Home Bruce Jones: China and the return of great power strategic competition. Washington, D.C.: The Brookings Institution, Februar 2020
Article Publicly Available

Bruce Jones: China and the return of great power strategic competition. Washington, D.C.: The Brookings Institution, Februar 2020

  • Nikolaus Scholik EMAIL logo
Published/Copyright: June 4, 2020

Reviewed Publication:

Jones Bruce China and the return of great power strategic competition Washington, D.C. The Brookings Institution Februar 2020


Thukydides-Falle 2.0? Graham Allisons These der Wahrscheinlichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung im Falle einer Machtkonfrontation der aufsteigenden gegen die führende (Welt)Macht, hier natürlich China gegen die Vereinigten Staaten, hat bei Bruce Jones‘ Analyse und Abschlussthese keinen Platz. Der Autor legt dafür aber eine profunde, strukturierte und logische Analyse dieser Auseinandersetzung vor, die chronologisch vorgeht und absolut lesenswert ist. Die in seinem executive summary vorgeschlagenen drei Szenarien zur Beziehungsentwicklung sind zwar auch nicht neu, führen aber dann zu genauerer analytischer Arbeit und kohärenten Ansätzen: (1) „return of the jungle“, also weiter sehr unklare internationale Beziehungen mehrerer global player, dann (2) das eher ideale Szenario mit mehr gegenseitigem Verständnis, Respekt und Einhalten von Eckpfeilern des Weltordnungssystems und letztlich (3) das Heraufdämmern eines noch kompetitiveren Systems mit höherem Konfliktpotenzial, wo aber die liberalen Kräfte gemeinsam neue Übereinkünfte hinsichtlich ihrer zentralen Interessen eingehen könnten.

Bei all diesen Szenarien geht Jones von einer Europäischen Union aus, die in allen Varianten keinen Platz als player hat – wohl aber Russland, Indien, Japan und immerhin Deutschland werden berücksichtigt. Das diesbezügliche Negieren des Vereinigten Königreichs und Frankreichs ist eher etwas rätselhaft. Breiten Raum widmet er der jüngeren historischen Entwicklung im internationalen System (vor allem seit 1945). „Europe, (nicht die EU?!) for its part, is meeting the rise of China, the aggression of Russia, and the unilateralism of the Unites States with a combination of bewilderment, nostalgia and hesitant exploration of self-help approaches that so far fall well short of a credible strategic response”. Eine treffende Beurteilung der fundamentalen Schwäche der EU und der Basis der amerikanischen Verunsicherung. Andere Verbündete oder optionale Partner in der Auseinandersetzung mit China wie Japan und Indien unterliegen ebenfalls einer strengen Beurteilung, und sein Urteil über Russland ist ebenso präzise wie die daraus resultierenden Befürchtungen bezüglich des Zusammenhalts in der NATO. America alone denkt man, und kann da die Begründung für America first herauslesen.

Interessant für einen amerikanischen Analytiker ist auch der bewusste Einschluss von NGOs und Zivilgesellschaft(en) in diese Prozesse. Nach Meinung des Verfassers werden diese viel zu wenig in die politischen Beurteilungen und Entscheidungsprozesse eingebunden. Gleichermaßen weist er ebenso auf den Einflussfaktor Klimawandel und Wirtschaftsstrukturen (im Westen) hin – seiner Ansicht nach Faktoren, die Strategen in China und den USA gleichermaßen vor unangenehme Entwicklungen und Entscheidungen stellen.

In der Zusammenfassung bietet Jones verschiedene strategische Optionen der Kontrahenten an. China kann zwischen einer robusten Konfrontation und einem eher ausgleichsorientierten Kurs unter stetiger Erosion der globalen amerikanischen Führungsstrukturen wählen. Die USA wiederum, zwischen den eingangs bereits erwähnten Optionen „return of the jungle“ und Rückkehr zu einem „status quo ante multilaterialism“ lavierend, hätten als dritte Möglichkeit den Aufbau einer global weiterreichenden Partnerschaft durch das Zusammenführen der wichtigsten europäischen und asiatischen Wirtschaftsmächte. Dies wäre eine starke Antwort und Abschreckung Chinas, Russlands und anderer Staaten, die den grundsätzlichen Strukturen von globaler Stabilität und freiem Handel entgegenstehen.

Die zurückgekehrte geopolitische globale Auseinandersetzung ermögliche China, laut Jones, einige durchaus ernstzunehmende Ansätze. Sollten jedoch die Vereinigten Staaten zu einem allianzorientierten Multilateralismus zurückkehren, könnte – unter ihrer Führung – Großmachtpolitik zum Zwecke der Verteidigung der Schlüssel-Demokratien zumindest einige der Vorteile des Liberalismus stärken und vor allem das Risiko ungewollter Konflikte und Eskalation besser ausbalancieren.

https://www.brookings.edu/research/china-and-the-return-of-great-power-strategic-competition/

