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Zur Geschichte der italienisch-faschistischen Division Monterosa im deutsch besetzten Italien 1944–1945

  • Carlo Gentile EMAIL logo and Francesco Corniani EMAIL logo
Published/Copyright: November 18, 2022

Abstract

This paper develops out of a specific event. In 2020, the town of Münsingen in the Swabian Alps commissioned its authors to write a historical report on the Italian Fascist Monterosa Division, focusing on its function and role in the German occupation of Italy from 1944 to 1945. The issue to be clarified was the extent to which the division was involved in war crimes during this period. The background to the request was a monument erected in 1986 in the Ehrenhain, Münsingen’s „grove of honour“, by the division’s veterans’ association (Associazione degli appartenenti alla divisione Monterosa). This monument has since led to repeated controversy and heated debate over its Fascist symbolism and the division’s involvement in anti-partisan warfare in Italy. Our paper focuses on the experience of officers in the Fascist regime, the division’s operations against partisans and at the front, its crimes, and the attempts of the veterans’ association in the post-war period to gain official recognition in both Germany and Italy. The Monterosa Mountain Division was created in 1943/1944 by Benito Mussolini’s Repubblica sociale italiana (RSI) as one of four military divisions to join front-line combat with the German Army in Italy. Largely composed of young conscripts from Northern Italy, its older non-commissioned officers had extensive war experience from the Italian occupation of Greece and the Balkans, and from the Eastern Front. Its commander, General Mario Carloni, was a hardliner, an energetic, ruthless, and politicised Fascist officer who after the collapse of the Italian state in 1943 chose to continue fighting for Mussolini’s side and to support the German occupation of Italy. German instructors trained the Monterosa Division in Münsingen. In late August 1944, it was sent to Italy and assigned to coastal defense duties on the east coast of Liguria, an area almost completely controlled by partisans. The division thus became involved in anti-partisan actions and began to take hostages, shoot civilians and prisoners of war, and destroy village houses. In 1951, a division association was founded, with former General Carloni as its honorary president. Until 2001, it tried in vain to gain recognition from the Associazione Nazionale Alpini (ANA), the most important veterans’ and reservists’ association of Italian mountain troops. In Germany, on the other hand, the former Monterosa soldiers found faster access to veterans’ associations. The first visit by former division members to Münsingen took place as early as 1952. In the 1970s, these visits became increasingly regular and were given official sanction. During the 1980s, the division association’s connections further expanded and ultimately resulted in the erection of a memorial to the fallen. In Germany, of all places, the RSI veterans received the recognition that was so difficult for them to obtain in their home country.

1 Einleitung

Der vorgelegte Beitrag hat folgende Vorgeschichte: Die Stadt Münsingen auf der Schwäbischen Alb hat am 3. November 2020 an die Autoren einen Auftrag zur Erstellung eines historischen Gutachtens zur Geschichte der italienisch-faschistischen Division Monterosa, insbesondere zu ihrer Funktion und Rolle bei der nationalsozialistischen Besetzung Italiens 1944–1945 erteilt. Es sollte die Frage geklärt werden, inwiefern die Division in dieser Zeit an Kriegsverbrechen in Italien beteiligt gewesen war. Hintergrund der Anfrage war ein Denkmal für die Division Monterosa, das im Jahr 1986 im Ehrenhain der Stadt Münsingen vom Kameradschaftsverband (Associazione degli appartenenti alla divisione Monterosa) errichtet wurde und seitdem wiederholt zu Kontroversen und heftigen Diskussionen geführt hat. Im Jahr 1998 brachte der Verein Gegen Vergessen Für Demokratie e. V. das Thema wieder ins Bewusstsein, indem er auf die mutmaßlich faschistische Symbolik und die Beteiligung der Division bei der Partisanenbekämpfung hinwies.

Es ist in der Forschung heute unbestritten, dass alle militärischen und polizeilichen Kräfte der neofaschistischen italienischen Sozialrepublik (RSI) ab September 1943 bis zur Kapitulation im Mai 1945 tief in die Verbrechen des italienischen Bürger- und Partisanenkriegs verstrickt waren. Die Kriegsverbrechen der deutschen Besatzungstruppe in Italien sind schon lange Gegenstand der historischen Forschung. Etwa zeitgleich mit der von Hannes Heer konzipierten sogenannten „Wehrmachtausstellung“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung entstanden Arbeiten durch Lutz Klinkhammer (1993),[1] Friedrich Andrae (1995),[2] Gerhard Schreiber (1996)[3] und zuletzt durch einen der beiden Verfasser dieses Beitrags (2012).[4]

Entsprechendes zur Geschichte der faschistischen Verbände findet sich in Italien erstaunlicherweise kaum. Die ersten Darstellungen waren entweder durch einen starken apologetischen Duktus gekennzeichnet[5] oder ihre Autoren bemühten sich, die geringe militärische Bedeutung der Verbände der RSI nachzuweisen.[6] Das Verbrecherische wurde oft an Einzelbeispielen überzeichnet dargestellt, ohne dass jemals eine wirklich kritische und quellengesättigte Gesamtdarstellung ihrer Tätigkeit verfasst worden wäre. Eine Ausnahme, wenngleich auf relativ schmaler Quellenbasis, war die Studie des Journalisten Giampaolo Pansa aus dem Jahr 1969.[7] Ansonsten kam es allenfalls zu soliden Studien mit meist lokalem Schwerpunkt.[8]

Das Hauptaugenmerk der italienischen Forschung über die Jahre 1943 bis 1945 lag lange Zeit auf der Darstellung des Widerstands der Partisanen, später auch der Militärinternierten und seit 1994 auf den zahllosen Kriegsverbrechen der „Nazifaschisten“, also der deutschen Besatzer und ihrer italienischen Helfershelfer. Der militärisch-polizeiliche Apparat der RSI nimmt eine prominente Stellung in der umfangreichen Untersuchung von Luigi Ganapini (1999)[9] ein. Eine spätere Studie durch zwei Militärhistoriker, Pier Paolo Battistelli und Andrea Molinari, stellt ein gutes Nachschlagewerk dar, sein Wert für die Forschung ist jedoch durch das Fehlen eines wissenschaftlichen Apparats gemindert.[10] Es entstanden in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar wiederholt wichtige Untersuchungen einzelner Verbände oder Organisationen der RSI,[11] die Division Monterosa wurde hier jedoch nicht behandelt.

Ihre Geschichte wird im apologetischen Werk Pisanòs aus dem Jahr 1967 knapp behandelt. Im Jahr 1971 gab der Veteranenverband der Division das Buch „Monterosa. Storia della Divisione Alpina Monterosa della R.S.I.“ heraus, dessen Verfasser, Carlo Cornia, Offizier im Bataillon Morbegno gewesen war. Die apologetische Absicht des Buches ist zwar nicht zu verkennen, aber es stellt dennoch eine nützliche Rekonstruktion der wichtigsten Ereignisse dar, zumal Cornia problematische Aspekte des Einsatzes der Division nicht ganz verschweigt, obgleich er sie verharmlost.[12] Der Veteranenverband hat im Jahr 1999 in kommemorativer Absicht ein zweites Buch herausgebracht, das ein Gesamtverzeichnis der bis dahin bekannt gewordenen Gefallenen der Division versammelt.[13] Aus der Perspektive der Resistenzageschichtsschreibung haben Michele Calandri und Marco Ruzzi vom Istituto storico della Resistenza e della Società contemporanea in provincia di Cuneo über das im Raum Cuneo 1944/1945 eingesetzte Gebirgsjägerbataillon Bassano geschrieben. Dies sind auch die einzigen Veröffentlichungen über die Geschichte der Division, die wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen.[14]

Militärische Quellen zur Geschichte der Division Monterosa werden an verschiedenen Orten aufbewahrt. Ein geschlossener Bestand ist jedoch nicht bekannt. Das vollständige Kriegstagebuch des Bataillons Bassano wurde bei der Kapitulation von Partisanen beschlagnahmt und befindet sich heute im Archiv des Istituto storico della Resistenza e della Società contemporanea in provincia di Cuneo. Es bildete die Grundlage für die erwähnten Studien von Calandri und Ruzzi.[15] Die Tätigkeit der Division in Italien kann allenfalls aus dem Schriftgut übergeordneter Kommandobehörden nachvollzogen werden, wie den Akten des Generalkommando Lombardia (RH 24-204) sowie in denen des Verbindungsstabs der Deutschen Wehrmacht beim Duce (RH 31-XVI). Vereinzelt sind Dokumente und Berichte auch in weiteren Archivbeständen, wie etwa im Bestand des Armeeoberkommando 14 (RH 20-14) enthalten. Diese militärischen Akten befinden sich im Militärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg im Breisgau. Sie konnten für diesen Beitrag in vollem Umfang herangezogen werden. Das Material aus den in Italien aufbewahrten Beständen konnte aufgrund der coronabedingten Einschränkungen der Reisefreiheit und der Schließung der Archive nicht intensiver untersucht werden.

Unter Bezugnahme auf die historische Fachliteratur sowie ausgewählte Quellen aus den einschlägigen Archivbeständen soll im Folgenden die Tätigkeit der Division im besetzten Italien 1944 und 1945 untersucht werden, wobei das besondere Augenmerk auf deren Beteiligung an der Partisanenbekämpfung und an Kriegsverbrechen gegen Partisanen und Zivilbevölkerung liegt. Der Beitrag gliedert sich in drei Teile: Nach einem einleitenden Blick auf den Krieg der „Achse“ wird die Aufstellung und die personelle Zusammensetzung der Division im Hinblick auf das Führungs- und Kaderpersonal und dessen vorherige Kriegserfahrungen untersucht. Der darauffolgende Abschnitt behandelt ihren Kriegseinsatz von Sommer 1944 bis zur Kapitulation, insbesondere im Blick auf den Partisanenkrieg und die Frontverwendung der Division. Das abschließende Kapitel enthält eine kürzere Betrachtung der Nachkriegszeit, die Entstehung des Kameradschaftsverbandes der Division und dessen Kontakte nach Deutschland.

Der Krieg der „Achse“

Das faschistisch-monarchische Italien trat am 10. Juni 1940 auf der Seite des Deutschen Reichs in den am 1. September 1939 entfesselten Krieg ein. Dieses Ereignis stand am Ende eines Prozesses der graduellen politischen und ideologischen Annäherung zwischen Hitlers Deutschland und Mussolinis Italien seit 1933. Diese fand in der gemeinsamen Intervention im Spanischen Bürgerkrieg auf der Seite Francos, in Proklamation des Achsenbündnisses im November 1936, im Abschluss des Antikominternpakts sowie in zahlreichen Abkommen in den Bereichen der inneren Sicherheit und Gegnerbekämpfung bis zur Unterzeichnung des „Stahlpakts“ 1939 konkreten Ausdruck.[16]

Zwischen 1940 und 1943 war der Krieg im Süden Europas und in Nordafrika ein „Krieg der Achse“. Die gemeinsame Kriegsführung galt im Grunde bereits im Sommer 1942 als gescheitert, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein militärischer Sieg der Achsenmächte noch möglich schien. Doch dann kam es zur Niederlage vor El Alamein im November 1942. Die britische Offensive und das Eingreifen amerikanischer Truppen führten zum Rückzug und zur endgültigen Aufgabe Nordafrikas im Frühjahr 1943. Die Katastrophe von Stalingrad und der Untergang der italienischen Armee in Südrussland im Winter 1942/1943 wirkten sich ebenfalls sehr negativ auf die Stimmung der Italiener aus. Eine günstige Wende des Krieges schien nicht mehr möglich. Die Kriegsmüdigkeit der Italiener wurde durch den Luftkrieg der Alliierten noch verstärkt. Seit Sommer 1942 bombardierten britische Flugzeuge regelmäßig Süditalien, insbesondere Sizilien. Ab Oktober und November 1942 dehnten die alliierten Luftwaffenverbände den Radius ihrer Angriffe immer weiter aus und erreichten auch Mittelitalien. Im Rahmen ihres strategischen Luftkriegs griff zudem seit November 1942 die Royal Air Force von England aus die norditalienischen Industriestädte Mailand, Turin, Genua und den Militärhafen La Spezia an.

