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Operative Anpassung von NATO-Streitkräften seit der Krim: Muster und Divergenzen

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Published/Copyright: June 4, 2020

Kurzfassung

Mehr als fünf Jahre nach dem NATO-Gipfel in Wales blickt dieser Artikel auf die Prioritäten der Allianz sowie die Streitkräfteentwicklung einer Auswahl ihrer Mitglieder. Konkret wird zunächst die Bündnisebene in den Blick genommen und anschließend werden die Landstreitkräfte der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Polens und Deutschlands betrachtet. Die Analyse legt dar, dass alle betrachteten Landstreitkräfte, mit Ausnahme Frankreichs, nach Osten blicken, hierbei allerdings auf unterschiedlichen Konfliktbildern, politischen Kontexten und bestehenden Streitkräftestrukturen aufbauen, aus denen sich Divergenzen ergeben.

Abstract

This article focuses on NATO’s strategic priorities and the force development of selected members, taking the annexation of Crimea as a starting point. First, it takes stock of the alliance level before focusing on the ground forces of the U.S., U.K., France, Poland and Germany in sequence. The analysis shows that all forces observed, safe for France’s, view Russia as their main priority. Differing priorities and emphases can be observed mainly due to diverging views on future war, political contexts and legacy force structures.

1 Einleitung

Seit 2014 bereiten sich die Streitkräfte der NATO auf eine Konfrontation mit Russland entlang der Kontaktzone von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer vor. Ziel ist, angesichts einer wieder bestehenden, wenngleich regional begrenzten Angriffsfähigkeit Russlands die Abschreckungsfähigkeit des Bündnisses zu stärken und Streitkräfte auf Territorial- und Bündnisverteidigung auszurichten, die vor 2014 vor allem auf Stabilisierungsmissionen spezialisiert waren. Dies bedeutet, dass Mittel, Strukturen und Prozesse wiederbelebt werden, die es erlauben sollen, auf weite Distanzen und unter Einbezug großer Truppenkörper mit verbundenen Waffen operieren zu können. Auch wenn die Fäden kollektiver Verteidigung und Abschreckung bei der NATO zusammenlaufen, obliegen Streitkräfteentwicklung- und Planung den Mitgliedsstaaten, die divergierende und teilweise gegenläufige Strategien und Priorisierungen verfolgen. Diese vorliegende Analyse betrachtet die Landstreitkräfte von fünf prominenten Bündnisstaaten, namentlich der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Polens und Deutschlands. Hierbei wird auf aktuelle Entwicklungen und Trends, insbesondere seit der Zäsur 2014, eingegangen sowie auf sich abzeichnende Risiken auf nationaler und Bündnisebene verwiesen.

Sowohl die NATO als Bündnis als auch die Streitkräfte ihrer Mitglieder werden durch Russlands modernisierte Streitkräfte an konkreten Schwachstellen bedroht.

  1. Russische Streitkräfte sind im Gegensatz zur NATO an eine zentrale Schaltstelle angebunden, die es erlaubt, ohne ein hohes Maß an Reibung militärische Aufgaben für politische Zwecke umzusetzen. Moskau hat mit der Eröffnung des Nationalen Verteidigungsleitzentrums 2014 (Natsional’nyi Tsentr Upravleniya Oboronoi, NTsUO) explizit diesen Vorteil verstärkt, hier sollen in Echtzeit militärische, geheimdienstliche und weitere staatliche Ressourcen synchronisiert werden.[1] Transferprobleme, die innerhalb der NATO an nationalen und funktionalen Nahtstellen (wie dem NATO-Rat) bestehen, gibt es nicht auf Seiten der russischen Streitkräfte. Ihnen ist es möglich, ein hohes Maß an permanenter Einsatzbereitschaft aufzuweisen.[2]

  2. Russische Investitionen in präzise Langstreckenwaffen wie Kalibr hebeln die nominelle militärische Überlegenheit der NATO angesichts der massiven Defizite im Bereich der Luftraumverteidigung aus, da diese Systeme logistische Knotenpunkte und Bevölkerungszentren bedrohen und somit eine Nachführung von Einheiten erschweren und die politischen Kosten, sich an NATO-Operationen zu beteiligen, aus der Ferne erhöhen.[3]

  3. Russische Bodentruppen haben vor allem in der Ukraine eine Reihe von Fähigkeiten demonstriert, auf die europäische Streitkräfte nicht eingestellt waren – und es potenziell nach wie vor schwerlich sind. Die drei deutlichsten Beispiele, die den Planern der NATO Kopfzerbrechen bereiten, sind erstens subkonventionelle Vorstöße mit verdeckten und halbverdeckten Mitteln, die in den Jahren nach der Annexion oft wenig hilfreich als Teil von „Drehbüchern“, „Gerasimov-Doktrinen“ oder „Hybridkrieg“ bezeichnet wurden.[4] Aktuell scheint sich insbesondere auf US-Seite der Begriff der „Grauzone“ durchzusetzen. Zum zweiten zeigt die materiell solide unterfütterte Rolle der Artillerie als „Gott des Kriegs“ in Russlands operativem Werkzeugkasten die Defizite der NATO in diesem Bereich auf.[5] Drittens bereiten die russischen Mittel elektronischer Kriegsführung westlichen Militärs erhebliche Probleme. Im Afghanistan-Einsatz konnten sich NATO-Bodentruppen auf Luft- und Feuerunterstützung sowie offene Kommunikation mit Hauptquartieren nahezu in Echtzeit verlassen. Russische Störsender würden diese Kooperation und Synchronisation verschiedener NATO-Elemente erheblich erschweren.[6]

 Treffen von US-Präsident Obama und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko während des Wales Gipfels

Treffen von US-Präsident Obama und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko während des Wales Gipfels

Die Form, Charakteristika und Konfiguration von nationalen Streitkräften sind kaum ohne ihren jeweiligen historischen, politischen und strategischen Kontext zu erfassen, geschweige denn zu erklären. Aus diesem Grund werden die hier betrachteten Streitkräfte zunächst in diese Kontexte eingeordnet, um dann Ansätze zur Wiederbelebung mechanisierter Kriegsführung darzulegen. Hierbei werden doktrinäre und materieller Entwicklungsprioritäten in den Blick genommen.

