Kurzfassung
Der russische Überfall auf die Ukraine ist ein epochales Ereignis, das die europäische Sicherheitslandschaft grundlegend verändert. Eine Analyse der militärischen Lage ist daher wichtig. Sie stellt den Überfall in seinen verschiedenen Phasen anhand der verfügbaren Informationen dar. Russlands ursprüngliche Erwartungen bezüglich eines raschen Erfolgs seiner Militäroperation haben sich schon kurz nach Beginn der Operation als falsch herausgestellt. Die ukrainischen Streitkräfte haben erfolgreich den russischen Angriffen widerstanden und intelligent die zahlreichen Schwächen der russischen Operationsplanung und taktischen Umsetzung ausnutzen können. Mitte April erfolgte eine strategische Umorientierung der russischen Operationsplanung, was zu einer Konzentration aller Kräfte auf den Donbas geführt hat. Trotz kleinerer Landgewinne können die russischen Kräfte keinen wirklichen Durchbruch erzielen und haben mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Beachtlich sind auch das schlechte Abschneiden der russischen Luftwaffe und die Verluste, die Russlands Marine einstecken musste. In den kommenden Monaten wird es darauf ankommen, dass die westlichen Staaten die Ukraine mit schwerem Material unterstützen.
Abstract
The Russian attack on Ukraine is an event of epochal nature, which will fundamentally alter the European security landscape. Hence, an analysis of the military situation is needed. The Russian attack is being described in its various phases. The original expectation by Russia of a rapid success has not materialized. On the contrary, the Ukrainian armed forces could fend off the Russian attacks and were able to make use of shortcomings of Russian operational planning and of failures on the tactical level. By mid of April, Russia did change the strategic orientation of its offensive and has, since, concentrated its forces in the Donbas. Despite minor territorial gains, the Russian armed forces so far have not been able to achieve any breakthrough. They still have to cope with those structural problems that became obvious during the first phase of the war. The Russian air force has performed poorly and the Russian navy had to take heavy losses. In the coming months it will be imperative that the Western states support Ukraine with heavy weaponry.
1 Einleitung
Der militärische Überfall Russlands auf die Ukraine ist mehrheitlich als epochales Ereignis, als „Zeitenwende“ charakterisiert worden. Im folgenden Artikel wird der militärische Verlauf dieses Angriffs analysiert. Den Schwerpunkt bildet dabei das Handeln der russischen Streitkräfte, denn es ist für westliche Staaten von besonderer Bedeutung. Die Untersuchung betrachtet zunächst den Aufmarsch, dann den Beginn des Kriegs und seinen Verlauf. Es folgt eine Betrachtung der wesentlichen Erkenntnisse für die Bereiche Land-, Luft- und Seekrieg. Den Schluss bildet eine Bewertung der Ereignisse. Die russischen Streitkräfte haben den vorliegenden Informationen zufolge höchstwahrscheinlich Kriegsverbrechen begangen, die rechtlich aufzuarbeiten sein werden. Diese werden hier bewusst nicht thematisiert, da es den Rahmen des Artikels sprengen würde.
2 Die Quellenlage
Über den Krieg in der Ukraine liegen umfangreiche Zeugnisse und Analysen vor, die Quellenlage ist sowohl quantitativ als auch qualitativ sehr gut. Bei vielen Ereignissen waren hochauflösende Handykameras zugegen. In sozialen Medien verdichteten Analysten die aus einzelnen Hinweisen bestehenden Lagesplitter zu zunehmend verlässlichen Erkenntnissen. Zu Kriegsbeginn wurde eine große Menge an Foto- und Videomaterial in den sozialen Medien veröffentlicht. Später jedoch verbot die ukrainische Regierung den Nutzern, Ort und Art der Angriffe sofort herauszugeben, um zu verhindern, dass die russische Armee dies für ein „Feueranpassung“ nutzt.[1] Offen zugängliche hochwertige Satellitenbilder ergänzten die Berichterstattung vom Boden und schufen eine weitere Analyseebene. Darüber hinaus lieferten diverse staatliche Stellen immer wieder Lagebeiträge[2], die das Bild abgerundet haben, während westliche Staaten (insbesondere die USA und Großbritannien) wiederholt Erkenntnisse ihrer Nachrichtendienste publizierten. Vor Kriegsbeginn geschah dies mit der Absicht, Russland klar zu machen, dass man über seine Angriffsabsichten detailliert im Bilde war, und somit von einem Angriff abzuhalten. Auch nach Einsetzen des Angriffs behielt man diese Politik bei.[3] Die Ukraine veröffentlichte ebenfalls regelmäßig Erkenntnisse ihrer militärischen Aufklärung und ihrer Nachrichtendienste. Und auch der Auswärtige Dienst der EU liefert in sozialen Medien tägliche, sehr detaillierte Lageeinschätzungen in Person eines finnischen Militärs.[4]
Zudem ist eine Reihe nicht-staatlicher Institutionen aktiv, die mit frei verfügbaren Informationen arbeiten (vor allem aus den sozialen Medien) und helfen können, zumindest regional begrenzte Lagebilder zu erstellen (wie Bellingcat, Oryx oder auch private Dienstleister). Open-source intelligence (OSINT) hat sich als eine ganz wichtige Informationsquelle für die Lageanalyse in der Ukraine erwiesen, wenngleich auch hier Grenzen bestehen.[5] Zum Zweck der Erstellung komplexer Lageanalysen haben sicherheitspolitische Thinktanks inzwischen erhebliche Ressourcen aufgewandt (Institute for the Study of War, Royal United Services Institute, International Institute for Strategic Studies, Atlantic Council). Interessant sind zudem Beiträge eines anonym bleibenden Dienstes namens JominiWest (JominiW), der äußerst präzise Einschätzungen der militärischen Situation vorgelegt hat.[6] In vielen Bewertungen stimmen diese Institute und Beobachter überein, es gibt aber auch Unterschiede bzw. Fragenkomplexe, auf die Experten keine eindeutige Antwort zu geben vermögen oder bestenfalls Vermutungen äußern.
Erwartungsgemäß ist die russische Kriegsberichterstattung äußerst begrenzt: in den meisten Fällen erfolgt sie über die Kanäle der Opposition oder Beiträge russischer Soldaten in sozialen Medien. Die offiziellen russischen Verlautbarungen sind hingegen geprägt von Falschmeldungen und Propaganda. Journalisten, Analysten und staatliche Agenturen passen ständig auf, dass keine Informationen über russische Kriegsverbrechen in der Ukraine oder Verluste der Armee an die Öffentlichkeit gelangen. Die russische „Wahrheit“ wird durch den Sprecher des Verteidigungsministeriums Igor Konaschenkow verkündet. Die Regierung hat nicht nur angeordnet, die russische Invasion als „militärische Spezialoperation“ statt als Krieg zu bezeichnen, sondern auch ein Gesetz verabschiedet, das Strafen von bis zu 15 Jahren für Personen vorsieht, die „vorsätzlich falsche Informationen“ über diesen Krieg verbreiten.[7] Damit wird jede unabhängige Berichterstattung von russischer Seite unterdrückt.
Wenngleich einzelne Meldungen sozialer Medien und insbesondere staatlicher Stellen mit Vorsicht betrachtet werden müssen, ergibt sich aus der Summe der Meldungen in Verbindung mit den unabhängig verifizierbaren Angaben ein vermutlich zutreffendes Bild vom Verlauf der russischen Invasion in der Ukraine.
3 Der Aufmarsch
Der Aufmarsch der russischen Armee ist gut dokumentiert. Ursächlich hierfür ist die Entscheidung der USA, Erkenntnisse aus dem Bereich der Nachrichtendienste großzügig zu teilen und auch zu veröffentlichen. Diese Vorgehensweise diente dem Ziel, Russland von einem Einmarsch abzuhalten.[8] Darüber hinaus wurden in großem Umfang Satellitenbilder ziviler Firmen publiziert, die den Aufmarsch der russischen Armee sichtbar gemacht haben.

