Burger, Harald: Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. 5., neu bearbeitete Auflage. Berlin: Schmidt, 2015 (Grundlagen der Germanistik, 36). – ISBN 978-3-503-15597-2. 241 Seiten, € 19,95.

Lesław Tobiasz

doi:10.1515/infodaf-2017-0020

Artikel Öffentlich zugänglich

Burger, Harald: Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. 5., neu bearbeitete Auflage. Berlin: Schmidt, 2015 (Grundlagen der Germanistik, 36). – ISBN 978-3-503-15597-2. 241 Seiten, € 19,95.

Lesław Tobiasz

Veröffentlicht/Copyright: 27. Juni 2017

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Aus der Zeitschrift Informationen Deutsch als Fremdsprache Band 44 Heft 2-3

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Burger Harald: Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. 5., neu bearbeitete Auflage. Berlin: Schmidt, 2015 (Grundlagen der Germanistik, 36). – ISBN 978-3-503-15597-2. 241 Seiten, € 19,95.

Die Phraseologie des Deutschen stellt ein sehr interessantes und umfangreiches sprachwissenschaftliches Forschungsgebiet dar. Der Begriff Phraseologie ist dabei doppeldeutig, weil er sich – abhängig von dem Kontext – nicht nur auf das entsprechende Forschungsgebiet, sondern auch auf die Teildisziplin der Linguistik beziehen kann, die dieses Gebiet untersucht. Die Breite der phraseologischen Thematik resultiert aus dem komplexen und vielfältigen Charakter der Phraseme, d. h. der lexikalischen Ausdrücke, die der Forschungsgegenstand der Phraseologie sind.

Harald Burger unternimmt in seiner Arbeit den Versuch, vielschichtige phraseologische Probleme sowohl in einzelnen thematischen Kreisen als auch in ihrer komplexen Gesamtheit darzustellen, die viele Schnittstellen mit freien Wortverbindungen aufweist. Er beginnt die Ausführungen mit der Definition und der Analyse der phraseologischen Grundbegriffe. Der Verfasser erklärt, wodurch sich die Phraseme von „gewöhnlichen“ Kombinationen von Wörtern unterscheiden, und erläutert ihre charakteristischen Eigenschaften wie Polylexikalität, Festigkeit und Idiomatizität (Kap. 1). In Kapitel 2 werden die Phraseme aufgrund ihrer Funktion in der Kommunikation in mehrere Kategorien und Unterkategorien eingeteilt. Einige Klassen der phraseologischen Wortverbindungen wie Kollokationen, feste Phrasen, Routineformeln, geflügelte Worte, Autorphraseme, onymische Phraseme, phraseologische Termini und Klischees werden dann in Kapitel 3 eingehender besprochen. In Kapitel 4 werden phraseologische Muster analysiert, zu denen Burger Modellbildungen, Paarformeln, komparative Phraseme, Funktionsverbgefüge, idiomatische Muster und Sprichwortmuster zählt. Ein besonderes Augenmerk schenkt der Verfasser den semantischen Besonderheiten der Phraseme in Bezug auf solche Eigenschaften wie ihre Polysemie, Synonymie, Komplexität, Vagheit und Expressivität (Kap. 5). Die semantischen Fragen werden dabei in einer engen Verbindung mit den syntaktischen Problemen analysiert, die hauptsächlich die Valenz der phraseologischen Wortverbindungen betreffen (Kap. 7). Ausführlich behandelt werden Idiome und Sprichwörter, so dass ihnen sogar eigene Kapitel gewidmet sind (Kap. 6 und 8). Auf eine sehr interessante Weise werden geschichtliche Aspekte der Phraseologie dargestellt (Kap. 9). Der Leser lernt die Natur der Prozesse kennen, die die Entstehung der Phraseme verursachen. Er erfährt aber auch, dass die Lektüre älterer Texte, z. B. aus der deutschen Klassik, in Bezug auf die phraseologischen Wortverbindungen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert, weil viele von ihnen wegen einer anderen lexikalischen Besetzung heutzutage missverstanden werden können. In Kapitel 10 findet man eine gründliche Analyse der Funktion und Position der Phraseme im Text. Kapitel 11 liefert wiederum zahlreiche Beweise dafür, dass anerkannte Wörterbücher der deutschen Sprache noch viele Unzulänglichkeiten und Inkonsequenzen bei der Behandlung der phraseologischen Wortverbindungen aufweisen. Der Benutzer des Wörterbuchs kann sie bei entsprechenden Lemmata oft nicht finden. Sogar dann, wenn ein Phrasem in einem Lemma vorkommt, geht dies noch mit keiner Garantie einher, dass dort auch korrekt die Bedingungen für seine (Nicht-)Verwendung in einem bestimmten kontextuellen Umfeld angegeben werden. Sehr interessante Informationen findet der Leser in Kapitel 12, in dem Harald Burger regionale Differenzen bei dem Gebrauch der phraseologischen Wortverbindungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bespricht. Er konzentriert sich dabei hauptsächlich auf die Phraseme in der Schweiz, die viel besser als diejenigen in Deutschland und Österreich erforscht sind, wozu der Autor selber während seiner langjährigen Forschungstätigkeit an der Universität Zürich einen großen Beitrag geleistet hat. Auf das letzte Kapitel folgt ein umfangreiches Literaturverzeichnis, in dem die besprochenen Wörterbücher, relevante Fachliteratur sowie belletristische Texte aufgelistet sind, aus denen der Verfasser interessante Beispiele für den Gebrauch von Phrasemen ausgewählt hat. Das Buch wird von einem übersichtlichen Sachregister abgerundet.

