Gebele, Diana; Zepter, Alexandra L. (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Unterricht mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2018. – ISBN 978-3-8340-1864-9. 222 Seiten, € 19,80.

Judith Baße

doi:10.1515/infodaf-2020-0036

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Gebele, Diana; Zepter, Alexandra L. (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Unterricht mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2018. – ISBN 978-3-8340-1864-9. 222 Seiten, € 19,80.

Judith Baße

Published/Copyright: April 17, 2020

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From the journal Informationen Deutsch als Fremdsprache Volume 47 Issue 2-3

Rezensierte Publikation:

Gebele, Diana; Zepter, Alexandra L. (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Unterricht mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2018. – ISBN 978-3-8340-1864-9. 222 Seiten, € 19,80

Das schmale Buch richtet sich an Forschende und an interessierte Studierende und Lehrkräfte. Es versammelt dreizehn Aufsätze zum Themenbereich und ist in drei Teile gegliedert. Nach einer Einleitung werden im ersten Teil übergeordnete Problemfelder im Zusammenhang des Themas abgesteckt und Lösungen diskutiert. Der zweite Teil – etwa die Hälfte des Buches – widmet sich dem Kerngeschäft Deutschunterricht. Hier werden die einzelnen Fertigkeiten Lesen, Hören, Sprechen, Schreiben sowie die Themen Grammatik, Wortschatzvermittlung und Alphabetisierung in je einem Aufsatz behandelt. Das Buch schließen zwei Aufsätze zur Lehrkräfte-Bildung ab.

Siebert-Ott und Decker diskutieren in ihrem Beitrag die Curriculum-Entwicklung für Deutsch und DaZ und heben am Lehrplan des Landes Bayern die gelungene Vernetzung beider Fächer hervor. Sie wünschen sich ein Gesamtsprachencurriculum, das Mehrsprachigkeit gezielt entwickelt und sowohl auf das Leben in einem Land als auch in der globalisierten Welt vorbereitet. Decker-Ernst hat in den Jahren 2008 bis 2012 „Vorbereitungsklassen“ in Baden-Württemberg untersucht und betont, dass es nicht nur Heterogenität auf Seiten der Lernenden (z. B. familiäre Voraussetzungen, Lernpotenziale), sondern auch auf Seiten der Institution (Lehrkräfte, Unterrichtszeiten und -mittel, Organisation der Klassen) gibt. Deshalb müsse man den Veränderungshebel ebendort ansetzen und die institutionellen Bedingungen stärker unter die Lupe nehmen.

Rösch plädiert in ihrem Beitrag „Interkulturelles (!?) Lernen in sprachlich-heterogenen Lerngruppen“ für eine plurale Sicht auf die kulturellen Hintergründe, die alle Schüler (nicht nur die mit Migrationshintergrund) mitbringen. Sie macht Vorschläge für interkulturelles Lernen in Neuzugewanderten-Lerngruppen und für solches Lernen in Regelklassen und bedauert die Rolle mangelnder Sprachkenntnisse als Diskriminierungsfaktor. Maak und Brede entwerfen in ihrem Aufsatz einen theoretischen Rahmen für das Thema „Mittlersprache“, also für eine Sprache, die die Kommunikation zwischen eigentlich anderssprachigen Parteien (vgl. 62) ermöglicht. Sie liefern eine neue, erweiterte Definition für „Mittlersprache“ und zeigen die Bedeutung für den DaZ-Unterricht sowie Einsatzmöglichkeiten auf. Jeuk stellt in seinem Aufsatz „Sprachdiagnostik und Sprachstandsbeobachtung“ sowohl selektierende Diagnoseverfahren als auch Methoden der Förderdiagnostik vor, mit denen während des Schuljahrs die weitere Förderung eines Schülers bestimmt werden könne. Er betont den Vorrang einer warmherzigen Aufnahme von neu zugewanderten Schülern vor der Konfrontation mit einem Test.

