Home Reimann, Daniela: Die Literaturvermittlung in der Auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands. Eine Betrachtung ihrer Entwicklung, Instrumente und Tendenzen. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017. – ISBN 978-3-8260-6292-6. 287 Seiten, € 49,80.
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Reimann, Daniela: Die Literaturvermittlung in der Auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands. Eine Betrachtung ihrer Entwicklung, Instrumente und Tendenzen. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017. – ISBN 978-3-8260-6292-6. 287 Seiten, € 49,80.

  • Wolfgang Braune-Steininger
Published/Copyright: July 11, 2019

Rezensierte Publikation:

Reimann, Daniela: Die Literaturvermittlung in der Auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands. Eine Betrachtung ihrer Entwicklung, Instrumente und Tendenzen. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017. – ISBN 978-3-8260-6292-6. 287 Seiten, € 49,80.


Die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik ist längst von ihrer Position als Randphänomen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung weggekommen. In der dritten Auflage (2015) des 2005 erstmals erschienenen Standardwerks Kultur und Außenpolitik. Handbuch für Wissenschaft und Praxis überschreibt Gerd Ulrich Bauer seinen Beitrag mit dem Titel „Kein Stiefkind mehr – Die Auswärtige Kulturpolitik in Forschung und Lehre“. Daniela Reimann hat mit der Buchform ihrer 2016 an der Tübinger Universität angenommenen Dissertation einen wichtigen Teilbereich bearbeitet: „Gegenstand der Analyse ist die gegenwärtige kulturpolitisch motivierte Vermittlung von Literatur aus Deutschland ins Ausland. Dabei bezieht sich der Terminus Literatur aus Deutschland auf in deutschen Verlagen in deutscher Originalsprache publizierte Texte.“ (16). Spezifizierend wird gesagt, dass die Literaturvermittlung „sowohl die Produktion als auch die Distribution und Rezeption literarischer Texte“ (40) fördert.

Vor allem die Mittlerorganisationen Auswärtiger Kulturpolitik, allen voran das Goethe-Institut, sind als Aktivposten bei der Bekanntmachung deutscher Literatur im Ausland zu nennen. Dabei stand in den Anfängen der auswärtigen Kulturarbeit nach Gründung der Bundesrepublik die Unterstützung von Literatur noch nicht im Vordergrund: „Die Vermittlung von Literatur spielte beim Goethe-Institut zunächst im Rahmen der Lehrmittel für den Deutschunterricht eine Rolle.“ (62). Dessen primäre Aufgabe war vielmehr die Förderung der deutschen Sprache, wie Reimann überzeugend nachweist. Erst in den 1970er-Jahren erhielt die Literatur in der Programmarbeit des Goethe-Instituts, in dessen richtungsweisenden Jahrbüchern und in dessen Förderaktivitäten eine größere Relevanz. Willy Brandt unterstrich in maßgebenden Beiträgen die Bedeutsamkeit der Auswärtigen Kulturpolitik, und der damalige parlamentarische Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Ralf Dahrendorf, propagierte in den außenkulturpolitischen Leitlinien einen erweiterten Kulturbegriff.

Die Bundesrepublik befand sich in Systemkonkurrenz mit der DDR, die sich ihrerseits nach außen als Kulturnation profilieren wollte. So war es für die bundesdeutschen Mittlerorganisationen wichtig, die westdeutschen kulturellen Leistungen als Zeichen eines pluralistischen, aufgeschlossenen und dialogwilligen Staates zu präsentieren.

Dies zeigte sich, resultierend aus der Kooperation von Frankfurter Buchmesse und Auswärtigem Amt, schon in der Konzeption und Zielsetzung von Ausstellungen deutscher Literatur im Ausland: „In den Ausstellungen wurde häufig nicht nur Literatur aus Deutschland präsentiert, sondern auch ausländische Literatur in deutscher Übersetzung. Damit wollte man das eigene Interesse an Literatur aus dem Ausland und am Literaturtransfer als solchen verdeutlichen und nahm gleichzeitig die erst später in amtlichen Dokumenten des Auswärtigen Amtes aufgenommene Idee von Auswärtiger Kulturpolitik als Zweibahnstraße in der Praxis vorweg.“ (63 f.).