2 Die NATO-Ebene

Die Anpassungsprozesse nationaler Doktrinen werden nur vor dem Hintergrund von Weichenstellungen verständlich, die die Allianz seit 2014 eingeschlagen hat. Die NATO hat unter dem Eindruck der Kriege in der Ukraine zentrale strategische Entscheidungen getroffen, strukturelle und organisatorische Anpassungen vorgenommen und diese in Manövern teilweise bereits erprobt.[7] Die erste politisch wichtige Maßnahme war die Verabschiedung des Readiness Action Plans (RAP) auf dem NATO-Gipfel in Wales im Sommer 2014. Mit ihm wurden vor allem kurzfristige Versicherungs- und Anpassungsmaßnahmen eingeführt. Konkretes Ziel war es, die Verteidigungsfähigkeiten des Bündnisses entlang der Kontaktzone mit Russland zu verstärken bzw. erst einmal herzustellen. Die seither eingeführten Maßnahmen militärischer Art lassen sich wie folgt auflisten:

  • Die Aufstellung einer Eingreiftruppe im Umfang einer Brigade, im Deutschen oft als „Speerspitze“ bezeichnet. Diese Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) soll es dem Bündnis erlauben, in Krisenzeiten Truppen kurzfristig ins Baltikum zu Abwehr- oder Abschreckungszwecken zu verlegen.[8]

  • Des Weiteren wurden in den baltischen Staaten und Polen Hauptquartiere eingerichtet, welche die Interoperabilität lokaler Verbände und NATO-Rotationstruppen sicherstellen sollen. Durch diese Force Integration Units (NFIUs) sollen externe Einheiten auf regionale und lokale Einsatzgebiete und Akteure vorbereitet werden.[9]

  • Diese Maßnahmen wurden 2016 auf dem Gipfel in Warschau durch die Enhanced Forward Presence (eFP) ergänzt. Konkret wurde hierin das Rotationselement der NATO ergänzt, also die Präsenz externer NATO-Streitkräfte. Als Resultat befinden sich jeweils multinationale Bataillone in den baltischen Staaten sowie in Polen. Dabei dienen die USA, Großbritannien, Kanada und Deutschland als Führungsnationen, zudem ist Frankreich Teil der britischen Kampfgruppe in Estland.[10]

  • Darüber hinaus stärkte die NATO ihre Kommando- und Kontrolleinrichtungen in Europa, so wurden als Teil der NATO Command Structure – Adaptation (NCS-A) Hauptquartiere mit mehr Personal ausgestattet, um ihre Planungs- und Reaktionsfähigkeiten zu erhöhen.

  • Zudem wurde Expertise für nicht-konventionelle Ansätze (Cyber und „Hybridkrieg“) an diese Kommandostellen gebunden.

  • Ein weiterer Schritt stellt die Einrichtung eines zentralen Logistikkommandos in Ulm dar (Joint Support and Enabling Command, JSEC), durch welches die strategische Mobilität von NATO-Truppen gestützt werden soll.[11] Die Stärkung der logistischen Komponente kommt mittlerweile auch deutlich in den Manövern der NATO zum Tragen.

Takt und Umfang der NATO-Manöver haben sich seit der Besetzung der Krim stark erhöht, was die strategischen und operativen Prioritäten der NATO zu einem gewissen Grad illustriert. So wurde während der Übung Trident Juncture 2018 in Norwegen die Verlegung von Bodentruppen sowie von Luft- und Seestreitkräften in ein potenzielles Einsatzgebiet geprobt. Als zweites Element enthielt dieses Manöver Elemente, in denen nicht nur multinationale Interoperabilität, sondern auch die Zusammenarbeit externer Streitkräfte mit lokalen Behörden geübt wurden.[12] Die herausgehobene Rolle von Logistik und strategischer Mobilität illustriert ebenso das Manöver Defender 2020, auch wenn es aufgrund der Corona-Pandemie samt angehefteter Übungen abgebrochen wurde.[13] Mit Defender 2020 sollte das Heranführen von US-Truppen aus den kontinentalen Vereinigten Staaten über den Atlantik und nach Osteuropa geübt werden. Als eines der angeschlossenen Manöver sollte die US-Marine erstmals seit der Spätphase des Kalten Kriegs Operationen zur Herstellung von Seekontrolle im Atlantik üben.[14] Der Fokus auf die gesicherte Verstärkung der östlichen Mitgliedstaaten ist nicht verwunderlich, denn hier liegt eine der zentralen Schwächen der NATO: der Mangel an durchhaltefähigen Bodentruppen.

Allerdings gibt es noch viele offenen Fragen zu klären. Bislang besteht keine konzeptuelle Klarheit, ob es sich bei der VJTF nur um einen mobilen Stolperdraht handelt oder ob sie auch eine Kampfeinheit darstellt.[15] Dieselbe Frage stellt sich bei den eFPs, da unwahrscheinlich ist, dass Verbände in Bataillonsgröße ernsthaften mechanisierten Vorstößen der russischen Armee entgegentreten könnten. Beide Maßnahmen der NATO lassen erkennen, dass hier ein Drahtseilakt zwischen der Rückversicherung der östlichen NATO-Staaten einerseits und dem Versuch, Russland gegenüber Provokationen zu vermeiden, versucht wird.[16] Des Weiteren wird in der Perspektive derer, die Subversion und Infiltration für die wahrscheinlichere Bedrohung halten, darauf verwiesen, dass schwere NATO-Verbände kaum geeignet seien, diese aufklären und abwehren zu können. Diesem Argument kann jedoch entgegengehalten werden, dass zu leichte, bevölkerungszentrische Einsatzverbände mechanisierten Kräften nichts entgegenzusetzen hätten und somit auch vor keiner vertikalen Eskalation abschrecken könnten.[17] Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Fokussierung auf Offensiven und Gegenoffensiven mechanisierter Heeresverbände angesichts der potenziell herausragenden Rolle von Luft- und Seestreitkräften sowie der Präsenz von Atomwaffen. Dadurch werde ein abstraktes und unrealistisches Szenario vorgelegt. In dieser Lesart liegen die zentralen Stärken der USA und ihrer Verbündeten nicht bei den Bodentruppen, sondern bei den Fähigkeiten der See- und Luftstreitkräfte zerstörerische Gegenschläge zu führen.[18] Fraglich ist auch, ob auf der Ebene der nationalen Streitkräfteentwicklungen die Abwesenheit der nuklearen Komponente richtig ist. Dies ist vor allem auffällig bei den Bodentruppen der NATO, deren Konfliktbilder eine atomare Eskalation schlicht ausklammern. Es sollte erwähnt werden, dass dies zumindest (taktisch-operativ) bei NATO-Luftstreitkräften anders aussieht aus, die den Einsatz und die Unterstützung des Einsatzes taktischer nuklearer Optionen proben.[19]

3 Die U.S. Army

Das handstreichartige Vorgehen, mit dem russische Truppen im Februar 2014 die Krim besetzten, wird sich anderswo wohl nicht wiederholen. Schließlich handelte es sich damals um eine politisch und geografisch leicht zu isolierende Halbinsel, auf der bereits russische Verbände stationiert waren, die gemeinsam mit Luftlandetruppen inmitten einer bekannten Bevölkerung operierten – ganz zu schweigen von der fluiden und chaotischen Situation, die zu dem Zeitpunkt in Kiew herrschte.[20] Dennoch nehmen die Planer in der U.S. Army subkonventionelle Bedrohungen ernst, nicht nur mit Blick auf Russland, sondern auch bezüglich Chinas. Dabei wird auch die Möglichkeit paralleler Bedrohung seitens Russlands und durch maritime chinesische Vorstöße einkalkuliert. Von daher fürchten US-Planungsstäbe, dass unter ungünstigen Umständen eine Konfrontation bereits zu Beginn unterhalb der Kriegsschwelle verloren werden könne.[21] Auch deshalb bezieht das doktrinäre Rezept, welches die U.S. Army zur Zeit entwickelt, Multi-Domain Operations (MDO), explizit die Phase vor Ausbruch von Kampfhandlungen ein, um auch verdeckten und halbverdeckten Operationen und Provokationen begegnen zu können.