Dawidowicz und Feick referieren verschiedene Möglichkeiten der Alphabetisierung: Alphabetisierung in der Erstsprache (in Kursen, die dem DaZ-Unterricht zeitlich vorausgehen), kontrastive Alphabetisierung, Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch. Sie präferieren sie in dieser Reihenfolge. Die Autorinnen betonen die Möglichkeiten, die der Autonomieförderung gerade auch von zu Alphabetisierenden dienen, wenn Unterricht gemeinsam mit schon alphabetisierten Schülern via Binnendifferenzierung erteilt wird. Ballis und Hackl beschreiben in ihrem Aufsatz den Erwerb von Lesekompetenz mit Bildern aus der Raumfahrt (Diagnose z. B. als „Astronautencheck“), was sich der Referentin leider nicht ganz erschlossen hat. Die Autoren nennen didaktisch-methodische Aktivitäten zum Erwerb von Lesekompetenz, z. B. die Förderung von Lesestrategien (die genannten Beispiele greifen in den Augen der Rezensentin allerdings recht hoch) und die Bereitstellung von Unterstützungsangeboten beim Lesen schwieriger Texte. Zum Abschluss wird ein Modell der Lesekompetenz vorgestellt, das das Modell von Rosebrock/Nix um eine „Vermittlungsebene“ erweitert.

Zepter widmet sich in ihrem Aufsatz dem „Schreiben im bildungssprachlichen Register“. Das betreffe nicht nur die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer, vielmehr sei auch gerade literarisches Lernen dazu geeignet, bildungssprachliche Kompetenzen anzubahnen – insbesondere durch den Fokus der Texte auf die eigene Sprachlichkeit und durch die Eigenschaft, beim Leser/Schreiber einen sog. Vorstellungsraum zu eröffnen. Die Fähigkeit, Vorstellungsräume zu entwickeln, beschreibt die Autorin als grundlegend für die Fähigkeit, Abstraktionen zu verstehen (die wiederum Grundlage von Bildungssprache sind). Sie stellt ein Unterrichtsbeispiel aus der sog. generativen Textproduktion ausführlich vor.

Der Aufsatz von Stude/Fekete widmet sich dem „Sprechen und Zuhören“. Es wird erläutert, was Zuhörkompetenzen sind und welche Schwierigkeiten sich für DaZ lernende Kinder und Jugendliche ergeben. Die Autorinnen führen eine Reihe von Förderungsmöglichkeiten im Unterricht an, so u. a. die interaktionale Einbindung auch von Ein-Wort-Antworten, das Erzählen, die Wiederholung sprachlicher Grundmuster oder das Stellen von Beobachtungs- resp. Hinhöraufgaben.

Gebele betont in ihrem Aufsatz zur „Grammatik im Deutschunterricht“ die Bedeutung von Grammatikbeherrschung für den Erwerb des Deutschen und von Bildungssprache. Die Autorin untersucht, welche Rolle Grammatikvermittlung in den Lehrplänen verschiedener Bundesländer spielt, und stellt Theorien zur Grammatikvermittlung aus der Zweitspracherwerbsforschung vor. Gebele setzt sich dafür ein, das implizite Erwerben durch systematische, explizite Grammatikvermittlung zu stützen, da sie dies noch nicht in den Schulen umgesetzt sieht. In ihrem Aufsatz zum „Basis-Wortschatz“ betont Oomen-Welke zunächst die Bedeutung eines sicheren lebensweltlichen Basiswortschatzes, der weiter ausgebaut werden müsse. Dieser solle häufige und geläufige Wörter umfassen sowie Substantive, Verben und die anderen Wortarten anteilig ihrem Vorkommen in der Standardsprache. Die Autorin verweist auf eine von ihr erstellte Liste von 1000 Basis-Wörtern und 500 Wortfamilien, die 2018 erscheinen soll (und nach Recherche der Rezensentin 2019 erschienen ist: Decker-Ernst/Oomen-Welke). Diese Listen seien für die Hand der Lehrkraft, nicht für die Schüler bestimmt. Übungen für diese stellt die Autorin anschließend vor.

