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Johan Englund Isolating Taiwan beyond the Strait: Chinese pressure tactics in four democracies Stockholm Swedish Defence Research Agency (FOI) Mai 2022
Mit der Studie Isolating Taiwan beyond the Strait liefert Autor Johan Englund eine detailreiche Fallstudie zu Chinas Einflussnahme auf die Taiwanpolitik sowie zur Reaktion in vier Demokratien. Nach definierten Auswahlkriterien untersucht er zum einen Japan und Südkorea als zwei asiatische Länder und Allianzpartner der USA mit historisch wie gegenwärtig komplexen Beziehungen zu Taiwan sowie zum anderen Deutschland und Schweden als zwei europäische Länder, in denen sich gerade die China-Politiken verändern; auch weil die Beziehungen zu Peking schwieriger geworden sind. Die gut 100 Seiten starke Studie hat zwei Forschungsanliegen. Sie fragt erstens danach, wie chinesische Zwangsgewalt („coervice actions“) mit dem Ziel der Isolation Taiwans in Demokratien ausgeübt wird und zweitens, wie demokratische Staaten im eigenen Land sowie auf internationaler Bühne darauf reagieren (S. 18). Neben einer Reihe von mehrsprachigen Analysen, Studien und Zeitungsberichten stützt sich Englund auf 22 geführte Interviews in allen vier Ländern. Den Untersuchungszeitraum beschränkt er auf die erste Amtsperiode der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen, 2016 bis Januar 2022. In dieser Zeit seien die Isolationsbestrebungen Chinas sowohl gegenüber Taiwan als auch anderen Ländern, wie Australien, Indien oder Canada, stark angestiegen (S. 25). Diesen Anstieg führt er auf die politische Konstellation in China und die politische Ausrichtung der Kommunistischen Partei Chinas unter Xi Jinping zurück.
Den vier Fallanalysekapiteln stellt Englund einen kurzen Überblick über die einflussnehmenden Aktivitäten der Volksrepublik zwecks Isolation Taiwans voran und unterscheidet dabei chinesische Operationen in Taiwan (Kapitel 2.1) von den Bemühungen, Taiwan gezielt international abzuschotten (Kapitel 2.2). Verantwortlich für diese Strategie seien primär Institutionen wie der Chinese People’s Political Consultative Congress (CPCC) bzw. das Hong Kong, Macao, and Taiwan Affairs Committe (Xiang Ao Tai huaqiao weiyuanhui), welche wiederum die Linie für das ausführende Büro State Council’s Taiwan Affairs Office (TAO) setzten. Ebenso an der Strategieplanung beteiligt seien die Volksbefreiungsarmee (PLA), verschiedene Ministerien sowie als das wohl stärkste Instrument die Zentralabteilung Vereinigte Arbeitsfront des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (UFWD). Von diesem Netzwerk aus Partei- und Staatsorganen werde Druck auf vielfältige zivile, wirtschaftliche und religiöse Akteure ausgeübt. Englund führt an, dass der bisherige Wortlaut zur Einigung Taiwans „broadly uniting Taiwan compatriots“ um die Reichweite „at home und abroad“ ergänzt wurde (S. 28).
Für die Einflussnahme in Taiwan führt Englund drei Methoden an: Es werden Informationen über Events in Taiwan kreiert, ausgewählte umstrittene Events verdreht und Fehlinformationen gezielt verbreitet (S. 29). Als Beispiel für gezielte Fehlinformationskampagnen nennt er die Einbindung der pro-blauen Medien, die mit der Kuomintang (KMT) sympathisierten und eine „pro-mainland“ Einstellung verbreiteten (z. B. über CTV und CTiTV). Ziel sei es, Tsais Regierung zu unterwandern und die „peaceful reunification“ zu propagieren. Abgesehen von den offenen Medienkampagnen, attackiere China Taiwan auch mittels Spionage und Cyberangriffen: Von 2016 bis Juli 2019 sollen laut Lt Gen Vincent W.F. Chen, dem Deputy Director-General der Nationalen Sicherheitsabteilung Taiwans über 21.000 Cyberangriffe erfolgt sein (S. 30).
