Kontext ein und versuchen, wo notwendig, die Relevanz der Verhandlungen und der diesen zugrundliegenden Vorstellungen einer zukünftigen Ordnung für die Gegenwart deutlich zu machen.

Online erschienen: 2021-05-19
Erschienen im Druck: 2021-05-06

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  11. Wolfgang Reinhard, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415–2015, München: C. H. Beck 2016, 1648 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑68718‑1] Philip T. Hoffman, Wie Europa die Welt eroberte. Aus dem Engl. von Cornelius Hartz, Darmstadt: Theiss 2017, 336 S., EUR 24,95 [ISBN 978‑3‑8062‑3476‑3] Stefan Rinke, Conquistadoren und Azteken. Cortés und die Eroberung Mexikos, München: C. H. Beck 2019, 399 S., EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑406‑73399‑4]
  12. 1870–1945. Weltmärkte und Weltkriege. Hrsg. von Emily S. Rosenberg, München: C. H. Beck 2012, 1152 S. (= Geschichte der Welt / A History of the World), EUR 48,00 [ISBN 978‑3‑406‑64105‑3]
  13. War and the City. The Urban Context of Conflict and Mass Destruction. Ed. by Tim Keogh, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, IV, 200 S. (= War (Hi)Stories, 6), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑70278‑4]
  14. Rudolf Jaun, Geschichte der Schweizer Armee. Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Zürich: Orell Füssli 2019, 548 S., CHF 68,00 [ISBN 978‑3‑280‑06125‑1]
  15. Hagen Fleischer, Krieg und Nachkrieg. Das schwierige deutsch-griechische Jahrhundert. Hrsg. von Chryssoula Kambas. Aus dem Griechischen übers. von Andrea Schellinger, Köln: Böhlau 2020, 366 S. (= Griechenland in Europa, 5), EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑412‑51789‑2]
  16. War and Stereotypes. The Image of Japan’s Military Abroad. Ed. by Frank Jacob and Sepp Linhart, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2020, XVI, 214 S. (= War (Hi)Stories, 7), EUR 99,00 [ISBN 978‑3‑506‑70293‑7]
  17. Altertum
  18. Mischa Meier, Geschichte der Völkerwanderung. Europa, Asien und Afrika vom 3. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr., 4. Aufl., München: C. H. Beck 2020, 1532 S. (= Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung), EUR 58,00 [ISBN 978‑3‑406‑73959‑0]
  19. Christoph Haack, Die Krieger der Karolinger. Kriegsdienste als Prozesse gemeinschaftlicher Organisation um 800, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, X, 273 S. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 115), EUR 109,95 [ISBN 978‑3‑11‑062614‑8]
  20. 1789–1870
  21. Sara Petzold, Alltag in der Fremde. Hannoversche Soldaten im Dienst der British East India Company 1782–1791, Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2019, 366 S. (= Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, 98), EUR 99,80 [ISBN 978‑3‑339‑10522‑6]
  22. Arthur Kuhle, Die preußische Kriegstheorie um 1800 und ihre Suche nach dynamischen Gleichgewichten, Berlin: Duncker & Humblot 2018, 419 S. (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 49), EUR 99,90 [ISBN 978‑3‑428‑15342‑8]
  23. Georg Nafziger, Napoleon at Dresden. The Battles of August 1813, Solihul: Helion & Company 2018, XVI, 360 S., £ 35.00 [ISBN 978‑1‑911512‑81‑3]
  24. Die Heilige Allianz. Entstehung – Wirkung – Rezeption. Hrsg. von Anselm Schubert und Wolfram Pyta, Stuttgart: Kohlhammer 2018, 280 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑17‑035284‑1]
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  27. Gero Fedtke, Roter Orient. Muslimkommunisten und Bolschewiki in Turkestan (1917–1924), Wien [u. a.]: Böhlau 2020, 432 S. (= Peripherien. Beiträge zur Europäischen und Globalgeschichte, 5), EUR 60,00 [ISBN 978‑3‑412‑51324‑8]
  28. 1919–1945
  29. Eckart Conze, Die große Illusion. Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt, München: Siedler 2018, 559 S., EUR 30,00 [ISBN 978‑3‑8275‑0055‑7]Klaus Schwabe, Versailles. Das Wagnis eines demokratischen Friedens 1919–1923, Paderborn [u. a.] Schöningh 2019, 293 S., EUR 39,90 [ISBN 978‑3‑506‑78239‑7]Marcus M. Payk, Frieden durch Recht? Der Aufstieg des modernen Völkerrechts und der Friedensschluss nach dem Ersten Weltkrieg, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2018, VIII, 739 S. (= Studien zur Internationalen Geschichte, 42), EUR 49,95 [ISBN 978‑3‑11‑057845‑4]
  30. Matthias Herrmann, Das Reichsarchiv (1919–1945). Eine archivische Institution im Spannungsfeld der deutschen Politik, Kamenz: Stadtarchiv Kamenz 2019, 533 S. (= Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Kamenz, 4), EUR 49,00 [ISBN 978‑3‑910046‑78‑8]
  31. Stephan Lehnstaedt, Der vergessene Sieg. Der Polnisch-Sowjetische Krieg 1919–1921 und die Entstehung des modernen Osteuropa, München: C.H. Beck 2019, 221 S., EUR 14,95 [ISBN 978‑3‑406‑74022‑0]
