Welke, Tina; Faistauer, Renate (Hrsg.): Film im DaF/DaZ-Unterricht: Beiträge der XV. IDT Bozen. Wien: Praesens, 2015. – ISBN 3-7069-0797-2. 286 Seiten, € 28,20.

Das Medium des Films wurde lange Zeit als Stiefkind in unterrichtlichen Zusammenhängen gehandelt. Seit einigen Jahren jedoch findet es in universitären Lehrveranstaltungen und in den Fachdidaktiken (vornehmlich) der sprachlichen Fächer verstärkt Berücksichtigung (vgl. z. B. Hildebrand 2006; Abraham 2009; Leitzke-Ungerer 2009; Staiger 2010; Jost/Kammerer 2012; Kammerer/Kepser 2014 sowie Blell/Grünewald/Kepser/Surkamp 2016). Darüber hinaus ist mit den Arbeiten von Klant und Spielmann (hier exemplarisch 2009) die Tendenz, Film fächerübergreifend zu erschließen, zu konstatieren. Auch Deutsch als Fremd- bzw. Deutsch als Zweitsprache wendet sich zunehmend der Thematik zu. Wichtige Wegmarker der letzten Jahre sind hier die Thesen zur Arbeit mit Film im Unterricht Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (DaF/Z), erarbeitet 2009 im Kontext der XIV. Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer (IDT) in Jena, sowie die Publikation von Tina Welke und Renate Faistauer (2010) Lust auf Film heißt Lust auf Lernen. Der Einsatz des Mediums Film im Unterricht Deutsch als Fremdsprache, die die erwähnten Thesen enthält.

Mit dem hier zu besprechenden, aus der XV. IDT in Bozen hervorgegangenen Sammelband setzen Welke und Faistauer ihre gewinnbringenden Bemühungen, Film in Zukunft deutlicher im DaF-/DaZ-Unterricht zu verankern, fort. In den insgesamt 18 Beiträgen loten die Autorinnen und Autoren, die, wie man den biobibliographischen Notizen am Ende des Buches entnehmen darf, häufig in unmittelbaren Lern-Lehrkontexten an z. B. Schulen, Volkshochschulen und Universitäten oder in der Lehrerinnen- und Lehreraus-, -fort- und Weiterbildung international tätig sind, vielfältige Dimensionen von Filmbildung im fremdsprachlichen Deutschunterricht aus. Diese Dimensionen lassen sich, so ist dem Editorial zu entnehmen, unter den folgenden Leitfragen subsumieren: „Worin bestehen die Ziele der Beschäftigung mit Film im (Fremd-)Sprachenunterricht? Inwieweit unterscheidet sich die Arbeit mit fiktionalen und nicht-fiktionalen Filmen im (Fremd-)Sprachenunterricht? Was heißt filmbezogenes Lehren und Lernen für den (Fremd-)Sprachenunterricht? Welche Relevanz haben filmwissenschaftliche Fragestellungen für den (Fremd-)Sprachenunterricht?“ (8). Das Editorial bietet zudem neben Einblicken in die Forschungsgeschichte und den aktuellen Forschungsstand Kurzzusammenfassungen der im Folgenden versammelten Aufsätze. Insgesamt bringen die Herausgeberinnen hier grundlegende und interessante Informationen in den Blick. Die Gedankenführung ist jedoch zuweilen intransparent. So erschließen sich z. B. nicht in jedem Fall die argumentativen Zusammenhänge zwischen einzelnen Abschnitten (vgl. z. B. S. 9, zweiter und dritter Absatz) oder zusammengehörende Gesichtspunkte werden unzusammenhängend dargestellt (vgl. z. B. die Einlassungen zum Hör-Seh-Verstehen S. 8, letzter Absatz, und S. 9., dritter Absatz). Des Weiteren wäre es der besseren Einordnung und zu nutzender interdisziplinärer Synergieeffekte wegen zweckmäßig gewesen, die Perspektive des Forschungsstandes um Dimensionen anderer Disziplinen, allen voran der Fachdidaktik Deutsch und der Didaktik moderner Fremdsprachen, zu weiten. Allerdings, so viel sei konzediert, zumindest hinsichtlich einer kontrastiven Perspektive zwischen dem deutsch- und DaF-didaktischen Handlungsfeld liefert der erste Aufsatz des Bandes, eine Darstellung von Natalie Hahn (13–38), fundierte Informationen. Unter besonderer Berücksichtigung der Kategorien Curricula, Kanon, Filmportale, Fachzeitschriften sowie Tagungen legt die Autorin eine kenntnisreiche Bestandsaufnahme vor, die den Lesenden einen gelungenen Überblick über zahlreiche einschlägige ‚Organe‘ verschafft und Anregungen für die praktische und wissenschaftliche Weiterarbeit gibt.