Autoren wie Günter Grass, Heinrich Böll und Siegfried Lenz trugen durch ihre Bücher und ihr persönliches Erscheinungsbild auf Lesereisen im Ausland zu einem positiveren Bild von deutschen Intellektuellen bei. Dennoch gab es in einigen Ländern, vor allem aus politischen Gründen, Vorbehalte gegen die aktuelle Literatur. So wurde in den 1960er-Jahren in Spanien die Literatur aus Deutschland „als zu liberal und nicht traditionell genug angesehen. Scheinbar marxistische und die Kirche attackierende Schriftsteller wurden verboten.“ (80). Politisch motivierte Probleme gab es auch in den ehemaligen Ostblockstaaten. Selbst noch im 21. Jahrhundert machte das nordkoreanische Regime Schwierigkeiten, als das Goethe-Institut 2004 einen deutschen Lesesaal in Pjöngjang eröffnete und die Machthaber den Zeitschriftenbestand kritisierten.

Bemerkenswert sind Reimanns Forschungsergebnisse zur Leseerwartung an deutsche Literatur im Ausland, denn: „Der Leser erwartet von der Lektüre eine Erweiterung seines Wissensstandes, das heißt deutsche Literatur wird für ihn zum Lieferanten für Informationen. Die Texte sollen der Aufbereitung und Erklärung der deutschen Gesellschaft dienen.“ (115). Auch die Informationen zur Reputation von deutscher Literatur im Ausland sind relevant. Lange galt deutsche Prosa als kopflastig, verschlossen und nur einem elitären Leserkreis zugänglich. International erfolgreiche Einzelleistungen wie Das Parfum von Patrick Süskind und Der Vorleser von Bernhard Schlink konnten diese Sichtweise nicht beeinträchtigen. Erst Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann, der ab 2005 verstärkte Beachtung im Ausland fand, markierte einen Wendepunkt in der Rezeption deutscher Literatur: „Gelobt wurden vor allem die Leichtigkeit des Textes und dessen Unterhaltungswert. Er schien nichts mit den bedeutungsschweren Klassikern gemein zu haben, denen man zu viel Metaphysik und zu wenig Unterhaltung vorwarf.“ (118).

Reimann, die aus Politikerreden von Bundeskanzler Ludwig Erhard bis zum aktuellen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zitiert und exemplarisch über die Literaturvermittlung nach Polen referiert, hat eine beachtliche Forschungsleistung zu einem Thema der Zukunft – Germanistische Perspektiven der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik seit 1945 – erbracht, indem sie die kulturdiplomatische Relevanz und Funktionalisierung von Literatur aufgezeigt hat. Weiterführende Studien müssten die Themenstellung eines „literarischen Kanon[s] für die deutsche auswärtige Kulturarbeit“ (Braune-Steininger 2007: 5) erörtern und dabei der Frage „nach der Kanonisierung, Dekanonisierung und Rekanonisierung bestimmter Autoren und Werke nachgehen“ (Braune-Steininger 2007: 6).

Literatur

Bauer, Gerd-Ulrich (2015): „Kein Stiefkind mehr – Die Auswärtige Kulturpolitik in Forschung und Lehre“. In: Maaß, Kurt-Jürgen (Hrsg.): Kultur und Außenpolitik. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Baden-Baden: Nomos, 409–415.10.5771/9783845255453-406Search in Google Scholar

Braune-Steininger, Wolfgang (2007): „Germanistische Perspektiven der deutschen auswärtigen Kulturpolitik seit 1945. Historisch-diskursive Studien zu einem Thema der Zukunft“. In: Zielsprache Deutsch 3, 3–10. Search in Google Scholar