Die militärischen Debakel an den wichtigsten Kriegsfronten und der außerordentlich schwere Luftkrieg hatten unmittelbare und spürbare Auswirkungen auf die Moral der italienischen Bevölkerung, wie es sich in den Arbeiterstreiks in den oberitalienischen Industriestädten im Frühjahr 1943 zeigte. Diese Streiks drückten die Unzufriedenheit und die Kriegsmüdigkeit der Italiener aus und legten einen tiefen Mangel an Vertrauen in das faschistische Regime offen. Als Italien im Sommer 1943 zusammenbrach und am 8. September 1943 der von der Regierung des Marschalls Badoglio in geheimen Verhandlungen mit den Alliierten erreichte Waffenstillstand öffentlich verkündet wurde, ließ es Hitler als eines der letzten Länder Europas von seinen Truppen besetzen. Ab Herbst 1943 war Italien geteilt. In dem nördlichen Teil übte eine vom Deutschen Reich abhängige republikanisch-faschistische Regierung – die Repubblica Sociale Italiana (RSI) – die Herrschaft aus. Im Süden regierte ein unter der Aufsicht der Alliierten stehendes und die Staatskontinuität erhaltendes Königreich unter dem legitimen italienischen Herrscher, König Viktor Emmanuel III. Im nördlichen Teil wurden Antifaschisten und Juden verfolgt. Es entstand in den Tälern der Alpen und des Apennins ein blutiger Partisanen- und Bürgerkrieg, der das Leben zehntausender Menschen kostete.

2 Die Aufstellung und die Ausbildung der Division in Deutschland

Die Gebirgsdivision Monterosa, Divisione Alpina Monterosa, war eine von vier militärischen Großverbänden der RSI, deren Aufstellung auf Wunsch Benito Mussolinis Mitte September 1943 von Adolf Hitler beschlossen wurde. Mit der Umsetzung dieser Vereinbarung wurde Marschall Rodolfo Graziani, der Kriegsminister der RSI, beauftragt. Neben der Monterosa wurden 1943 bis 1944 auch die Divisionen Littorio, San Marco und Italia aufgestellt. Ursprünglich war zwar der Aufbau weiterer Divisionen geplant, doch im folgenden Verlauf des Krieges wurde diese Absicht nie verwirklicht.[17]

Die vier Divisionen wurden auf Truppenübungsplätzen in Deutschland nach deutschem Vorbild ausgebildet und mit deutschen Waffen und Kriegsmaterial ausgerüstet. Ihr Personal setzte sich aus drei Hauptgruppen zusammen: 1. sogenannte bündnistreue Offiziere und Soldaten, die sich bei der Entwaffnung der italienischen Truppen im September 1943 zur Fortsetzung des Kampfes auf deutscher Seite erklärt hatten, 2. entwaffnete und internierte Militärangehörige, die in den Kriegsgefangenenlagern angeworben wurden bzw. sich dort freiwillig gemeldet hatten und 3. Wehrpflichtige aus ungedienten Jahrgängen, die in Italien einberufen worden waren.

Die ersten Soldaten erreichten das Ausbildungslager Münsingen im November 1943. Bei ihnen handelte es sich um mehrere Hundert kriegserfahrene Offiziere, Unteroffiziere und Männer der italienischen Besatzungstruppen aus Frankreich, Griechenland und dem Balkan. Einige Einheiten werden in der Literatur besonders hervorgehoben, so etwa das ehemalige XX. Raggruppamento alpini sciatori, ein Skijäger-Verband, Teile des Gebirgsjägerbataillons Exilles sowie das II. Gruppo Valle der Alpini-Division Alpi Graie.[18]

In den deutschen Kriegsgefangenenlagern meldeten sich einige tausend Militärinternierte freiwillig. Doch die Auswahl war streng und nicht alle wurden übernommen. Im Mai 1944 befanden sich in den Reihen der Division rund 2400 ehemalige Militärinternierte. Insgesamt betrug der Anteil der bereits im alten italienischen Heer gedienten Soldaten 19 % der Gesamtstärke der Division. Aus diesen beiden Gruppen wurden die Stämme der Einheiten gebildet sowie große Teile des Offizier- und Unteroffizierkorps.[19]

Unter den Soldaten, die im November 1943 in Münsingen eintrafen, befanden sich mehrere Offiziere der auf der ionischen Insel Kefalonia Ende September 1943 von deutschen Truppen auf Befehl Hitlers vernichteten Infanteriedivision Acqui. Ihr Kaplan Pater Romualdo Formato und die Offiziere, die das Massaker an der Casa Rossa bei Argostoli überlebt hatten, wurden, nachdem sie ihre Bereitschaft in Mussolinis Armee einzutreten bekundet hatten, nach Münsingen und Heuberg in Marsch gesetzt. Einige von ihnen dienten bis zur Kapitulation in den Reihen der RSI-Heeresdivisionen.[20]

Das größte Kontingent stellten die italienischen Wehrpflichtigen dar. Am 9. November 1943 wurden die Geburtsjahrgänge 1923, 1924 und 1925 einberufen. Aus ihnen rekrutierte sich das Gros der Mannschaften sowie die Masse der jungen Unteroffiziere und Reserveoffiziere. Mehr als 80 % der Divisionsangehörigen gehörte dieser Gruppe an. Die Rekruten wurden in Vercelli konzentriert, eingekleidet und zur Ausbildung nach Deutschland verlegt. Die Einberufungen der Rekruten verliefen in Italien eher schlecht, in manchen Regionen sogar katastrophal. Vielfach versteckten sich die jungen Männer lieber als dem Gestellungsbefehl zu folgen, oder sie liefen zu den Partisanen über. Zur Abschreckung führte am 18. Februar 1944 der Kriegsminister der RSI Graziani die Todesstrafe für Wehrdienstverweigerer (renitenti) ein. Vielerorts konnten die Wehrpflichtigen nur durch Polizeimaßnahmen dazu bewegt werden, sich bei den Wehrämtern zu melden. Um den Druck auf die Bevölkerung zu erhöhen, führte die faschistische Regierung sogar eine Form der Sippenhaftung ein, und die faschistische Polizei wurde ermächtigt, die Väter der Wehrdienstverweigerer kurzerhand zu verhaften und zu internieren.[21]

Es gelang schließlich, die vier Divisionen in Deutschland vollständig mit Personal aufzufüllen. Mit insgesamt etwa 20 000 Mann, einschließlich der Offiziere, war die Monterosa der zahlenmäßig stärkste dieser Verbände. Traditionell kamen die Rekruten für die Gebirgstruppen aus genau festgelegten, meistens alpinen oder zumindest „montanen“ Wehrbezirken aus Nord- und Mittelitalien. Um die Verbindung mit dieser Tradition zu unterstreichen, wurden aktive Bataillone und Artillerieabteilungen der Alpini nach den Gebirgsorten, aus deren Umgebung ihre Angehörigen stammten, benannt – Reserveeinheiten nach Tälern und Spezialeinheiten nach besonderen Gebirgen. Auch innerhalb der Division weisen die Namen der Bataillone auf die landsmannschaftliche Herkunft ihrer Soldaten hin. In der Praxis konnte die Zuteilung der Rekruten wegen der Schwierigkeiten bei den Einberufungen nicht strikt eingehalten werden. Laut Cornia stammten zwar viele Soldaten der Division aus den üblichen alpinen Rekrutierungsgebieten, viele aber auch aus Gegenden in der Po-Ebene, die keine solche Tradition hatten.[22]

Im Bataillon Bassano zum Beispiel kamen die Rekruten nicht nur aus den eher alpinen Bezirken Vicenza und Verona, sondern auch aus Mestre, Rovigo und Padua, die keine solche Tradition haben. Die meisten Soldaten gehörten den Jahrgängen 1922–1925 an, was zeigt, dass das Bataillon zum überwiegenden Teil aus Wehrpflichtigen gebildet wurde. Nur 13 % der Soldaten war zwischen 1899 und 1921 geboren, 87 % gehörte den jüngeren Jahrgängen an, sodass das Durchschnittsalter in der Einheit bei genau 20 Jahren lag.[23]

Die Ausbildung in Münsingen dauerte etwa fünf Monate und wurde hauptsächlich von erfahrenen Gebirgsjägern bayerischer und österreichischer Herkunft durchgeführt. Besonders streng oder gehässig gegenüber den Italienern waren angeblich Ausbilder aus Südtirol. In Darstellungen und Memoiren, wie etwa bei Cornia, wird wenig von übertriebener Strenge oder gar Schikanen durch das Ausbildungspersonal berichtet. Beleidigungen gab es vor allem in den Anfängen, wenn sich jedoch die Rekruten „bewährt“ hatten, hörte diese Art von Verhalten auf. Die Ausbildung wird als streng und sehr praxisnah dargestellt, und dies wird allgemein positiv bewertet. Zehn Angehörige der Division starben während der Ausbildung bei Unfällen oder durch Erkrankungen.[24]

Die Divisionen waren nach dem Vorbild deutscher Verbände aufgebaut: Die Führung erfolgte durch den Kommandeur und den Divisionsstab mit den üblichen Abteilungen: Ia (Führungsabteilung), Ib (Versorgung), Ic (Feindaufklärung und Abwehr), II (Adjutantur), Militärgericht und Feldpolizei.

Ein deutsches Verbindungskommando (DVK) war jeder der Divisionen als Beratungsorgan des italienischen Kommandeurs zugeteilt und zunächst für die Ausbildung verantwortlich. Faktisch war das DVK, dessen Angehörige in allen Truppenteilen der Division eingesetzt waren, ein wichtiges Steuerungsorgan der Wehrmachtsführung zur Disziplinierung und Kontrolle der italienischen Militärangehörigen. Das deutsche Personal verblieb bei den Divisionen auch nach deren Verlegung nach Italien. Das DVK 183 unter der Führung von Generalmajor Egbert Picker war der Division Monterosa zugeteilt.[25]

Die Division Monterosa verfügte über zwei Gebirgsjägerregimenter und jedes dieser Regimenter bestand aus drei Bataillonen. Das erste Regiment umfasste die Gebirgsjägerbataillone Aosta, Bassano und Intra. Teil des zweiten Regiments waren die Bataillone Brescia, Morbegno und Tirano. Jedes Bataillon, etwa 1100 Mann stark, war in fünf Kompanien aufgeteilt. Nur die Bataillone Bassano und Morbegno besaßen zusätzlich eine Panzerjägerkompanie, die aber nur administrativ dem Bataillon zugeordnet war. Das Artillerieregiment bestand aus vier Abteilungen (Aosta, Bergamo, Vicenza, Mantova). Darüber hinaus gab es auch ein selbständiges Feldersatzbataillon (Ivrea) für die weitere Ausbildung der Rekruten. Einige spezielle Truppenteile der Division, wie die Aufklärungs- und die Panzerjägerabteilung wurden in Feldstetten ausgebildet.[26]

Am 16. Juli 1944 wurde die Division nach dem Abschluss der Ausbildung zum ersten Mal in Münsingen zusammengeführt und von Benito Mussolini inspiziert, der den bevorstehenden Einsatz und die Verlegung nach Italien ankündigte.[27] An diesem Tag übernahm General Mario Carloni die Führung der Division.