Die wohl zentrale Innovation des MDO-Konzepts ist die Ausweitung des militärischen Handlungsrahmens, der bereits vor der Phase offener Konflikte beginnt. In diesem Zusammenhang wird zwischen einem Rivalitätsmodus („competition“) und einem Konfliktmodus („conflict“) unterschieden. Ersterer soll der Tatsache Rechnung tragen, dass russische, chinesische und iranische Akteure bewusst die Grauzone unterhalb offener kriegerischer Auseinandersetzung nutzen, um Operationen vorzunehmen, auf die die amerikanischen Streitkräfte nicht vorbereitet sind. In der Tat gab es im operativen Planungszyklus der U.S. Army vor 2014 keinerlei Zwischenschritt zwischen Einsatzvorbereitungen und Einsatz. Das ist genau die Lücke, die durch irreguläre oder paramilitärische Verbände oder gar durch Luftlandetruppen ohne Abzeichen ausgenutzt werden kann.[22] Das Konzept MDO soll diese Lücke schließen, indem die Stationierung von US-Verbänden explizit in einem Dreiklang vorgesehen wird. Diese sollen aus Truppen im Einsatzgebiet bestehen, die auch mit subkonventionellen Herausforderungen unterhalb der Kriegsschwelle fertigwerden können, dann kommen die für die Nachführung vorgesehenen Expeditionsgruppen und schließlich die in den Vereinigten Staaten selbst stationierten strategischen Truppen sowie sonstige Fähigkeiten von Cyber- bis Langstreckensystemen. Während diese Dreiteilung effektiv nichts Neues ist, soll ihre Konfiguration nun wesentlich dynamischer auf regionale Sicherheitssituationen angepasst werden. Im MDO werden Einheiten von NATO-Verbündeten als unterstützende Verbände erwähnt, die eskalierende Vorstöße abwehren sollen oder von diesen abschrecken können.[23]

Im Fall einer konventionellen Eskalation würden die operativen Konzepte zum Einsatz kommen, die im Rahmen von MDO entwickelt werden. Wichtig ist zu betonen, dass es sich hierbei noch um ein Entwicklungskonzept im Aufbau handelt, welches schließlich in eine kohärente, kodifizierte Doktrin münden soll.[24] MDO erinnert auf operativer Ebene in gewissen Punkten an die AirLand Battle-Doktrin (ALB) aus den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, sowohl mit Blick auf die Betonung streitkräftegemeinsamer Effekte („jointness“) als auch hinsichtlich der Ausweitung des Gefechtsfelds. ALB fokussierte auf den feindlichen Rückraum und brachte Einsatzverfahren und Systeme hervor, mit denen sowjetische Truppen in der Tiefe bekämpft werden sollten, noch bevor sie in Kontakt mit NATO-Truppen gekommen wären.[25] Multi-Domain Operations bezieht den Weltraum und den Cyberspace ebenso in die Bezugssphäre operativer Handlung ein wie das politisch-mediale Informationsumfeld. Die Grundidee auf taktischer Ebene ist somit, ähnlich wie ALB, Systeme und Effekte aus verschiedenen Systemen schneller und effektiver zu synchronisieren, als dies dem Feind möglich ist.[26] Details, wie dies in der Realität aussehen könnte, sind allerdings rar gesät. So ist es leicht, konzeptuelle Diagramme zu zeichnen, in denen möglichst viele Einsatzdomänen synchronisiert werden, allerdings ist scheinbar noch recht unklar, was dies effektiv für eine Panzerkompanie im Baltikum bedeuten würde. Öffentliche Berichte von Manövern, bei denen derartige Konzepte getestet werden, sind wenig aufschlussreich. So wird in derartigen Berichten hervorgehoben, wie wichtig taktische Initiative sei oder wie sehr es darauf ankomme, feindliche Artillerie auszuschalten oder zu unterdrücken. Dabei bleibt unklar, ob und inwieweit der Weltraum und das Informationsumfeld hier bereits eine Rolle spielen.[27] Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass parallele Entwicklungen auch beim U.S. Marine Corps stattfinden. So wird derzeit der Aufgabenfokus weg von der Aufstandsbekämpfung und hin zur Unterstützung der Marine im Westpazifik verlegt. Im Rahmen dieser Pläne sollen leichte, mobile Verbände Inseln und Atolle besetzen, um dort Raketenstellungen zu platzieren.[28]

Mit Blick auf die Ausrüstungsseite befindet sich das US-Heer im Vergleich zu seinen europäischen Alliierten in einer luxuriösen Position. In der aktuellen Army Modernization Strategy werden gleich sechs priorisierte Bereiche definiert, in denen eine neue Generation von Systemen entwickelt und eingeführt werden soll. An erster Stelle steht hier die Erneuerung von Langstreckenartillerie, weitere Kategorien sind bemannte oder unbemannte gepanzerte Fahrzeuge und eine neue Generation Kampf- und Transporthubschrauber sowie mobile Luftabwehrsysteme.[29] Der Ansatz, identifizierte Lücken im Dispositiv der Bodenstreitkräfte symmetrisch mit neuer Technologie zu füllen, steht jedoch auch in der Kritik. So wird kritisiert, dass Hyperschallraketen Teil der Artillerietruppe sein sollen. Die Idee ist hier, dass Bodentruppen auch ohne Unterstützung der Luftwaffe in der Lage sein müssen, Ziele auf weite Reichweite zu bekämpfen. Problematisch gesehen wird hier allerdings, dass diese Systeme strategisch-politische Relevanz haben, da sie das nukleare Abschreckungs- und Vergeltungskalkül beeinflussen, insbesondere seit Ende des INF-Vertrags. Die Kritik ist also, dass diese Systeme, die zuvor politisch kontrolliert und gesteuert worden seien, nun unter dem Dach der Army über enge Prioritäten eingeführt würden.[30] Taktische Formationen mit diesen Systemen zu versorgen, erscheine kurzsichtig, vor allem solange MDO explizit die nukleare Dimension ausklammere.[31] Kritik wird auch mit Blick auf neue Kampfhubschrauber geäußert. So argumentiert Watling, dass die Vorstellung, mit Helikoptern in die Tiefe des feindlichen Raums zu wirken, unrealistisch sei. Er äußert den Verdacht, dass hier ein Fall von kostspieliger symmetrischer Aufrüstung ohne Inbezugnahme veränderter Rahmenbedingungen vorliege.[32]

Diese Debatte zeigt, dass es Risiken in der Streitkräfteentwicklung der U.S. Army gibt. Die angestrebte symmetrische Nachrüstung parallel zu doktrinärer Entwicklung und Innovation erscheint auf den ersten Blick konsequent. Risiken entstehen, sobald Budgets gekürzt werden oder wo einschneidende Ereignisse globaler Dimension die Priorisierung von Bedrohungen wiederum umwerfen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Akronym MDO vor allem für technologisch anspruchsvollen Kampf mit verbundenen Waffen zu stehen scheint. Die Rivalitätsphase und die politisch-mediale Informationskomponente kommen wesentlich kürzer, auch wenn sie offiziell genauso wichtig sein sollen wie Kampfeinsätze in offenen Konflikten. Zudem bedeutet die konzeptuelle Ausweitung von MDO, dass ein gemeinsames militärisches Vokabular innerhalb der Allianz essenziell ist, damit ein doktrinärer Kanon auf Bündnisebene entwickelt werden kann – auch und insbesondere weil europäische Streitkräfte laut den Plänen des US-Heers speziell im Rivalitätsmodus und in der Frühphase von Konflikten entscheidend sind. Wachsende politische Distanz zwischen den USA und ihren europäischen Partnern könnte dies gefährden, falls tiefere militärische Integration zur Disposition stünde.[33]

