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Circolo Medievistico Romano 2023

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Published/Copyright: November 22, 2024

31. Januar: Francesco D’Angelo, Oltre Gregorio da Catino. Lʼabbazia di Farfa nel basso medioevo (secoli XII–XV), beschäftigt sich mit der bislang weniger erforschten hoch- und spätmittelalterlichen Periode in der Geschichte der Abtei Farfa. Insbesondere hinterfragt er das traditionelle Narrativ vom angeblichen Niedergang der Klostergemeinschaft im Zuge des Konkordats von Worms. Der wahre Wendepunkt sei 1197 mit dem Tod Heinrichs VI. und der Krise der kaiserlichen Macht in Italien zu verzeichnen. Weitere angesprochene Etappen und Umstände waren der Prozess der Einbindung Farfas in den Kirchenstaat im Laufe des 13. Jh., die Beziehungen der Äbte mit den Päpsten in Avignon, der Aufstieg der Orsini sowie die Union zwischen den beiden Brennpunkten benediktinischen Lebens Farfa und Subiaco im 15. Jh. Ein Kennzeichen der Klostergeschichte war zuletzt die nicht unerhebliche Präsenz von Mönchen aus dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches.

6. Februar: François Wallerich, I trattati di un predicatore. Il caso di Aldobrandino da Toscanella (OP, fine del XIII secolo), stellt den Dominikaner Aldobrandino von Toscanella vor. Der Ordensmann gehörte zu den ersten Predigern, die ihre Ansprachen nicht nur in Form von Sammlungen von modellhaften sermones in Exempel-Sammlungen, sondern mit Traktaten verbreiteten. Diese beiden Optionen sollen in zweifacher Hinsicht erklärt werden: zum einen mit der Analyse der Schreibtechniken und zum anderen mit der Untersuchung der Rezeption der Texte. Dabei erscheint die Hypothese einer redaktionellen Strategie des Predigers plausibel, der ein breites Publikum erreichen wollte, indem er die Möglichkeit einer meditativen Form der Lektüre seiner Predigten angeboten hat.

28. Februar: Rino Modonutti, Il De laudabili memoria quorundam nobilium Paduanorum dello Pseudo-Favafoschi: storie, araldica e tradizione di un „opus familiare domesticum“, bezieht sich auf eine anonyme Paduaner Chronik aus der 1. Hälfte des 14. Jh., die unter dem Namen Cronachetta des Pseudo-Favafoschi bekannt ist. Der Text, dessen Edition geplant ist, wurde von der Kritik bislang nur gestreift. Die Chronik besteht aus ca. 50 Kapiteln, die sich auf Paduaner Adelsfamilien beziehen. Besonderes Augenmerk verdienen die genealogischen Informationen, die Wappen der Geschlechter, die der Chronist einzeln beschreibt und bildlich darstellt, sowie die in 19 Hss. überlieferte Textgestalt selbst. Wenn die Chronik auch anonym bleibt, so kann man ihr jetzt wenigstens einen präzisen Titel zuschreiben: De laudabili memoria quorundam nobilium Paduanorum.

15. März: Hendrik Dey, L’industria edilizia a Roma nel ‚buio‘ secolo X: nuovi appunti su tecniche murarie, organizzazione del cantiere e strutture amministrative, wendet sich dem als besonders „dunkel“ geltenden 10. Jh. in Rom zu. In archäologischer und vor allem topographischer Hinsicht ist es nach wie vor die am schlechtesten dokumentierte Phase des römischen Mittelalters, was auch einige historiographische Vorurteile gefördert hat. Es gab nur wenige Eingriffe von urbanistischer Relevanz; nur wenige große Kirchen oder andere Monumentalarchitektur wurden errichtet; die Infrastruktur (Stadtmauern, Brücken, Aquädukte usw.) wurde kaum verbessert. Immerhin haben in den letzten Jahrzehnten neue Ausgrabungen dazu geführt, ältere Funde zu kontextualisieren. Die Folge ist ein nuancierteres und oft weniger katastrophales Bild der Stadt in dieser Epoche. Die Analyse der Bautechniken erlaubt neue Einblicke in die Organisation des Bausektors und seine soziale, wirtschaftliche und politisch-administrative Bedeutung für die Römer.

27. April: Paul Oberholzer, L’immagine di Roma nel Monastero di S. Gallo nel XI secolo: il Casus Sancti Galli di Eccardo IV, präsentiert die Chronik des St. Galler Mönchs Ekkehard IV. aus dem 2. Drittel des 11. Jh. zu den Geschehnissen seines Klosters von 890 bis 972. Der Chronist wollte sein Kloster als mustergültige Benediktinerabtei darstellen, die das Erbe der karolingischen Renaissance über Jahrhunderte treu bewahrte und deswegen keiner Reformimpulse von aussen bedurfte. Aus diesem Grund orientierten sich die Mönche immer an der vormals von Karl dem Großen eingeführten stadtrömischen Liturgie. Kontakte mit dem Papsttum dienten dabei der Verdeutlichung der Rückbindung in den Reichsverband, zu dem der Papst als sakraler, aber externer Faktor gehörte. Vom wenig später aufbrechenden Gegensatz Regnum-Sacerdotium fehle noch jede Spur.

