Reviewed Publication:
Paskal: Cleo Indo-Pacific strategies, perceptions and partnerships The view from seven countries. London Chatham House März 2021
Cleo Paskal leitet das Chatham House-Projekt über Wahrnehmungen zum Meinungsumschwung im Indo-Pazifik aus der jeweiligen Sicht der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Indiens, Japans, Ozeaniens (Tonga) und Chinas. Sie legt hier die Erkenntnisse und Ergebnisse aus einer mehrjährigen Forschungstätigkeit sowie Gesprächen mit Kennern der Materie in Forschungseinrichtungen und Politik vor. Sie macht in ihrer einleitenden Zusammenfassung bereits deutlich, warum sie dieses Studienprojekt verfolgt. Es geht um Analyse und Darstellung der Reaktionen der Anrainer Staaten des Indo-Pazifik auf das Erstarken Chinas im wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bereich. Die untersuchten Reaktionen der oben genannten sechs Staaten kreisen um den künftigen Umgang mit China, wobei die Positionen sich nach Ausbruch der Pandemie deutlich zu Ungunsten Chinas verändert hätten. Hierzu gehöre eine Wiederbelebung des Quad Sicherheitsdialogs zwischen Indien-Japan-Australien-USA sowie Überlegungen zu einer künftigen Indo-Pazifik Charta in Anlehnung an die Atlantik Charta von 1941.
In ihrem Einführungskapitel legt Paskal ihre Vorgehensweise für die Gesamtstudie dar. Wichtig ist ihr das – nicht immer gegebene – strategische Verständnis für die unterschiedlichen Sichtweisen beteiligter Staaten und Allianzpartner. Erst dieses erlaube Kooperation und Zusammenarbeit trotz divergierender Einschätzungen. In der Betrachtung zu den Perzeptionen verdeutlicht die Autorin daher die unterschiedlichen Sichtweisen zum Gebiet des Indo-Pazifik. Indien betrachte das Gebiet von der Ostküste Afrikas bis zur Westküste der USA als dazu gehörig, die USA übernehmen vielfach die Kennzeichnungen des US Indo-Pacific Command, Japan beziehe sich eher auf Äußerungen des früheren japanischen Premierministers Shinzo Abe und seine Bezeichnung des Free and Open Indo-Pacific (FOIP), Frankreich möchte das Gebiet konkretisieren und nicht im Vagen belassen, und alle müssen ihre Sicht mit dem chinesischen Vorgehen auf den Prüfstand stellen.
Es folgen vertiefende Länderberichte in der chronologischen Reihenfolge ihrer Forschung. Diese Kapitel beginnen mit einem Überblick über die Beweggründe dieser Länder im Kontext des Indo-Pazifik als akzeptiertem Raum für deren sicherheitspolitische Betrachtungen. Gefolgt werden diese von einer Zusammenfassung der vertiefenden Betrachtung mittels Interviews und Rundem Tisch-Gesprächen. Jedes Kapitel schließt dann mit einer Analyse der ermittelten Ergebnisse. Für China erfolgt eine Darstellung der Ergebnisse der Feldforschung in einem umrandeten Feld, da in China keine Interviews geführt werden konnten.
Die Studie schließt mit einer Zusammenfassung der strategischen Veränderungen in der Region seit Abschluss der Feldstudien einschließlich der erkennbaren Veränderungen und Einflüsse durch die COVID-19 Pandemie. Daraus leitet die Autorin Empfehlungen zur Stärkung und Herausbildung nachhaltiger Partnerschaften in der Indo-Pazifischen Region ab. Grundlage sind über 200 Interviews, die Einflüsse der Pandemie seit März 2020 (da ab diesem Zeitpunkt keine weiteren Gespräche vor Ort mehr möglich waren) sowie das immer stärkere Auftreten Chinas im wirtschaftlichen, diplomatischen und militärischen Bereich. Alle Ergebnisse lagen vor Beginn der Pandemie vor, allerdings beschleunigten dann die Pandemie und das Auftreten Chinas in der Region die Veränderung nationaler Sichtweisen und vor allem die zunehmende Abwendung von China. Die untersuchten Staaten (alles Demokratien) müssten nun Partei ergreifen zwischen einer um gemeinsame Positionen werbenden USA und dem konfrontativ auftretenden China. Selbst Frankreich, das stets um eine eigenständige Haltung bemüht gewesen wäre, hätte diese nun zugunsten der USA verändert und führe gemeinsame maritime Operationen mit der U.S. Navy durch.
Damit bekomme auch der amerikanische Versuch der Ausformulierung einer Pazifik Charta in Anlehnung an die Atlantik Charta von 1941 wachsende Zustimmung. Für die Autorin ist hierbei notwendig, dass frühere Kolonialmächte ihr altes Gehabe ablegen und mehr auf die Sichtweisen der Anrainer eingehen müssen. Auch werde es immer deutlicher, dass eine Pazifik Charta nur Zustimmung finde, wenn – ähnlich wie in der OSZE – jeder Staat, ob klein oder groß, gleiche Rechte habe (one country – one vote). Diese Position werde deutlich von Tonga vertreten, das bisher einen Balanceakt zwischen den USA und China versuchte. Großbritannien eröffne seine Botschaft wieder, Japan unterstützte durch Waffenlieferungen und die USA bieten Tonga eine Partnerschaft mit der National Guard von Nevada als erste Schritte an.
Auch das in der OSZE bekannte Prinzip der freien Wahl seiner jeweiligen Regierung gewinne mit den Vorgängen rund um Taiwan an Bedeutung. Aus Sicht von Cleo Paskal wird sich in den nächsten Jahren entscheiden, ob diese Region zur einer Region wachsender Krisen oder wachsender Lösungen werden kann.
https://www.chathamhouse.org/2021/03/indo-pacific-strategies-perceptions-and-partnerships
© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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