Published Online: 2020-06-04
Published in Print: 2020-05-26

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Editorial
  4. Aufsätze
  5. Kriege und Kriegsgefahren im kommenden Jahrzehnt
  6. Nordkoreas Cyber-Krieg Strategie: Kontinuität und Wandel
  7. Afghanistan: Droht durch die „Friedensvereinbarung“ eine Vietnamisierung des Konflikts?
  8. Operative Anpassung von NATO-Streitkräften seit der Krim: Muster und Divergenzen
  9. Kurzanalysen und Berichte
  10. Clausewitz, Corbett und Corvetten – Great Power Competition durch die Augen eines Meliers
  11. Sicherheitspolitische Dilemmata der baltischen Staaten
  12. Was verrät uns das russische Großmanöver Tsentr-2019?
  13. Literaturbericht
  14. Russlands subversive Kriegsführung in der Ukraine
  15. Ergebnisse internationaler strategischer Studie
  16. Sicherheit in Nordeuropa
  17. Robert M. Klein/Stefan Lundqvist/Ed Sumangil/Ulrica Pettersson: Baltics Left of Bang. The Role of NATO with Partners in Denial-Based Deterrence. Stockholm: Strategic Forum, 2019
  18. Arseny Sivitsky: Belarus-Russia: From a Strategic Deal to an Integration Ultimatum. Philadelphia, PA: Foreign Policy Research Institute (FPRI), Dezember 2019
  19. Maria Domańska/Szymon Kardaś/Marek Menkiszak/Jadwiga Rogoża/Andrzej Wilk/Iwona Wiśniewska/Piotr Żochowski: Fortress Kaliningrad. Ever Closer to Moscow. Warschau: Center for Eastern Studies (OSW), November 2019
  20. Verteidigung im Rahmen der NATO
  21. Claudia Major: Die Rolle der Nato für Europas Verteidigung – Stand und Optionen zur Weiterentwicklung aus deutscher Perspektive. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 2019
  22. Colin Smith/Jim Townsend: Not enough Maritime Capability. Washington, D.C.: Center for a New American Security, November 2019
  23. Pauli Järvenpää/Claudia Major/Sven Sakkov: European Strategic Autonomy. Operationalising a Buzzword. Tallinn: International Center for Defence and Security/Konrad Adenauer Foundation, 2019
  24. Russland
  25. Susanne Oxenstierna/Fredrik Westerlund/Gudrun Persson/Jonas Kjellén/Nils Dahlqvist/Johan Norberg/Martin Goliath/Jakob Hedenskog/Tomas Malmlöf/Johan Engvall: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective, Stockholm: FOI, Dezember 2019
  26. Finish Ministry of Defence: Russia of Power. Helsinki, Juni 2019
  27. Pavel Baev: Russian Nuclear Modernization and Putin’s Wonder-Missiles. Real Issues and False Posturing. Paris: Ifri, August 2019
  28. Philip Hanson: Russian Economic Policy and the Russian Economic System. Stability versus Growth. London: Chatham House, Dezember 2019
  29. Globale Großmachtrivalität
  30. Angela Stent: Russia and China. Axis of Revisionists? Washington, D.C.: The Brookings Institution, February 2020
  31. Bruce Jones: China and the return of great power strategic competition. Washington, D.C.: The Brookings Institution, Februar 2020
  32. Chris Dougherty: Why America Needs a New Way of War. Washington, D.C.: Center for a New American Security, November 2019
  33. Patrick M. Cronin/Ryan Neuhard: Total Competition. China’s Challenge in the South China Sea. Washington, D.C.: Center for a New American Security, Januar 2020
  34. Chinas Belt and Road Initiative und Europa
  35. Frank Jüris: The Talsinki Tunnel. Channeling Chinese Interests into the Baltic Sea. Talllin: ICDS, Dezember 2019
  36. Steven Blockmans/Weinian Hu: Systemic Rivalry and Balancing Interests: Chinese Investment meets EU Law on the Belt and Road. Brüssel: CEPS, März 2019
  37. Cyberspace
  38. Lillian Ablon/Anika Binnendijk/Quentin E. Hodgson/Bilyana Lilly/Sasha Romanosky/David Senty/Julia A. Thompson: Operationalizing Cyberspace as a Military Domain. Santa Monica, Cal.: RAND Corp., Juni 2019
  39. Beyza Unal: Cybersecurity of NATO’s Space-based Strategic Assets. London: Chatham House, Juli 2019
  40. Jean-Christophe Noël: What Is Digital Power? Paris: Ifri, November 2019
  41. Elsa B. Kania: Securing Our 5G Future. The Competitive Challenge and Considerations for U.S. Policy. Washington, D.C.: Center for a New American Security, November 2019
  42. Buchbesprechungen
  43. Rob de Wijk: De nieuwe wereldorde. Hoe China sluipenderwijs de macht overneemt (Die neue Weltordnung: wie China klammheimlich die Macht übernimmt) Amsterdam: Uitgeverij Balans 2019, 438 Seiten
  44. Sergio Fabbrini, 2019: Europe’s Future. Decoupling and reforming. Cambridge: Cambridge University Press, 180 Seiten
  45. Dmitry Adamsky: Russian Nuclear Orthodoxy. Religion, Politics, and Strategy. Stanford, Cal.: Stanford University Press, 2019, 376 Seiten
  46. David A. Haglund: The US “Culture Wars” and the Anglo-American Special Relationship. Cham, Switzerland: Palgrave Macmillan, 2019, 254 Seiten
  47. Sebastian Kaempf: Saving Soldiers or Civilians? Casualty-Aversion versus Civilian Protection in Asymmetric Conflicts. Cambridge: Cambridge University Press, 2018, 302 Seiten
  48. Bildnachweise
  49. Translated Articles (e-only)
  50. North Korea’s Evolving Cyber Strategies: Continuity and Change
Downloaded on 3.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2020-2021/html
Scroll to top button