Das Führungspersonal der Division

Um dem Charakter eines bewaffneten Verbands auf die Spur zu kommen, lohnt sich der Blick auf sein Personal und insbesondere auf seine Führer. Dass die Mehrheit der Militärangehörigen dieser Divisionen Rekruten aus ländlichen Wehrbezirken waren, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Kaderpersonal hinsichtlich Kriegserfahrung und Kampfmotivation aus einem ganz anderen Holz geschnitzt war als die jüngeren Soldaten. Über das Personal der militärischen und polizeilichen Verbände der RSI ist nach wie vor relativ wenig bekannt, ebenso über das der faschistisch-monarchischen Streitkräfte. Eine umfangreichere Untersuchung dieses Personenkreises im Sinne der neueren Täterforschung, obwohl dringend nötig, bleibt nach wie vor ein Forschungsdesiderat.

Es scheint zumindest klar zu sein, dass es auf militärischer und polizeilicher Ebene eine enge Verbindung zwischen dem Einsatz im Rahmen italienischer Besatzungstruppen in Griechenland und auf dem Balkan bzw. der Zugehörigkeit zur faschistischen Miliz und dem späteren Einsatz für die RSI besteht. Dies lässt sich sowohl an den militärischen Spitzen wie an den Führungskadern untergeordneter Einheiten beobachten. In einem Bataillon der Division San Marco stammte, neben dem Kommandeur und den Kompaniechefs, auch die Hälfte der jungen Zugführer aus den Reihen der italienischen Besatzungstruppen in Griechenland, Albanien und Kroatien.[28] Ein ähnliches Bild wird man sich von den Verhältnissen bei den anderen drei RSI-Divisionen zu machen haben, darunter selbstverständlich auch bei der Division Monterosa.

Unter den ersten Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten, die im November 1943 den Truppenübungsplatz Münsingen erreichten, waren, wie bereits oben erwähnt, mehrere Angehörige des XX. Raggruppamento alpini sciatori, des Gebirgsjägerbataillons Exilles sowie des II. Gruppo Valle (Teile der Gebirgsjägerbataillone Val Pescara und Val Leogra, sowie der Gebirgsartillerieabteilung Valle Isonzo) der Alpini-Division Alpi Graie. Alle diese Truppen hatten vor 1943 ausnahmslos Erfahrungen in der Partisanenbekämpfung in den von Italien besetzten Gebieten gesammelt: die Skijäger gegen den Maquis in Südfrankreich im Rahmen der Alpini-Division Pusteria (diese war zuvor allerdings auch lange auf dem Balkan stationiert gewesen), die anderen Truppenteile in Kroatien, Montenegro und Griechenland.

Aus dieser Gruppe ragt besonders das Personal der II. Gruppo Valle heraus. Unter der Führung von Oberst Umberto Manfredini hatte sich diese Regimentsgruppe im Sommer 1943 an den Partisaneneinsätzen der deutschen 1. Gebirgsdivision tatkräftig beteiligt. Das Regiment galt als die einzige wirklich effiziente italienische Einheit im Epirus und wurde von den deutschen Offizieren sehr geschätzt. Dass Manfredinis Vorgehen dem der Wehrmacht kaum nachstand, ist belegt: So ließ er im Juli 1943 von seinen Männern zur Vergeltung für einen Anschlag der Partisanen 21 Einwohner des Dorfes Klissoura erschießen und 90 Häuser in Brand stecken. Im Dorf Velanidia ließ er „die Brunnen mit Rohöl ‚verseuchen‘“, um den Einwohnern die Lebensgrundlage zu entziehen. Beteiligt war er ferner an den blutigen Unternehmen „Augustus“ und „Salminger“ der 1. Gebirgsdivision.[29]

Ein Angebot, sich nach dem Waffenstillstand den deutschen Besatzungstruppen in Griechenland anzuschließen und an ihrer Seite weiterzukämpfen, hatte der Oberst zwar abgelehnt, Mussolini war er jedoch treu geblieben. Nach seiner Rückkehr nach Italien war Manfredini, der perfekt Deutsch sprach und von den Deutschen „wegen seiner ‚zupackenden Art‘ sehr geschätzt“ wurde,[30] Mitte November zum Chef des italienischen Generalstabs beim Oberkommando der Wehrmacht ernannt worden, das Teil der italienischen Militärmission in Berlin war. Die Division Monterosa führte er vom 1. Januar bis 23. März 1944.[31]

Auch sein unmittelbarer Nachfolger in Münsingen, Oberst Goffredo Ricci, ein Kavallerist, hatte Kriegs- und Besatzungserfahrung. Oberst Ricci war 1941 und 1942 Kommandeur des Regiments Lancieri di Aosta in Griechenland gewesen, hatte 1942 die Scuola centrale der schnellen Truppen in Civitavecchia übernommen und im Juli 1943 einen mobilen Verband (Gruppo mobile Ovest) bei den Kämpfen auf Sizilien geführt.[32] Das Kommando über die Division übergab Ricci unmittelbar vor der Verlegung nach Italien Mitte Juli 1944 an General Mario Carloni, der die Division dann im Einsatz in Italien bis kurz vor Kriegsende führte.[33]

General Mario Carloni war der dritte und wohl wichtigste Divisionskommandeur. Seine Biografie lässt sich etwas genauer rekonstruieren als die seiner zwei Vorgänger. Er wurde am 27. Dezember 1894 in Neapel als Sohn eines Heeresoffiziers geboren. Im Laufe seiner Karriere für Tapferkeit mehrfach dekoriert, ging er als Reserveoffizier aus dem Mannschaftsstand hervor. Nachdem er im Jahre 1912 im Alter von 18 Jahren als Freiwilliger in ein Bersaglieri-Regiment eingetreten war, wurde er Unteroffizier, dann 1915, kurz vor Italiens Eintritt in den Ersten Weltkrieg, als Leutnant patentiert. Er kämpfte im 7. Bersaglieri-Regiment, wurde zweimal verwundet und 1917 zum Hauptmann befördert. Im Jahr 1936 wurde er als Oberstleutnant zum Taktiklehrer der Offiziersakademie in Modena ernannt.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte der inzwischen zum Oberst und Kommandeur des 31. Infanterieregiment Siena avancierte Mario Carloni zunächst in Albanien und Griechenland. Von September 1941 bis Anfang Oktober 1942 beteiligte er sich mit seinem Regiment an der Besatzung Kretas und war im Raum Heraklion eingesetzt, wo er unter deutschem Kommando stand. Als er im Sommer 1942 vom Tod seines Sohnes als junger Offizier an der Ostfront erfuhr, beantragte er seine Versetzung nach Russland, wo er im Oktober 1942 das Kommando über das 6. Bersaglieri-Regiment übernahm.[34]

Das Regiment hatte 1942 im Rahmen der 3. schnellen Division Principe Amedeo Duca d’Aosta an der deutschen Sommeroffensive Fall Blau in der Ost-Ukraine und am Vormarsch bis an den mittleren Don teilgenommen. Bei den Kämpfen um den Don-Brückenkopf Serafimowitsch hatte die Division blutige Verluste hinnehmen müssen.

Die 3. schnelle Division Principe Amedeo Duca d’Aosta war ein gemischter Verband, der sich aus zwei Kavallerieregimentern, einem Regiment Bersaglieri, einer Abteilung leichter Panzer und einem berittenen Artillerieregiment zusammensetzte und dessen Stärke mit etwa 7300 Mann deutlich geringer war, als die einer herkömmlichen Division. Sie zählte zweifellos zur Elite des italienischen Heeres, was insbesondere für das Regiment Savoia Cavalleria und für Carlonis 6. Bersaglieri-Regiment galt.[35]

Das Regiment bestand aus bewährten Soldaten, die bereits auf dem Balkan im kroatischen Karlovac und in Südbosnien eingesetzt gewesen waren. Hier musste das Regiment unter der Führung von Carlonis Vorgänger Oberst Umberto Salvatores in die Wirren des dramatisch eskalierenden ethnischen Konflikts zwischen Kroaten, Serben und Bosniern eingreifen, wobei es einigen jüngeren Offizieren gelang, Juden und serbische Zivilisten vor dem drohenden Massaker durch kroatische Ustascha-Milizen zu retten.[36]

In Russland stellte sich die Lage freilich anders dar. Bei dem Rückzug der 8. italienischen Armee aus dem Gebiet um Rossosch Ende Dezember 1942 bildete Carlonis Bersaglieri-Regiment die Nachhut. Trotz des chaotischen Rückzugs und der schweren Verluste kämpften sie gemeinsam mit den deutschen Truppen als geschlossene Einheit weiter und erreichten Gomel in guter Ordnung.[37]

Thomas Schlemmer beschreibt in seiner Studie über die Italiener an der Ostfront die Geschehnisse nach dem Abschluss des Rückzugs im Februar 1943 im Raum Dnipropetrowsk: Dort angelangt, „unterdrückte eine Kampfgruppe unter der Führung von Oberst Mario Carloni … zunächst mit ganzer Härte eine Revolte in Pawlograd und führte dann zusammen mit deutschen Einheiten zwei ‚Strafexpeditionen‘ durch. Als Vergeltung für Angriffe auf die Kampfgruppe und den Tod zweier Offiziere wurde zuerst der Ort Snamenka vollständig zerstört, wobei die Bersaglieri von deutschen Panzern unterstützt wurden. Dann rächten Carlonis Bersaglieri unter dem Schutz schwerer deutscher Flak Angriffe auf deutsche und italienische Patrouillen im Raum Gorjanowskj, wobei sie sich mit einem deutschen Stoßtrupp zusammentaten, der – wie es in Carlonis Bericht heißt – Vergeltung für die Verstümmelung und Ermordung zweier Offiziere übte. Wieder machte man die Ortschaft dem Erdboden gleich; die Einwohner wurden – von Ausnahmen abgesehen – umgebracht“.[38]

Für seinen Einsatz an der Ostfront und beim Rückzug wurde Carloni hoch ausgezeichnet, so erhielt er 1943 neben dem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse als einer von insgesamt sechs italienischen Offizieren auch das Deutsche Kreuz in Gold.[39] Er kehrte im März 1943 nach Italien zurück. Die 3. schnelle Division sammelte sich im Raum von Bologna und Ravenna zur Wiederaufstellung. Hier wurde sie im Zuge der Entwaffungsmaßnahmen nach dem Waffenstillstand von der Wehrmacht rasch entwaffnet. Der Divisionskommandeur bot den deutschen Truppen seine Kollaboration an, um zu verhindern, dass die Antifaschisten in den Besitz der Waffen seiner Division gelangten.[40] Carloni war indessen im August 1943 zum Generalkommando des XXXV. Corpo d’Armata nach Verona versetzt worden und erhielt dort den Auftrag, Panzerjägereinheiten aufzustellen und auszubilden. Dort wurde er im September 1943 von den Deutschen gefangengenommen und in Polen, im Stalag Przemysl interniert, aus dem er am 23. September 1943, nachdem er sich zur Zusammenarbeit mit den Deutschen bereit erklärt hatte, entlassen wurde.