Russische BTG am Vorabend des Kriegs[9]
Die Russische Föderation hatte Ende Februar 2022 ungefähr 200.000 Soldaten und 550 Kampfflugzeuge um die Ukraine herum zusammengezogen. Die Heereskräfte entsprachen zwischen 80 und 120 bataillonstaktischen Gruppen (BTGs).[10] Diese Gliederungsform besteht aus einem Bataillon Kampftruppen (Panzer oder Infanterie), dem Unterstützungstruppen (Artillerie, Pioniere, Aufklärungskräfte) fest zugeteilt sind. Oftmals sind in der BTG, die eine Brigade oder ein Regiment als eine Art „Speerspitze“ bildet, das beste Material und die Zeitsoldaten des Verbandes konzentriert. In den übrigen Verbandseinheiten verbleiben dann vor allem Wehrpflichtige.[11] Seit mehreren Jahren, beginnend mit dem Militäreinsatz in Syrien, nutzt die russische Armee diese Struktur zur Bildung von Kampfgruppen.[12] Nach Angaben der Londoner Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI) verfügte das russische Heer 2021 über geschätzte 168 BTGs.[13] Für den Einsatz in der Ukraine war im Februar 2022 also ein erheblicher Anteil der verfügbaren Kampftruppenverbände aufgeboten worden. Die ungefähre räumliche Zuordnung der BTGs zu den Frontabschnitten ist in Abbildung 1 skizziert.
Im Gefecht beträgt die Breite des Angriffsstreifens einer BTG etwa zwei bis drei Kilometer.[14] Je offener das Gelände, desto breiter kann der Streifen gewählt werden. Im urbanen Gelände kann der Angriffsstreifen auch unter zwei Kilometer breit sein. Im Angriff wird man eine Staffelung wählen, bei der auf zwei bis vier BTGs nebeneinander in der Reserve ein bis zwei BTGs unmittelbar folgen. Weiterhin benötigt man zusätzliche BTGs (oder andere Kräfte), wenn man das Hinterland und die Versorgungswege sichern will. Stärke und Ausstattung dieser Kräfte sind abhängig von der Größe des zu sichernden Gebiets, seiner Geländebeschaffenheit und der Stärke des Gegners. Man kann also schwer abschätzen, wie viele Kräfte konkret ein Einmarsch in die Ukraine erfordert. Allerdings wird schnell deutlich, dass die zur Verfügung stehenden Kräfte eher gering bemessen sind. Von Anfang an versuchte die Ukraine, die Schwächen der russischen BTGs auszunutzen, wusste sie doch, wo bei den Kämpfen in der Ostukraine 2013–2015 die russischen BTGs mehrmals von Einheiten der regulären ukrainischen Armee taktisch besiegt worden waren.[15]
Die für den Angriff bereitgestellten Luftstreitkräfte setzten sich aus Kampf- und Transportflugzeugen, Flugabwehrraketenkräften (FlaRak) sowie Einheiten mit ballistischen Raketen zusammen. Kampf- und Transporthubschrauber ergänzten diese Kräfte. Außer Flugplätzen in den angrenzenden Landesteilen Russlands wurden vor allem diverse Flugplätze in Belarus und auf der Krim genutzt.
Neben der regulären Armee kamen paramilitärische Einheiten in der Ukraine zum Einsatz, darunter die Nationalgarde Rosgwardia, die Polizeispezialeinheit OMON, der Inlandsgeheimdienst FSB sowie die berüchtigte Wagner-Gruppe. Normalerweise übernehmen diese Einheiten Aufgaben in bereits besetzten Gebieten, beim Angriff auf die Ukraine zogen sie jedoch nicht hinter der regulären Armee her, sondern waren gleichzeitig mit ihr auch im Angriff aktiv. Grund dafür könnte die Notwendigkeit gewesen sein, die quantitative Schwäche der regulären Armee auszugleichen.[16] Wahrscheinlicher ist aber, dass man diese Einheiten für den Einsatz im Hinterland vorgesehen hatte in der Erwartung, Kyjiw in zwei Tagen zu erobern. Mehrere Fotobeweise zeigen, dass die Soldaten ihre Paradeuniformen eingepackt hatten.[17] Erst die Verzögerungen und Verluste machten es notwendig, die paramilitärischen Einheiten auch im direkten Kampf einzusetzen.
Während der Aufmarsch der russischen Truppen relativ gut dokumentiert wurde, war es für westliche Analysten schwierig, die vermutliche Absicht, also die Ziele eines möglichen Angriffs, herauszuarbeiten. Der russische Präsident Putin änderte während der Operation, je nach der Situation an der Front, die Rhetorik bei den Gründen für den Angriff. In den Medien wurden die folgenden Ziele von ihm genannt:
„Entnazifizierung“ und Entwaffnung der Ukraine;
Verhinderung einer NATO-Erweiterung bzw. der Stationierung von US-Militärkräften in der Ukraine[18];
„Befreiung“ der Einwohner des gesamten Territoriums der Gebiete Donezk und Luhansk vom „Völkermord an der russischsprachigen Bevölkerung“, begangen angeblich von der ukrainischen Regierung;[19]
Eingliederung der seit 2014 besetzten Gebiete in der Ostukraine und Verbindung mit der Krim auf dem Landweg, indem auch der Südosten der Ukraine annektiert wird (Projekt „Noworossija“).[20]
Nach Ansicht des US-Außenministers Antony J. Blinken verfolgte Russland drei Ziele: die Ukraine zu unterwerfen und ihre Souveränität zu zerstören, die russische Macht zu etablieren und den Westen zu spalten.[21]
Zunächst schien es, als würde Russland eine Besetzung der Ukraine ostwärts des Dnjeprs und der gesamten Küste anstreben. Ein Schwerpunkt war die Eroberung der Hauptstadt Kyjiw. Nach deren Scheitern erklärten die ukrainischen Geheimdienste, Putin habe sich für das „koreanische Szenario“ entschieden – eine Teilung der Ukraine in ein westliches und ein östliches Gebiet, indem im Osten des Landes eine mit Russland vereinigte, Moskau untergeordnete Quasi-Staatlichkeit eingerichtet wird.[22] Interessanterweise war dieses Narrativ schon früher von Putins Strategen zu hören, die davon ausgingen, dass in einem solchen Fall Polen die Westukraine (bzw. Lwiw) einnehmen würde.[23] Derzeit ist das Szenario, die besetzten südöstlichen Regionen in „Volksrepubliken“ zu verwandeln und dann zu annektieren, noch am wahrscheinlichsten.[24]
4 Die ersten Kriegstage
Die aktiven Kampfhandlungen begannen in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2022. Russische Luftstreitkräfte attackierten sowohl zivile als auch militärische Ziele im ganzen Land. Landstreitkräfte starteten aus drei Hauptrichtungen: Bodentruppen griffen im Norden beiderseits des Dnjepr mit Ziel Kyjiw an, im Süden von der Krim aus in drei Stoßrichtungen (Westen: Odessa, Norden: Saporischschja, Osten: Mariupol), im Osten von Donetsk und Luhansk aus und einem weiteren Vorstoß mit Ziel auf die Großstadt Charkiw.
Der russische Vormarsch stieß schnell auf erbitterten Widerstand. Dieser wurde geschickt geführt und verlangsamte das Vordringen der russischen Armee erheblich. Zugleich mussten die russischen Angreifer starke Verluste hinnehmen. Im Internet häuften sich rasch Videos von abgeschossenen russischen Gefechtsfahrzeugen. In sozialen Medien bildeten sich Netzwerke, die jedes Wrack untersuchten und dokumentierten,[25] was eine Abschätzung der russischen Verluste ermöglichte. Der Generalstab der Ukraine veröffentlichte eine Übersicht der russischen Verluste bei Personal, Fahrzeugen und Luftfahrzeugen. Ein Vergleich der von Netzwerken in sozialen Medien ermittelten Verluste mit den Angaben der ukrainischen Streitkräfte ergab, dass letztere zwar höher lagen, aber keineswegs stark übertrieben schienen. Zudem näherten sich die unabhängig ermittelten Zahlen mit leichtem Zeitverzug stets den offiziell genannten Verlustzahlen an.
Schon zu Beginn des Kriegs war ersichtlich, dass die russischen Kräfte eher zu knapp bemessen waren, um den ihnen vorgegebenen großen Raum einnehmen zu können. Das zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der auf der Krim stationierten BTG. Die 20 dort eingesetzten BTGs griffen auf drei Achsen an, die am Ende über 300 Kilometer auseinanderlagen. Die östliche Stoßrichtung verlief in Richtung Mariupol, wo es zu schweren Gefechten im Orts- und Häuserkampf kam. Die nördliche Richtung lief auf Saporischschja zu, die westliche Stoßrichtung sollte Odessa bedrohen. Die Kräfte der in jeder Richtung eingesetzten Truppen entstammten den ursprünglichen 20 BTGs, die am Vorabend bereitstanden. Für jede einzelne Angriffsachse blieben also nur etwa fünf bis acht BTGs übrig. Diese konnten sich zudem nicht gegenseitig unterstützen und mussten einen großen (ungefähr dem zwischen Flensburg und Braunschweig entsprechenden) Raum sichern.