4 Großbritannien

Der aktuelle Zustand der britischen Streitkräfte und insbesondere des Heeres muss vor dem Hintergrund der Interpretation des sicherheitspolitischen Umfelds sowie der innen- und fiskalpolitischen Trends gesehen werden. Die Strategic Defence and Security Review (SDSR) 2010 diente der konservativen Regierung unter David Cameron als politische Kodifizierung tiefer Sparmaßnahmen. Neben signifikanten Reduktionen beim schweren Gerät (wie Panzer und Artillerieplattformen) wurden ganze Fähigkeitskomplexe wie Flugzeugträger und Senkrechtstarter gestrichen.[34] Die durchgehende Annahme, wonach man das Militär in einer relativ friedlichen Dekade schrumpfen lassen könne, zerschlug sich spätestens im Februar 2014. Die SDSR 2015 entwarf das Bild einer Streitkräftestruktur, die zwar ein höheres Ambitionsniveau repräsentierte, aber die Frage der Finanzierung blieb ebenso offen wie diejenige, wie der Personalbestand reaktiviert werden könne.[35] 2020 steht die nächste turnusmäßige Überprüfung an. Die Army muss durchaus als Sorgenkind eingestuft werden, denn viele finanziellen Mittel sind schon für ambitionierte und langfristige Vorhaben der Luftwaffe und Marine vorgesehen. Dies betrifft den F-35 Lightning II/Queen Elizabeth-Trägerkomplex sowie die Erneuerung des seegestützten nuklearen Arsenals auf Basis neuer strategischer-U-Boote der Dreadnought-Klasse. Auch wenn globale Einsatzfähigkeiten explizit Element der konservativen Post-Brexit-Vision ist („Global Britain“), wird absehbar bei höherem fiskalischen Druck schwerpunktmäßig beim Heer gespart. Das ergibt sich schon aus der britischen strategischen Kultur und dem Status als Inselnation mittlerer wirtschaftlicher Kraft.[36] Auch wenn die Strategie der Army, quantitative Reduktionen anstelle der Streichung ganzer Fähigkeiten hinzunehmen, bisher aufzugehen scheint, ist denkbar, dass beispielsweise schwere Kampfpanzer in Zukunft vollständig zur Disposition stehen.[37]

Auf doktrinärer und struktureller Ebene sind seit 2014 drei Elemente der britischen Anpassung auf Ebene der Army relevant. Erstens wird mit Integrated Action ein neues Einsatzkonzept entwickelt, zweitens werden Manöververbände, inklusive neu aufgestellter mittelschwerer Brigaden, zukünftig in einer Division zusammengefasst, die auch als Kampfverband auftreten soll. Schließlich ist im britischen Fall eine gewisse Binnendifferenzierung auffällig, also eine Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben und Einsatzgebiete zwischen Bodentruppen und Marineinfanterie. Integrated Action scheint das britische Äquivalent zu MDO zu sein, auch wenn es naturgemäß weniger ambitioniert daherkommt. Der Ansatz läuft im Kern darauf hinaus, bevölkerungszentrierte Verfahren und Strukturen, die während des Afghanistaneinsatzes entwickelt wurden, zugunsten solcher Einsätze herunterzufahren, die den Bedingungen von internationaler Mächterivalität entsprechen und bei denen es darum geht, auch wieder traditionelle Kampfeinsätze mit konventionellen Waffen zu führen. Bezüglich der Doktrin bedeutet dies die Konzeptualisierung verschiedener Zielgruppen von Feinden bis Neutralen, auf die militärische (und nicht-militärische) Handlungen unterschiedlich wirken sollen. Auch sollen physische Handlungen ihre Effekte über das Informationsumfeld erzielen.[38] Naturgemäß ist von außen schwer zu beurteilen, inwieweit solche Anpassungen tatsächlich umgesetzt werden. Ein konkretes Beispiel stellt die 77. Brigade dar, die auch in Zeiten der Mächtekonfrontation Informationsoperationen bis auf die taktische Ebene hinunter unterstützen soll.[39]

Zweitens wird die 3. (UK-)Division als Feldverband reaktiviert. Im Einsatz würde diese aus drei Brigaden bestehen, wobei zwei mittelschwere („Strike Brigades“) und zwei schwere („Armoured Infantry“) Brigaden den Grundstock stellen.[40] Erstere befinden sich aktuell im Aufbau und es ist noch unklar, wie genau die endgültige Struktur dieser Brigaden aussehen wird. Auch wenn neue Ajax- und Boxer-Panzerfahrzeuge verwendet werden, ist noch nicht entschieden, ob und wie Strike Brigades mit Artillerie und mobiler Luftabwehr ausgerüstet werden.[41] Daneben stehen auch in den schweren Brigaden Kampfwertsteigerungsprogramme der Challenger II- und Warrior-Plattformen an, deren Umfang noch ungewiss ist – ganz zu schweigen von einem Ersatz der reduzierten Artillerie.[42] Fehlende Masse soll insbesondere durch tiefe Integration der 3. Division in Strukturen des US-Heers kompensiert werden.[43]

Drittens ist auffällig, dass sich das britische Militär entlang geografisch-strategisch determinierter Einsatzräume und -typen zu differenzieren scheint. Während die 3. Division klar nach Osten blickt, scheinen sich die Royal Marines schwerpunktmäßig auf Einsätze in südlicher Richtung vorzubereiten. Auch wenn bisher wenig handfeste Dokumentation vorhanden ist, soll die Marineinfanterie in Zukunft in kleinen Elementen mit Spezialkräften operieren. In diese Richtung weist auch die geplante Akquisition von Mutterschiffen, mit denen Marines dauerhaft vor instabilen Küstenregionen stationiert sein könnten.[44] Zudem werden Specialised Infantry Groups gebildet, in denen erfahrene Ausbilder konzentriert werden sollen, um Trainings- und Ertüchtigungsoperationen durchzuführen. Die U.S. Army verfolgt einen ähnlichen Ansatz, wenn auch naturgemäß in einem größeren Maßstab. Dies soll nicht nur Manöverelemente entlasten, sondern auch durch Akklimatisierung in potenziellen Einsatzgebieten das Nachführen von Truppen beschleunigen.[45]

Das britische Heer ist auf einem ungewissen Kurs. Auch wenn die SDSR 2015 das Bild einer Konsolidierung und Erholung suggeriert, steht diese auf keinem soliden Fundament. Offensichtlich wollen die britischen Streitkräfte ein möglichst großes Spektrum abdecken. Das ist nachvollziehbar und wünschenswert.[46] Aber die finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt und der Brexit wird diese eher noch verringern. Entsprechend ist zu erwarten, dass Stimmen laut werden, die eine Konzentration auf Kernkompetenzen wie die Marine, Reaktions- und Spezialkräfte und den nachrichtendienstlichen Apparat fordern werden.