Am 1. Oktober 1943 übernahm Carloni die Leitung der Heeresabteilung der militärischen Mission der RSI in Berlin und hatte großen Anteil an den Verhandlungen zwischen General Canevari und dem deutschen Heerespersonalamt zur Schaffung der neuen Heeresverbände der RSI. Zwischen dem 1. Oktober und November 1943 wurde eine Reihe von wichtigen Maßnahmen zur Bildung von Kadern zur Ausbildung der Divisionen getroffen, darunter die Schaffung von deutschen Ausbildungskommandos (aus denen später die DVKs hervorgehen sollten), die Verteilung der in den Lagern angeworbenen italienischen Soldaten und der ersten Rekruten aus Italien auf die vier Truppenübungsplätze Heuberg, Sennelager, Grafenwöhr und Münsingen.

Carloni wurde dann am 28. November 1943 zunächst zum Kommandeur der Division Italia in Heuberg ernannt. Mitte Juli 1944 löste er Goffredo Ricci an der Spitze der Division Monterosa ab. Möglicherweise hatte er bereits im Frühjahr 1944 die Division für eine kurze Zeit geführt, doch dies ist aufgrund der unklaren Quellenlage nicht sicher. Anlässlich des Besuchs von Benito Mussolini in Münsingen am 16. Juli 1944 war er bereits Divisionskommandeur. Carloni führte die Division bis zum 20. Februar 1945, als er durch Oberst Giorgio Milazzo ersetzt wurde. Er übernahm das Kommando über die Division Italia, die starke Auflösungserscheinungen zeigte. Bei Kriegsende ergab er sich bei Collecchio (Parma) den Alliierten.[41]

Nach der Kapitulation geriet Carloni in Gefangenschaft der US-Truppen, zunächst in Carinaro bei Aversa (Neapel), dann in Coltano bei Pisa und später im Militärgefängnis Forte Boccea bei Rom. Zusammen mit zwei Offizieren seiner Division (siehe weiter unten) wurde er wegen Kriegsverbrechen vor einem amerikanischen Kriegsgericht angeklagt. Der Prozess fand zwischen dem 25. September und dem 4. Oktober 1946 in Florenz statt. Carloni wurde von allen Vorwürfen freigesprochen. Das amerikanische Urteil wurde am 27. Februar 1947 bestätigt. Carloni, der auch von einem italienischen Gericht wegen Kollaboration verurteilt worden war, blieb in militärischer Festungshaft im Forte Boccea bis Mai 1951. Sein in der RSI-Zeit verliehener Generalsrang und die Auszeichnungen wurden nicht anerkannt. Seine Erinnerungen an den Krieg im Osten veröffentlichte er im Jahr 1956. Über seine Zeit an der Spitze der Division Monterosa hat er sich nicht öffentlich geäußert. Am 30. Januar 1962 starb er in Rom.

Diese drei Offiziere, Carloni, Manfredini und Ricci, prägten die Division Monterosa in den verschiedenen Phasen ihres Bestehens: Manfredini und Ricci in der Ausbildung, Carloni im Einsatz. Es wäre daher verfehlt, die Verantwortung für die Prägung der Division in erster Linie beim deutschen Ausbildungssystem und dem Einfluss des deutschen Rahmenpersonals zu sehen, ohne zugleich auch nach Traditionen militärischer und politischer Gewalt zu fragen, die fest im italienischen Faschismus verankert waren. Die neuere Forschung spricht von „Fascist Warfare“ als besonderer Form der modernen Kriegsführung.[42] Schon diese kurzen biografischen Skizzen verdeutlichen dies. Alle drei Divisionskommandeure waren „Praktiker der Gewalt“. Sie gehörten ohne Zweifel zum Typus des Hardliners, des energischen, rücksichtslosen und politisierten faschistischen Offiziers, der sich nach dem Zusammenbruch des italienischen Staats 1943 nicht allein aus Opportunitätsgründen dazu entschloss, an der Seite Mussolinis weiterzukämpfen und sich vorbehaltlos für die Wiederbelebung der deutsch-italienischen Waffenbrüderschaft einzusetzen.

3 Die Division Monterosa im Einsatz

Die Verlegung nach Italien

Die ersten Truppenteile der Division brachen kurz nach dem Besuch Mussolinis in Richtung Italien auf. Vom Bahnhof Münsingen oder Bad Urach fuhren die Soldaten mit dem Bestimmungsort Genua ab. Ihre Reisestrecke führte sie durch bereits stark zerstörte deutsche Städte wie Ulm, Augsburg und München. Über Tirol erreichten sie Norditalien. Luftangriffe der Alliierten auf das italienische Schienennetz verzögerten die Fahrt und verursachten Unterbrechungen, sodass die Soldaten gezwungen waren, einen Teil der Strecke auf Lastwagen zurückzulegen.

Anfang August 1944 erreichten die Soldaten ihr zukünftiges Einsatzgebiet. Die Kriegslage hatte sich gegenüber dem Winter 1943/1944 entscheidend verändert. Am 18. Juli 1944 hatten die Alliierten die deutsche Verteidigungslinie in Caen in der Normandie durchbrochen, während in Italien die 5. amerikanische Armee und die 8. englische Armee die Linie Livorno-Ancona überschritten hatten. Rom war bereits am 4. Juni befreit worden, Florenz wurde im August befreit, nachdem am 20. Juli das Attentat auf Adolf Hitler stattgefunden hatte. Am 22. Juli hatte die Rote Armee ihre Sommeroffensive in Weißrussland begonnen, dabei die Heeresgruppe Mitte vernichtend geschlagen und war weit nach Westen bis zur ostpreußischen Grenze und nach Brest-Litowsk vorgedrungen. Zudem hatten die Partisanen seit Anfang Juni in Mittel- und in Teilen Norditaliens, darunter Ligurien und dem Apennin beiderseits Genua, ihren Guerillakrieg gegen die deutsche Besatzung und die faschistische Regierung intensiviert. Das Bewusstsein, dass der Verlauf des Krieges sich nunmehr zugunsten der Alliierten gewendet hatte, und das Ausmaß der Zerstörungen entlang der Reisestrecke wirkten sich belastend und demotivierend auf die Soldaten aus. Die starke Propaganda seitens der Partisanenbewegung wirkte destabilisierend.

Ankunft in Ligurien

Monterosa und San Marco waren die ersten der vier RSI-Divisionen, die nach Italien verlegt wurden. Sie wurden an der ligurischen Küste beiderseits von Genua zum Küstenschutz eingesetzt. Die Monterosa übernahm an der Ostküste Liguriens einen 50 km breiten Abschnitt, der von Nervi, einem östlichen Vorort von Genua, bis nach Levanto, etwa 20 km von La Spezia entfernt, reichte. Die Division San Marco wurde an der westlichen Küste, in Richtung der französischen Grenze, eingesetzt. Das Gelände war außerordentlich schwierig. Im Rücken der Divisionen befand sich das tief gegliederte Gebirge des Apennins, das im Abschnitt der Division Monterosa nördlich und nordöstlich von Genua 70 bis 80 km Tiefe erreicht. Im Sommer 1944 wurde dieses Gebiet bis auf die Hauptorte und die Pässe fast vollständig von Partisanen kontrolliert.

Im Hinblick auf eine mögliche Landung der Alliierten war eine gemischte italienisch-deutsche Armee aufgestellt worden, die Armee Ligurien, die von Mussolinis Kriegsminister Marschall Rodolfo Graziani als Oberbefehlshaber und einem deutschen Generalstabsoffizier im Generalsrang als Chef des Stabes geführt wurde. Ihr unterstand das unter der Führung von General der Artillerie Curt Jahn und eines italienischen Majors als Stabschef an der ligurischen Küste eingesetzte Generalkommando Lombardia,[43] das wiederum die Führung über die beiden Divisionen Monterosa und San Marco hatte. Die Armee Ligurien war militärisch für die Verteidigung Nordwestitaliens und – nach der Landung der Alliierten in Südfrankreich – für die neu entstandene Westalpenfront verantwortlich.

Der Verteidigungsbereich der Division Monterosa war zweigeteilt: der rechte Abschnitt von Genua-Nervi bis Sestri Levante unterstand dem Gebirgsjägerregiment 1 mit seinen drei Bataillonen, wobei das Bataillon Aosta von Nervi bis Portofino eingesetzt war, Bassano von Portofino bis Zoagli und Intra von Zoagli bis Sestri Levante. Der linke Abschnitt von Sestri Levante bis Levanto oblag dem Gebirgsjägerregiment 2. Das Bataillon Tirano besetzte das Gebiet von Sestri bis Moneglia, Morbegno von Moneglia bis Levanto. Das Bataillon Brescia wurde als Reserve nördlich des Passo del Bracco bereitgestellt.[44] Westlich der Division, im Raum um Genua, sicherte im August die 42. Jägerdivision, später die 232. (bodenständige) Infanteriedivision. Im östlich gelegenen Gebiet um La Spezia lag eine Festungsbrigade unter dem Kommando von Oberst Kurt Almers, die sehr intensiv Partisanenbekämpfung betrieb.

Die Hauptaufgaben der Division in Ligurien waren der Küstenschutz und die Sicherung der rückwärtigen Verbindungen im Falle einer alliierten Landung. Da die Verteidigung an den Stränden wegen des zu erwartenden Einsatzes der Schiffsartillerie und der alliierten Luftherrschaft unmöglich gewesen wäre, plante man im Verteidigungsfall nur minimale Kräfte an der Küste als Sicherung zu belassen und die Hauptverteidigung auf einer landeinwärts verlaufenden Linie zu verlegen. Diese rückwärtige Stellung nutzte die natürlichen Verteidigungsmöglichkeiten, die das Gelände bot. Daher wurde die Division sofort nach ihrer Ankunft in Italien mit dem Ausbau und der Sicherung ihrer Stellungen gegen Partisanen beschäftigt.

Der Einsatz in Ligurien: Partisanenkrieg und Desertionen

Die Hoffnungen vieler Offiziere und Soldaten der Division, möglichst rasch an die Front zu kommen, wurden nach der Ankunft in Italien schnell enttäuscht. Das Gebiet im Rücken der Division befand sich fast vollständig in der Hand der Partisanen. Die Besatzungstruppen kontrollierten lediglich den dünnen Küstenstreifen. Sogar die wichtigsten Verkehrswege zwischen Genua und dem Cisa-Pass waren für deutsche und faschistische Truppen unpassierbar geworden. In diesem Gebiet gab es drei große Partisanenverbände: die VI. Zona Operativa Ligure in der Provinz Genua, die IV. Zona Operativa Ligure in der Provinz La Spezia und das Comando Unificato Piacentino (später die XIII. Zona Operativa) in der Provinz Piacenza.[45] Das ganze rückwärtige Gebiet der Division war ein enormes „Bandengebiet“, das schnell wieder unter Kontrolle gebracht werden musste. Die Einheiten der Monterosa kamen gerade passend.