In den ersten Kriegtagen schien es, als wären die eingesetzten russischen Kräfte über die Art des Vorgehens im Unklaren. Russische Einheiten wirkten bisweilen desorientiert und nicht wirklich auf Kampf eingestellt.[26] Ukrainischen Quellen zufolge lagen Aussagen gefangener russischer Soldaten vor, denen nicht klar war, dass sie sich in der Ukraine befanden und dort einen Krieg führen müssten. Die russischen Kriegsgefangenen, oft Wehrpflichtige, erzählten, sie seien zur Militärausbildung auf russische oder belarussische Felder geschickt worden.[27] Aus anderen Berichten des ukrainischen Geheimdienstes geht hervor, dass den russischen Auftragnehmern eine Operation nach dem „Krim-Szenario“ versprochen wurde: kein Widerstand seitens der Ukraine, ein ruhiger Dienst und die Bereitstellung von Wohnraum in den besetzten Gebieten.[28] Diese Kräfte schienen besonders von der ukrainischen Gegenwehr überrascht. Diverse Fotos von unbeschädigten, aufgegebenen russischen Fahrzeugen bestätigten den Eindruck, dass russische Soldaten nicht auf einen Kampf vorbereitet schienen.[29] Ein weiteres Indiz für die sinkende Moral in der russischen Armee sind Fälle, in denen russische Soldaten sich selbst in die Beine schossen, um eine Teilnahme an der Operation zu vermeiden oder sich zu ergeben.[30]
Die ukrainische Seite konnte sich schnell auf den Angriff einstellen und hat sofort erbitterten Widerstand geleistet. Auf russischer Seite waren die Verluste zu Beginn sehr hoch; bei einigen Einheiten, insbesondere den Angriffsspitzen, wurden ganze Bataillone vollständig aufgerieben. Eine große Luftlandung am Flugplatz Hostomel nördlich von Kyjiw musste man abbrechen, nachdem mehrere Transportflugzeuge abgeschossen wurden.[31] Diese Luftlandung sollte den Vorstoß der Panzerkräfte auf die ukrainische Hauptstadt flankieren. Ihre Zerschlagung wirkte sich negativ aus auf das Fortkommen der russischen Streitkräfte nördlich von Kyjiw und legte damit den Grundstein für das spätere Scheitern eines wesentlichen Teils der Operationsführung (Einnahme Kyjiw s und Sturz der ukrainischen Regierung).

Überreste eines russischen Hubschraubers auf dem Flugplatz Hostomel bei Kyjiw
Verluste der russischen Streitkräfte
|
Tage |
Verluste Personal |
Verluste Gefechtsfahrzeuge[32] |
Verluste Luftfahrzeuge[33] |
|||
|
Generalstab der Streitkräfte der Ukraine |
Unabhängige Quellen |
Generalstab der Streitkräfte der Ukraine |
Unabhängige Quellen |
Generalstab der Streitkräfte der Ukraine |
Unabhängige Quellen |
|
|
3/26.02. |
3 500 |
655 |
22 |
|||
|
6/01.03. |
5 710 |
1 349 |
1 007[34] |
61 |
58[35] |
|
|
12/07.03. |
>11 000 |
4 000[36] |
1 813 |
135 |
||
|
21/16.03. |
13 800 |
7 000[37] |
2 624 |
1 193[38] |
203 |
|
|
24/19.03. |
14 400 |
2 850 |
227 |
119[39] |
||
|
27/22.03. |
15 300 |
3 065 |
1 666[40] |
257 |
157[41] |
|
|
30/25.03. |
16 100 |
3 275 |
293 |
|||
|
33/28.03. |
17 000 |
>10 000[42] |
3 430 |
2 000[43] |
316 |
|
|
36/31.03. |
17 500 |
3 550 |
349 |
|||
|
45/09.04. |
19 100 |
3 963 |
>2 460[44] |
399 |
||
|
60/24.04. |
21 800 |
15 000[45] |
4 668 |
524 |
||
|
69/03.05. |
24 200 |
5 472 |
3 395[46] |
640 |
||
|
75/09.05. |
25 650 |
5 879 |
734 |
|||
|
79/13.05. |
26 900 |
6 147 |
3 650[47] |
767 |
||
|
82/16.05. |
27 700 |
6 303 |
792 |
>200[48] |
||
|
97/31.05. |
30 500 |
20 000[49] |
6 935 |
4 355[50] |
897 |
|
Nach einigen Tagen Kampf war an allen Frontabschnitten zu beobachten, dass die russischen Einheiten unter Versorgungsmängeln litten. Ihre logistischen Vorbereitungen schienen ungenügend, Verpflegung, Munition und Kraftstoff fehlten. Deshalb konnte die russische Seite die Vorteile gepanzerter Kräfte (Beweglichkeit und Feuerkraft) nicht nutzen. Die Panzer blieben oftmals stehen und waren dann eine leichte Beute für ukrainische Kräfte, die sie mit Panzerabwehrmitteln angriffen. Russische Soldaten beklagten später das Fehlen von Feuerunterstützung durch eigene Artillerie,[51] ebenfalls eine Folge von Munitionsmangel. Ursächlich für die Versorgungsdefizite war neben schlechter Planung (da man keinen langen Krieg erwartete, meinte man auf ausreichende Versorgung verzichten zu können) insbesondere die geringe logistische Leistungsfähigkeit der russischen Armee. Die russische Armee setzt zur Versorgung ihrer Truppen traditionell stark auf Eisenbahntransporte, weswegen russische Verbände über wesentlich weniger Transportfahrzeuge verfügen als vergleichbare Verbände westlicher Armeen. Die Abhängigkeit von der Eisenbahnlogistik führte jedoch auch deshalb zu Verzögerungen, weil die Anzahl von Sabotageakten gegen Eisenbahnen zunächst in Belarus und dann in Russland zunahm.[52]
Aufgrund der Struktur des Eisenbahnnetzes der Ukraine und wegen der Zerstörung von Gleisen war eine Nachversorgung per Bahntransport kaum möglich.[53] Die Versorgungsmängel wurden durch die ukrainische Taktik des Angriffs in die tiefen Flanken der Angriffsspitzen verschärft. Dabei setzten die ukrainischen Streitkräfte kleine Kommandos ein, die auf leichten Fahrzeugen im Hinterland Angriffe gegen die russischen Kolonnen auf den Hauptstraßen durchführten. Wie zahlreiche vom Sicherheitsdienst der Ukraine veröffentlichte Aufnahmen zeigen, nutzt die russische Armee unsichere Mobilfunkverbindungen auch für die Logistik. Aus diesem Grund kann die ukrainische Seite sie leicht aufspüren und angreifen.[54]
Von Anfang an setzte die ukrainische Seite auf eine beweglich geführte Verteidigung. Sie versuchte nicht, Gelände um jeden Preis zu halten, und vermied Entscheidungsschlachten. Vielmehr ließ sie die russischen Verbände vorrücken und setzte ihnen mit immer neuen Hinterhalten massiv zu. Die meisten der strategischen Brücken waren vor dem 24. Februar vermint worden und ihre rechtzeitige Sprengung verlangsamte den russischen Vormarsch erheblich. Im Süden aber hatte man die Brücken über den Fluss Chongar (in der Nähe der Krim) nicht beizeiten gesprengt, sodass die russische Armee dort am schnellsten vordringen konnte. Zur stetigen Abnutzung der russischen Kräfte beim Anrennen gegen Widerstände trat nach einigen Tagen hinzu, dass sich die Versorgungsmängel verschärften. Die russische Führung schien es nicht zu schaffen, den anfänglichen Fehler zu knapp bemessener Versorgung beherzt zu korrigieren. Berühmtes Symbol dafür wurde der über 60 Kilometer lange Versorgungskonvoi nördlich von Kyjiw.[55]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die ukrainischen Streitkräfte schnell vom Schock des Angriffs erholt und erfolgreich zu einer beweglich geführten Verzögerung bzw. Verteidigung gegriffen haben. Die russischen Verbände erlitten erhebliche Verluste und konnten an keinem Frontabschnitt einen entscheidenden Erfolg erzielen (siehe Tabelle 1). Auch die ukrainische Luftverteidigung blieb aktiv, konnte mehrere russische Luftfahrzeuge abschießen und Russland daran hindern, seine luftgestützte Feuerkraft (Jagdbomber, Kampfhubschrauber) voll einzusetzen.