Bezüglich der internationalen Einflussnahme führt Englund das „Blue Book on the Cyber Rule of Law in China“ an, das von zwei volksrepublikanischen Institutionen herausgegeben wurde – dem Institut of Law of the Chinese Academy of Social Sciences und der Internet Development Research Institution an der Peking Universität. Darin werden z. B. 66 multinationale Unternehmen aufgefordert, Taiwan als „Taiwan, China“ zu bezeichnen, um mit dem Ein-China-Prinzip übereinzustimmen; andernfalls drohten Geldstrafen oder der Entzug ihrer Geschäftslizenz, weil sie bei Missachtung gegen die territoriale Integrität operieren würden.
Die vier Fallstudien sind nach einem Analyseschema aufgebaut: Es gibt eine allgemeine Einführung zu den bilateralen Beziehungen zu Taiwan; eine Darstellung der Einflussnahmen durch die Volksrepublik in den vier Demokratien, gefolgt von spezifischen Darstellungen einzelner Vorfälle, eine Angabe zu den Reaktionen sowie den Aktivitäten mit Taiwan auf internationaler Ebene und final eine kurze Zusammenfassung. Für Japan ermittelt Englund z. B. eine stärkere Positionierung zugunsten Taiwans – national wie international. So nannte Japan 2017 das Verbindungsbüro „Interchange Association“ in „Japan-Taiwan Exchange Association“ um und unterzeichnete ein Memorandum zu maritimen Forschungs- und Rettungsmissionen (S. 40). Im Juni 2021 verkündete der japanische Verteidigungsminister sogar, Taiwans Frieden und Sicherheit sei direkt verbunden mit der Sicherheit Japans (S. 43). Insgesamt verlagere sich der japanische Fokus auf Taiwan. In der Folge steige der chinesische Druck auf die japanische Politik wie auf die Medienberichterstattung. Auf der internationalen Bühne habe Japan die Unterstützung für Taiwan deutlich erhöt (S. 49–50; S. 52–54).
Obgleich auch Deutschland die Volksrepublik seit 1972 als „die einzige rechtmäßige Vertretung Chinas“ anerkenne und keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan bestünden, seien die inoffiziellen Verbindungen nicht abgebrochen. Darunter fielen diverse ministerielle Verbindungen auf unteren Verwaltungsebenen, das German Institute in Taipei, das Goethe-Institut oder den Wirtschaftsaustausch fördernde Institutionen, wie ein Außenhandelsbüro. Auch in Deutschland würde die chinesische, institutionelle Einflussnahme, z. B. über die wachsende Präsenz chinesischer Gruppen, die vor allem mit der Zentralabteilung Vereinigte Arbeitsfront des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Verbindung stehen, stärker (S. 75). Alarmierend ist die häufige Selbstzensur einzelner Akteure, allerdings kommt Englund auch zu dem Ergebnis, dass deutsche institutionelle Akteure weniger auf diesen Druck eingingen als andere. Im Gegenteil, der Autor stellt sogar fest, dass die Gegenreaktion häufig mit einer stärkeren Unterstützung für Taiwan und der multilateralen Partizipation einherginge (S. 85).
Insgesamt liefert Johan Englund eine detailreiche und pointierte Untersuchung der chinesischen Einflussnahme auf die politische Isolation Taiwans sowie der demokratischen Gegenreaktionen ab. Für alle vier untersuchten Länder zeichnet sich eine Vertiefung der inoffiziellen Beziehungen zu Taiwan ab. Dennoch zeigt die Studie auch, dass die Taiwanfrage nicht nur international an Bedeutung zunehmen wird, sondern auch in der jeweiligen Innenpolitik.
About the author
Non-Resindent Fellow
© 2022 Perkuhn, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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