Home Anthony Cordesman: Iran and the Changing Military Balance in the Gulf. Net Assessment Indicators. Washington D.C.: Center for Strategic and International Studies, April 2020
Article Publicly Available

Anthony Cordesman: Iran and the Changing Military Balance in the Gulf. Net Assessment Indicators. Washington D.C.: Center for Strategic and International Studies, April 2020

  • Simon Schwenoha EMAIL logo
Published/Copyright: June 5, 2020

Reviewed Publication:

Cordesman Anthony Iran and the Changing Military Balance in the Gulf. Net Assessment Indicators Washington D.C. Center for Strategic and International Studies April 2020


Seit dem Amtsantritt Donald Trumps und seiner Entscheidung, sich aus dem JCPOA zurückzuziehen, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Iran kontinuierlich. Einen neuen Tiefpunkt erreichte diese Entwicklung durch den amerikanischen Drohnenangriff auf Qasem Soleimani, dem Kommandanten der iranischen Quds-Brigaden, im Januar dieses Jahres. Aus diesem Grund behandelt die von Anthony Cordesman verfasste Studie Iran and the Changing Military Balance in the Gulf die Fragestellung, inwieweit sich das Machtgefälle am Persischen Golf zugunsten Irans verlagert.

In einem ersten Punkt analysiert Cordesman die Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und den arabischen Ländern vor dem Hintergrund der unklaren Position der Vereinigten Staaten in der Golfregion. Diese Veränderung macht er an einer Verhärtung der iranischen Innenpolitik fest, da bei den diesjährigen Wahlen für das Parlament vom Revolutionsführer Khamenei bewusst konservative Politiker zu Lasten des liberalen Reformlagers gestärkt wurden. Diese Entwicklung werde in weiterer Folge durch die Entscheidung Donald Trumps weiter befeuert, sich aus den Konflikten im Nahen Osten zurückzuziehen, weil die USA eine fragile Region zurücklassen und sich damit als Garant der regionalen Ordnung zurücknehmen würden. Mit dem Rückzug der Vereinigten Staaten müsse sich der Golf-Kooperationsrat, als sicherheitspolitisches Bündnis der Golfkönigreiche, als Counterpart Irans etablieren, was aber durch interne Konflikte wie der Katar-Krise in diesem Bündnis verhindert werde. Zusätzlich dazu argumentiert Cordesman, verschärften sich der Konflikt zwischen den beiden Parteien, da der Irak auf strategische Hilfe aus dem benachbarten Ausland angewiesen ist und so zwischen die beiden Fronten gerate.

Diese Veränderungen wirkten sich damit auch auf die Politik Irans aus. Dieser versuche mit gezielter Unterstützung von Oppositionsgruppen in den Golfkönigreichen seine asymmetrischen Möglichkeiten auszubauen. Seit der Islamischen Revolution 1979 unterstütze Iran meist schiitische Gruppen in arabischen Staaten, die gegen deren lokale Regierungen vorgehen oder Israel als Feind ansehen. Die Unterstützung Irans für diese Gruppen sei Teil seiner pragmatischen Verteidigungspolitik, da Teheran sich über seine veraltete Ausrüstung im Klaren sei und durch das internationale Sanktionsregime beim Erwerb neuerer Waffensysteme behindert werde. Aufgrund dieser Einschränkungen habe Iran seit 1979 begonnen, loyale Gruppen auszubilden und habe während Konflikten auf diese erfolgreich zugreifen können. Diese Politik habe sich im Kampf gegen den Islamischen Staat bezahlt gemacht, da Teheran in Syrien so seinen Verbündeten Assad vor der Implosion seines Regimes in Syrien retten konnte und mit seiner Intervention die diplomatischen Beziehungen mit dem Irak festigte. Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Jemen habe sich Teheran durch die Unterstützung der Houthi-Milizen eine einmalige Gelegenheit geboten, um auch in der südlichen arabischen Halbinsel seinen Einfluss auszubauen und so seinen Opponenten Saudi-Arabien in einen weiteren Konflikt zu verwickeln.

Aufgrund der Überalterung des iranischen Militärs und seiner Sanktionierung habe Teheran trotzdem mit Erfolg ein Raketenprogramm aufbauen können. Dieses Raketenprogramm, das auf sowjetische und nordkoreanische Technik aufbaue, habe mehrere Serien an Raketen mit unterschiedlichen Reichweiten hervorgebracht. Diese würden Teheran die Möglichkeit geben, auch Ziele im südlichen Balkan zu erreichen. Aufgrund Irans strategischer Lage an der Straße von Hormuz und seiner Unterstützung für die Houthis im Jemen, könne er zudem zwei der wichtigsten arabischen Seestraßen beeinflussen und mit gezielten Raketenabschüssen den internationalen Warenverkehr und Ölexport der arabischen Staaten zum Erliegen bringen. Teherans Fokus auf die Verbesserung der Präzision der Raketentechnik trage zu großen Teilen dazu bei, dass ein konventioneller Krieg zwischen beiden Parteien immer unwahrscheinlicher wird, da den arabischen Staaten die Erfahrung in der Kriegsführung fehlt und die Landmasse Irans zu groß für eine reguläre Invasion sei. Auf der anderen Seite wisse Teheran um die Überalterung seines Gerätes und auch die zahlenmäßige Unterlegenheit bei der Ausrüstung. Vor diesem Hintergrund sei auch die Weiterentwicklung des iranischen Atomprogramms und seiner militärischen Verwendung zu verstehen. Es verschaffe Teheran eine relative Sicherheit vor amerikanischen, israelischen und arabischen Angriffen. Mit dem Wissen beider Seiten, dass reguläre Invasionen unmöglich sind, konzentrierten sich beide Konfliktparteien auf die Aufrüstung bei Raketen und Abwehrsystem, wobei Teheran derzeit die größeren Erfolge verbuchen könne.