5 Die Lage nach vier Wochen Krieg (24.03.22)
Die russischen Streitkräfte konnten an verschiedenen Abschnitten Geländegewinne erzielen. Das gelang ihnen aber unter erheblichen Verlusten und wesentlich langsamer als geplant. Zu keinem Zeitpunkt brach die ukrainische Verteidigung zusammen. Vielmehr blieben ihre Einheiten oftmals auch nach Einnahme eines Gebietes weiter aktiv. Dabei schien es sich um Spezialkräfte zu handeln, die weiter im Rücken des Gegners operierten, doch auch Kräfte der Territorialverteidigung und lokale Kämpfer waren entscheidend. Ab dem zehnten Kriegstag (05.03.2022) konnte Russland keine bedeutenden Geländegewinne mehr erzielen. Die Ukraine behielt ihre bewährte Taktik bei, Angriffsspitzen frontal zu binden und deren tiefe Flanken und Versorgungswege mit leichten Kräften anzugreifen. Der Mangel an Nachschub blieb ein Problem der russischen Verbände, die im Lauf der Zeit zunehmend überdehnt waren. Dies lag nicht nur am geringen Kräfteansatz, sondern auch an dem immer größeren Gebiet, das russische Einheiten eingenommen hatten. Die im Westen von Kyjiw angreifenden Spitzen der russischen Verbände mussten rund 150 Kilometer Strecke von Weißrussland bis Kyjiw sichern und die östlich des Dnjepr angreifenden Verbände ungefähr 230 Kilometer.

Von Ukrainern erbeutete russische Kampfpanzer
Neben Überdehnung und Mangel an Nachschub litten die russischen Verbände zunehmend an Erschöpfung. Die der Truppe gestellte Aufgabe konnte nicht erfüllt werden. Zudem zeigten die hohen Personalverluste immer mehr Wirkung. Bei täglich etwa 300 Gefallenen und 900 Verwundeten ließ die Kampfkraft der russischen Verbände stetig nach.[56] Die Moral sank und Berichte über Waffenniederlegungen, Fahnenflucht und Befehlsverweigerung nahmen zu.[57] Die Personalnot verschärfte sich durch die Anweisung, in der Ukraine keine Wehrpflichtigen einzusetzen, machen diese normalerweise doch in einigen Einheiten der Kampftruppe 80 Prozent der Mannschaft aus.[58]
Die russische Militärführung sah sich somit gezwungen, folgende Personalprobleme zu lösen:
Ersatz der Verluste durch Tod und Verwundung;
Ausgleich des Abzugs von Wehrpflichtigen;
Abzug von erschöpften Einheiten (zumindest temporär);
Herstellung einer zahlenmäßigen Überlegenheit an einigen Frontabschnitten (um einen Angriffserfolg zu ermöglichen).
Die russische Führung begegnet diesem Problem mit verschiedenen Mitteln. Wehrpflichtige werden geworben, sich als Soldaten auf Zeit zu verpflichten. Trotz erheblicher Prämien scheint dieser Ansatz aber wenig erfolgreich zu sein.[59] Weiterhin lässt sie Einheiten aus ganz Russland herbeiführen.[60] Zudem beruft sie Reservisten ein und zieht Personal aus anderen Einheiten zum Auffüllen der geschwächten Verbände heran. All diese Maßnahmen bringen allerdings keinen durchschlagenden Erfolg. Ausbildungsstand, Fitness und mangelnde Gruppenkohäsion der neu gebildeten Einheiten erweisen sich als problematisch und ebenso die Ausstattung neu aufzustellender BTGs mit Material aus Depots. Dieses Material ist oftmals noch älter und in noch schlechterem Zustand als das der Einheiten, die in der ersten Welle eingesetzt wurden.[61] Es ist also zu erwarten, dass der Kampfwert der in der Ukraine mobilisierten russischen Verbände eher abnimmt.
6 Die Lage nach sechs Wochen Krieg (07.04.22)
Ende März 2022 verkündete der russische Generalstab, man werde sich aus den Gebieten nördlich von Kyjiw zurückziehen und auf den Osten der Ukraine konzentrieren. Der Abzug der russischen Verbände erfolgte tatsächlich in der Zeit vom 28. März bis zum 06. April 2022.[62] Zuvor hatten die russischen Verbände nördlich der ukrainischen Hauptstadt eine Reihe empfindlicher Niederlagen erlitten. In der Folgezeit kam es zu einer Umgruppierung der russischen Einheiten. Truppen wurden aus dem Raum nördlich und nordöstlich von Kyjiw abgezogen und in den Osten der Ukraine verlegt. Da die Verlegung um die Ukraine herum erfolgen musste, nahm sie knapp drei Wochen in Anspruch.[63]
Am 18. April begann die russische Offensive im Osten der Ukraine. Zu diesem Zeitpunkt soll Russland 76 BTGs (deren Stärke etwa 60.000 Soldaten entspricht) für diese Operation bereitgestellt haben.[64] Die Ukraine hatte nach Angaben Präsident Selenskis zum selben Zeitpunkt etwa 44.000 Mann im Donbas konzentriert,[65] eine Meldung der BBC vom 19. April 2022 sprach von 40 bis 50.000 Mann.[66] Die russischen Kräfte hatten also erneut keine überragende quantitative Überlegenheit herstellen können.
Die russischen Truppen unternahmen neben der Einkesselungsoperation auch den Versuch, entlang der gesamten Front in den Regionen Donetsk, Luhansk und Charkiw vorzustoßen. Schweres Artilleriefeuer unterstützte ihr Vorgehen. In Kreminna (etwa 100 km nordwestlich von Luhansk) konnten russische Einheiten vordringen und die Stadt einnehmen. Nach einigen Tagen konnte man beobachten, dass die russischen Streitkräfte versuchten, die ukrainischen Verbände mithilfe eines Zangenangriffs zu umfassen und einzukesseln. Der nördliche Zangenangriff zielte aus dem Raum Izium heraus nach Süden, der südliche aus dem Gebiet Donetsk heraus in Richtung Norden. Beide Angriffskeile kamen nur schwer voran, da die ukrainische Seite in Erwartung einer solchen Operation aus gut ausgebauten, tief gestaffelten Stellungen heraus verteidigte. Oberst Dr. Markus Reisner, ein Analyst des österreichischen Bundesheeres, verglich die Operation mit der Schlacht bei Kursk, da er hier mehrere Parallelen erkannt hat.[68] Für den Raum des Umfassungsangriffs gelangt er zu einem Kräfteverhältnis von 48 Bataillonen auf ukrainischer gegenüber 68 auf russischer Seite. Mithin fehlt es der russischen Seite erneut selbst im Schwerpunkt an der für einen Erfolg nötigen Überlegenheit.

Lage vor Beginn der russischen Offensive im Donbas[67]
Die meisten russischen Angriffe konnten von den ukrainischen Truppen abgewehrt werden. Im Raum Charkiw konnten die ukrainischen Verbände sogar Raum gewinnen. Eine Umfassung der Stellungstruppe gelang der russischen Seite nicht. Die neue russische Offensive war in ihren ersten drei Wochen abermals nicht erfolgreich.
Nach Angaben des militärischen Nachrichtenwesens von Großbritannien sind die Probleme der russischen Kräfte unverändert im Fehlen von logistischem Support und Kampfunterstützung (Artillerie, Pioniere) zu suchen. Weitere Erschwernisse seien die geringe Kampfbereitschaft (Russian morale) und die ungenügende Zeit für Erholung, Umgruppierung und Neuausstattung der Verbände nach den Verlusten der ersten Wochen gewesen.[69] Auch eine Woche nach Beginn der neuen Großoffensive konnten die russischen Truppen noch keine wesentlichen Erfolge erzielen, sondern erlitten erneut hohe Verluste.
Am 27.04.2022 meldete das Institute for the Study of War (ISW) russische Erfolge im Raum Izium. Zurückgeführt werden diese auf das systematische Vorgehen auf einer breiteren Front mit einander unterstützenden Angriffsachsen, sodass die ukrainischen Einheiten ihre erfolgreiche Taktik des Angriffs in den Flanken nicht nutzen können.[70] Diese Erfolge verstetigten sich jedoch nicht.