5 Frankreich

Paris kämpft ähnlich wie London darum, seinen Status als außenpolitisch und militärisch relevanter Akteur unter sich verengenden finanziellen Spielräumen zu erhalten. Darüber hinaus gibt es bedeutende Unterschiede, die für Frankreich typisch sind. Zum einen nimmt die Armee eine wichtige Rolle bei der Terrorismusbekämpfung im Inneren ein, zum anderen konzentriert sich Frankreich immer mehr auf Nordafrika und die Sahelzone, auch wenn Präsident Macron und Verteidigungsministerin Florence Parly immer wieder die globale Rolle betonen.

Die Vision des französischen Heers für künftige Kriegsführung geht in Richtung leichter, autonom operierender Verbände, die in flachen, fluiden Hierarchien aufgestellt sind. Manöverbataillone am Boden sollen beispielsweise mit Kampfhubschraubern und Spezialeinheiten kooperieren. Die zentralen Begriffe im Lexikon der angepeilten nächsten Generation französischer Einsätze sind „infovalorisation“ und „combat collaboratif“.[47] Diese Konzepte ähneln der im Rahmen von MDO und im britischen Militär angepeilten Weiterentwicklung von Streitkräftegemeinsamkeit (jointness), also die Kooperation entlang funktionaler Linien und nicht – wie zuvor – entlang organisatorischer von Heer, Luftwaffe und Marine. Die technologische Basis dieser Kriegsführung soll durch das Scorpion-Programm geleistet werden, in dem auch Systeme künstlicher Intelligenz aufgehen sollen. Mit ihnen soll die Synchronisation verschiedener Ebenen und Waffengattungen gewährleistet werden, ohne große Stäbe zu benötigen.[48] Konkret wird durch Scorpion vor allem die Modernisierung der Bestände mittelschwerer Radpanzer vorangetrieben. Neben dem Ersatz alter Systeme sollen neue Plattformen mit moderner Kommunikations- und Datenaustauschtechnologie ausgerüstet werden. Neben den für die französische Armee charakteristischen mittelschweren Radpanzern sollen auch Leclerc-Kampfpanzer im Rahmen von Scorpion kampfwertgesteigert werden.[49] Organisatorisch und strukturell soll dieser Version durch einen hohen Grad an Modularität Rechnung getragen werden. So ist die französische Armee bereits jetzt in der Lage, auf Bataillons- und sogar Kompanieebene in kürzester Zeit kombinierte Einsatzverbände zusammenzuziehen.[50] Dieser Fokus auf Modularität bedeutet auch die Notwendigkeit, homogen trainierte und aufgestellte Einheiten zur Verfügung zu haben. So wird das französische Heer in zwei Divisionen mit jeweils zwei leichten, mittelschweren und schweren Brigaden organisiert. Eine zweigleisige Struktur wie zur Zeit des Kalten Kriegs, bestehend aus einer Territorialarmee, die für Landesverteidigung zuständig war und sich aus Wehrpflichtigen speiste, und einem Element für koloniale Expeditionseinsätze, soll es nicht mehr geben.[51] Auch weil das Scorpion-Programm mit Blick auf klare Einsatzparameter geplant wurde und ausgeführt wird, erscheint es im hohen Maße kohärent. So wird darauf gesetzt, die Kernkompetenzen der armée de terre weiter zu verstärken. Opération Serval, die Intervention der französischen Armee in Mali 2013, rechtfertigte diesen Ansatz. Allerdings traten auch Entwicklungen auf, die bedenklich waren.

In Mali führten die französischen Streitkräfte Anfang 2013 genau die Art von Einsatz aus, auf die sie sich vorbereitet hatten. Als islamistische Rebellen drohten, in die Hauptstadt Bamako vorzudringen, wurden in kürzester Zeit französische Bodentruppen eingeflogen. Andere rückten aus Nachbarländern über Land in das Einsatzgebiet vor. Neben der Geschwindigkeit des Anmarsches zeigten sich die Stärken in dem verhältnismäßig geringen logistischen Fußabdruck, den die mobilen Verbände am Boden verursachten. In einer umfassenden Analyse des Einsatzes führt Michael Shurkin aus, dass französische Kräfte aufgrund ihrer langen Kontakte im Einsatzgebiet genau gewusst hätten, woher lokal Wasser oder Treibstoff zu beziehen gewesen seien.[52] Opération Serval erhöhte die Reputation des französischen Militärs beträchtlich und dient seither auch als eines der Szenarien, welches die Strike Brigades rechtfertigen.[53] Dennoch zeigte die Operation auch die Risiken auf, die eine symmetrische Aufwertung der französischen Truppen für den wahrscheinlichsten Einsatz mit sich bringen. Erstens war das logistische System Frankreichs maximal angespannt: Ohne den Einsatz amerikanischer, britischer und kanadischer C-17-Transportflugzeuge sowie einer Reihe weiterer europäischer Unterstützer hätte die Operation so nicht stattfinden können. Zweitens waren und sind die USA und ihre anhaltende logistische und nachrichtendienstliche Unterstützung der französischen Verbände am Boden essenziell.[54] Die Ankündigung des Pentagon im Frühjahr 2020, das US-Engagement in Afrika zurückzufahren, um sich auf China und Russland zu konzentrieren, stellt für Frankreich daher ein beträchtliches Risiko dar.[55] Drittens zeigt die Nachfolgemission von Opération Serval, Barkhane, unter der die Stabilisierung Malis geführt wird, dass temporär begrenzte Interventionen noch keine politische Lösung bieten – trotz durchschlagenden operativen und taktischen Erfolgen. So sind auch sieben Jahre später nach wie vor 4.500 französische Truppen im Land stationiert.

Das größte Risiko für die französische Streitkräfteentwicklung ist das hohe Einsatztempo. So ist die personelle und materielle Situation insbesondere des Heers stark angespannt, vor allem aufgrund der Anforderungen des Antiterroreinsatzes im Innern, Opération Sentinelle. Dieser bindet seit Anfang 2015 über 10.000 Truppen im Inland in einem Auftrag, der sich negativ auf Trainingszyklen und Moral auswirkt.[56] Daneben besteht das Risiko, dass sich Streitkräfteplaner in Paris mit dem Fokus auf sehr spezifische Einsätze verwetten. Russland und seinen Streitkräften wird in doktrinären Schriften nur wenig Aufmerksamkeit in der Auflistung von Bedrohungen eingeräumt. Im Rahmen der enhanced Forward Presence der NATO ist Frankreich lediglich mit einer Kompanie unter britischem Kommando in Estland vertreten. Eine baldige Änderung der französischen Haltung zeichnet sich aber nicht ab und würde auch auf finanzielle Probleme stoßen. Die Gefahr besteht, dass dadurch notwendige Modernisierungsprioritäten übersehen werden, die auch in der Sahelzone notwendig werden könnten. So ist nicht ausgeschlossen, dass auch dortige Milizen und Terrorgruppen in Zukunft mit elektrischen Störsystemen sowie Panzer- und Luftabwehrwaffen ausgerüstet sind.[57]