Angesichts der stark ansteigenden Partisanentätigkeit seit dem Beginn des Rückzugs in Mittelitalien und nach der Räumung von Rom Anfang Juni 1944 hatte Generalfeldmarschall Albert Kesselring kurz nacheinander zwei Befehle für die sogenannte Bandenbekämpfung ausgegeben. In dem ersten dieser Befehle am 17. Juni forderte der deutsche Oberbefehlshaber die Truppen auf, den „Kampf gegen die Banden … mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und mit größter Schärfe“ aufzunehmen. Den Soldaten wurde darin deutlich gemacht, dass sie bei Übergriffen im Rahmen der „Bandenbekämpfung“ grundsätzlich nicht mit Bestrafung zu rechnen hatten: „Ich werde jeden Führer decken, der in der Bekämpfung der Banden über das bei uns übliche zurückhaltende Maß hinausgeht. Auch hier gilt der alte Grundsatz, dass ein Fehlgreifen in der Wahl der Mittel sich durchzusetzen immer noch besser ist, als Unterlassung und Nachlässigkeit.“ Am 1. Juli 1944 legte Kesselring einen zweiten Befehl nach und äußerte sich konkret über die Art der Maßnahmen, die gegen Partisanen und Zivilbevölkerung anzuwenden waren. Dort hieß es: „In meinem Aufruf an die Italiener habe ich den Bandenkampf mit den schärfsten Mitteln angekündigt. Diese Ankündigung darf keine leere Drohung sein.“ Die „schärfsten Mittel“ seien anzuwenden und „jeder Gewaltakt der Banden … sofort zu ahnden. … Aus der eingereichten Meldung muss auch die eigene Gegenmaßnahme zu ersehen sein. Wo Banden in größerer Zahl auftreten, ist der in diesem Bezirk wohnende jeweils zu bestimmende Prozentsatz der männlichen Bevölkerung festzunehmen und bei vorkommenden Gewalttätigkeiten zu erschießen.“[46]

Kesselrings „Bandenbefehle“ galten für den gesamten Befehlsbereich des Oberbefehlshabers Südwest und demzufolge auch für die italienischen Divisionen, die – ähnlich wie die deutschen Truppen – ebenfalls begannen, Geiseln aus der Bevölkerung festzusetzen und Partisanen oder Zivilisten, die sie unterstützten, bei Gefangennahme summarisch zu erschießen.

Der erste Hinweis auf die Beteiligung von Truppenteilen der Division Monterosa an Bekämpfungsaktionen gegen Partisanen datiert vom Anfang August 1944. Aufgrund sich mehrender Berichte über unmittelbar bevorstehende Partisanenaktionen im Rücken der ligurischen Küste startete die Festungs-Brigade des Oberst Almers ein Großunternehmen im Gebirge nordwestlich von La Spezia, an dem auch Truppen der Division zur Absperrung beteiligt waren. Bis zum 4. August wurde das Gelände um den Monte Gottero von deutschen Einheiten gründlich durchkämmt. Im Raum Zeri und Adelano, wo das deutsche Gebirgsjäger-Lehrbataillon Mittenwald eingesetzt war, wurden nach Zusammenstößen mit Partisanen 19 Männer im Alter zwischen 16 und 76 Jahren getötet. Ein 70-jähriger Pfarrer wurde erschossen, nachdem die Truppe im Pfarrhaus Material fand, das von einer Widerstandsgruppe dort deponiert worden war.[47]

Als auch die Soldaten seiner Division das Ziel von Angriffen der Partisanen wurden, begann General Carloni ebenfalls Feldmarschall Kesselrings Bestimmungen anzuwenden und schnelle Vergeltungsmaßnahmen durchführen zu lassen. Für die Partisanenbekämpfung im rückwärtigen Gebiet wurde Anfang August 1944 aus Teilen des Gebirgsjägerregiments 2 ein Feldersatzbataillon auf den Namen Vestone aufgestellt. Sein Kommandeur war Major Cesare Paroldo, ein Offizier, der bereits im Russlandfeldzug ein Alpini-Bataillon geführt hatte. Der erste Einsatz fand in dem von schroffen Bergen umgebenen Tal von Fontanabuona, etwa 30 km östlich Genuas statt. Hier ging das Bataillon auf Befehl von General Carloni nicht nur rigoros gegen Partisanen vor, sondern auch gegen Zivilisten, die verdächtigt wurden, diese zu unterstützen. Mehrere Personen wurden bei der Aktion erschossen, Häuser und Scheunen in den Ortschaften Moconesi, Calvari, Carro, Castello, Carrodano und Sesta Godano in Brand gesetzt. Es wurde auch geplündert. Diese Übergriffe zogen eine Untersuchung des Divisionskommandeurs nach sich. Über Konsequenzen für die Verantwortlichen ist nichts bekannt.[48]

Das Bataillon Bassano brach am 11. August zu einer Aktion in der Gegend von Barbagelata auf. Es gelang ihm, die Partisanen in die Flucht zu schlagen. Am nächsten Tag führte eine gemischte Abteilung des Bataillons und der schwarzen Brigade aus Chiavari eine Vergeltungsaktion durch, in dessen Verlauf das Dorf Barbagelata zerstört wurde.[49]

Der erste Versuch, das von den Partisanen kontrollierte Gebiet östlich der Flüsse Scrivia und Polcevera wieder unter Kontrolle zu bringen, wurde zwischen dem 24. und dem 30. August 1944 mit Hilfe von deutschen und italienischen Kampfgruppen unternommen. Das Hauptziel der Aktion war die Staatsstraße 45 im Trebbia-Tal, die Hauptverbindungsstraße für den Nachschub und die Bewegungen der Division Monterosa. Sie setzte das Bataillon Vestone, die Aufklärungsabteilung und Alarmeinheiten ein, die in der Kampfgruppe Farinacci zusammengefasst wurden. Sein Kommandeur war ein Bruder des faschistischen Parteisekretärs Roberto Farinacci. Das Vorgehen der eingesetzten Truppen muss ähnlich wie Anfang August im Tal von Fontanabuona gewesen sein. Am 31. August meldete das Generalkommando Lombardia: „Bei dem Bandenunternehmen der Div. ‚M[onte] Rosa‘ im Raum Chiavari und Bobbio vom 24.–31.8. verloren die Rebellen 240 Tote, etwa 300 Verwundete; 265 Verdächtige wurden festgenommen, erhebliche Mengen an Waffen, Munition und Gerät wurden erbeutet oder zerstört.“[50]

Eine große Herausforderung waren die vielen Desertionen, die nach dem Eintreffen der Divisionen in Italien begannen. Sie wurden, wie die Partisanenaktionen, ebenfalls scharf geahndet. Am 5. September 1944 wurde ein „Zivilist, der Soldaten zur Fahnenflucht aufhetzte“ erschossen.[51] Als im Hinterland von Rapallo Anfang September eine Nachschubkolonne des Gebirgsjägerregiments 1 zu den Partisanen überlief, die den Kolonnenführer töteten, ging die Division gegen sie betont hart vor und „säuberte“ nach den bereits beschriebenen Methoden das Gebiet um den Monte Caucaso. Dabei wurden sechs Partisanen getötet, 26 Fahnenflüchtige festgenommen und acht von ihnen standrechtlich erschossen. 70 „Verdächtigte“, vermutlich Zivilisten, wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland abgeschoben.[52] Trotzdem stiegen in den folgenden Wochen und Monaten die Desertionen unvermindert weiter, wie allenthalben in dem Kriegstagebuch nachzulesen ist. Am 19. September 1944 wird notiert: „Bei ital. Div.en nehmen Fahnenfluchten erschreckend zu; desgleichen kampfloses Ergeben. Rege Bandentätigkeit“; am 27. September 1944: „Bei M[on]te Rosa 1 [Unteroffizier] und 40 Mannsch[aften] unter Mitnahme von 4 M.G. und sonstigen Waffen zu Partisanen übergegangen.“[53] Sieben Fahnenflüchtige vom Gebirgsjägerregiment 2 wurden vom Sonderkriegsgericht zum Tode verurteilt und am 11. Oktober 1944 erschossen.[54] Am 20. September verzeichnete man 1099 Fahnenflüchtige. Die Haltung der italienischen Truppen sei, „bedingt durch den starken Einfluss der Zivilbevölkerung und der Banden, in keiner Weise ausreichend … Zersetzungserscheinungen, die sich in laufenden Fällen von Fahnenflucht und im allgemeinen Bild des Kriegsmüdeseins ausdrücken, sind in allen Einheiten festzustellen“.[55] Der vermutlich gravierendste Fall betraf das zur Sicherung und Partisanenbekämpfung im Trebbia-Tal zwischen Gorreto und Bobbio eingesetzte Bataillon Vestone. Anfang November 1944 schloss sich Major Paroldo mit dem Gros seiner Männer den Partisanen an. Lediglich vier Offiziere, 20 Unteroffiziere und 110 Mannschaftssoldaten von 800 weigerten sich, die Seite zu wechseln.[56] Im Herbst 1944 baute Carloni „eine Spitzelorganisation innerhalb seiner Division [auf], um politisch nicht einwandfreie Elemente auszumerzen …“.[57]

Neben der Fahnenflucht waren auch Partisanenüberfälle in dieser Zeit alltäglich. Die Division Monterosa reagierte auf diese mit Vergeltungsmaßnahmen: Gegen Ende September wurde der Kommandeur der Aufklärungsabteilung, Hauptmann Girolamo Cadelo, Kavallerist, Veteran der Feldzüge in Äthiopien und in Russland, bei einem Überfall auf seinen Wagen schwer verwundet und starb noch am selben Tag im Lazarett in Chiavari.[58] Am 29. Oktober 1944 wurde in der Nähe von San Colombano Certenoli der Hauptmann der Monterosa, Napoleone De Kümmerlin, getötet. Als Vergeltung wurden am darauffolgenden Tag am Ort des Überfalls acht Partisanen erschossen, die schon vorher gefangen genommen worden waren und sich in Chiavari in Haft befanden.