Harald Burger ist es gelungen komplexe und vielschichtige Probleme der Phraseologie auf eine allgemein verständliche Weise darzustellen. Zur Leserfreundlichkeit des Buches tragen viele Beispiele phraseologischer Wortverbindungen bei, die von einfachen Routineformeln wie Guten Tag (46) über nominale Phraseme wie helles / dunkles Bier (41), Funktionsverbgefüge wie zur Entscheidung kommen / bringen / stellen / stehen, Idiome wie kalte Füße bekommen (87) bis zu Sprichwörtern wie Keine Rose ohne Dornen (109) reichen. Die Beispiele bilden für den Autor eine Grundlage, mit deren Hilfe er diverse phraseologische Fragen, wie z. B. Unterschiede zwischen der wörtlichen und phraseologischen Bedeutung, besser veranschaulichen und erläutern kann. Die Phraseme werden in diverse Kontexte eingebettet und unter verschiedenen semantischen Perspektiven betrachtet. Oft kommen sie in Ausschnitten aus belletristischen Texten oder aus Zeitungstexten vor.

Der Titel erscheint schon in der 5., neu bearbeiteten Auflage. Die Unterschiede zu der 4. Auflage aus dem Jahr 2010 fallen schon beim Durchblättern des Buches auf. Harald Burger entschied sich für eine Neugestaltung des Inhaltsverzeichnisses, indem er aus dem alten Text drei neue Kapitel aussonderte: „Einige Klassen im Detail“ (Kap. 3), „Muster“ (Kap. 4) und „Syntax: Phrasem und Valenz“ (Kap. 7). Ein eigenes Unterkapitel 3. 2. bekam die Kategorie „Feste Phrase“, die Burger seit mehreren Auflagen keine Ruhe lässt („Typen [...] für die es keine eingebürgerten Termini gibt“, 42) und die er kontinuierlich ausdifferenziert und neuklassifiziert hatte. Der Autor verschob auch zum Teil die Reihenfolge, in der phraseologische Fragen besprochen werden, und ersetzte den Terminus Phraseologismus durch den Begriff Phrasem, der international leichter verwendbar ist (11, Anm. 1). Diese Maßnahmen trugen zu einem übersichtlicheren Aufbau des Inhaltsverzeichnisses bei und ermöglichten eine leserfreundliche Darstellung der komplexen semantischen und syntaktischen Aspekte der Phraseme.

Die auffälligste ‚Sonnenseite‘ der neuen Ausgabe besteht in der Aktualität vieler Beispiele aus Texten der Massenmedien, mit deren Hilfe auf eine anschauliche Weise die Lebendigkeit der gegenwärtigen sprachlichen Prozesse gezeigt und kommentiert wird. Die neuesten Beispiele, wie dies z. B. auf der Seite 53 gesehen werden kann, stammen sogar aus dem Jahr 2015, also aus dem Jahr, in dem der Titel neu aufgelegt wurde. Auf den neuesten Stand wurde auch die weiterführende Literatur gebracht, was vor allem diejenigen Leser erfreuen wird, die ihr phraseologisches Wissen erweitern und vertiefen möchten. Viele neue Titel findet man außer im Literaturverzeichnis am Schluss der einzelnen Kapitel, wo sie auch mit kurzen leserfreundlichen Kommentaren versehen sind.

Der leserfreundlichen Schreibweise des Autors ist zu verdanken, dass man die einzelnen Kapitel des Buches mit großem Interesse verfolgt. Dass der Verfasser das Interesse des Lesers an einer so umfangreichen und komplexen Teildisziplin der Linguistik wie der Phraseologie erwecken kann, liegt außer an seiner klaren Gedankenführung vor allem an seinem fundierten Wissen. Das umfangreiche Wissen ermöglicht dem Autor interessante Vergleiche unter phraseologischen Bedeutungen durchzuführen, bei denen auch verschiedene soziolinguistische, regionale, stilistische und syntaktische Aspekte zur Sprache kommen. Dies geschieht häufig auf eine spielerische und unterhaltsame Weise, was die Lektüre des Buches noch attraktiver macht.

Der Titel richtet sich vor allem an die Studierenden der Linguistik und Germanistik. Seine Lektüre wird aber auch den Sprachwissenschaftlern und den an sprachwissenschaftlichen Fragen interessierten Laien eine große Freude bereiten.

Online erschienen: 2017-6-27

Erschienen im Druck: 2017-6-8

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https://doi.org/10.1515/infodaf-2017-0020