6 Polen

Polens Streitkräfte entwickeln sich entlang Linien, die gewisse Ähnlichkeiten mit denen Russlands aufweisen: So spielen paramilitärische Verbände für Grauzonenoperationen eine ebenso wichtige Rolle wie integrierte Luftverteidigungssysteme und der Ausbau von Präzisionswaffen mit langer Reichweite. Die aktuellen Anpassungen, die derzeit durchgeführt werden, gehen schwerpunktmäßig nicht auf die aktuelle Regierung der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) zurück. Tatsächlich wurde bereits 2013 unter zentristischen politischen Vorzeichen die Umkehr vom Expeditions- und Stabilisierungsmodell umgesetzt und auf den Namen des damaligen Präsidenten als Komorowski-Doktrin getauft. Dahinter steht die Annahme, dass sich Polen im Notfall alleine gegen Russland verteidigen muss, bis sich die westlichen Alliierten sammeln und organisieren können.[58] Dieser Umschwung wurde durch ein 43 Milliarden US-Dollar schweres Modernisierungsprogramm ermöglicht. Die prominentesten Rüstungsprogramme heißen Kruk und Wisła. Mit ihnen will Polen neue Kampfhubschrauber und integrierte Luftabwehrsysteme (basierend auf Patriot) beschaffen.[59]

Der innenpolitische Klimawandel, den die Wahl der nationalkonservativen PiS 2015 auslöste, wirkte sich dennoch unmittelbar auf den Verteidigungssektor aus. Während zwar die groben Trendlinien der Komorowski-Doktrin unverändert blieben, wurde das Verteidigungsdispositiv Polens an mehreren Stellen modifiziert. Erstens wurde auf strategischer Ebene eine engere Bindung an die USA unter Präsident Trump gesucht, unter anderem mit dem Vorstoß, eine US-Panzerdivision permanent auf Rechnung Warschaus auf polnischem Territorium zu stationieren.[60] Diese Bilateralisierung der Politik auf Regierungsebene zeigt sich auch daran, dass der Kauf französischer Caracal-Kampfhubschrauber im Rahmen des Kruk-Programms gekündigt wurde.[61] Zweitens wurde eine fünfte Teilstreitkraft aus der Wiege gehoben, das Territorialverteidigungskorps (Wojska Obrony Terytorialnej, WOT/OT), in dem Freiwillige von polnischen Offizieren ausgebildet und geführt werden sollen.[62] Diese sollen das Verteidigungsdispositiv Polens regional und territorial verankern und im Ernstfall russische Subversionsversuche abwehren, Guerillakrieg führen und die reguläre Armee („operative Kräfte“) entlasten. So sollen WOT-Brigaden nach Provinzen aufgestellt werden, Priorität haben hierbei die Regionen im Osten.[63] Die Territorialkräfte selbst sind zudem keine genuin neue Idee – in der Tat kamen ähnliche Konzepte bereits in den 1990er-Jahren auf, bereits damals wurde explizit eine Traditionslinie mit der polnischen Heimarmee des Zweiten Weltkriegs gezogen.[64]

Im polnischen Verteidigungskonzept von 2017 wird die Kooperation von WOT und operativen Kräften explizit als entscheidendes Gelenk im militärischen Dispositiv angesehen.[65] Dennoch gibt es sowohl politische als auch militärische Kritik. Es besteht der Verdacht, dass der primäre Zweck der Territorialkräfte darin liegt, den Machtanspruch von PiS langfristig zu sichern; so ist einer der offiziellen Zwecke, das „patriotisch-katholische Rückgrat“ Polens zu stärken. Aus dieser Perspektive ist WOT ein Element in der restaurativen Revolution, die die Partei Recht und Gerechtigkeit zum Ziel erhoben hat.[66] Es muss jedoch erwähnt werden, dass auch beispielsweise Estland verstärkt auf territorial-paramilitärische Elemente (Kaitseliit) setzt.[67] Und dennoch wird das WOT-Konzept dafür kritisiert, dass es wichtige Ressourcen binde, die für die mittelfristige Streitkräfteentwicklung der operativen Kräfte nötig seien. Dies beträfe vor allem Offiziere und Ausbilder, die von den regulären Streitkräften viel dringlicher benötigt würden. Zudem wird bezweifelt, ob die schwerpunktmäßig aus leichter Infanterie bestehenden Brigaden geeignet seien, feindliche Vorstöße effektiv zu bremsen. Eigentlich müssten sie, dieser Logik folgend, mit schweren Waffen ausgerüstet werden.[68] Fraglich ist hier jedoch, ob dies nicht den Anspruch, im subkonventionellen Bereich zu operieren, untergrübe.

Dieses Beispiel zeigt, wie sehr Politisierung eines der größten Risiken für die mittelfristige Streitkräfteentwicklung Polens ist. Die Risiken in Polen werden sichtbar, wenn man sieht, dass hochrangige und qualifizierte Offiziere entlassen oder zum Rücktritt gezwungen wurden.[69] Es ist denkbar, dass die Verteidigungsfähigkeit Polens in Abhängigkeit von der politischen Großwetterlage in Warschau weniger effektiv wird. Zudem offenbart der „Fort Trump“-Vorstoß Risiken nicht nur für Polen, sondern auch für die ganze NATO. Neben dem potenziell eskalativen Charakter, den eine dauerhafte Stationierung schwerer US-Verbände in Polen hätte, würde somit potenziell die Glaubwürdigkeit der Allianz infrage gestellt. So argumentiert Kofman, dass die eFP in den baltischen Republiken durch permanente US-Präsenz unterminiert würde und die Abhängigkeit von den USA seitens der europäischen Verbündeten noch steigern könnte. Warum sollte – dieser Lesart nach – in eigene Streitkräfte investiert werden, wenn amerikanische Truppen eingekauft werden könnten?[70] Daneben hat die Entwicklung einer sowjetischen Satellitenarmee erst zu einer westeuropäisch angelehnten Expeditionskraft und nunmehr zu einer Landesverteidigungsarmee ihre Spuren in Form eines heterogenen Materialbestands hinterlassen.[71] Zudem geht die Modernisierung nur schleppend voran, so sind insbesondere die Wisła- und Kruk-Programme nach wie vor nicht abgeschlossen.[72]

7 Deutschland

Mit Blick auf Deutschland muss man zwischen der öffentlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Diskussion auf der einen Seite und den Überlegungen innerhalb des Militärs auf der anderen Seite unterscheiden. Der öffentliche Teil der deutschen Verteidigungsdebatte bewegt sich in einem wesentlich engeren Rahmen als die Debatte der hier betrachteten NATO-Partnerländer. Die entscheidenden Parameter, welche die Anpassung und Ausstattung der Bundeswehr determinieren, sind vor allem fiskalisch geprägt. So entzünden sich Debatten vor allem um einzelne Beschaffungsprojekte oder um die Frage, wie hoch der Verteidigungshaushalt werden soll oder darf. Die Bundesregierung hat sich 2014 auf dem NATO-Gipfel von Wales verpflichtet, die Verteidigungsausgaben auf einen Anteil von 2 % vom Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen (derzeit 1,13 %). Dieses Versprechen wurde aus innenpolitischen Gründen bereits relativiert, aktuell soll bis 2024 1,5 % des BIP erreicht werden. Doch schon jetzt bestehen, auch ohne wirtschaftliche Verwerfungen durch die Corona-Krise einzurechnen, Zweifel an der Erreichbarkeit dieses Ziels.[73]