Im Laufe des Sommers hatte sich die Partisanenbewegung, auch gerade dank des stetigen Zustroms gut bewaffneter und gut ausgebildeter Deserteure der Division, laufend verstärkt. Die Bekämpfung des Widerstands im rückwärtigen Gebiet der Division wurde daher im Herbst und Winter unvermindert fortgesetzt. Zwischen dem 16. und dem 23. September 1944 führte die Division auf Befehl des Generalkommandos Lombardia ein größeres Unternehmen im Raum von Godiasco, Varzi und Bobbio (Pavia/Piacenza) tief im rückwärtigen Gebiet durch. Es beteiligten sich wieder verschiedene italienische und deutsche Truppen: Einheiten der Division Monterosa und der 232. Infanteriedivision, Teile der Sturm-Panzer-Abteilung 216, und der Brigata Nera aus Genua. Die Ergebnisse waren allerdings enttäuschend, weil es den Partisanen überall gelang auszuweichen und es zu verlustreichen Ortskämpfen kam.[59] Am 1. Oktober setzte die Division in Orero (nördlich Rapallo) 42 verdächtige Zivilisten fest, am darauffolgenden Tag bei Casarza Ligure weitere 24.[60] Am 4. Oktober bei Gorreto (30 km nördlich von Rapallo) erschossen die Soldaten der Monterosa vier „Rebellen“ und nahmen 15 Wehrdienstverweigerer fest.[61] Das Unternehmen Milano führte der Kommandeur des Gebirgsjägerregiments 1, Oberst Aldo Pasquali, im Raum Monte Antola, Monte Caucaso, Torriglia und im Trebbia-Tal durch. Das Ergebnis der Aktion ist nicht überliefert, aber offensichtlich gelang es nicht, die Partisanen wie beabsichtigt zu vernichten.[62] Im Kriegstagebuch des Generalkommandos Lombardia wurde am 5. Oktober notiert: „Die Bandenlage verschärft sich von Tag zu Tag. Nur durch Eindringen in die Bandenzentren und Vernichten größerer Bandengruppen kann die Truppe der Gefahr einigermaßen Herr bleiben.“[63]

Auch die von Generalfeldmarschall Kesselring im gesamten Befehlsbereich angeordnete „Bandenbekämpfungswoche“ in der Zeit vom 8. bis 14. Oktober 1944 hatte nicht überall Erfolg. Für das Generalkommando Lombardia blieb das Ergebnis zumindest hinter den gesteckten Erwartungen zurück. Dies lag zum einen an der verbesserten militärischen Organisation und Ausrüstung der Partisanenverbände, zum anderen aber auch an der Unzulänglichkeit der eigenen Gegenmaßnahmen. Der Kommandierende General des Korps warf seinen Offizieren vor, „den Wert aktiver Bandenbekämpfung immer noch nicht erkannt“ zu haben. Die Masse der Truppen sähe „teilnahmslos und untätig zu“, während nur „einige B[ataillone] und rückwärtige Einheiten in ständigen kleinen Vorstößen und … Lauerposten den Banden laufend Abbruch“ täten. Er befahl, dass „alle Reserven und rückwärts eingesetzte Kampftruppen, jede Stützpunktbesatzung, alle Alarmeinheiten … mindestens jeden zweiten Tag aktive Bandenbekämpfung durchzuführen“ hätten. „Es geht hier nicht um Ausführung unbequemer Befehle, es geht vielmehr darum, uns am Leben zu halten und Herren der Lage zu bleiben. Solange der eigentliche Gegner [die Alliierten, Anm. d. Verf.] uns Ruhe lässt, steht die Bandenbekämpfung im Vordergrund vor allen anderen Aufgaben“, hieß es in dem Befehl.[64]

Doch die Lage blieb ernst. Die militärische Präsenz der Division im rückwärtigen Gebiet war durch ständige Abgaben von Einheiten an anderen Frontabschnitten sehr geschwächt. Die Division Monterosa hatte die Kontrolle über ihr bergiges Hinterland nun vollständig verloren. Besonders betroffen war der Raum südlich der Linie Piacenza-Voghera, der gänzlich in der Hand der Partisanen lag, und der Raum südlich und südwestlich von Alessandria, wo wichtige Straßen unter der Kontrolle der Partisanen standen.

Eine kurze Wende der Lage brachten der Einbruch der kalten Jahreszeit und das Nachlassen der Luftversorgung der Partisanen durch die Alliierten. Doch auch die unerwartet erfolgreichen Abwehrkämpfe im Apennin und in den Westalpen im Herbst 1944 hatten zu einer vorläufigen Stabilisierung der Kriegslage in Italien geführt. Frühere Partisanengebiete waren zu Frontgebieten geworden und damit fest in den Händen der Wehrmacht. Das Abflauen der Kampfhandlungen erlaubte den deutschen und RSI-Kommandostellen, immer mehr Truppen zur Bekämpfung der Widerstandsbewegung einzusetzen. Um nicht einen weiteren Winter im Gebirge ohne Ausrüstung und ausreichende Verpflegung verbringen zu müssen, lösten sich die größeren Partisanengruppen nach und nach auf und wanderten in die ressourcenreicheren Täler und in die Po-Ebene ab, wo die Lebensverhältnisse günstiger für sie waren. Im Gebirge blieben nur ihre Stämme, die Führer und die erfahrensten Kämpfer.[65]

Erst durch die Zuführung der aus überwiegend turk-tatarischem und aserbaidschanischem Personal gebildeten 162. (Turk-)Infanteriedivision Ende November wurden die Kräfte im rückwärtigen Gebiet des Korps Lombardia entscheidend verstärkt. Die Division ging sehr hart vor, und es gab Ausschreitungen gegen die Bevölkerung, in die aber die Division Monterosa nicht involviert war. Ihre Truppen beteiligten sich jedoch an den Einsätzen, die im Dezember 1944 und im Januar 1945 nah der Küste stattfanden: Vier Kompanien der Division nahmen an dem Unternehmen „Straßburg“ im Raum östlich der Straße Genua-Serravalle bis zum Gebiet um Torriglia-Monte Antola-Monte Carmo (Genua/Alessandria) teil[66] sowie an der Anfang 1945 unter dem Namen „Bergkönig“ laufenden Operation im Raum Varese Ligure, Monte Gottero, Zeri und Zignago (La Spezia).[67]

Im Herbst 1944 gingen Übergriffe und Massaker stark zurück, auch wenn es weiterhin dazu kam, wie entsprechende Vorfälle in Ligurien, in der Emilia und in der Romagna zeigen. Der Kampf richtete sich vor allem gegen die Partisanen, die überall im besetzten Gebiet blutige Verluste erlitten. Versuche, die Partisanengruppen auch durch Verhandlungen und Amnestieangebote zur Aufgabe zu bewegen, hatten nur zeitweiligen Erfolg; die beabsichtigte vollständige Befriedung blieb letztlich aus. Gleichzeitig verschärfte sich der inneritalienische Konflikt erheblich. Doch der Apennin nördlich und nordöstlich von Genua blieb lange ein unsicheres Gebiet, in dem deutsche und faschistische Truppen bestenfalls die allerwichtigsten Verkehrswege und Orte effektiv sichern konnten. Da die Partisanen kaum zu fassen waren, sich nur selten auf größere Kämpfe einließen und sich nach ihren Aktionen fast immer rechtzeitig vor ihren Gegnern zurückziehen konnten, blieb die Sicherheitslage für die Besatzer und die Anhänger der RSI durchgehend prekär.

Noch am 2. Mai 1945, in San Colombano Certenoli, unweit von Genua, töteten Soldaten der Division Monterosa 10 Partisanen, die sich bei ihnen in Haft befanden.

Die Online-Datenbank der „nazifaschistischen“ Gewalttaten und Massaker in Italien („Atlante delle Stragi Naziste e Fasciste in Italia“) macht Einheiten der Division für die Tötung von insgesamt 200 Personen verantwortlich.[68]

Die Division Monterosa im Einsatz an der Front

Alle vier italienischen Divisionen waren für den Kampf gegen den äußeren Feind (die Alliierten) ausgebildet worden. Die Soldaten waren propagandistisch auf den Kampf an der Front vorbereitet worden. Dass sie bis auf einen Kern von überzeugten Faschisten und abgehärteten Kriegsveteranen psychologisch nicht auf die Schrecken von Partisanen- und Bürgerkrieg vorbereitet waren, ist leicht verständlich. Als am 20. September 1944 General Jahn an die Armee über den Kampfwert seiner italienischen Divisionen nach knapp zweimonatigem Einsatz berichtete, entwarf er folgendes Bild der Zustände in der Truppe: „Der augenblickliche Einsatz ohne eigentliche Kampffähigkeit bedeutet stärkste Belastung, um so mehr als von dem Mann verlangt wird, immer wieder die Waffe gegen Angehörige des eigenen Volkes zu erheben.“ Das Problem war kaum zu lösen, denn trotz „besonders energischer Führung durch die beiden Divisionskommandeure, die sich besonders in der Division ‚Monterosa‘ günstig auswirkt und eifrigster Bemühungen des deutschen Verbindungskommandos, ist die Truppe haltlos. Mit energischem Widerstand und Durchstehen schwieriger Lagen ist bei erster Berührung mit alliierten Verbänden nicht zu rechnen“. Daher schlug der General vor, die zwei Divisionen herauszulösen, damit sie dem „Einfluss der Zivilbevölkerung und … der Feindpropaganda entzogen werden“, sie weiter „straff“ auszubilden bzw. „in ruhiger Front“ gegen alliierte Truppen einzusetzen, damit sie „die Kampfmoral wiederfinden“.[69]

Einige Einheiten der Division waren bereits kurz nach der Landung der Alliierten in Südfrankreich gegen Mitte September nach Piemont verlegt worden, um die Verteidigung an den westlichen Alpen zu verstärken. Zwei Bataillone (Bassano und Tirano) und eine Artilleriegruppe (Vicenza) wurden verlegt. Auf dem Weg zum neuen Einsatzgebiet desertierten Dutzende Soldaten und schlossen sich den Partisanen an. Das Gebirgsjägerbataillon Bassano richtete sein Hauptquartier im Varaita-Tal unweit von Cuneo ein. Das Gebirgsjägerbataillon Tirano wurde weiter nördlich ins Chisone-Tal verlegt und dem Gebirgsjägerregiment 85 der 5. Gebirgsdivision unterstellt. Die Artilleriegruppe Vicenza entlastete deutsche Einheiten im Stura-Tal, westlich Cuneo.[70] Während des Einsatzes in den Westalpen führten die Einheiten der Monterosa wiederholt Unternehmen gegen Partisanen. Besonders verschrien war die sogenannte Banda Pavan, eine Gruppe Gebirgsjäger des Bataillons Bassano unter der Führung eines Offiziers, die die Zivilbevölkerung drangsalierte, Gefangene misshandelte und bei Razzien plünderte.[71]

Der für das Selbstverständnis der Divisionsangehörigen wichtigste Einsatz fand in der sogenannten Goten-Linie (eigentlich Grün-Linie) statt. Ende Oktober 1944 wurde eine Regimentsgruppe der Division in die Garfagnana, ein Gebiet im Norden der Toskana verlegt. Insgesamt 4000 Mann, später insgesamt 8000, übernahmen Stellungen der 42. Jägerdivision in einem ruhigen Frontabschnitt zwischen Massa Carrara und dem Monte Romecchio. Die Division war nun also in drei Kampfgruppen aufgeteilt: eine verblieb an der ligurischen Küste, eine befand sich im Piemont an der Grenze zu Frankreich und eine an der Front in der nördlichen Toskana.