Online erschienen: 2019-07-11
Erschienen im Druck: 2019-07-10

© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Nachruf
  4. Vorbemerkung
  5. Rezensionen
  6. Agiba, Sara: Lernen durch Irritation. Ein Beitrag zur Untersuchung kulturbezogener Lernprozesse bei ägyptischen DaF-Lernenden. München: iudicium, 2017. – ISBN 978-3-86205-501-2. 270 Seiten, € 42,00.
  7. Ahmadian, Mohammad Javad; del Pilar García Maya, María (Hrsg.): Recent Perspectives on Task-Based Language Learning and Teaching. Boston: De Gruyter, 2018 (Trends in Applied Linguistics). – ISBN 978-1-5015-1147-9. 280 Seiten, € 99,95.
  8. Akkramas, Pakini; Funk, Hermann, Traoré, Salifou (Hrsg.): Deutsch als Fremdsprache im Spannungsfeld zwischen Globalisierung und Regionalisierung. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2017 (Im Medium fremder Sprachen und Kulturen, 30). – ISBN 978-3-631-71204-7. 444 Seiten, € 72,95.
  9. Bröcher-Drabent, Kirsten: Aussprache und Wahrnehmung. Eine empirische Studie zur Rezeption von L2-Varietäten des Deutschen. Tübingen: Stauffenburg, 2018 (Stauffenburg Linguistik, 97). – ISBN 978-3-95809-518-2. 254 Seiten, € 49,80.
  10. Buchwald-Wargenau, Isabel: Mein Leben in Deutschland. Der Orientierungskurs. Basiswissen Politik, Geschichte, Gesellschaft. München: Hueber, 2018. – ISBN 978-3-19011-499-3. 124 Seiten, € 13,00.
  11. Bührig, Kristin; Schlickau, Stephan (Hrsg.): Argumentieren und Diskutieren. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2017 (Hildesheimer Schriften zur Interkulturellen Kommunikation, 8). – ISBN 978-3-631-67322-5. 192 Seiten, € 46,95.
  12. Efing, Christian; Kiefer, Karl-Hubert (Hrsg.): Sprachbezogene Curricula und Aufgaben in der beruflichen Bildung. Aktuelle Konzepte und Forschungsergebnisse. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2017 (Wissen – Kompetenz – Text, 12). – ISBN 978-3-631-67698-1. 264 Seiten, € 63,95.
  13. Ehmke, Timo; Hammer, Svenja; Köker, Anne; Ohm, Udo; Koch-Priewe, Barbara (Hrsg.): Professionelle Kompetenzen angehender Lehrkräfte im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Münster: Waxmann, 2018. – ISBN 978-3-8309-3243-7. 304 Seiten, € 39,90 €.
  14. Fandrych, Christian; Thurmair, Maria: Grammatik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Grundlagen und Vermittlung. Berlin: Erich Schmidt, 2018 (Grundlagen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, 2). – ISBN 978-3-503-17758-5. 296 Seiten, € 19,95.
  15. Haitzinger, Horst: Politische Karikaturen von Horst Haitzinger. Grünwald: Stiebner, 2017. – ISBN 978-3-8307-1701-0. 72 Seiten, € 11,90. Haitzinger, Horst: Politische Karikaturen von Horst Haitzinger. Grünwald: Stiebner, 2018. – ISBN 978-3-8307-1704-1. 72 Seiten, € 11,90.
  16. Hering, Axel; Matussek, Magdalena; Perlmann-Balme, Michaela: Sicher! Übungsgrammatik. Deutsch als Fremdsprache. München: Hueber, 2018. – ISBN 978-3-19-301206-7. 240 Seiten, € 21,00.
  17. Hilpert, Silke; Kerner, Marion u. a.: Schritte plus Neu 5. Deutsch als Zweitsprache für Alltag und Beruf. Kursbuch und Arbeitsbuch. München: Hueber, 2017. – ISBN 978-3-19-301085-8. 208 Seiten, € 15,90. Kalender, Susanne; Klimaszyk, Petra: Schritte plus Neu 5. Deutsch als Zweitsprache. Lehrerhandbuch. München: Hueber, 2018. – ISBN 978-3-19-311085-5. 228 Seiten, € 16,50.
  18. Hirschfeld, Ursula; Reinke, Kerstin: Phonetik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Orthografie und Phonetik. 2., neu bearbeitete Auflage. Berlin: Erich Schmidt, 2018 (Grundlagen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, 1). – ISBN 978-3-503-17756-1. 260 Seiten, € 19,95.
  19. Hoffmann, Ludger; Kameyama, Shinichi; Riedel, Monika; Şahiner, Pembe; Wulff, Nadja (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Ein Handbuch für die Lehrerausbildung. Berlin: Erich Schmidt, 2017. – ISBN 978-3-503-17194-1. 542 Seiten, € 29,95.