Dies ist insbesondere insofern problematisch, als Berlin seit 2014 das Mantra von „mehr Verantwortung“ ausgegeben hat. Tatsächlich ist bis heute unklar, wie genau ein vergrößerter Fußabdruck Deutschlands in der internationalen Sicherheitspolitik definiert sein soll – oder wie man transatlantische und europäische Ansätze im Detail harmonisieren kann.[74] Darüber hinaus erschwert die anti-amerikanische Haltung signifikanter Segmente der Wahlbevölkerung den militärischen Aufwuchs im Kontext der NATO und der expliziten Perspektive gegen Russland.[75]

Die Bundeswehr und die verteidigungspolitische Öffentlichkeit in Deutschland blicken vor allem nach Osten, auch wenn offizielle Dokumente von einer „Gleichrangigkeit“ zwischen Landes- und Bündnisverteidigung und Stabilisierungsmissionen sprechen. Tatsächlich geht der Anpassungstrend in Richtung Bündnisverteidigung bereits auf die Zeit vor der Annexion der Krim zurück. So wurde die grundlegende Struktur des Heers mit zwei mechanisierten und einer leichten Division bereits unter Verteidigungsminister de Maizière festgezurrt. Ebenso wurde zu dieser Zeit die Gleichrangigkeit der Aufgaben der Bundeswehr festgeschrieben – was bereits damals effektiv einer Relativierung von Stabilisierungseinsätzen gleichkam.[76] Daneben geht auch der Ansatz des „einheitlichen Kräftedispositivs“ auf die Konzeption der Bundeswehr 2013 zurück. Wie im französischen Fall soll die Bundeswehr sich nicht intern auseinanderspezialisieren, sondern jeweils für alle relevanten Einsätze vorbereitet sein.[77] Spätere Dokumente, wie das Weißbuch zur Sicherheitspolitik 2016 und die Konzeption der Bundeswehr 2018, entwickelten diesen Ansatz weiter, indem „Missionspakete“ einsatzspezifische Ausrüstung und Expertise sicherstellen sollen.[78] Unterhalb dieser Ebene veröffentlicht die Bundeswehr keine operativen doktrinäre Schriften, in der Tat, ist der Prozess autonomer, nationaler Dokumenthierarchien ein junges Phänomen im Berliner Betrieb. Dennoch zeigt eine Schriftenreihe von 2017 des Kommandos Heer auf, wie deutsche Planerinnen und Planer sich hochintensive Gefechte der Zukunft vorstellen. Hierin wird ein „gläsernes“ Gefechtsfeld skizziert, in dem die Omnipräsenz militärischer und ziviler Sensoren wenig Raum für Tarnung lässt. In Kombination mit präziser Artilleriemunition bedeutet dies, dass Einheiten innerhalb kürzester Zeit dezimiert oder zerstört werden können. Als logische Konsequenz argumentiert der Bericht für den Einsatz autonomer und teilautonomer Systeme, insbesondere um Masse zu generieren. Somit könnten feindliche Sensoren- und Feuerzyklen vor größere Herausforderungen gestellt werden und, in letzter Konsequenz, somit bemannte Plattformen und Verbände geschützt werden.[79]

Die Modernisierungsprioritäten des Heers betreffen erst einmal das Ziel, „hohle Strukturen“ aufzufüllen. Konkret bedeutet dies, dass das Heer sukzessive die Lücke zwischen seiner Papierstärke und der effektiven Einsatzbereitschaft schließen soll. Wie groß diese Lücke ist, lässt sich daran ablesen, dass derzeit eigentlich nur eine Brigade des Heeres einsatzfähig ist. Bis 2026 soll eine der drei Divisionen voll bemannt und ausgestattet sein, erst in zwölf Jahren, also 2032, sollen alle drei Divisionen dieses Niveau erreichen. Mit Blick auf die Konfiguration der Truppe selbst liegt der Fokus, wenig überraschend, auf dem Aufwuchs respektive der Wiederbelebung von Artillerie und mobiler Luftabwehr.[80] Daneben steht eine Reihe großer Rüstungsprojekte an, im Rahmen derer aktuelle Systeme ersetzt werden. So sollen Tornado-Jagdbomber sowohl in ihren Rollen bei der Unterdrückung feindlicher Luftabwehr als auch als Träger von Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe ersetzt werden. Laut Medienberichten aus dem März 2020 wird eine Lösung angestrebt, die möglicherweise aus der Aufrüstung des Eurofighter Typhoon mit Bodenkampffähigkeiten und der Beschaffung amerikanischer F/A-18 Super Hornet besteht.[81]

Für den Aufbau und die Reform der Bundeswehr von großer Bedeutung ist, dass diese Teil des NATO-Rahmennationenkonzepts (Framework Nations Concept, FNC) ist. Dies bedeutet, dass verbündete Kontingente an Einheiten der Bundeswehr angeschlossen werden. So ist beispielsweise eine niederländische Luftlandebrigade dauerhaft in die Division Schnelle Kräfte integriert. Das Rahmennationenkonzept bedeutet vor allem mit Blick auf die Bündnisverteidigung, dass die Bundeswehr Verantwortung für die Bildung multinationaler Einsatzverbände trägt.[82]

Auch wenn die Bundeswehr bei Weitem nicht die einzige Streitkraft in Europa ist, deren Zukunft auf unsicheren fiskalischen Fundamenten ruht, ist sie aufgrund des engen Rahmens, den die Berliner Politik ihr steckt, zusätzlich im Nachteil. Auch so ist wohl der angepeilte sehr symmetrische Aufwuchs zu erklären. So weist der mittelfristige Finanzierungsrahmen bereits jetzt beträchtliche Lücken auf, die sowohl den Ersatz obsoleten Materials als auch gemeinsame europäische Rüstungsprogramme infrage stellen.[83] Daneben tut sich der deutsche Militärapparat scheinbar schwer mit der Anpassung an eine sich beschleunigende technologische Entwicklung.[84] Der spezifische deutsche Kontext hilft hier aus militärischer Sicht auch nicht weiter: So besteht eine klare Disparität zwischen der identifizierten Notwendigkeit, die Autonomisierung der Streitkräfte voranzutreiben und der negativen Haltung gegenüber beispielsweise Drohnen innerhalb der deutschen Eliten und Öffentlichkeit.[85]

8 Schlussfolgerungen und Ausblick

Abschließend sollen hier einige der in den nationalen Fällen betrachteten Anpassungstrends verglichen und miteinander in Bezug gesetzt werden. Zunächst wird hier die operative Seite betrachtet, um dann den weiteren Kontext und Implikationen für die NATO in den Blick zu nehmen.

