Roy, Mickaël: La réalité virtuelle pour l’apprentissage des langues. Une étude auprès d’adolescents apprenant le français ou l’allemand. Bern: Peter Lang, 2017 (Mehrsprachigkeit in Europa/Multilingualism in Europe, 13). -- ISBN 978-3-0343-2820-3. 472 Seiten, € 72,95.

Regina Graßmann

doi:10.1515/infodaf-2020-0072

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Roy, Mickaël: La réalité virtuelle pour l’apprentissage des langues. Une étude auprès d’adolescents apprenant le français ou l’allemand. Bern: Peter Lang, 2017 (Mehrsprachigkeit in Europa/Multilingualism in Europe, 13). -- ISBN 978-3-0343-2820-3. 472 Seiten, € 72,95.

Regina Graßmann

Published/Copyright: April 17, 2020

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From the journal Informationen Deutsch als Fremdsprache Volume 47 Issue 2-3

Rezensierte Publikation:

Roy, Mickaël: La réalité virtuelle pour l’apprentissage des langues. Une étude auprès d’adolescents apprenant le français ou l’allemand. Bern: Peter Lang, 2017 (Mehrsprachigkeit in Europa/Multilingualism in Europe, 13). -- ISBN 978-3-0343-2820-3. 472 Seiten, € 72,95.

Das Potenzial Künstlicher Intelligenz für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen ist trotz aller bereits gesammelten Erkenntnisse über die Interaktion in virtuellen Lernwelten weitgehend unerforscht. Mickaël Roy schließt mit der Publikation der Studie nicht nur eine Forschungslücke, sondern zeigt auch die Komplexität der Vorbereitung, sowohl technischer als auch inhaltlicher Art, für die Planung ähnlicher, interdisziplinär angelegter Studienprojekte auf.

Die hier rezensierte Publikation La réalité virtuelle pour l’apprentissage des langues. Une étude auprès d’adolescents apprenant le français ou l’allemand ist mit ihren 472 Seiten in insgesamt 15 Kapitel gegliedert, das theoretische und empirische Erkenntnisinteresse dieser Studie entstand in der durch Wissenschaft und Mehrsprachigkeit geprägten trinationalen Region Rhin Supérieur. Bereits im Jahr 2009 begann eine Kooperation zwischen dem Karlsruher Institut für Technologie und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe zur Erforschung virtuell basierten Fremdsprachenlernens. Diese Kooperation ermöglichte die Gründung des interdisziplinären Forschungsteams LiVE-Learning in Virtual Environments (2011). Ungefähr zeitgleich wird das europäische Projekt Environnement Virtuel pour L’Enseignement Immersif des Langues étrangères dans la Région Trinationale Métropolitaine du Rhin Supérieur (EVEIL-3D) angestoßen, welches sich auf die Zusammenarbeit zwischen französischen und deutschen Wissenschaftler*innen stützt (16–18):

„[Das Projekt] EVEIL-3D installe une collaboration entre des partenaires à la fois issus du domaine de la réalité virtuelle et des sciences du langage. Ils sont, cette fois-ci, situés des deux côtés du Rhin, en France et en Allemagne“ (17).

Das Projekt EVEIL-3D startete im Januar 2012 mit der Einrichtung der 3D-Sprachlabore für den immersiven Fremdsprachenunterricht. Ziel war es, erwachsene Sprachlerner*innen in den Kontext einer Spielumgebung zu versetzen, in dem sie mit einem virtuellen Gegenüber sprachlich interagieren. Die Aktualität der hier zu besprechenden Publikation ist somit nicht nur in der Erforschung der Wirksamkeit virtueller Welten für das Fremdsprachenlernen begründet, sondern liefert darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse über die Wirksamkeit und den Erfolg virtueller Lernumgebungen mit avatargestützten Lerninhalten im Kontext fremdsprachlichen Lernens (16–20). Im Vordergrund steht hier die Initiierung und Begleitung erwachsener Sprachlerner*innen in virtuellen Begegnungssituationen, die eine Aufgaben-stellung (task) in der Zielsprache voraussetzen. Diese Studie ist für Wissenschaftler*innen und Didaktiker*innen, die ähnliche Forschungsprojekte durchführen wollen, auf dem Hintergrund der Diskussion über den Einsatz Künstlicher Intelligenz in Lernumgebungen mit einem intuitiven pädagogischen Avatar sowie aufgrund der detaillierten Dokumentation der Durchführung der Studie und der Forschungsergebnisse als hoch relevant einzuschätzen. Die vorliegende Publikation ist in französischer Sprache verfasst.

Mickaël Roy eröffnet seine Dissertation mit einer konzisen Einleitung (Kapitel 1) (15–22), welche zunächst vermuten lässt, der Autor begäbe sich mit dem expliziten Anliegen jener Faszination nachzugehen, welche die Möglichkeiten menschliche Kommunikation im virtuellen Raum zu erleben auslöst und inwiefern diese ihre Wirkung im Kontext des fremdsprachlichen Lernens entfalten kann, auf bereits betretenes Terrain (15).