7 Die Lage nach zwölf Wochen Krieg (19.05.2022)
Nachdem der Angriff im Raum Izium Ende April keinen Durchbruch erzwingen konnte, verlegten die russischen Streitkräfte den Schwerpunkt auf die weiter östlich gelegene Stadt Sjevjerodonezk. Ziel war weiterhin, die ukrainischen Kräfte im Donbas einzukesseln. Am 2. Mai 2022 versuchten sie daher nordöstlich der Stadt einen Brückenschlag über den Fluss Siwerskyj Donez. Der Flussübergang gelang, doch drängten ukrainische Reserven die angreifende Truppe zurück. Am 9. Mai 2022 wiederholte sich dies im weiter westlich gelegenen Jampil. Auch hier gelang eine Flussüberquerung, auch hier wurde der Brückenkopf von ukrainischen Reserven zurückgedrängt. Am 9. Mai versuchten es die russischen Truppen ein drittes Mal bei Bilohoriwka, erneut wurde der Brückenkopf im Zuge eines Gegenangriffs zerschlagen. Ausschlaggebend war die Verfügbarkeit von ukrainischen Reserven in der Tiefe des Raums, die erfolgreiche Angriffe der russischen Seite zu stoppen und zurückzudrängen vermochten. Durch die Heranführung von sieben Brigadeäquivalenten der ukrainischen Territorialverteidigung im April und Mai 2022 waren Reserven vor Ort, die Kräfte ersetzen und Gegenangriffe durchführen konnten. Zugleich erzielten ukrainische Kräfte im Raum Charkiw Geländegewinne und drängten die russischen Truppen Mitte Mai 2022 auf die Vorkriegsgrenze zurück.[71] Im Raum Charkiw sollen die russischen Verbände schwere Verluste erlitten haben.[72] Mitte Mai 2022 begannen die Ukrainer eine Offensive westlich von Kherson, bei der sie ebenfalls Geländegewinne erreichten.[73]
Im Süden des Donbas gelang den russischen Einheiten am 6. Mai 2022 bei Popasna ein Durchbruch und konnten etwa 15 Kilometer nach Norden vorstoßen. Ermöglicht hatte dies die russische Taktik, die ukrainischen Verteidiger unter massives Feuer von Artillerie und Luftfahrzeugen zu nehmen. Trotz dieses Erfolgs gelang es aber nicht, eine Verbindung mit dem nördlichen Flügel der russischen Front herzustellen und so die ukrainischen Verbände einzukesseln.
Mit der Kapitulation der letzten Kämpfer im Asowstal-Werk verkündete Russland am 20. Mai den Sieg über Mariupol. Da es sich eher um einen politischen als um einen militärischen Sieg handelte, brachte die Eroberung der Hafenstadt (obwohl zu 90 Prozent zerstört) Russland zwei wichtige Vorteile:
Verlängerung des Landkorridors vom Donbas zur Krim, was das Asowsche Meer zu einem russischen Binnenmeer macht und die Versorgung der russischen Kräfte im Süden erleichtert.
Erfolg für die russische Propaganda, indem sowohl das „Nazi“-Bataillon von Asow als auch die Stadt bestraft werden, die Russland 2014 nicht einnehmen konnte.
Auch in dieser Phase des Kriegs hielt der Trend hoher russischer Verluste an. Mitte Mai meldete das britische Verteidigungsministerium, Russland habe etwa ein Drittel der ursprünglich eingesetzten Kampftruppen verloren: „Russia has now likely suffered losses of one third of the ground combat force it committed in February.“[74] Nach Einschätzung der Briten hat der ausbleibende Erfolg auf dem Schlachtfeld zu einem Vertrauensverlust innerhalb der russischen Führung geführt. Infolgedessen sei es zu Entlassungen hoher Offiziere gekommen, so des Kommandeurs der 1. Gardepanzerarmee und des Kommandeurs der Schwarzmeerflotte. Diese Entwicklung habe negative Auswirkungen auf das Führungsverhalten. Die Suche nach Schuldigen lähme den zentralistischen Apparat, verhindere schnelle Entscheidungen und beeinträchtige so den Versuch, die Initiative zu gewinnen.[75]
Zusammenfassend kam es in dieser Phase des Kriegs nicht zu einer wesentlichen Veränderung des Gesamtbilds. Die deutliche Konzentration des russischen Angriffs auf wenige Frontabschnitte ermöglichte zwar Erfolge, diese führten weder zu größeren Geländegewinnen noch zu einem Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung.
8 Die Lage nach fünf Monaten Krieg (Ende Juli 2022)
Der Trend der vorausgegangenen Wochen hat sich auch in dieser Phase weiter verstetigt. Russland konzentrierte seine Angriffe auf Sjevjerodonezk und konnte trotz wochenlangen schweren Bombardements kaum Fortschritte verzeichnen. Die ukrainische Seite schaffte es trotz Beschuss, Zerstörung der Zufahrtswege und hoher Verluste, die angreifenden Bodentruppen lange zurückzuschlagen.[76] Ende Juni 2022 zogen sich die ukrainischen Truppen aus Sjevjerodonezk zurück. Bei der Bewertung dieser Operation ist zu bedenken, dass Sjevjerodonezk nur eine kleine Stadt ist, deren strategische Bedeutung angesichts der schweren Kämpfe in den Medien überbewertet wird. Nach dem die ukrainischen Truppen die Stadt verlassen hatten, zogen sie sich nach Lyssytschansk zurück.[77] Diese Stadt liegt auf einem Höhenzug, von dem aus sich mit Artillerie besser operieren lässt. Am 04.07.2022 bestätigte die ukrainische Seite, dass auch Lyssytschansk gefallen ist. Die Einnahme beider Städte stellte einen taktischen Sieg der russischen Seite dar. Beide Seiten erlitten deutliche Verluste, allerdings schien es, als würde der russische Plan erstmals Erfolg bringen. Die ukrainischen Verbände wurden zunehmend abgenutzt, sie konnten aber erneut nicht entscheidend geschlagen werden. Ursächlich für den russischen Erfolg war der massive Einsatz von Feuerkraft, insbesondere von Artillerie. Durch schweren Beschuss wurden die ukrainischen Verteidiger aufgerieben, so dass es den vorrückenden russischen Einheiten möglich war, Geländegewinne zu erzielen.
In der Region Charkiw gehen die russischen Angriffe auf Rubizhne weiter; die ukrainischen Verteidiger konnten diese abwehren und die russischen Truppen so weit von der Stadt Charkiw entfernt halten, dass die Artillerieangriffe auf Charkiw nachließen. Die Richtung Izium-Liman bleibt eine Herausforderung für die ukrainische Verteidigung, da Russland hier starke Kräfte massiert hat.[78] Im Raum Zymogirja, Region Luhansk, ist zu beobachten, wie die russische Armee versucht, ihre Artillerie mit ballistischen Raketen (z. B. Tochka-U, Reichweite 70–120 Kilometer) zu verstärken,[79] um die gesamte Kontaktlinie im Donbass unter Feuer nehmen zu können. Die Einführung von Systemen wie dem M142 HIMARS ist ein geeignetes Mittel, um sich dagegen zu wehren.[80]
Fünf Monate nach Kriegsbeginn erstreckt sich die Front über 2.500 Kilometer. Kontrollierte Russland anfänglich etwa ein Drittel des Donbas, sind es nach vier Monaten Krieg etwa drei Viertel. Im Lauf des vergangenen Monats kamen etwa 1.000 Quadratkilometer hinzu, was in etwa der Fläche Berlins entspricht. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde es ein weiteres Jahr dauern, bis Luhansk und Donezk eingenommen sind. Und selbst dann wäre Russland weit davon entfernt, die Ukraine zu unterwerfen oder ihre Regierung zu stürzen.[81]
Mitte Juli begann im Süden der Ukraine eine Gegenoffensive der ukrainischen Armee. Es gelang ihr kleine Geländegewinne zu erzielen, insbesondere im Raum Kherson war sie erfolgreich. Als eine Ursache für den Erfolg wird der Einsatz der HIMARS-Systeme gesehen. Mit diesen Mehrfachraketenwerfern können Artillerieraketen auf bis zu 60 Kilometer entfernte Ziele verschossen werden. Primär sollen diese Systeme gegen Hauptquartiere, Verbindungswege und vor allem gegen Munitionsdepots eingesetzt werden. Insbesondere durch die Bekämpfung der vorgeschobenen Umschlagplätze für Munition soll es gelungen sein, das Volumen des russischen Artilleriefeuers deutlich zu senken. Satellitenbilder belegen, dass die Feuerdichte über der Front im Zeitraum 15. bis 22.07.2022 erheblich abgenommen hat.[82] Die Erfolge in Kherson stellen für das russische Oberkommando ein Problem dar. Sie zwingen dazu Verbände aus dem Schwerpunkt (Donetzk) abzuziehen, was den Erfolg dort gefährden könnte.