Die Herausgeberinnen des Buches, Gebele und Zepter, stellen in ihrem Beitrag zur „Lehrer(innen)-Professionalisierung“ einerseits ein Studienprogramm der Universität Köln vor, das Theorie und Praxis verzahnt und bei dem Studierende in Sprachförderangeboten an Kölner Schulen unterrichten, andererseits die in Planung befindliche Weiterentwicklung der bestehenden Studienprogramme; diese sollen curricular verknüpfte Lehrveranstaltungsbausteine und v. a. die kontinuierliche Unterstützung der Kölner Schulen durch das Unterrichten der Studierenden dort umfassen. Bartosch und Rohde betrachten in ihrem Aufsatz „Zukunftsstrategie LehrerInnenbildung“ Mehrsprachigkeit als Standardfall und stellen anschließend Faktoren vor, die Einfluss auf den Erwerb neuer Sprachen haben. Sie fordern die Entwicklung einer mehrsprachigen Fremdsprachendidaktik, die über die Wertschätzung der Erstsprachen hinausgeht. Dies könne durch einen offenen Fremdsprachenunterricht geschehen, in dem Denotationen verhandelt würden und über Sprache und Kultur reflektiert werde. Dazu auszubilden, sei Entwicklungsaufgabe professioneller Lehrerbildung.

Allen Aufsätzen liegt die Überzeugung zugrunde, dass angesichts der Verschiedenartigkeit der Schüler eine sprach- und insgesamt differenzsensible Haltung gefordert ist und dass die Kinder und Jugendlichen alle Förderung und Unterrichtsangebote bekommen sollen, um möglichst früh – zumindest teilweise – in eine Regelklasse wechseln zu können.

Allen Aufsätzen ist ein (deutsches) Abstract vorangestellt. In jedem Aufsatz gibt es einen Überblick über den Forschungsstand oder einen Rückblick auf die bisherige Entwicklung des Themas. Viele Aufsätze bieten neue Ergebnisse der Forschung. Einzelne Seiten sind leider schlecht Korrektur gelesen; auf dem Titelblatt finden sich vier Tippfehler.

Die Aufsätze des zweiten Teils liefern für den DaZ-Unterricht mehr (bei Zepter) oder weniger (bei Oomen-Welke) ausgearbeitete Unterrichtsideen; ansonsten werden z. T. sehr ausführliche Hinweise auf geeignete weiterführende Materialien gegeben (bei Stude/Fekete, bei Dawidowicz/Feick). Allerdings ist eine der genannten Methoden (Reichen 2008: Lesen durch Schreiben) an baden-württembergischen Schulen nicht mehr erwünscht (https://www. baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/neue-vorgaben-fuer-den-rechtschreibunterricht; 10.8.2019).

Bzgl. der Terminologie gibt es manchmal Überschneidungen. So wird der Begriff „Seiteneinsteiger“ außerhalb des Buches auch für Lehrkräfte ohne Lehramtsausbildung verwendet, „Sprachstanderhebung“ heißt in Baden-Württemberg auch die DaZ-Prüfung am Ende des Schuljahres.

Das Buch zu lesen resp. durchzuarbeiten war ein großer Gewinn. Es ermöglicht, die eigene Praxis zu reflektieren und in größere theoretische Zusammenhänge zu stellen. Es gab auch Anstoß zu vielen Fragen, z. B. Ist Lyrik Bildungssprache? Wenn ja, warum? Muss man Heterogenität akzeptieren – oder sogar fördern? Welche Rolle kann eigenes, lautes Erlesen spielen? Ist systematische Grammatik-/Formfokussierung erstrebenswert (170) oder eher nicht (205)?

Die Rezensentin wird das Buch sicherlich noch öfter wie ein Nachschlagewerk zu Rate ziehen und als Bezugspunkt nutzen.

Literatur

Decker-Ernst, Yvonne; Oomen-Welke, Ingelore (2019): 1000 Wörter Basiswortschatz Deutsch für die Grundschule. Wortschatzvermittlung in Erst- und Zweitsprache. Stuttgart: Fillibach bei Klett.Search in Google Scholar

Online erschienen: 2020-04-17

Erschienen im Druck: 2020-04-08

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https://doi.org/10.1515/infodaf-2020-0036