https://www.csis.org/analysis/iran-and-changing-military-balance-gulf-net-assessment-indicators

Published Online: 2020-06-05
Published in Print: 2020-09-25

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Editorial
  4. Aufsätze
  5. Ein schwieriger Partner: Deutschlands eigennützige Außenpolitik
  6. Multilateralismus in der deutschen Außenpolitik – eine Bilanz
  7. Bilanz der deutschen Russlandpolitik seit 1990
  8. Die friedenspolitische Ambivalenz deutscher Pipelinedeals mit Moskau – eine interdependenztheoretische Erklärung des russisch-ukrainischen Konfliktes
  9. Deutsche Sicherheitspolitik seit 1990: Auf der Suche nach einer Strategie
  10. Deutsche Verteidigungspolitik – Versäumnisse und nicht eingehaltene Versprechen
  11. Abrüstung und Nichtverbreitung atomarer, biologischer und chemischer Waffen. Beiträge des vereinten Deutschland
  12. Deutschlands neuer außenpolitischer Pragmatismus
  13. Kurzanalysen und Berichte
  14. Steht ein revolutionärer Wandel des Wahlmodus bei der US-Präsidentenwahl an?
  15. Ergebnisse internationaler strategischer Studie
  16. Russland
  17. Ergebnisse internationaler strategischer Studienn
  18. Duncan Allan: The Minsk Conundrum. Western Policy and Russia’s War in Eastern Ukraine. London: Chatham House, Mai 2020
  19. Pavel Baev: Transformation of Russian Strategic Culture. Impacts From Local Wars and Global Confrontation. Paris: Institut français des relations internationales (Ifri), Juni 2020
  20. Wirtschaftliche Dimensionen internationaler Sicherheit
  21. Elizabeth Rosenberg/Peter E. Harrell/Ashley Feng: A New Arsenal for Competition. Coercive Economic Measures in the U.S.-China Relationship. Washington, D.C.: Center for a New American Security (CNAS), May 2020
  22. Elisabeth Rosenberg/Jordan Tama: Strengthening the Economic Arsenal. Bolstering the Deterring and Signalling Effects of Sanctions. Washington, D.C.: Center for a new American Security (CNAS), Dezember 2019
  23. Darina Blagoeva/Claudiu Pavel/Dominic Wittmer/Jacob Huisman/Francesco Pasimeni: Materials Dependencies for Dual-Use Technologies relevant to Europe’s Defence Sector. Luxemburg: Joint Research Centre of the European Commission, 2019
  24. Rafiq Dossani/Jennifer Bouey/Keren Zhu: Demystifying the Belt and Road Initiative. A Clarification of its Key Features, Objectives and Impacts. Santa Monica: RAND Corp., Mai 2020.
  25. Naher Osten
  26. Anthony Cordesman: Iran and the Changing Military Balance in the Gulf. Net Assessment Indicators. Washington D.C.: Center for Strategic and International Studies, April 2020
  27. Muriel Asseburg: Wiederaufbau in Syrien. Herausforderungen und Handlungsoptionen für die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2020
  28. Cornelius Adebahr: Europe Needs a Regional Strategy on Iran. Brüssel: Carnegie Europe, Mai 2020
  29. Europa
  30. Andrea Boitani/Roberto Tamborini: Crisis and Reform of the Euro-Zone. Why do we disagree? Berlin: Friedrich Ebert Stiftung, März 2020
  31. John Springford/Christian Odendahl: Conference Report. Five challenges for Europe. London: Centre for European Reform, December 2019.
  32. Buchbesprechungen
  33. Buchbesprechungen
  34. Thomas G. Mahnken (Hrsg.): Net Assessment and Military Strategy. Retrospective and Prospective Essay. With an Introduction by Andrew W. Marshall. Armherst, New York: Cambria Press, 2020, 272 Seiten
  35. Lawrence Freedman: Ukraine and the Art of Strategy, Oxford: Oxford University Press, 2019, 233 Seiten
  36. Keith B. Payne: Shadows on the Wall: Deterrence and Disarmament. Fairfax, VA: National Institute Press, 2020, 187 Seiten
  37. Hanns W. Maull (Hrsg.): The Rise and Decline of the Post-Cold War International Order. Oxford: Oxford University Press, 2018, 346 Seiten
  38. Daniele Ganser: Imperium USA. Die skrupellose Weltmacht. Zürich: Orell Füssli Verlag 2020, 400 Seiten
  39. Bildnachweise
Downloaded on 3.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2020-3018/html
Scroll to top button