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Circolo Medievistico Romano 2022

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Published/Copyright: November 14, 2023

Wegen der Covid-19-Pandemie fanden die Sitzungen online oder hybrid statt; die im Januar, Februar und November geplanten Sitzungen fielen aus.

23. März: Stefano Manganaro, Ottone II e Ottone III a Roma: forme, linguaggi e simboli della presenza imperiale nella Città eterna, geht der Präsenz Ottos II. und Ottos III. in Rom nach. Der Aufenthalt des ersteren am Tiber zwischen 980 und 983 und der Umstand, dass er der erste und einzige römisch-germanische Kaiser ist, der in der vatikanischen Basilika begraben ist, werden von der Forschung weitgehend vernachlässigt. Der Kaiser steht ganz im Schatten seines Sohnes Otto III. Der Vortrag beleuchtet die Beziehung Ottos II. und Otto III. zur Stadt Rom durch die Analyse zweier „monumentalisierten Räume“, die eng mit den Strategien der symbolischen Kommunikation verknüpft sind: das Grab Ottos II. im Paradies-Vorhof von Alt-St. Peter und das Palatium, das Otto III. an einem Ort errichten ließ, dessen Identifizierung ungewiss ist, der aber mit Sicherheit innerhalb der Stadtmauern lag. Die Analyse dieser bedeutsamen Orte führt auch zu den Persönlichkeiten, die den kaiserlichen Hof während der römischen Aufenthalte der beiden Herrscher prägten und die möglicherweise einen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse ausübten, die zur Gestaltung und zum Bau sowohl des Grabmals als auch des Palastes führten.

21. April: Pere Verdés Pijuan, Il debito pubblico nella Corona d’Aragona (XIV–XV sec.): una rivoluzione finanziaria?, befasst sich mit der bedeutenden Expansion des Königreichs Aragons am Ende des Mittelalters, die ohne Staatsverschuldung undenkbar gewesen wäre. Nur mit diesem Finanzmittel konnte auch ein dezentralisierter Feudalstaat und eine Monarchie mit geringen Ressourcen mit den Groß- und Wirtschaftsmächten der damaligen Zeit (wie der Dynastie der Anjou, der Stadtrepublik Genua oder des Königreichs Kastilien) konkurrieren. Die Untersuchung der mit der Verschuldung verknüpften wirtschaftlichen, politischen und sozialen Aspekte berührt auch die Frage, ob es sich um ein Phänomen handelte, das man als „Finanzrevolution“ bezeichnen kann. Obwohl der Fall der Krone von Aragon etliche Ähnlichkeiten mit dem aufweist, was später in den Niederlanden oder in England geschah (Länder, bei denen man tatsächlich von einer „Finanzrevolution“ spricht), schließt der Vortrag mit der Feststellung, dass die Frage zumindest strictu sensu nach den in der heutigen Forschung eingesetzten Parametern verneint werden muss.

12. Mai: Alberto Cotza, Giudici e giustizia a Pisa (1100–1150), untersucht die sich im Pisa des 12. Jh. ausprägende Gruppe von Richtern, die sich durch den neuen Titel „giudici del sacro palazzo lateranense“ von den vorausgegangenen und anderen zeitgleichen iudices abhoben. Diese Richter, die seit dem Anfang bis in die 60er Jahre des 12. Jh. bezeugt sind, wurden bisher von der Forschung vernachlässigt, die der wichtigen Übergangsphase der ersten Jahrzehnte des 12. Jh., die durch das Fehlen einer „starken“ Dokumentation (Gerichtsurteile, Gesetzestexte, scholastische Schriften) gekennzeichnet ist, wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Im Zentrum der Analyse stehen also die Richter des heiligen Lateranpalastes und die mit ihrem Wirken verbundenen Dokumente. In Pisa, wie auch in vielen anderen Städten des Regnum Italiae, waren sie der Ausdruck der Neudefinition der politischen Lage nach der Phase des Investiturstreits. Auf der Grundlage der Rekonstruktion des Konsolidierungsprozesses der pisanischen Richtergruppe ist auch ein abschließender Vergleich mit der Mailänder Justiz in denselben Jahrzehnten möglich.

16. Mai: Angela Cossu, Tra Amalfi, Montecassino, Firenze e Roma: l’attività intellettuale di Lorenzo d’Amalfi († 1049), stellt die Arbeitsweise des gelehrten Laurentius von Amalfi vor, der unter Abt Theobald (1022–1035) als Mönch und Lehrer in Montecassino lebte. Bekannt ist er als Hagiograph und Rezipient antik-klassischer Schriften. 1029 als Erzbischof von Amalfi gewählt, musste er ins Exil nach Florenz gehen. In Rom, wo er 1049 starb, war er Lehrer Hildebrands von Soana, des zukünftigen Papst Gregors VII., gewesen. Untersucht werden die Einflüsse und Bücher, die Laurentius’ literarisches Schaffen während seiner verschiedenen Lebensstationen geprägt haben. Einige der von ihm konsultierten Handschriften, die vor allem in Montecassino aufbewahrt werden, weisen bislang unveröffentlichte Marginalien von seiner Hand auf, die der Schlüssel zur Rekonstruktion seiner Arbeitsweise sind. Diese Texte finden sich im Codex Venedig, Biblioteca Marciana, Lat. Z 497 (= 1811), der ein außergewöhnliches Florilegium mit Auszügen aus lateinischer Prosa und Poesie darstellt, das Lorenzo selbst verfasst und angereichert hat.

