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CSIS Multilateral Cyber Action Committee: The Two Technospheres. Western-Chinese Technology Decoupling: Implications for Cybersecurity. Washington, D.C.: Center for Strategic & International Studies (CSIS), März 2022

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Veröffentlicht/Copyright: 9. September 2022

Reviewed Publication:

CSIS Multilateral Cyber Action Committee The Two Technospheres. Western-Chinese Technology Decoupling: Implications for Cybersecurity Washington, D.C. Center for Strategic & International Studies (CSIS) März 2022


Die Entkopplung der westlichen und chinesischen Technologiesphären schreitet voran. Gründe hierfür sind der sich zuspitzende Systemwettbewerb und die zentrale Rolle von neuen Technologien für die zukünftige Machtverteilung in der internationalen Ordnung. Diese Entkopplung hat vielfältige Auswirkungen auf die Cybersicherheit. Das Misstrauen zwischen beiden Seiten nimmt in dem Maße zu, in dem die Separierung der Sphären voranschreitet und der direkte Austausch abnimmt. Der Westen und China versuchen sich, in der digitalen Weltordnung in eine vorteilhafte Position zu bringen, um die eigene Sphäre zu schützen und zu erweitern. Damit drohen ein technologisches Wettrüsten und eine Destabilisierung des Cyberraumes.

Das CSIS Multilateral Cyber Action Committee analysiert in seinem Report, dass sich durch das Entkoppeln der Sphären vier Cybersicherheitsimplikationen für den Westen ergeben:

1. Westliche Firmen in China seien mit zunehmenden Cybersicherheitsrisiken konfrontiert. Neue Regularien erlaubten den chinesischen Behörden umfassende Zugriffsrechte. Westliche Unternehmen, die sich mit Cybersicherheitsmaßnahmen vor diesem aufdringlichen Verhalten schützen wollen, würden verstärkt zur Zielscheibe für Cyberzwischenfälle.

2. Neue Datenregulierungen in China sähen vor, dass alle Datenströme in das Land rein und wieder raus durch von offiziellen Stellen kontrollierte Knotenpunkte laufen müssen. Dadurch entstünden hohe Kosten für westliche Unternehmen, die einerseits chinesische Regularien erfüllen und gleichzeitig die Integrität und Sicherheit von Datenströmen gewährleisten müssen. Dieser Zielkonflikt sei immer schwieriger aufzulösen.

3. Es gäbe ein wachsendes Potenzial für chinesische Dominanz in jenen Staaten, die nicht eindeutig der westlichen Technologiesphäre zugeordnet werden. Sollten sich diese Staaten der chinesischen Sphäre anschließen, wären westliche Firmen in vielen aufstrebenden Ländern und ihren sich rasant entwickelnden Märkten großen Cybersicherheitsrisiken in Form chinesischer Technologieinfrastruktur (Hard- und Software) ausgeliefert. Dem Wachstumspotenzial westlicher Unternehmen in den „in between“-Staaten wäre damit Grenzen gesetzt.

4. Es werde zunehmend schwierig, globale Cybersicherheitsnormen zu etablieren und durchzusetzen. Stattdessen gäbe es in beiden Technologiesphären eigene Normen, Regulierungen und Rechtsprechungen. Dadurch werde es immer problematischer, Cyberkriminellen in der jeweils anderen Sphäre habhaft zu werden, wodurch noch mehr Unsicherheit im Cyberraum entstehe.

Die Autorinnen und Autoren der Studie skizzieren im Weiteren daher eine westliche Strategie, die dazu dienen soll, die Cybersicherheit der eigenen Technologiesphäre zu erhöhen und im digitalen Systemwettbewerb zu bestehen:

1. Internationale Cybersicherheitsnormen sollten gestärkt werden, indem man mehr Transparenz herstellt und jenen Akteuren hohe Kosten auferlegt, die gegen diese Normen verstoßen. Um dies zu erreichen, sollte eine neue Governance geschaffen werden, die das Monitoring von Fehlverhalten und die Identifikation der verantwortlichen Akteure übernimmt. Diese Art des Trackings sollte in Form von Public-Private-Partnerships zwischen Regierungen und Unternehmen stattfinden. Die neu zu schaffende Institution könnte sich am International Observatory of Human Rights oder dem Enforcement-Mechanismus für Nichtverbreitung der Internationalen Atomenergiebehörde orientieren.

2. Der Westen sollte für globale Standards bei Datenkonnektivität werben, um grenzüberschreitende Datenflüsse zu ermöglichen, die gleichzeitig Sicherheit und Wahrung der Privatsphäre gewährleisten. Dazu sollte eine neue Organisation geschaffen werden, die operative Prozesse und Maßnahmen zwischen westlichen Staaten institutionalisiert und angleicht. Das Ergebnis könnte dann als Grundlage für eine weltweite Anwendung dienen.