Dabei wird deutlich, dass das Bild der Zäsur 2014 nur bedingt hält. So ist kein deutliches doktrinäres und organisatorisches Umschwenken der deutschen und insbesondere der französischen und polnischen Heere ersichtlich. Für das deutsche Heer war die Bündnisverteidigung zumindest nominell immer gleichwertig zu den Stabilisierungseinsätzen, für Polen stand immer die Verteidigung gegen Russland im Mittelpunkt und Frankreich ist bei seiner südwärts weisenden Haltung geblieben. Lediglich bei den USA lässt sich ein deutlicher Umschwung nachweisen, der sich zweifelsfrei auf den Faktor „Russland“ zurückführen lässt. Auch ist im britischen Fall diese Triebfeder ersichtlich. Dies bedeutet nicht, dass insbesondere Prioritäten in der Ausbildung von Truppen sich nicht angepasst hätten, aber ein uniformer Richtungswechsel ist bei den hier betrachteten europäischen Armeen nicht erkennbar.

Die grundlegenden Annahmen und Lösungen, welche die nationalen doktrinären Papiere und Debatten dominieren, weisen auf den ersten Blick Gemeinsamkeiten auf. So wird der Rückgriff auf mechanisierte Manöverkriegsführung in allen Fällen vorangetrieben, selbst im französischen Fall, auch wenn Milizen dort den Feind darstellen und nicht die russische Armee. Die prominente Rolle von mobiler Luftabwehr und Artillerie sind weitere deutliche Indikatoren für Gemeinsamkeiten. So befinden sich beide Systeme auf der Liste US-amerikanischer Modernisierungsprioritäten und die Heere Polens und Deutschland sind ähnlich fokussiert. Im Fall der britischen Strike Brigades ist die Ausstattung mit beiden Fähigkeiten noch nicht geklärt. Aber es sind genau diese Themen, an denen sich die Debatte entwickelt. Ebenso erfährt die Division als Kampfverband ein Comeback, nachdem sie während des Einsatzes in Afghanistan vor allem nur noch administrativ von Relevanz schien.[86]

Zudem sind Streitkräftegemeinsamkeit (jointness) und eine beschleunigte Synchronisation aller vorhandenen Mittel prominente Bausteine der Militärreform, die in allen Fallstudien auftauchen, sei es die militärisch-paramilitärische Koordination polnischer Streitkräfte oder die Konzepte von „infovalorisation“ und „combat collaboratif“ – automatisierter Datenaustausch und flüssige Manöver ohne steile Hierarchien – der französischen Armee. Elektronische Kriegsführung und ihre Mittel, die insbesondere für diese Synchronisation essenziell sind, werden zwar häufig als Notwendigkeit identifiziert, haben allerdings nicht die gleiche Relevanz wie mobile Flugabwehr und Artillerie.

Daneben sind klare Divergenzen zu erkennen. Diese betreffen insbesondere die Bedeutung bevölkerungszentrischer Ansätze und die Definition und Rolle von Informationen. So beziehen die USA und insbesondere Großbritannien im Rahmen von MDO und respektive Integrated Action explizit das politisch-mediale Informationsumfeld ein. Die zentrale Annahme, insbesondere in letzterer Doktrin, scheint zu sein, dass politische Legitimität in jedem militärischen Schritt mitgedacht werden muss. Deutschland und Polen scheinen hingegen in konventionellen Szenarien Informationen vor allem als Daten zu betrachten, also beispielsweise Zielinformationen und Befehle. Dennoch kann das WOT-Programm Warschaus als Versuch angesehen werden, Vorteile in bevölkerungszentrischen Ansätzen zu erlangen, indem der Verteidigungswille der Bevölkerung gestärkt wird und Infiltration verhindert werden soll.

Unter dem Strich lassen sich diese Unterschiede mit unterschiedlichen Einschätzungen erklären, wie das zukünftige Schlachtfeld zu skizzieren ist. So eignen sich die Kriege in der Ukraine, Syrien und Libyen nur bedingt, um Lektionen oberhalb der taktischen Ebene abzuleiten. Ansätze, welche die politisch-medialen Dimensionen in hochintensive militärische Operationen integrieren, könnten der Hebel sein, um Kampfhandlungen in politisches Kapital zu verwandeln. Sie könnten allerdings auch an den Anforderungen moderner Gefechte vorbeigehen oder Verbände am Boden überfordern. Eine zweite deutliche Divergenz kann mit Blick auf Binnendifferenzierungen der Landstreitkräfte identifiziert werden. Während die USA und Großbritannien innerhalb ihrer Streitkräftestrukturen Einheiten für gewisse Missionsprofile spezialisieren, setzen Frankreich und Deutschland auf homogene, modular und flexibel einsetzbare Dispositive. Polen und WOT würden hier ebenfalls in die erste Kategorie fallen.

Wie sich gezeigt hat, sind aktuell mehr Konvergenzen als Divergenzen ersichtlich, auch wenn unterschiedliche nationale Ansätze verfolgt werden. Dennoch könnte die Interoperabilität im Bündnis infolge erhöhten fiskalischen Drucks erschwert werden. So ist nicht auszuschließen, dass eine Auswirkung der Coronakrise mittelfristig sinkende Militärausgaben in westeuropäischen Ländern ist[87] – und auch die US-Streitkräfte sind nicht immun gegen innen- und wirtschaftspolitische Turbulenzen. Auch wenn die genauen Auswirkungen der Pandemie im Frühjahr 2020 noch absolut unklar sind, lässt die finanzielle Dimension gewisse Schlüsse zu. So erscheinen vor allem die britischen und deutschen Landstreitkräfte verwundbar gegenüber einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation.

Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass im NATO-Aggregat eine stärkere Spezialisierung der nationalen Streitkräfte stattfindet, indem sich die nationalen Streitkräfte auf identifizierte Kernkompetenzen oder für absolut notwendig gehaltene Fähigkeiten fokussieren. Ein solcher Prozess wäre für die Streitkräfte der Allianz zunächst nichts Neues und könnte durch eine stärkere geografische Verankerung von Fähigkeiten die Gesamtkapazität des Bündnisses erhöhen.[88] Dadurch würden sich aber die Herausforderungen für die NATO verschärfen, die notwendige Interoperabilität und die gemeinsamen Kommandoarrangements herzustellen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Allianzkohäsion unter erhöhtem finanziellem Druck leidet. So werden Staaten entlang der Kontaktzone mit Russland wohl eine höhere Hemmschwelle haben, ihre militärischen Fähigkeiten zu reduzieren.[89] Dies könnte Fliehkräfte in Polen und den baltischen Republiken zusätzlich darin bestärken, sich stärker an ausgewählte NATO-Partner, allen voran den USA, anzulehnen.[90]

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Published Online: 2020-06-04
Published in Print: 2020-05-26

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  46. David A. Haglund: The US “Culture Wars” and the Anglo-American Special Relationship. Cham, Switzerland: Palgrave Macmillan, 2019, 254 Seiten
  47. Sebastian Kaempf: Saving Soldiers or Civilians? Casualty-Aversion versus Civilian Protection in Asymmetric Conflicts. Cambridge: Cambridge University Press, 2018, 302 Seiten
  48. Bildnachweise
  49. Translated Articles (e-only)
  50. North Korea’s Evolving Cyber Strategies: Continuity and Change
Downloaded on 4.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2020-2005/html
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