31. Mai: Enrico Faini, Spazi politici e spazi della comunicazione nei Comuni (Toscana centrale, prima metà del Duecento), knüpft an sein Thema die Frage, welche Kenntnisse man aus den Briefsammlungen des Mittelalters ziehen könne. Zirkulierten die in ihnen enthaltenen Briefe wirklich und in welcher Form? Die Kollektion des Pier della Vigna gilt als historisch relevant und Ausdruck der kaiserlichen Kanzlei, die selbstbewusst mit der päpstlichen Kanzlei auf höchstem kulturellen Niveau rivalisierte. Letzter konnte sogar auf noch ältere Traditionen zurückblicken. Der Vortrag konzentriert sich hingegen auf die Briefkultur in den lokal operierenden italienischen Stadtkommunen, die zeigen, dass ihre Führungsschichten es wie die vorgenannten Vorbilder verstanden, Texte in Umlauf zu bringen, die ihre politische Agenda propagierten und rechtfertigten. Diese Bestrebungen lassen sich in Kommunen wie Siena und San Gimignano schon in der 1. Hälfte des 13. Jh. nachweisen, also schon lange vor der Epoche eines Coluccio Salutati.

16. Oktober: Claire Judde de Larivière, Cosa sapeva la gente? Studiare i „savoirs sociaux“ degli abitanti di Venezia alla fine del Medioevo, bezieht sich auf ihr Buch mit dem Titel „L’ordinaire des savoirs. Une histoire pragmatique de la société vénitienne (XVe–XVIe siècle)“ (2023), das die Geschichte und Erscheinungsform des „Volks“ von Venedig am Ende des Mittelalters aufarbeitet. Die Zugehörigkeit zur dicht bevölkerten Stadt war an viele Faktoren und Modalitäten gebunden: an der geographischen Herkunft, an Geschlecht und Alter, an der Berufsausübung und dem wirtschaftlichen Status sowie an familiäre Banden. Untersucht werden das tägliche Miteinander der Bewohner und das Meistern von etwaigen Konflikten unter ihnen. Dazu werden Prozessakten aus dem 15. und 16. Jh. ausgewertet. Die dort festgehaltenen Aussagen der Angeklagten und Zeugen geben Einblicke in die von Generation zu Generation weitergetragenen kollektiven Praktiken und Normen, die zusammen ein für Venedig typisches „sapere sociale“ geschaffen haben.

23. November: María Ángeles Utrero Agudo, La cosiddetta architettura mozarabica: fra fonti storiche e archeologia dell’architettura, umreißt zunächst das historische und historiographische Phänomen der Mozaraber, also jener Christen von al-Andalus, die sich die Kultur der Mauren angeeignet hatten, und analysiert dann, ob und wie die mozarabische Architektur zum Verständnis der historischen Dynamik beitragen kann. Unter den präsentierten Kirchenbauten ragen die halb in den Felsen gehauene Basilika Las Mesas de Villaverde (Malaga) und die Kirche San Miguel de Escalada (León) hervor. Ihr stilistischer und bauhistorischer Vergleich legt nahe, dass auch im christlich gebliebenen Norden der iberischen Halbinsel unvoreingenommene Mönche und die sich im Kirchenbau hervortuende Oberschicht religionsübergreifend auf wandernde Handwerker aus al-Andalus zurückgreifen konnten.

11. Dezember: Carrie Beneš, Immaginare „La Sfera“. Mercanti, Mappe e Manoscritti nell’Italia del Primo Quattrocento, führt in ihr Forschungsprojekt zum geographischen Traktat „La Sfera“ aus der Feder des Florentiner Kaufmanns und Schriftstellers Gregorio/Goro Dati (1362–1435) ein, der eine weite Verbreitung fand und 1487 erstmals gedruckt wurde. Dieses bebilderte Werk stellt ein Itinerar von Gibraltar bis Tána (Russland) entlang der südlichen und östlichen Mittelmeer-Küsten dar und war wohl als eine Art Handbuch für Kaufleute gedacht, die nicht selbst reisten und ihre Kinder mit geographischen Grundkenntnissen unterweisen wollten. Der Beitrag führt in den politischen und ökonomischen Kontext ein. Außerdem werden Verbindungen zu Humanisten wie Niccolò Niccoli, Leonardo Bruni, Poggio Bracciolini erwogen. Eine „geografia morale“ zeige sich in der Berücksichtigung der heiligen Stätten der Bibel und des Christentums bis hin zum Berg Ararat und der Arche Noah.

Andreas Rehberg

Online erschienen: 2024-11-22
Erschienen im Druck: 2024-11-18

© 2024 bei den Autorinnen und den Autoren, publiziert von De Gruyter.

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Downloaded on 22.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/qufiab-2024-0029/html
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