Hier war die Partisanentätigkeit weniger stark als in Ligurien und in Piemont. Ihre Gegner waren Soldaten der Alliierten: Anfang November 1944 wurden die dort stationierten Truppen des brasilianischen Expeditionskorps durch die 92. US-Infanteriedivision ersetzt, die sich aus Soldaten afroamerikanischer Herkunft zusammensetzte. Die Truppen der Division standen zunächst unter der Führung von Oberst Pasquali, dem Kommandeur des Gebirgsjägerregiments 1, und übernahmen einen Abschnitt, der vom Monte Altissimo bis zum Serchio reichte. Am 10. November übernahm dann General Carloni das Kommando. Die Front blieb bis Weihnachten 1944 unverändert ruhig.[72]

Ende des Jahres wurden auch Teile der inzwischen aus Deutschland nach Norditalien verlegten Infanteriedivision Italia an die Front gebracht. Teile der italienischen Truppen waren auch an einem von der deutschen 14. Armee vorbereiteten überraschenden Angriff im Serchio-Tal zur Entlastung der deutschen Front bei Bologna beteiligt. Dieser Stoß hatte den Decknamen Wintergewitter und richtete sich mit Kräften einer Division gegen die neu zugeführte 92. US-Infanteriedivision. Die Operation begann am 26. Dezember unter dem Kommando von General Otto Fretter-Pico, dem Kommandeur der 148. Infanteriedivision, und war zunächst erfolgreich. Es gelang den Angreifern zunächst, die ersten Stellungen zu überrumpeln und einige kleinere Orte, wie Gallicano und Fornaci di Barga, zu erobern. Der Angriff scheiterte an der schnellen Reaktion der Amerikaner und weil ohnehin nicht genügend Kräfte für einen größeren Durchbruch zur Verfügung gestanden hatten. Es wurde lediglich eine Frontverbesserung erreicht. Dennoch sprach am 30. Dezember General Valentin Feurstein, Kommandierender General des LI. Gebirgs-Armeekorps, den beteiligten deutschen und italienischen Truppen seine Anerkennung für den „Erfolg der Operation“ aus.[73] Dass bei dem Einsatz unter den Afroamerikanern „keine Gefangene[n]“ gemacht werden sollten und dass eine deutsche Gebirgsjägereinheit ihre schwarzen Gefangenen in eine Scheune eingesperrt und „mit zwei Panzerfaustgranaten“ auf sie geschossen hatte, berichtet der österreichische Soldat Hans Burtscher in seinen Kriegserinnerungen.[74]

Auch in dieser Zeit fanden Zusammenstöße zwischen Partisanen und RSI-Gebirgsjägern statt. Als am 28. Januar 1945 Partisanen auf Männer der Division das Feuer eröffneten und ein junger Soldat getötet und ein weiterer verwundet wurden, erschossen ihre Kameraden zur Vergeltung sechs Antifaschisten, die sich im Gefängnis von Camporgiano befanden und daher nichts mit dem Überfall zu tun hatten.[75]

Mitte April 1945 starteten die Alliierten auch in diesem Frontabschnitt ihren letzten Angriff: Am 21. April 1945 wurde Bologna befreit und am folgenden Tag der Po überquert. Die Truppen aus der Garfagnana-Front zogen sich zwischen dem 17. und dem 20. April zurück. Die Einheiten sammelten sich in Fivizzano und versuchten, über den Passo del Cerreto die Po-Ebene zu erreichen. Doch auf dem Weg dahin wurden sie von Partisanen und alliierten Truppen im Raum Fornovo (Parma) eingekesselt und ergaben sich am 28. April den Amerikanern.

Den Rückzugsbefehl zum Po hatten auch die in Ligurien eingesetzten Teile der Division am 22. April bekommen. Sie sollten sich in Genua sammeln, um gemeinsam mit der deutschen Garnison den Rückzug über den Apennin anzutreten, da alle anderen Straßen durch das Gebirge bereits durch die Partisanen blockiert waren. In Genua war indessen ein Aufstand ausgebrochen, und das Gros der deutschen Truppen war in der Stadt von Partisanen eingeschlossen worden. Am Abend des 25. April kapitulierte der Stadtkommandant, General Meinhold, gegenüber Vertretern der Widerstandsorganisationen, und seine Truppen legten die Waffen nieder. Die wenigen an der ligurischen Küste verbliebenen Einheiten der Division Monterosa ergaben sich zwei Tage später im Raum Chiavari, an der Küste östlich von Genua, den amerikanischen Truppen.[76]

Im Piemont war die Lage anders, denn hier mussten sich die Einheiten der Division den Partisanen ergeben, während deutsche Truppen und besonders stark belastete faschistische Verbände geschlossen blieben und auf die Ankunft der amerikanischen Truppen warten konnten. In einigen Fällen geschah die Übergabe der italienischen Gebirgsjäger ohne größere Zusammenstöße, wie im Falle des Bataillons Aosta, das sich am 1. Mai 1945 im Maira-Tal bei Cuneo den Partisanen ergab. Die Artillerieabteilung Vicenza kapitulierte mit dem Gros des LXXV. Armeekorps im Raum Ivrea. Auch das Bataillon Brescia ergab sich ohne Schwierigkeiten. Ebenso ohne Probleme war die Waffenübergabe des Bataillons Tirano. Ein besonderer Fall war dagegen der des Bataillons Bassano im Raum nördlich von Cuneo. Das Bataillon war intensiver als andere Einheiten der Division in der Partisanenbekämpfung involviert gewesen, hatte zahlreiche Partisanen erschossen und war aufgrund des kriminellen Verhaltens einiger seiner Angehörigen, sowohl beim Widerstand als auch bei der Zivilbevölkerung der Umgebung besonders verhasst. Etwa 20 Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, darunter Angehörige der sogenannten Banda Pavan, wurden nach der Gefangennahme von einem Schnellgericht in Saluzzo abgeurteilt und erschossen. Gerüchte über die Ermordung von 500 Gebirgsjägern durch Partisanen, die lange nach dem Krieg im Umlauf waren, entbehren jeder Grundlage. Zutreffend ist aber, dass nach der Kapitulation Racheakte stattfanden. Die übrigen gefangenen Bataillonsangehörigen wurden schließlich am 7. Mai den Alliierten übergeben. Artilleristen der Abteilung Mantova wurden in Turin im Gefängnis festgehalten und dort schwer misshandelt. Über zwanzig Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten waren zuvor erschossen worden. Erst am 8. Mai 1945 wurden sie den Alliierten übergeben. Weiter nördlich wurden in Lanzo fünf Offiziere, fünf Unteroffiziere und drei Gebirgsjäger des Bataillons Morbegno von einem Schnellgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ein weiterer Offizier wurde summarisch erschossen, als bei ihm ein faschistisches Parteibuch gefunden wurde. Nur im Aostatal gab es keine Gewalt. Die Übergabe der deutschen und italienischen Streitkräfte erfolgte dort auf dem Weg der Verhandlungen mit den Vertretern des Widerstands.[77]

4 Nachkriegszeit: Kriegsverbrecherprozesse und Kameradschaft

Nach dem Krieg wurden einige der Verantwortlichen für die von der Division Monterosa begangenen Gewalttaten vor Gericht gestellt und von den Corti d’Assise Straordinarie – außerordentlichen Geschworenengerichten – verurteilt. Es handelte sich dabei um Justizorgane, die in Italien zwischen April 1945 und Ende 1947 tätig waren und zur Aburteilung von Verbrechen im Zusammenhang mit dem republikanischen Faschismus dienten.[78]

Am 25. September 1946 wurde von einem amerikanischen Militärgericht in Florenz der Prozess gegen General Mario Carloni, den Offizier Italo Simonitti und den Soldat Benedetto Pilon eröffnet. Die drei waren angeklagt, am 8. Februar 1945 bei Camporgiano (Lucca) den amerikanischen Oberleutnant Alfred R. Lyth ermordet zu haben. Wie im Urteil des Militärgerichts nachzulesen ist, wurde das Flugzeug P-47 des amerikanischen Soldaten zunächst abgeschossen, und nachdem Lyth sich mit einem Fallschirmsprung retten konnte, wurde er in Castelnuovo von einer deutschen Flakeinheit gefangen genommen. Carloni hatte einige Männer, darunter Simonitti (Angehöriger der Abt. Ic des Stabs) befohlen, Lyth abzuholen und in sein Hauptquartier zu bringen und zu verhören, wobei der General sich an der Vernehmung des Gefangenen beteiligte. Das Gericht kam im Laufe der Verhandlung zu der Überzeugung, dass der Befehl, den amerikanischen Piloten zu erschießen, nicht von Carloni gegeben, sondern die Entscheidung eigenmächtig von Simonitti getroffen wurde. So habe der Offizier vor der Hinrichtung angeordnet, dass der Pilot eine italienische Uniform anziehen sollte und ihm seine Dokumente abgenommen werden sollten, damit er nicht erkannt werden konnte. Lyth wurde auf dem Friedhof von Camporgiano auf Befehl Simonittis durch Pilon erschossen und dort anonym begraben. Das US-Militärgericht befand Simonitti für schuldig, die Tötung von Lyth befohlen zu haben, und verurteilte ihn zum Tode. Er wurde am 27. Januar 1947 auf dem Schießplatz in Marina di Pisa hingerichtet.[79] Zu Pilons Gunsten wurde als mildernder Umstand angeführt, dass der Schießbefehl von einem seiner Vorgesetzten gekommen war. Er wurde zu Zwangsarbeit und lebenslänglicher Haft verurteilt. General Mario Carloni wurde freigesprochen.[80]

Nach dem Ende des Krieges und ihrer Rückkehr ins bürgerliche Leben versuchten viele Heimkehrer, den Kontakt untereinander zu halten bzw. wiederherzustellen. Bereits 1946 und 1947 kam es zu Treffen einzelner ehemaliger Offiziere der Division Monterosa und ihrer früheren Soldaten in Brescia und Trient. In Mailand versammelten sich in der Kanzlei des Rechtsanwalts Bruno Licitra, Geschäftsführer des konservativen Verlags Longanesi, eine Gruppe ehemaliger Divisionsangehöriger. Sie sammelten Namen und Adressen sowie Spenden für die sich wegen Kriegsverbrechen und Kollaboration noch in Haft befindlichen Kameraden (unter ihnen General Mario Carloni). Ab 1949 schickten sie ein Rundschreiben an die Mitglieder. Im gleichen Jahr kam es zum ersten größeren Treffen in Mailand, dem viele weitere folgten.[81]

Im November 1951 wurde die Associazione degli appartenenti alla Divisione Alpina Monterosa als „freiwilliger und unpolitischer“ Verein unter dem Ehrenvorsitz des früheren Generals Carloni gegründet. Ihre Ziele waren: Das Andenken an die Gefallenen der Division zu bewahren, Vermisstenschicksale zu klären, die während des Krieges entstandenen Freundschafts- und Kameradschaftsbande und die Solidarität zwischen den Mitgliedern zu stärken sowie die Sammlung und Neuordnung von Dokumentationsmaterial zur Geschichte der Division. Der Sitz des Vereins war Mailand. Hier fanden in öffentlichen Lokalen regelmäßig Treffen und Versammlungen des Vorstands statt.[82]