Da es im Rahmen dieser Rezension unmöglich ist, eineinhalb Dutzend Beiträge auch nur in ihren Grundzügen vorzustellen und angemessen zu bewerten, muss eine Auswahl getroffen werden. Dabei sei zu Anfang eine Untersuchung zu einem auf den ersten Blick ‚klassischen‘ Gegenstand in DaF/DaZ beleuchtet: der Kurzspielfilm. Das Neue an der Darstellung von Claudia Buffagni (169–191) ist die Fokussierung auf die Vermittlung von Humorkompetenz durch dieses Medium. Einleitend referiert die Autorin Grundlegendes zu (1) Kurzspielfilmen im DaF-Unterricht sowie zu (2) Humor und Kurzspielfilmen aus pragmatischer Sicht; beide Bereiche führt sie (3) unter der Teilüberschrift „Kurzspielfilme im DaF-Unterricht: Auf dem Weg zur Ausbildung einer Humorkompetenz“ (175) zusammen. Die geschickte Auswahl der Theorien – die Humorforschung wird interdisziplinär beleuchtet (Attardo und Raskins Script-Opposition-Theorie), zentrale Begriffe der Pragmatik (direkte und indirekte Sprechakte, Grices Konversationsmaximen und das Kooperationsprinzip) werden schlüssig eingeführt, Thalers Modell zur Humorkompetenz anschaulich dargestellt – und die Dichte, in der sie dargeboten werden, sowie ihre Relevanz für die im Hauptteil folgende Untersuchung sind ausdrücklich positiv hervorzuheben. Es gelingt der Autorin, pointiert ein tragfähiges Fundament für die im Folgenden zu analysierenden Kurzspielfilme zu legen. Der Hauptteil als solcher zeichnet sich dann auch konsistent durch methodische Stringenz und Überzeugungskraft aus. Am Beispiel der beiden preisgekrönten Kurzspielfilme Der Aufreißer und Der kleine Nazi stellt Buffagni ein Modell zur Implementierung humoristischer bewegter Bilder in den universitären Deutsch-als Fremdsprache-Unterricht vor. Ausgehend von Inhaltsangaben und zentraler analytischer Notizen stehen Untersuchungen zum verbalen Humor im Fokus der jeweiligen Einlassungen. Beendet werden die Betrachtungen zu einem jeden Film durch eine Operationalisierung von Thalers Modell zur Humorkompetenz. Alles in allem legt Buffagni einen höchst lesenswerten Beitrag vor, den sie am Ende augenzwinkernd selbst kommentiert mit: „Gerade im DaF-Bereich ist es nicht abwegig zu beweisen, dass es auch einen ‚deutschen Humor‘ gibt.“ (189). Das – und einiges mehr – sind ihr zweifelsfrei gelungen. Weiterführend wäre von Interesse, im Rahmen welcher Designs Humorkompetenz im Kontext von Kurzspielfilmen gemessen werden könnte und wo Grenzen der Messbarkeit existieren.