  20. Janas, Carina: Yalla Tarek! Begrüßung, Orientierung in der Stadt, Bus & Bahn, Du & Sie. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen (Einfach loslesen! A1.1), 2016. – ISBN 978-3-12-674914-5. 48 Seiten, € 4,99.
  21. Klein, Katharina; van Elten, Franziska: Kompakt. Mit Erfolg zum DSD I PRO. Stuttgart: Erich Klett Sprachen, 2018. – ISBN 978-3-12-675179-7. 64 Seiten, € 12,99.
  22. Laukkanen, Liisa; Parry, Christoph (Hrsg.): Schreiben zwischen Sprachen. Ausgewählte Beiträge der 3. Internationalen Arbeitstagung Germanistische Forschungen zum Text Vaasa 19.–20.05.2016. München: iudicium, 2017. – ISBN 978-3-3-86205-595-1. 131 Seiten, € 19,00.
  23. Leisen, Josef: Handbuch Fortbildung Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen, 2017. – ISBN 978-3-12-666859-0. 285 Seiten, € 62,50.
  24. Niebisch, Daniela; Penning-Hiemstra, Sylvette u. a.: Schritte plus Neu 3. Österreich. Kurs- und Arbeitsbuch. München: Hueber, 2017. – ISBN 978-3-19-301080-3. 212 Seiten, € 16,50. Niebisch, Daniela; Penning-Hiemstra, Sylvette u. a.: Schritte plus Neu 3. Österreich. 2 Audio-CDs zum Kursbuch. München: Hueber, 2017. – ISBN 978-3-19-321080-7. € 24,00. Hilpert, Silke; Niebisch, Daniela u. a.: Schritte plus Neu 4. Österreich: Kurs- und Arbeitsbuch. München: Hueber, 2017. – ISBN 978-3-19-401080-2. 212 Seiten, € 16,50. Niebisch, Daniela; Pude, Angela; Specht, Franz: Schritte plus Neu 4. Österreich. 2 Audio-CDs zum Kursbuch. München: Hueber, 2017. – ISBN 978-3-19-421080-6. € 24,00.
  25. Puato, Daniela; Di Meola, Claudio: DaF-Übungsgrammatiken zwischen Sprachwissenschaft und Didaktik. Perspektiven auf die semanto-pragmatische Dimension der Grammatik. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2017 (Deutsche Sprachwissenschaft International, 26). – ISBN 978-3-631-72905-2. 308 Seiten, € 60,70.
  26. Reimann, Daniela: Die Literaturvermittlung in der Auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands. Eine Betrachtung ihrer Entwicklung, Instrumente und Tendenzen. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017. – ISBN 978-3-8260-6292-6. 287 Seiten, € 49,80.
  27. Sahel, Said: Kasus. Heidelberg: Winter, 2018. – ISBN 978-3-8253-6866-1. 99 Seiten, € 13,00.
  28. Sanz, Carlos; Thomas, Timea: Alltagstauglich Deutsch. Frases útiles para todos los días. Alemán – Español. München: Hueber, 2016. – ISBN 978-3-19-317933-3. 113 Seiten, € 12,50.
  29. Schickhaus, Tobias Akira: Interkulturelle Literaturwissenschaft und Wissenssoziologie. Studien zu deutsch- und japanischsprachigen Texten von Yoko Tawada. Bielefeld: transcript, 2017. – ISBN 978-3-8376-4086-1. 321 Seiten, € 39,99.
  30. Schiedermair, Simone (Hrsg.): Literaturvermittlung. Texte, Konzepte, Praxen in Deutsch als Fremdsprache und den Fachdidaktiken Deutsch, English, Französisch. München: iudicium, 2017. – ISBN 978-3-86205-497-8. 273 Seiten, € 42,00.
  31. Schiedermair, Simone (Hrsg.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache & Kulturwissenschaft. Zugänge zu sozialen Wirklichkeiten. München: iudicium, 2018. – ISBN 978-3-86205-522-7. 296 Seiten, € 39,00.
  32. Voerkel, Paul: Deutsch als Chance: Ausbildung, Qualifikation und Verbleib von Absolventen brasilianischer Deutschstudiengänge. Dissertation. Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2017. 719 Seiten. Online: https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00033644 (20.05.2019)
  33. Wierlacher, Alois (Hrsg.): Kulinaristik des Frühstücks. Breakfast Across Cultures. Analysen – Theorien – Perspektiven. München: iudicium, 2018. – ISBN 978-3-86205-550-0. 437 Seiten, € 64,00.
Downloaded on 14.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/infodaf-2019-0047/html
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