  32. Nikos Späth, Das Thema hatte es in sich. Die Reaktion der deutschen und amerikanischen Presse auf Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. Eine vergleichende Rezeptionsstudie über Fronterlebnis‑ und Weltkriegserinnerung in der Weimarer Republik und den USA in den Jahren 1929 und 1930. Göttingen: V&R unipress; Universitätsverlag Osnabrück 2020, 619 S. (= Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs, 35), EUR 75,00 [ISBN 978‑3‑8471‑1021‑7]
  33. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd 8: Sowjetunion mit annektierten Gebieten II. Generalkommissariat Weißruthenien und Reichskommissariat Ukraine. Bearb. von Bert Hoppe, Mitarbeit: Imke Hansen, Martin Holler, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2016, 762 S., EUR 59,95 [ISBN 978‑3‑486‑78119‑9]
  34. Pierre Tiquet, The 3rd SS Panzer Regiment. 3rd SS Panzer Division Totenkopf, Oxford: Casemate 2020, 128 S., £ 19.99 [ISBN 978‑1‑61200‑731‑1]
  35. Gerrit Reichert, U 96. Realität und Mythos. Der Alte und Lothar-Günther Buchheim. Hamburg: Mittler 2019, 231 S., EUR 29,95 [ISBN 978‑3‑8132‑0990‑7]
  36. Tobias Korenke, Widerstand aus Loyalität. Zum Verständnis einer deutschen Freiheitsbewegung, Essen: Klartext 2020, 186 S., EUR 18,00 [ISBN 978‑3‑8375‑2077‑4]
  37. Robert Lackner, Camp Ritchie und seine Österreicher. Deutschsprachige Verhörsoldaten der US-Armee im Zweiten Weltkrieg. Mit einem Gastbeitrag von Florian Traussnig, Wien: Böhlau 2020, 342 S., EUR 39,00 [ISBN 978‑3‑205‑21009‑2]
  38. Ryszard Kaczmarek, Polen in der Wehrmacht. Aus dem Poln. übers. von Andreas R. Hofmann, wissenschaftliche Red.: Burkhard Olschowsky, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2017, 244 S. (= Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 65), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑11‑050158‑2]
  39. Kerstin Bischl, Frontbeziehungen. Geschlechterverhältnisse und Gewalt-dynamiken in der Roten Armee 1941–1945, Hamburg: Hamburger Edition 2019, 348 S. (= Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts), EUR 28,00 [ISBN 978‑3‑86854‑332‑2]
  40. Corinna Kuhr-Korolev, Ulrike Schmiegelt-Rietig und Elena Zubkova, Raub und Rettung. Russische Museen im Zweiten Weltkrieg. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Eichwede, Köln [u. a.]: Böhlau 2019, 383 S. (= Studien zu kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern, 1), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑412‑50188‑4]
  41. Nach 1945
  42. Astrid M. Eckert, West Germany and the Iron Curtain. Environment, Economy, and Culture in the Borderlands, Oxford, New York, Oxford University Press 2019, XV, 422 S., $ 99.00 [ISBN 978‑0‑19‑069005‑2]
  43. Armin Müller, Wellenkrieg. Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, Berlin: Ch. Links 2017, 416 S. (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968, 5), EUR 45,00 [ISBN 978‑3‑86153‑947‑6]
  44. Kriegsmaterial im Kalten Krieg. Rüstungsgüter in der Schweiz zwischen Militär, Industrie, Politik und Öffentlichkeit/Le matériel de guerre pendant la guerre froide. L’armement en Suisse – entre l’armée, l’industrie, la politique et le public. Hrsg. von/ed. par Monika Dommann und/et Sibylle Marti, Basel: Schwabe 2020, 180 S., sFr. 48,00 [ISBN 978‑3‑7965‑4104‑9]
  45. Prokop Tomek, Československá armáda v čase Sametové revoluce. Proměny ozbrojených sil na přelomu osmdesátých a devadesátých let [Die Tschechoslowakische Volksarmee während der Samtenen Revolution. Veränderungen in den Streitkräften Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre], Cheb: Svět křídel 2019, 259 S., KČ 330,00 [ISBN 978‑80‑7573‑060‑2]
  46. Peter Heinze, Bundeswehr beeindruckt Deutschlands Osten. Ein Journalist erlebte die Armee der Einheit, Baden-Baden: Tectum 2019, 486 S., EUR 68,00 [ISBN 978‑3‑8288‑4410‑0]
  47. The Long End of the First World War. Ruptures, Continuities and Memories. Ed. by Katrin Bromber [u. a.], Frankfurt a. M., New York: Campus 2018, 296 S. (= Eigene und fremde Welten, 36), EUR 39,95 [ISBN 978‑3‑593‑50862‑7]
  48. Stephan Jaeger, The Second World War in the Twenty-First-Century Museum. From Narrative, Memory, and Experience to Experientiality, Berlin, Boston, MA: De Gruyter 2020, XIV, 354 S. (= Media and Cultural Memory/Medien und kulturelle Erinnerung, 26), EUR 86,95 [ISBN 978‑3‑11‑066106‑4]
  49. War and Memorials. The Second World War and Beyond. Ed. by Frank Jacob and Kenneth Pearl, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2019, VI, 220 S. (= War (Hi)Stories, 4), EUR 98,00 [ISBN 978‑3‑506‑78823‑8]
  50. Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen. Hrsg. von Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer, Göttingen: V&R unipress, Mainz University Press 2018, 327 S., EUR 50,00 [ISBN 978‑3-8471‑0808‑5]
  51. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
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