9 Der Luftkrieg
Ähnlich wie bei den Landstreitkräften blieb auch die Leistung der russischen Luftstreitkräfte hinter den Erwartungen der meisten Analysten zurück. Zu Beginn ihrer Invasion in der Ukraine hatte die russische Föderation um die 550 Kampfflugzeuge für diesen Einsatz bereitgestellt. Im Verhältnis zur Anzahl der verfügbaren Luftfahrzeuge war die der Einsatzflüge (sog. sortie rate) mit 200 bis 300 Sorties am Tag relativ gering.[83] Von diesen Einsätzen waren täglich etwa 30 Luftangriffe auf Bodenziele.[84] Die anfänglich geringe Rolle der russischen Luftwaffe spiegelte sich im markanten Titel einer Analyse des renommierten britischen Royal United Services Institute (RUSI) wider: „The Mysterious Case of the Missing Russian Air Force.“[85] Neben der insgesamt niedrigen sortie rate fiel auf, dass die russischen Kampfflugzeuge kaum Wirkung am Boden erzielt hatten. Es schien ihnen schwerzufallen, die russischen Verbände am Boden durch Luftangriffe zu unterstützen.
Die ukrainischen Streitkräfte schafften es durchgehend, zumindest Teile ihrer bodengebundenen Luftverteidigung aufrechtzuerhalten. Zu keinem Zeitpunkt konnten die russischen Kampfflugzeuge ungestört über der Ukraine operieren. Neben den vielen schultergestützten Flugabwehrsystemen (sie wurden in großer Anzahl von westlichen Staaten geliefert) blieben auch die schweren Flugabwehrraketensysteme der Ukraine aus Zeiten der Sowjetunion aktiv. Diese konnten zwar keinen lückenlosen Schirm über dem Land sichern, waren aber gefährlich genug, um die russische Luftwaffe zur Vorsicht zu zwingen.[86]
Zugleich war die Ukraine stets in der Lage, eigene Luftfahrzeuge zum Einsatz zu bringen, so Jagdflugzeuge, Jagdbomber und insbesondere Drohnen vom Typ Bayraktar TB 2. Diese türkische Drohne hatte sich schon 2019 in Libyen, 2020 in Armenien und 2021 in Äthiopien als wirksames Waffensystem erwiesen. Sie ist sehr robust, auf dem Radar schwer zu erkennen und in der Lage, bis zu vier Ziele mit Lenkflugkörpern punktgenau zu treffen. Die Ukraine verfügt über etwa 20 dieser Systeme und setzt sie erfolgreich gegen Hochwertziele ein.[87] Sowohl in Libyen als auch in Syrien haben die russischen Streitkräfte wirksame Methoden erprobt, um die türkischen Drohnen abschießen zu können. Am 100. Tag des Kriegs ist der ukrainische Einsatz von Drohnen jedoch immer noch äußerst erfolgreich. Laut Mauro Gilli, Forscher für Militärtechnologie und internationale Sicherheit an der ETH Zürich, liegt das entweder daran, dass die russischen Streitkräfte ohne Luftabwehr vorrücken (was angesichts der logistischen und organisatorischen Probleme, die Russland bisher hatte, möglich ist), oder daran, dass die Ukraine fortschrittliche Systeme der elektronischen Kampfführung erworben hat.[88]
Neben Mängeln bei der Luftnahunterstützung an der Front hatte Russland Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Zielen im Hinterland. Mutmaßlich wegen der weiterhin aktiven Flugabwehr der Ukraine griff man Ziele im Westen des Landes vor allem mit Abstandswaffen an. Hierbei betrug die Quote der technischen Versager nach amerikanischen Angaben etwa 60 Prozent.[89] Überdies schienen sich die Bestände an Abstandswaffen schneller zu erschöpfen, als Nachschub produziert werden konnte. Nach Angaben des Pentagons haben die russischen Luftstreitkräfte bis Anfang Mai 2022 etwa 2.100 Abstandswaffen auf die Ukraine abgefeuert. Der vermehrte Einsatz von Freifallbomben und die Nutzung von Flugabwehrlenkflugkörpern zur Bekämpfung von Bodenzielen (was in einer Sekundärrolle in eingeschränkter Form oft möglich ist) lassen auf einen Mangel an Abstandswaffen schließen.[90] Dieser Mangel erklärt auch die Verwendung sehr alter Lenkwaffen wie der Kh-22 (AS-4 Kitchen, System aus den 1960er Jahren, ursprünglich für die Bekämpfung von Seezielen eingeführt).[91] Ab dem 21. März 2022 griffen die russischen Luftstreitkräfte zum Mittel des Flächenbombardements mit schweren Bombern. Das erste Ziel, das auf diese Weise angegriffen wurde, war Mariupol.
Als Ursache für die schlechte Leistung der russischen Luftwaffe kommen verschiedene Faktoren in Betracht. Geringer technischer Klarstand ist vermutlich ein Grund für die geringe Einsatzrate und die vielen technischen Versager. Er mag zurückgehen auf die Stationierung auf Flugplätzen abseits der Heimatbasis des fliegenden Verbands, was immer dann der Fall ist, wenn technische Unterstützung und Ersatzteile nicht im selben Umfang zur Verfügung stehen wie auf der eigenen Basis. Außer technischen Defiziten können mangelnde Übung und veraltete Verfahren ein weiterer Grund für unzulängliche Luftnahunterstützung sein. Westliche Luftstreitkräfte haben in den Kriegen in Irak und Afghanistan große Fortschritte in der Entwicklung schneller Verfahren zur präzisen Luftnahunterstützung gemacht. Der russischen Luftwaffe scheinen ähnliche Erfahrungen zu fehlen. Darüber hinaus könnte es den Bodentruppen an geeigneten Kommunikationsmitteln für Absprachen mit Luftfahrzeugen mangeln. Das allgemein beobachtete Manko bei moderneren militärischen Kommunikationsmitteln[92] (belegt durch diverse Aufnahmen mit billigen Handfunkgeräten) wirkt sich in der Zusammenarbeit mit Luftfahrzeugen besonders negativ aus.
10 Der Seekrieg
Ein Nebenkriegsschauplatz war das Schwarze Meer. Mit Kriegsbeginn griff Russland die Masse der ukrainischen Schiffe und Boote im Hafen aus der Luft an und beschädigte oder versenkte sie. Ukrainische Schiffe und Boote spielten daher keine entscheidende Rolle mehr in dem Konflikt. Russland nutzte die See, um Ziele an Land mit weitreichenden Marschflugkörpern vom Typ Kalibr anzugreifen. Es setzte Landungsschiffe ein, die eine amphibische Gruppe in Stärke von etwa 2 BTG transportierten, und bedrohte damit die westliche Küste der Ukraine.[93] Insbesondere die Region um Odessa galt als mögliches Ziel für eine Anlandung. Auch die Handelsschifffahrt war von dem Krieg betroffen. In ukrainischen Häfen und auf Reede wurden elf Handelsschiffe beschädigt, zwei Schiffe sanken nach Beschuss.[94]

Der durch die Ukraine versenkte Raketenkreuzer Moskwa im Jahr 2009
Durch ukrainische Angriffe verloren die russischen Seestreitkräfte sechs oder sieben Schiffe bzw. Boote. Drei kleine Patrouillenboote vom Typ Raptor wurden durch Beschuss versenkt. Am 24. März 2022 versenkte die Ukraine durch einen Treffer mit einer ballistischen Rakete an der Pier ein Landungsschiff der Alligator-Klasse, am 13. April 2022 von Land aus mit Seeziellenkflugkörpern den Kreuzer Moskwa. Dieses Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte geriet in Brand und ging am Folgetag unter. Das hatte nicht nur psychologische Folgen, sondern schwächte auch die Radarabdeckung sowie die Flugabwehr westlich der Krim.[95] Und es ermöglichte Operationen ukrainischer Drohnen, die schließlich weitere Boote (fünf Boote vom Typ Raptor) bekämpfen konnten. Am 17. Juni 2022 versenkte sie den russischen Schlepper Vasily Bekh vor der Schlangeninsel. Angaben zufolge kamen hierbei erstmals Flugkörper vom Typ Harpoon zum Einsatz, die westliche Staaten geliefert hatten.[96]
Die Ukraine verminte ihre für amphibische Landungen geeigneten Gewässer.[97] Durch die Angriffe mit schweren Lenkflugkörpern auf die Moskwa bewies sie zudem die Fähigkeit, mögliche Landungsverbände von Land her effektiv unter Feuer zu nehmen. Aus diesem Grund wurde im Verlauf des Kriegs die Bedrohung durch eine Anlandung russischer Kräfte zunehmend obsolet. Das ermöglichte es der Ukraine, ihre im Raum Odessa in Reserve gehaltenen Kräfte anderweitig einzusetzen.
Insgesamt verlief der Seekrieg für Russland eher enttäuschend. Die russische Seekriegsflotte konnte die Operationen an Land nicht wirkungsvoll unterstützen. Auch der Einsatz von Marschflugkörpern von See ändert nichts an diesem Befund, da diese zu wenig eingesetzt wurden. Zugleich zeigte die medienwirksame Versenkung russischer Schiffe, dass der Krieg für Russland nicht nach Plan verlief. Somit hatte die ukrainische Seite hier nicht nur einen taktischen Erfolg, sondern wegen der psychologischen Wirkung auch einen strategischen.