Mit Humor bzw. Komik befasst sich auch eine weitere Autorin: Swati Acharya in ihrem Beitrag „Komödie als Kritik: Die Rolle der Spielfilmkomödien in der Integrationsdebatte in Deutschland“ (156–168). Anhand von fünf deutschsprachigen Migrationsfilmen der jüngeren Vergangenheit (Ich Chef, du Turnschuh (1998); Kebab Connection (2005); Salami Aleikum (2009); Soul Kitchen (2009) und Almanya – Willkommen in Deutschland (2011)) zeigt sie, implizit unter Anwendung eines diskursanalytischen Ansatzes, dass diese „Leinwandbilder ins Transkulturelle eintauchen und dazu beitragen, über die polemischen und beschränkten Diskussionen zur Auslöschung der ‚alten‘ Identitäten und der zwanghaften Anpassung der ‚neuen‘ Identitäten hinauszugehen. Sie [die besagten Filme; Anm. JFH] widerlegen damit die romantisierte Behauptung, dass eine Metamorphose durch eine ‚voll integrierte Inkarnation‘ möglich sei.“ (157). Dem Komischen kommt laut Acharya insofern eine besondere Bedeutung in diesen Filmen zu, als es sowohl Angehörigen der Mehr- wie auch der Minderheitenkultur(en) ermöglicht, konfliktträchtige oder tabuisierte Themen zu verhandeln, ohne dass die „kulturelle[n] Unterschiede zu lästigem Gepäck“ (159) werden. Das filmische Medium wirke hier „wie ein Labor, wo die latent subversiven Kräfte des Komischen auf eine liberal-pazifistische Weise verwendet werden“ (165). Zudem sei u. a. eine Tendenz zu weitgreifenden intertextuellen Strukturen in diesen Migrationsfilmen der Gegenwart auszumachen. Sie führten, so die Autorin metaphorisch, „in die Arena des transnationalen Kinos“ (165).

Acharya gelingt es, zentrale Konstellationen von Integration in den untersuchten Filmen unter dem Vorzeichen des Komischen herauszuarbeiten und einen Überblick über die Thematik zu geben. Hinsichtlich der Begrifflichkeiten (die Autorin scheint etwa das Komische und Komödie weitgehend synonym zu verwenden), der gewählten Methodik (die nicht benannt wird) und der aufgestellten Thesen wären verschiedentlich Präzisierungen vonnöten. So bedürfte etwa die folgende Behauptung einer nachvollziehbaren Erklärung respektive eines belastbaren Nachweises: „Die hetzerischen Reden bzw. Schriften von kurzsichtigen Politikern wie Thilo Sarrazin lösen kurzatmige Kontroversen aus, helfen ironischerweise dem liberalen Flügel der Gesellschaft und tragen zu einer gewissen Offenheit und Toleranz im Rahmen der Integrationsdebatten bei (2010).“ (157). Auch sind die lediglich dreieinhalb Seiten umfassenden Ausführungen zu den fünf (!) Filmen unter dem irreführenden Kapiteltitel „Einzelanalysen“ (160–163) gewiss nur Ansätze zu tatsächlichen „Einzelanalysen“. Ergo: Es findet sich einiges Interessantes, was Lust auf Mehr macht, doch Acharya liefert dieses Mehr nicht. Vieles bleibt im Ungefähren.

Mehr bietet und konkreter wird Tina Welke in ihrem Aufsatz zu narrativen Werbespots im Deutsch-als-Fremdspracheunterricht (205–220). Sie arbeitet sehr genau, stellt treffende Zusammenhänge her, begrenzt ihr Untersuchungskorpus sinnvoll und legt eine minutiöse Analyse vor. Ausgehend von der Bestandsaufnahme, dass das Publikationsfeld zu Werbespots im Bereich Deutsch als Fremdsprache höchst überschaubar ist, profiliert die Autorin unter Berücksichtigung von Außen- und Binnenstruktur konstitutive und variable Merkmale dieses Genres. Zwei Typologien von Werbespots werden anschließend vorgestellt: zum einen ein Ansatz, für den der Grad der ‚Explizitheit‘ des beworbenen Produktes – man kann zwischen fünf Kategorien von durchgängiger Darstellung bis hin zur Vermeidung des Produktes differenzieren – fundamental ist; zum anderen eine Kategorisierung, die auf filmnarratologischen Kriterien basiert, sowohl die discours- als auch die histoire-Ebene berücksichtigt und Werbespots bezüglich der Frage, ob sie eine durchgehende Geschichte erzählen oder eine Sammlung von Ereignissen präsentieren, kategorisiert. Beide Typologien ebenso wie die Wesensbestimmung von Werbespots und filmsprachliche Analysekategorien versteht Welke für ihre Untersuchung des Spots Mit Schärdinger lässt sich’s besser leben nutzbar zu machen. Ihre detaillierten Ausführungen, die u. a. auch auf Gender- und Raum-Studien rekurrieren, münden in eine übergeordnete Interpretation, die dieses Medienprodukt lesbar macht als Bestandteil einer „Strömung der Romantisierung und Verklärung von Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion in Fernsehen, Radio, Print- und Plakatwerbung. In ihr kommt die Sehnsucht nach einer kleinbürgerlichen, wohlgeordneten Idylle, in der die Heldinnen und Helden selbstständig und autark eingebettet in einen harmonischen Familienverband handeln, zum Ausdruck.“ (218). Hinweise, wie dieser Werbespot in der unterrichtlichen Praxis eingesetzt werden kann bzw. wie er von der Autorin mehrfach eingesetzt wurde, finden sich in einer (immerhin umfangreichen) Fußnote. Fazit: Welke legt ein gelungenes Plädoyer für einen medienintegrativen kulturbezogenen Fremdsprachenunterricht vor.