Dieser Eindruck wird durch die vom Autor unternommene Darstellung des Forschungsfeldes und die Erläuterung der Forschungsfrage zum Einfluss des immersiven Fremdsprachenlernens in einer virtuellen Begegnungssituation auf die Sprachlernsituation in der Zielsprache aufgelöst. Wie schon der Titel der Publikation vermuten lässt, soll die Korrelation zwischen der Aufgabenstellung (task) und der durch diese ausgelöste Interaktion in der Zielsprache, hier in der virtuellen Lernumgebung, untersucht sowie die über ein pädagogisches Agentensystem ausgelösten Stimuli im Hinblick auf die Identifikation der Lerner*innen mit der Sprachlernsituation hinterfragt werden (18–19).

Da die Überlegungen im empirischen Teil der Studie und die Reflexion über den Einfluss und Gestaltung virtueller Lernumgebungen vom Autor sehr umfangreich dokumentiert und erläutert sind, werden hier -- im Hinblick auf die Relevanz und Übertragbarkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse -- lediglich die zentralen Aussagen der Studie zusammengefasst und kommentiert.

Der umfangreiche Band teilt sich anschließend in einen theoretischen Teil (Kapitel 2 bis 6) und empirischen Teil (Kapitel 7–15). Zuerst fächert der Autor die dem Forschungsprojekt zugrunde gelegten theoretischen Perspektiven auf: Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien (Kapitel 2) (23–34), Kommunikation in der Zielsprache (Kapitel 3) (35–62), Merkmale virtueller Realität (Kapitel 4) (63–78), das subjektive Erleben virtueller Realität (Kapitel 5) (79–93) und die individuelle Interaktion in virtuellen Welten (Kapitel 6) (95–108). Jedes Kapitel enthält eine kurze Einführung in das jeweilige Themenfeld, dem Leser eröffnet sich somit die interdisziplinäre Relevanz der hier zu besprechenden Studie.

Hieran schließt sich der empirische Teil der Arbeit an, dem die Erläuterung des methodischen Ansatzes in Kapitel 7 (Cadre méthologique de la recherche) vorangestellt ist (109–133). Kapitel 8 zeigt den Aufbau der Korpusanalyse, die zur Datenerhebung eingesetzten Instrumente sowie das methodische Vorgehen (135–172). Es folgt eine detaillierte Dokumentation der Vorstudie in Kapitel 9 (Études préliminaires) (173–187). Kapitel 10 (189–219) beschreibt die Wirksamkeit („marques de présence des élèves dans la réalité virtuelle“, 219) des Dialogs zwischen dem Sprachlerner mit seinem pädagogischen Avatar, welche in Kapitel 11 (221–236) durch die detaillierte Auswertung der Interaktion in der Zielsprache in einer virtuellen Lernumgebung ergänzt wird. Das folgende Kapitel 12 leitet aus den Ergebnissen erste Überlegungen über Lernerprofile in einer avatargeleiteten Kommunikation ab. Dem Autor gelingt es in Kapitel 12 (237–266) herauszuarbeiten, dass weniger die Identifikation des Lerners mit der Sprachbegegnung im Dialog, sondern vielmehr besondere Charakteristika des Avatars, wie zum Beispiel Stimme oder ausgeführte Handlungen, ein Gefühl authentischer Präsenz in virtuellen Sprachhandlungssituationen erzeugen. Demgegenüber können jene Sprachlerner*innen, welche eine ausgeprägte Bewusstheit über die mediale Begegnung oder Spielsituation aufrechterhalten, das sprachliche Handeln im virtuellen Raum nur eingeschränkt wirklichkeitsnah erleben. Kapitel 13 fokussiert die Interaktion in der Zielsprache (267–319). In Kapitel 14 (321–341) führt der Autor Überlegungen zur Rolle des Lehrenden in einem virtuell basierten Sprachunterricht an. Der Lehrende nimmt demzufolge nicht nur bei der Lösung einer Aufgabenstellung eine zentrale Position ein, sondern er ist vor allem unerlässlicher Ansprechpartner für den Lernenden in der virtuell basierten immersiven Sprachlernsituation (340–341).

Der Mehrwert von Aufgabenstellungen, die in einer dreidimensionalen Sprachlernsituation gelöst werden sollen, liegt im Eintritt der Sprachlerner*innen in die virtuelle Realität der Zielsprache. Da das Kommunikationsverhalten von Menschen nur mit Einschränkungen einem vorgeschriebenen Szenario zu folgen vermag, wie die Ergebnisse zeigen, ist die Präsenz einer Lehrperson für den Lernerfolg von entscheidender Bedeutung. Diese Arbeit ist für (Sprach-)Didaktiker*innen von Interesse, die in Projekten zum Einsatz Künstlicher Intelligenz arbeiten oder nach Alternativen zu herkömmlicher Sprachlernsoftware suchen. Der interdisziplinäre Ansatz und die Ergebnisse der Arbeit geben spannende Einblicke in ein Forschungsprojekt, das viel Grundlagenwissen über den Einsatz pädagogischer Avatare in Lehr-/Lernsituationen liefert und als Ausgangspunkt für weitere (fachübergreifende) Folgestudien dienen wird.

Online erschienen: 2020-04-17

Erschienen im Druck: 2020-04-08

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https://doi.org/10.1515/infodaf-2020-0072