Es entstand eine Interessenvertretung mit einem starken Bezug zur Vergangenheit, die zugleich auch eine identitätsstiftende Wirkung auf Mitglieder und ihre Familien hatte. Tagespolitik stand bei den offiziellen Vereinsaktivitäten tatsächlich nicht im Vordergrund. Da die Vereinigung keine politischen Ziele verfolgte, fiel ihre Gründung nicht unter das in der XII. Übergangsbestimmung der italienischen Verfassung verankerte Verbot des Wiederaufbaus faschistischer Organisationen. Als wirklich unpolitisch konnten jedoch die Mitglieder von Vereinen, die aktiv die Traditionen Mussolini-treuer Verbände aus dem vergangenen Bürgerkrieg pflegten, kaum betrachtet werden. Es ist daher keine böswillige Unterstellung, ihre Mitglieder politisch überwiegend im rechten und rechtsextremen Lager zu verorten. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass diese Art von Betätigung zumindest in der frühen Nachkriegszeit bis Ende der 1950er Jahre unter polizeilicher Beobachtung stand. Treffen konnten zwar ungehindert stattfinden, doch andere Initiativen, wie der Bau einer festen Gedenkstätte für die Gefallenen der Division, stießen auf behördliche Ablehnung.[83]

Entsprechend der politischen Lage waren die Strategien des Vereins jedoch geschickt gewählt. Man bemühte sich zunächst um kirchliche Anerkennung. Die Institutionen der katholischen Kirche waren während des vergangenen Bürgerkriegs betont neutral gewesen. Tatsächlich aber waren viele Pfarrer faschistisch oder anti-faschistisch eingestellt gewesen. Zudem spielte im Denken und Fühlen vieler Menschen der katholische Antikommunismus im Italien der frühen Nachkriegszeit eine zentrale Rolle. Hinzu kam, dass die Kirche sich nicht gegen den Wunsch der Veteranen stellen konnte, ihrer Toten im religiösen Rahmen angemessen zu gedenken. In den 1960er Jahren wurde schließlich in der Krypta einer Kapelle im Dorf Cella di Varzi (Pavia), einem abgelegenen Ort im Apennin, ein Raum zur Ehrung der Gefallenen eingerichtet. Die Krypta, die mit viel Aufwand von den Veteranen ausgebaut wurde, entwickelte sich binnen kurzer Zeit zum zentralen Gedenkort für alle vier Divisionen der ehemaligen Mussolini-Armee. Ein „Grabmal des unbekannten Alpino“ wurde in ihr errichtet und auf dem Friedhof wurden die Gebeine von gefallenen RSI-Soldaten umgebettet. Die Krypta wurde am 17. September 1967 im Rahmen einer großen Veranstaltung eingeweiht. Ein zweiter Gedenkort entstand 1970 im Ort Palleroso, unweit von Castelnuovo Garfagnana im ehemaligen Einsatzgebiet der Division, in einem durch Kriegseinwirkung zerstörten Oratorium.[84]

Schwieriger gestaltete sich indessen das Verhältnis zur Associazione Nazionale Alpini (ANA), dem wichtigen Veteranen- und Reservistenverband der italienischen Gebirgstruppe. Hier ging es um die nachträgliche Anerkennung als legitime Kombattanten, die den ehemaligen RSI-Kämpfern viele Jahre juristisch versagt blieb. Darüber hinaus hatte – teilweise noch immer – die ANA als Traditionsverband der Alpini in den meisten Regionen Norditaliens eine wichtige identitätsstiftende Funktion inne, nicht zuletzt aufgrund ihres sozialen und zivilen Engagements. Die zahlreichen Bemühungen der RSI-Veteranen um Anerkennung ihres Vereins durch die ANA waren lange nicht von Erfolg gekrönt. Erst in der jüngeren Vergangenheit erreichten sie ihr Ziel: Seit dem 27. Mai 2001 dürfen ehemalige Angehörige der RSI-Division ANA-Mitglieder werden. Die Entscheidung war jedoch umstritten und rief scharfe Proteste hervor. Diese Umstände hinderten freilich weder Ortsgruppen der ANA daran, bereits in den 1970er Jahren inoffizielle Kontakte zum Verein zu pflegen und gemeinsame Auftritte zu veranstalten, noch die Monterosa-Alpini parallel zu den ANA-Kundgebungen eigene Veranstaltungen zu organisieren.[85]

Erstaunlich erfolgreich war hingegen der Aufbau von Beziehungen zwischen dem Verein und seinen Partnern in der Bundesrepublik. Bereits im August 1952 scheinen Monterosa-Veteranen Münsingen besucht zu haben. Doch zu festen Kontakten kam es erst Anfang der 1970er Jahre. Eine kleine Gruppe besuchte die Stadt 1971. Zwei Jahre später, im Juni 1973, waren es nach der Darstellung des Vereins mehr als hundert Veteranen, die nach Münsingen zum ersten wirklich offiziellen Besuch kamen. Hier wurde die Abordnung durch den Bürgermeister Heinz Kälberer und den Kommandanten des Truppenübungsplatzes empfangen. Diese Anerkennung ermutigte den Verein, seine Präsenz in Deutschland zu stärken. Vom 30. September bis 1. Oktober 1977 fand ein dritter Besuch in Münsingen statt, wobei auch Ulm und Feldstetten aufgesucht wurden. Auch 1977 gab es offizielle Grußworte des Bürgermeisters, Austausch von Geschenken sowie Berichte in der Lokalpresse und Besuche im Alten Lager.[86]

Die Verbindungen wurden laufend ausgebaut. So soll es 1983 bei einer Gefallenenehrung auf der Kriegsgräberstätte des VDK in Costermano zu einer Begegnung zwischen den RSI-Veteranen und einer Delegation der deutschen 5. Gebirgsdivision sowie zu einer gemeinsamen Kranzniederlegung gekommen sein. Eine Abordnung von über hundert RSI-Alpini nahm am 17. und 18. September 1983 auf offizielle Einladung des Kameradenkreises der Gebirgstruppe, dem offiziellen Verband der deutschen Gebirgssoldaten, an deren Treffen in Rosenheim teil, zu dem auch Delegationen der Gebirgstruppe aus weiteren Ländern eingeladen wurden und anwesend waren. Da zwar die ANA als der eigentliche offizielle Partner ebenfalls zu dem Treffen eingeladen war, aber nicht teilnahm, waren die Veteranen der Division Monterosa die einzigen Vertreter der italienischen Gebirgssoldaten. Das Ergebnis war daher eine weitere Aufwertung des RSI-Vereins: In der Darstellung des Vereins heißt es dann, die Division Monterosa sei „von allen Seiten gewürdigt [worden], insbesondere von General Daumiller [Werner Daumiller (1914–2013), langjähriger Präsident des Kameradenkreises der Gebirgstruppe, Anm. d. Verf.], der daran erinnerte, wie die … Division auch nach der Kapitulation Italiens bis Mai 1945 tapfer an unserer [d. h. deutscher] Seite gekämpft hatte“. Im Jahr 1984 nahm an der Versammlung in der Krypta von Cella, neben Vertretern weiterer Einheiten der RSI, auch „eine große deutsche und österreichische Delegation mit Fahnen“ teil.[87]

Das war das Klima, in dem am 7. Juni 1986 das Denkmal für die italienischen und deutschen Gefallenen der Division Monterosa in Münsingen eingeweiht wurde. Es wurde im Ehrenhain der Stadt errichtet, wo es sich noch heute befindet. Es besteht aus drei großen inzwischen stark verwitterten Marmorblöcken, einem grünen, einem weißen und einem roten. Eine zweisprachige Bronzetafel trägt die folgende Inschrift: „Zum Gedenken an die 1944–1945 in den Westalpen, bei Garfagnana und in Ligurien gefallenen deutschen und italienischen Kameraden der 4. italienischen Gebirgsdivision Monterosa[,] ausgebildet 1943 in Münsingen. Ehre und Treue“[88] (oder auch Glauben, da beide Übersetzungen des italienischen Wortes fede möglich sind). Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der Begriff camerata (Plural: camerati) in der italienischen Sprache nicht neutral, sondern hochgradig politisch konnotiert ist. So bezeichnen sich die Angehörigen faschistischer und neo-faschistischer Gruppen untereinander. Auch Worte wie onore (Ehre) und fede (Glauben/Treue) sind in einem solchen Zusammenhang kaum als neutral zu bezeichnen. Sie sind vielmehr ebenfalls Ausdrücke aus dem faschistischen Vokabular.

An der Feier im Anschluss an die Errichtung des Denkmals nahmen, nach der Darstellung des Vereins, „über zweihundert Monterosa-Veteranen …, die mit einer Musikkapelle an der Spitze“ durch die Stadt zogen, teil. Mit dabei war „in brüderlicher Kameradschaft“ eine Abordnung der ANA in der Bundesrepublik Deutschland mit ihrem Präsidenten Oreste Bertolini, der in einem „schönen Brief um die Teilnahme gebeten hatte“, um, „ungeachtet der Kontroverse in Italien“, die „gefallenen Alpini zu ehren“. An der Veranstaltung nahm auch der Präsident des Kameradenkreises der deutschen Gebirgstruppe, Daumiller, sowie der Bürgermeister von Münsingen, Rolf Keller, teil.[89]

Ausgerechnet von deutscher Seite wurde den RSI-Veteranen aus dem italienischen Bürgerkrieg die Anerkennung zuteil, die für sie im eigenen Land so schwer zu erreichen war.

Zusammenfassung

Auf Wunsch Mussolinis wurde im September 1943 die Aufstellung von vier militärischen Großverbänden für den gemeinsamen Kampf mit den Deutschen beschlossen. Unter ihnen war die Division Monterosa. Sie zählte etwa 20 000 Soldaten, die auf dem Truppenübungsplatz in Münsingen durch Angehörige der Wehrmacht ausgebildet wurden. Die Division setzte sich überwiegend aus unerfahrenen Wehrpflichtigen sowie Offizieren und Unteroffizieren des alten italienischen Heeres zusammen. Dieses Führungspersonal machte lediglich 20 % der Division aus, verfügte aber über Kriegserfahrungen aus den brutalen italienischen Besatzungsregimen in Griechenland, auf dem Balkan und aus dem Krieg im Osten. Ein deutsches Verbindungskommando sorgte für die militärische und politische Ausrichtung der Division im Sinne NS-Deutschlands.

Ende August 1944 wurde sie unter der Führung des Generals Mario Carloni zur Bekämpfung der anrückenden Alliierten an die Ostküste Liguriens entsandt. Dieses Gebiet wurde fast vollständig von Partisanen kontrolliert. Der Krieg gegen die Partisanen forderte erhebliche Verluste innerhalb der Division. Ihre Vergeltungsschläge in Form von Geiselnahmen, Erschießungen von Zivilisten und der Zerstörung von Häusern sind aber eindeutig als Kriegsverbrechen zu bewerten.

1951 wurde die Vereinigung Associazione degli appartenenti alla Divisione Alpina Monterosa gegründet, deren Ehrenvorsitz der ehemalige General Carloni hatte. Bis 2001 bemühte sie sich vergeblich um Anerkennung durch die Associazione Nazionale Alpini (ANA), dem wichtigsten Veteranen- und Reservistenverband der italienischen Gebirgstruppe.

In Deutschland hingegen fand der Verein schneller Anschluss an Veteranenverbände. Ein erster Besuch ehemaliger Divisionsangehöriger in Münsingen fand bereits 1952 statt. In den 1970er Jahren wurden diese Besuche zunehmend regelmäßig und erhielten einen offiziellen Rahmen. Während der 1980er Jahre wurden die Verbindungen des Divisionsverbandes weiter ausgebaut und mündeten schließlich in der Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen.

Published Online: 2022-11-18
Published in Print: 2022-11-15

© 2022 bei den Autorinnen und den Autoren, publiziert von De Gruyter.

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