11 Westliche Unterstützungsleistungen für die Ukraine
Die westliche Unterstützung für die Ukraine setzte schon vor dem Krieg ein. Einige Staaten (insbesondere die USA, Großbritannien und Kanada) begannen nach 2014, Militärhilfe für die Ukraine zu leisten. Sie konnten daher schnell Verbindung zum ukrainischen Militär aufnehmen und wirksam Beistand leisten. Kurzfristig wurde in Stuttgart ein relativ bescheidenes, aber effektives Koordinierungszentrum für die Bereitstellung westlicher Militärhilfe auf die Beine gestellt: Hier bearbeiten die Verbündeten die militärischen Anfragen aus Kyjiw, organisieren die Logistik und verfolgen jede Waffeneinheit, die der Ukraine zur Verfügung gestellt wird.[98] Unter Führung der USA wurde im polnischen Rzeszow ein militärisch betriebenes Umschlagzentrum für Nachschub eingerichtet. Per Land- und Lufttransport wurden Lieferungen dorthin verbracht und für den Transport in die Ukraine umgeschlagen. Amerikanische Flugabwehrraketensysteme unter anderem vom Typ Patriot sichern den Ort.[99]
Westliche Alliierte haben zunächst zwei Arten von Waffen geliefert: einerseits moderne westliche Waffensysteme zur Panzer- und Flugabwehr (z. B. STINGER), andererseits Waffen aus sowjetischer Produktion (z. B. Haubitzen vom Typ D-30). Ab Ende April 2022 wurden Pläne bekannt, auch modernes Großgerät aus westlicher Produktion (z. B. Panzerhaubitzen 2000 aus den Niederlanden und Deutschland, Flugabwehrpanzer Gepard aus Deutschland) zu schicken. Die Lieferung der Panzerhaubitzen erfolgte im Juni 2022. Zugleich begannen Verhandlungen mit östlichen Partnern, damit diese weiteres Großgerät aus sowjetischer Fertigung bereitstellen. Das Londoner International Institute for Strategic Studies hat eine Übersicht über die europäischen Nutzer von derartigem Gerät erstellt.[100] Es zeigt, dass zusammengenommen bei den potenziellen Lieferanten noch erhebliche Mengen an Gerät vorhanden ist, das für die ukrainischen Streitkräfte schnell nutzbar wäre (Tabelle 2a und 2 b). Somit ergibt sich zumindest theoretisch die Möglichkeit, der Ukraine in den nächsten Wochen und Monaten mit östlichem Gerät auszuhelfen. Damit könnte man Zeit gewinnen, um die Streitkräfte auf modernerem Gerät auszubilden. Die großen Unwägbarkeiten hierbei sind der technische Zustand der teilweise sehr alten Systeme und die Schwierigkeit, Personal von der Front abzuziehen, um es an den später zu liefernden westlichen Waffensystemen auszubilden.
Außer mit Waffen wurde die Ukraine von ihren Partnern auch mit Munition und anderen Versorgungsgütern beliefert. Wenngleich der Umfang unbekannt ist, ist der Effekt dieser Unterstützung feststellbar: den ukrainischen Streitkräften schien es bis zum Beginn der Phase des Abnutzungskriegs im Donbas nicht an Waffen und Munition zu mangeln. Das wurde mit der veränderten Taktik der russischen Armee im Donbas anders und das Ungleichgewicht im Bereich der Artillerie wirkte sich negativ für die Ukraine aus.
Die USA und Großbritannien unterstützen die Ukraine nicht nur mit materiellen Lieferungen, sondern auch intensiv durch den Austausch von Aufklärungsergebnissen. Dazu gehören Berichten zufolge Satellitenbilder, Ergebnisse der Fernmeldeaufklärung und möglicherweise auch Informationen von menschlichen Quellen. Der Leiter der US-amerikanischen NSA, Gen. Paul Nakasone, wird zitiert mit den Worten „in my 35 years of service [I have] never seen a better sharing of accurate, timely and actionable intelligence than what has transpired with Ukraine.”[101] Allerdings scheint auch die Ukraine über wertvolle Zugänge in Russland zu verfügen.[102] Das gute Lagebild der ukrainischen Seite würde erklären, weshalb die ukrainischen Streitkräfte fast immer die richtigen Schwerpunkte setzen konnten. Die häufige Beseitigung hoher und sehr hoher russischer Offiziere ist ebenfalls ohne ein hervorragendes Lagebild schwer begreiflich. Es scheint der Ukraine immer wieder zu gelingen, wichtige Gefechtsstände und Treffen hochrangiger militärischer Führer so zeitgerecht aufzuklären, dass sie diese bekämpfen kann.
12 Fazit
Russlands Überfall auf die Ukraine verläuft deutlich anders, als die meisten Analysten vermutet haben. Die russische Staats- und Armeeführung hat mehrere schwerwiegende Fehler begangen. Sie hat die eigenen Kräfte überschätzt und die der Ukraine unterschätzt. Daraus ergaben sich Folgefehler, die den Fortschritt der Operationsführung negativ beeinflusst haben.
Ausgesuchte gepanzerte Fahrzeuge und Artillerie aus Ex-Warschauer Pakt-Beständen, welche für die Ukraine hilfreich wären
|
Waffenkategorie |
Bezeichnung |
Land |
Status |
Menge |
|
Kampfpanzer |
||||
|
T-72 A |
Nord Mazedonien |
aktiv |
31 |
|
|
T-72 M |
Slowakei |
aktiv |
30 |
|
|
T-72 MS |
Serbien |
aktiv |
30 |
|
|
T-72 M1 |
Bulgarien |
aktiv |
90 |
|
|
Tschechien |
Reserve |
89 |
||
|
Ungarn |
aktiv |
44 |
||
|
T-72A/M1/M1R |
Polen |
aktiv |
318 |
|
|
PT-91 Twardy |
232 |
|||
|
T72M4CZ |
Tschechien |
aktiv |
30 |
|
|
M-84 |
Kroatien |
aktiv |
75 |
|
|
Serbien |
aktiv |
199 |
||
|
Slowenien |
Aktiv/Reserve |
46 |
||
|
Schützenpanzer |
||||
|
BMP-1 |
Bulgarien |
aktiv |
90 |
|
|
Tschechien |
Reserve |
96 |
||
|
Griechenland |
aktiv |
169 |
||
|
Polen |
aktiv |
1.252 |
||
|
Slowakei |
aktiv |
148 |
||
|
MLI 84 |
Rumänien |
aktiv |
41 |
|
|
BMP-2 |
Tschechien |
Aktiv/Reserve |
185 |
|
|
Nord Mazedonien |
aktiv |
10 |
||
|
Slowakei |
aktive |
91 |
||
|
BMP-2/2MD |
Finnland |
aktiv |
110 |
|
|
BTR-80A/AM |
Ungarn |
aktiv |
120 |
|
|
Mehrfachraketenwerfer |
||||
|
BM-21 Grad |
Bulgarien |
aktiv |
24 |
|
|
Kroatien |
aktiv |
21 |
||
|
Zypern |
aktiv |
4 |
||
|
Nord Mazedonien |
aktiv |
6 |
||
|
Polen |
aktiv |
75 |
||
|
122 mm Artillerie Selbstfahrlafette |
||||
|
2S1 Gvozdsa |
Bulgarien |
aktiv |
48 |
|
|
Kroatien |
aktiv |
21 |
||
|
Finnland |
aktiv |
36 |
||
|
Polen |
aktiv |
227 |
||
|
Rumänien |
aktiv |
6 |
||
|
Serbien |
aktiv |
67 |
||
|
Model 89 |
Rumänien |
aktiv |
34 |
|
|
122 mm gezogene Artillerie |
||||
|
D-30 |
Bosnien-Herzeg. |
aktiv |
100 |
|
|
Kroatien |
aktiv |
20 |
||
|
Estland |
aktiv |
36 |
||
|
Montenegro |
aktiv |
12 |
||
|
Serbien |
aktiv |
67 |
||
|
152 mm gezogene Artillerie |
||||
|
D-20 |
Bulgarien |
aktiv |
24 |
|
|
Ungarn |
aktiv |
31 |
||
|
M-1985 |
Rumänien |
aktiv |
104 |
Angaben: International Institute for Strategic Studies (IISS), The Military Balance
Ausgesuchte Luftabwehrsysteme aus Ex-Warschauer Pakt-Beständen, welche für die Ukraine hilfreich wären
|
System |
Bezeichnung |
Land |
Status |
Menge |
|
Luftabwehrsystem auf Selbstfahrlafette, kurzer Reichweite
|
9K33 Osa (RS-SA-8) |
Bulgarien |
aktiv |
24 |
|
9K33 Osa-M (RS-SA-8B) |
Griechenland |
aktiv |
38 |
|
|
9K33 Osa-AK (RS-SA-8) |
Polen |
aktiv |
64 |
|
|
9K33 Osa (RS-SA-8) |
Rumänien |
aktiv |
16 |
|
|
Luftabwehrsystem auf Selbstfahrlafette, mittlerer Reichweite |
9K37M1-2 Buk |
Zypern |
aktiv |
4 |
|
Luftabwehrsystem auf Selbstfahrlafette, langer Reichweite |
S-300 PMU (RS SA-10) |
Bulgarien |
aktiv |
k.A. |
|
Gezogenes Luftabwehr system, langer Reichweite |
S-300 PMU-1 (RS-SA 10c) |
Griechenland |
aktiv |
12 |
Angaben: International Institute for Strategic Studies (IISS), The Military Balance
Aufgrund der mangelhaften Lageeinschätzung hat die russische Militärführung einen nicht tragfähigen, allzu ambitionierten Operationsplan erarbeitet. Mit den eingesetzten Kräften ließen sich die gesetzten Ziele nicht erreichen. Überspitzt gesagt, waren die russischen Einheiten von Anfang an unterlegen – oder ihre (örtliche) Überlegenheit reichte für einen Angriffserfolg nicht aus. Darüber hinaus waren die russischen Kräfte unzureichend vorbereitet, erhielten zu wenig Nachschub und waren zunächst auf einen Kampf nicht eingestellt. Auch dies war eine Folge der ursprünglich gemachten Fehler bei der Einschätzung der Lage.
