Home Social Sciences Susanne Oxenstierna/Fredrik Westerlund/Gudrun Persson/Jonas Kjellén/Nils Dahlqvist/Johan Norberg/Martin Goliath/Jakob Hedenskog/Tomas Malmlöf/Johan Engvall: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective, Stockholm: FOI, Dezember 2019
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Susanne Oxenstierna/Fredrik Westerlund/Gudrun Persson/Jonas Kjellén/Nils Dahlqvist/Johan Norberg/Martin Goliath/Jakob Hedenskog/Tomas Malmlöf/Johan Engvall: Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective, Stockholm: FOI, Dezember 2019

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Published/Copyright: June 4, 2020

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Oxenstierna Susanne Westerlund Fredrik Persson Gudrun Kjellén Jonas Dahlqvist Nils Norberg Johan Goliath Martin Hedenskog Jakob Malmlöf Tomas Engvall Johan Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective Stockholm FOI Dezember 2019


Jede Studie, die Prognosen zu einem hochkomplexen Thema enthält, muss sich der Herausforderung stellen, Komplexität und Lesbarkeit der Analyse in Einklang zu bringen. Der vorliegende Bericht des Forschungsinstituts für Verteidigung (FOI) in Stockholm, die neunte Ausgabe der Reihe „Russian Military Capabilities“, geht dieses Problem an, indem er den einzelnen Teilbereichen des russischen militärischen Potentials detaillierte und nuancierte Kapitel widmet. Die Publikation liefert sehr gute, datenunterfütterte Einblicke in den aktuellen Stand der russischen militärischen Instrumente und verweist auf denkbare Szenarien mit Blick auf das kommende Jahrzehnt.

Der Bericht zieht einerseits ein Zwischenfazit der russischen Streitkräftemodernisierung und der Aufrüstungsprogramme, die meist 2008 begannen. Andererseits wagt er Prognosen bis zum Jahr 2029. Die 140 Seiten starke Studie gliedert sich in fünf inhaltliche Teile, entlang derer das russische Verteidigungspositiv erläutert wird. Die Publikation beginnt mit zwei militärischen Kapiteln, in denen die Verfügbarkeit, respektive Kampfkraft der russischen Streitkräfte quantifiziert und analysiert wird. Es folgen Kapitel zur russischen Sicherheitspolitik, der russischen Wirtschaft und den Verteidigungsausgaben, sowie dem Zustand von Moskaus Rüstungsindustrie. Eine Synthese am Ende der Studie verbindet einige der in den Kapiteln erläuterten Trends.

Die Qualität der Kapitel ist durchweg sehr hoch, da die Expertinnen und Experten aus Stockholm in jedem der Abschnitte fundierte und nuancierte Bilder der russischen Streitkräfte aufzeigen. Mit Blick auf die Prognosen auf das Jahr 2029 werden eher denkbare Szenarien und relevante Parameter aufgezeigt, als feste Voraussagen getroffen. Dies gelingt aufgrund des transparenten Umgangs mit aktuellen Daten vor allem in den militärischen Kapiteln. So wird in den hauseigenen Datensätzen des FOI beispielsweise zwischen nomineller Stärke und tatsächlich verfügbaren Materialbeständen unterschieden. Es reicht nicht aus nur vorhandene Waffensysteme aufzuzählen, wichtig ist auch die tatsächliche Einsatzbereitschaft. So lernen die Leserinnen und Leser, dass ein Mangel an Piloten den zentralen limitierenden Faktor für den Aufwuchs von Luftstreitkräften bildet – eine Einsicht, die sich nicht ergeben würde, wenn man nur die Zahl der fliegenden Plattformen zählt. Ebenfalls positiv sind die antizipativen Elemente des Berichts zu werten, die grundsätzlich eher den denkbaren Rahmen und seine Eckpfeiler beschreiben, als konkrete Voraussagen zu machen. Die Nutzung solcher Daten ist auch insofern zu diesem Zeitpunkt wichtig, als unklar ist, wie zuverlässig öffentlich zugängliche Daten aus Russland im kommenden Jahrzehnt sein werden, denn der Kreml versucht offenbar manche Wirtschaftsdaten der westlichen Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Die Probleme des aktuellen FOI-Berichts liegen indes eher in seiner Strukturierung und Gewichtung. Konkret wird aufgrund des recht kurzen Synthesekapitels die Gelegenheit verpasst, die Gemeinsamkeiten der einzelnen Kapitel herauszustellen und einen roten Faden zu finden. Aber auch wenn verschiedene Trends miteinander in Beziehung gesetzt werden, hätte eine stärkere inhaltliche Integration der Kapitel ein kohärenteres Gesamtbild ergeben. Die Überlegung, den Verfassern der einzelnen Kapitel genug Freiheit zu lassen, um analytisch zu überzeugen, ist nicht schlecht. Weniger verständlich ist hingegen, dass die beiden militärischen Kapitel den politischen, wirtschaftlichen und rüstungsindustriellen vorangestellt werden – gerade wenn Zustand, Ausrichtung und Zukunft der Streitkräfte wesentlich von den politisch-wirtschaftlichen Rahmbedingungen abhängen.

Es fehlen auch gewisse Zukunftsszenarien, insbesondere solche, die militärische und politische Elemente kombinieren. Dazu gehören etwa die russische Perspektive auf Schweden, Finnland und Weißrussland. Im Großen und Ganzen sollten diese Punkte dennoch nicht davon ablenken, dass es sich bei der aktuellen Ausgabe der Russian Military Capability-Reihe um eine Sammlung äußerst aktueller und wertvoller Beiträge zu aktuellen Fragen der russischen Verteidigungs- und Militärpolitik handelt. Die wesentlichen Kritikpunkte fallen erst in dem Moment ins Gewicht, in dem Leserinnen und Leser eine integrierte, lineare Studie erwarten.

https://www.foi.se/rapportsammanfattning?reportNo=FOI-R--4758--SE

Published Online: 2020-06-04
Published in Print: 2020-05-26

© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  26. Finish Ministry of Defence: Russia of Power. Helsinki, Juni 2019
  27. Pavel Baev: Russian Nuclear Modernization and Putin’s Wonder-Missiles. Real Issues and False Posturing. Paris: Ifri, August 2019
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  30. Angela Stent: Russia and China. Axis of Revisionists? Washington, D.C.: The Brookings Institution, February 2020
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