1. Juni: Francesco Carta, I papi e l’interpretazione della Regola dei frati Minori (XIII–XV secolo), analysiert die päpstlichen Schreiben zur Auslegung der Franziskus-Regel zwischen dem 13. und dem 15. Jh. 1226 verfügte Franz von Assisi in seinem Testament, dass die Regel, die Honorius III. drei Jahre zuvor offiziell bestätigt hatte, nicht kommentiert werden sollte. Schon 1230 enthob Gregor IX. in der Bulle Quo elongati die Brüder der Pflicht, dem Wortlaut des Testaments zu folgen. Auch danach wurden die Päpste in die hermeneutische Tätigkeit der Regelauslegung einbezogen. Die Verlautbarungen Nikolaus’ III. und Klemens’ V. wurden in die Dekretalensammlungen (Liber sextus und Klementinen) aufgenommen. Von Benedikt XII. an bis zum Beginn des 16. Jh. verzichteten die Päpste auf das Instrument der Bulle zur Erklärung der Minoritenregel und nahmen dafür mehr Einfluss auf die Gesetzgebung der im Generalkapitel versammelten Brüder. Dieser Wandel ging Hand in Hand mit dem Aufbau eines Kanons der älteren päpstlichen Regelauslegungen. Die Formel der Einhaltung der Regel iuxta declarationes apostolicas wurde damit zum Ausweis der Orthodoxie für alle neuen Reformbewegungen im Minoritenorden, einschließlich der observanten Bewegungen.

13. Oktober: Martina Bernardi, Insediamento sparso e incastellamento: indizi di contemporaneità dalle recenti indagini archeologiche nel Lazio, wirft mit Hilfe neuester Ausgrabungsbefunde neues Licht auf die mittelalterliche Siedlungsgeschichte Latiums. Das viel untersuchte Phänomen des Ausbaus befestigter Burgen (incastellamento) war demnach keineswegs die einzige Siedlungsform. Daneben werden jetzt immer mehr offene Ansiedlungen ausfindig gemacht. In der Umgebung der 900 m hoch gelegenen Burgreste von Montefalco in der Sabina (50 km von Rom im Gebiet der Monti Lucretili gelegen) werden die archäologischen Ergebnisse auch durch schriftliche Quellen flankiert. Diese unbefestigte, mit vergänglichem Material errichtete Siedlung wäre ohne eingehende Oberflächenuntersuchungen heute nicht mehr wahrnehmbar. Die noch heute in vielen Teilen so entvölkert wirkende römische Campagna muss im Hochmittelalter mit vielfältigen Siedlungsformen aufgewartet haben.

5. Dezember: Valentin Portnykh, Predicare la crociata antiottomana negli anni 1450: come l’esortazione apostolica fu trasmessa al popolo?, untersucht die Strategien der gegen das Vorrücken der Türken Mitte des 15. Jh. gerichteten Kreuzzugspredigt. Der Fall von Konstantinopel (1453) trug zum Erstarken der Kreuzfahrerbewegung insbesondere in den west- und mitteleuropäischen Ländern bei. Am 30. September 1453 erließ Papst Nikolaus V. die Bulle Etsi ecclesia, die 1455 von seinem Nachfolger Kallixt III. erweitert wurde. Die päpstlichen Anstrengungen mündeten 1456 in eine Expedition, die mit dem Sieg der Kreuzfahrer in der Schlacht von Belgrad endete. Anhand der verfügbaren Quellen lässt sich feststellen, wie der Kreuzzug vor Ort durch päpstliche Legaten, Prälaten, Prediger und lokale Geistliche verkündet wurde, und wie diese Aktivitäten vom Volk aufgenommen wurden. Der Vortrag analysiert insbesondere die Verwendung des Traktats De predicatione crucis (von 1266–1268) des Dominikaners Humberts von Romans im Kontext der antiosmanischen Kreuzzüge nahezu 200 Jahre nach seiner Entstehung.

Andreas Rehberg

Published Online: 2023-11-14
Published in Print: 2023-11-08

© 2023 bei den Autorinnen und den Autoren, publiziert von De Gruyter.

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Downloaded on 19.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/qufiab-2023-0027/html
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