Neben den hier vorgestellten Aufsätzen hält der Band eine Vielzahl weiterer Themen und Ansätze bereit. Es sind sowohl eher grundlegende Überlegungen zum Gegenstand oder zur Methodik (z. B. „Stiefkind Film. Zur Problematik der Arbeit mit Filmen im Bereich Deutsch als Fremdsprache“ von Meike van Hoorn; „Lernen mit Film: eine Frage der Einstellung?“ von Valerie Bauernfeind; „Literaturverfilmungen im DaF-Unterricht: Ein Plädoyer für mehr Literatur im Film und mehr Film in der Literatur“ von Clemens Tonsern; „Filmische Rollen- und Figurenanalyse und ihr Einsatz im DaF/DaZ-Unterricht“ von Doris Schöps oder „Möglichkeiten des Einsatzes von filmischem Material: Filmvergleich im Unterricht“ von Dieter Hermann Schmitz) als auch thematische Schwerpunktsetzungen (etwa zu DEFA-Filmen (Susanne Scharnowski) oder Märchenfilmen (Andrea Serdinsky)) versammelt. In der Praxis Erprobtes, eigens als solches im Inhaltsverzeichnis ausgewiesen, ist Gegenstand von vier den Band beschließenden Beiträgen, darunter „Drehort Berlin – Filmanalyse und ‚Filmproduktion‘ in deutsch-französischen Begegnungsseminaren“ von Manfred Zamzow. Und selbst eher ‚Randständiges‘ findet Raum (z. B. „Der Einsatz von Film im studienbegleitenden Deutschunterricht für zukünftige Juristen“ von Elena Tschudinowa).

Summa summarum liegt hier ein vielgestaltiger Sammelband mit sowohl eher traditionellen als auch innovativen Ansätzen vor. Er stellt einen weiteren wichtigen Schritt dar, um das Thema Film im DaF-/DaZ-Unterricht zu verankern. Die Praxisnähe vieler Autorinnen und Autoren macht sich häufig positiv bemerkbar. Hier schreiben oft Menschen, die mit Menschen arbeiten und wissen, wie und womit man diese erreichen und begeistern kann. Die große Mehrzahl der Beiträge ist gelungen, nicht wenige sogar ausgesprochen gut. Doch nicht alle Autorinnen und Autoren arbeiten (bei aller grundsätzlich positiven Praxisnähe) wissenschaftlich fundiert und präzise. Bei einem etwaigen dritten Band zur Thematik (?) wäre es Aufgabe der Herausgeberinnen, die Qualität noch genauer zu prüfen und im Einzelfall deutliche Überarbeitungen anzuraten. Auch wären die nicht wenigen orthographischen respektive drucktechnischen Fehler (z. B. 9, 108, 110, 157, 160, 165, 216, 222, 282) zu vermeiden. Einstweilen jedoch besteht Anlass, sich über diese Publikation zu freuen und ihr eine möglichst breite Leserschaft mit dem Willen, den Fähigkeiten und den Möglichkeiten, das Dargebotene umzusetzen, zu wünschen.