3. Außerdem gehe es für den Westen darum, ein Umfeld zu erschaffen, in dem eine Führungsposition in neuen Technologien, wie 6G, KI oder Quantencomputing ermöglicht wird. Um Chinas Langfriststrategie zur Technologieführerschaft zu kontern, müsse der Westen eigene Initiativen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit starten. Nötig hierbei sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Unternehmen.

4. Auf operativer und technischer Ebene müsse die Cybersicherheitskollaboration zwischen westlichen Regierungen und Unternehmen gestärkt werden, um böswillige Akteure in ihrem Handeln abzuschrecken. Daher sollten gemeinsame Public-Private-Partnership-Zentren gegründet und betrieben werden, um Daten, Analysen und Erkenntnisse zusammenzuführen sowie das Fehlverhalten dieser Akteure zu verfolgen und zu unterbinden.

5. Der Westen sollte einen Fokus auf Technologie-Transparenz legen. Diese könnte zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil gegenüber China in jenen Staaten werden, die sich bisher noch keiner der Technologiesphären angeschlossen haben. Transparenz ließe sich stärken, indem Staaten und Unternehmen Produktteile (Hardware und Code) zur Evaluierung an multilaterale Organisationen übergeben, die deren Unversehrtheit und Sicherheit beurteilen. Darüber könne Vertrauen in die Integrität der Produkte hergestellt werden.

https://www.csis.org/analysis/two-technospheres

Published Online: 2022-09-09
Published in Print: 2022-09-01

© 2022 Steinicke, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Editorial
  4. Aufsätze
  5. Der russische Überfall auf die Ukraine – eine militärische Lageanalyse
  6. An der Schwelle zum Dritten Weltkrieg – Welche Risiken darf der Westen im Ukraine-Krieg eingehen?
  7. Russlands diktierter Nicht-Frieden im Donbas 2014–2022: Warum die Minsker Abkommen von Anbeginn zum Scheitern verurteilt waren
  8. One man’s surprise is another man’s analysis: Warum Regierungen überrascht werden und was man dagegen tun kann
  9. Die militärische Modernisierung in China und Russland und die Vierte Industrielle Revolution
  10. Auf dem Weg zum Krieg von morgen. Chinesische Militärtheorie und die Evolution des Krieges
  11. Kurzanalyse
  12. Unterschiede zwischen westlichen und nichtwestlichen US-Verbündeten in der Reaktion auf den Ukraine-Krieg
  13. Kommentar
  14. Die längerfristigen Auswirkungen des Ukraine-Krieges und die wachsende Bedeutung der zivilen Seite des Krieges
  15. Ergebnisse strategischer Studien
  16. Zukunft Russlands
  17. Cyrus Newlin/Andrew Lohsen: Russia Futures. Three Trajectories. Washington, D.C.: Center for Strategic and International Studies (CSIS), Mai 2022.
  18. Die Lage von Taiwan
  19. Jacob Stokes/Alexander Sullivan/Zachary Durkee: Global Island. Sustaining Taiwan’s International Participation Amid Mounting Pressure from China. Washington, D.C.: Center for a New American Security (CNAS), April 2022
  20. Johan Englund: Isolating Taiwan beyond the Strait: Chinese pressure tactics in four democracies. Stockholm: Swedish Defence Research Agency (FOI), Mai 2022
  21. Entkoppelung von China
  22. CSIS Multilateral Cyber Action Committee: The Two Technospheres. Western-Chinese Technology Decoupling: Implications for Cybersecurity. Washington, D.C.: Center for Strategic & International Studies (CSIS), März 2022
  23. US-Militärpolitik
  24. Marc F. Cancian: U.S. Military Forces in FY 2022: Peering into the Abyss. Washington, D.C.: Center for Strategic & International Studies (CSIS), März 2022
  25. Bücher von gestern – heute gelesen
  26. Militärische Strategien und die Wirksamkeit von Abschreckung zur Zeit des Ost-West-Konflikts
  27. Buchbesprechungen
  28. Christopher M. Smith: Ukraine’s Revolt, Russia’s Revenge. Washington, D.C.: Brookings Institution 2022, 384 Seiten
  29. Michel Eltchaninoff: In Putins Kopf. Logik und Willkür eines Autokraten. Stuttgart: Tropen, 2022, aktualisierte Neuausgabe (aus dem Französischen von Till Bardoux), 222 Seiten
  30. Rush Doshi: The Long Game. China’s Grand Strategy to Displace American Order. New York: Oxford University Press, 2021, 459 Seiten
  31. Ryan Hass: Stronger. Adapting America’s China Strategy in an Age of Competitive Interdependence. New Haven, Yale University Press 2021
  32. Bildnachweise
Heruntergeladen am 8.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2022-3013/html
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