Überdies zeigte sich, dass der Zustand der russischen Streitkräfte deutlich schlechter ist als angenommen. Die erfolgreiche Nutzung militärischer Mittel in Syrien hat darüber hinweggetäuscht, dass die Masse der russischen Einheiten geringen Kampfwert besitzt. Auch ist die Struktur der russischen Armee anscheinend wenig geeignet, größere Verbände für einen länger andauernden Konflikt bereitzustellen.[103] Ebenso ist der technische Klarstand der Land- und Luftstreitkräfte offensichtlich mangelhaft und die Ausstattung mit modernem Material (etwa Kommunikationsmittel) unzureichend.
Der Luftwaffe scheint es an Ersatzteilen und an Hochwertmunition zu fehlen und sie hat Schwierigkeiten, effektive Luftnahunterstützung zu leisten. Dafür fehlen ihr vermutlich taktische Verfahren, Kommunikationsmittel mit Bodentruppen und Übung.
Die russische Armeeführung brauchte etwa fünf Wochen, um sich zu einer Änderung der Vorgehensweise zu entschließen. Mit dem Einstellen der Offensive auf Kyjiw verkürzte sie ihre Linien und verringerte die Überdehnung ihrer Kräfte. Auch griff sie im Donbas zu einer anderen Taktik. Statt auf schmalen Achsen tief vorzustoßen, ging sie dort langsam, systematisch und auf breiter Front vor und verringerte so das Risiko ukrainischer Angriffe und Gegenstöße in der Flanke. Allerdings gelang es der russischen Armee auch in dieser Phase des Kriegs nicht, entscheidende Erfolge zu erzielen. Die russischen Verluste blieben hoch, die ukrainischen Verbände wurden weder eingeschlossen noch anderweitig geschlagen. Anfang Mai reagierte die russische Seite mit einer weiteren Reduzierung ihrer Offensive auf wenige Abschnitte. Während sie im Norden des Donbas auch damit nichts erreichte – mehrere Versuche, den Fluss Siwerskyj Donez zu überqueren, wurden abgewehrt –, gelang ihr im südlichen Abschnitt bei Popasna ein Erfolg. Doch selbst dieser brachte nicht den erhofften Durchbruch und die Umschließung der ukrainischen Verbände. Ab Anfang Mai 2022 konzentrierte die russische Armeeführung ihren Schwerpunkt auf Sjevjerodonezk, reduzierte also den Raum, in dem sie angriff, noch weiter. Hier konnte sie eine massive Überlegenheit an Feuerkraft und an Truppen herstellen und die ukrainische Verteidigung zunehmend dezimieren. Der Preis für diesen Erfolg bestand allerdings darin, dass er den möglichen Erfolg verringerte. Statt um Eroberung der östlichen Hälfte der Ukraine oder Eroberung des Donbas ging es nunmehr um die Einnahme einer einzelnen Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern.
Die russischen Streitkräfte konnten kaum jemals, und das ist das Grundproblem, eine zahlenmäßige Überlegenheit herstellen. Ihr Kräfteansatz blieb in den meisten Fällen zu gering. Ihre Armee zeigte sich im weiteren Verlauf des Kampfes außerstande, genügend Kampfverbände aufzubieten. Erst die Reduzierung des Angriffs auf einen kleinen Abschnitt führte zu einer Überlegenheit und damit zu Erfolg.
Erhebliche Probleme sind auch beim russischen Oberkommando zu verzeichnen. Zum einen sind die Todesfälle von Generälen und Kommandeuren auf dem Schlachtfeld extrem hoch, zum anderen führte Putin höchstpersönlich mehrfach unerwartete Kommandowechsel und Säuberungen von möglichen „Verrätern“ an der Spitze der Armee durch. So wurde der Kommandeur der russischen Luftlandeeinheiten, Generaloberst Andrej Serdjukow ebenso abgelöst wie der Befehlshaber des Militärbezirk Süd, Armeegeneral Alexander Dwornikow. Der Austausch von kompetentem und erfahrenem Führungspersonal wirkt sich höchstwahrscheinlich negativ auf die Führungsleistung der russischen Armee aus und fördert zudem ein Klima des Misstrauens und Absicherungsdenkens.
Es fiel westlichen Analysten allerdings schwer, Russlands enorme Schwierigkeiten anzuerkennen. Immer wieder hielt man eine Wendung des Kriegs zu Russlands Gunsten für möglich. Zum einen hielt man die russische Armee für stärker, als sie tatsächlich ist, zum anderen hieß es, eine Niederlage sei für Präsident Putin inakzeptabel. Dem gegenüber lehrt die Geschichte der Kriegsführung immer wieder, dass selbst große Armeen und entschiedene Führer scheitern können.
Auch die Ukraine hat in dem Krieg hohe Verluste erlitten. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind in den ersten drei Kriegsmonaten etwa 10.000 ukrainische Soldaten gefallen. Anfang Juni 2022 sprach Präsident Selensky von 50 bis 100 Toten pro Tag. Zudem nimmt der Versorgungsbedarf eher zu. In dem intensiven Kampf verbraucht die ukrainische Armee große Mengen an Munition. Anfang Juni 2022 war von fünf- bis sechstausend Granaten täglich die Rede. Bei dem vielfach veralteten Gerät der Ukrainer muss selbst ohne Verluste durch Kampfeinwirkungen mit technischen Ausfällen gerechnet werden. Nach ukrainischen Angaben haben die Streitkräfte ungefähr 50 Prozent der militärischen Ausrüstung verloren, die sie zu Kriegsbeginn besaßen. In Zahlen ausgedrückt: die Ukraine hat etwa 1.300 Infanteriefahrzeuge (infantry fighting vehicles) und gepanzerte Fahrzeuge (armored protected vehicles) verloren, außerdem 400 Kampfpanzer und 700 verschiedene Artilleriegeschütze.[104]
Was die Ukraine zum Überleben braucht, ist umfangreiche westliche Unterstützung. Ohne die Lieferung von Waffen und Munition kann die Ukraine den Krieg in der jetzigen Form nicht lange weiterführen.
Zu Erst benötigt die Ukraine Unterstützung, um die laufenden Gefechte bestehen zu können. Hierfür sind weiterhin vor allem eingeführte Systeme sowjetischer Herkunft geeignet. Da sie aber endlich sind, muss schon jetzt langfristig geplant werden. Denn künftig braucht die Ukraine modernes Großgerät aus westlichen Quellen. Und dieses muss einsatzbereit zur Verfügung stehen, wenn in sechs oder neun Monaten der sowjetische Vorrat verschlissen oder zerstört ist.
Für die aktuellen Kämpfe im Donbas ist moderne weitreichende Artillerie entscheidend, für die erfolgreiche Rückeroberung besetzter Gebiete sind es Kampf- und Schützenpanzer. Die westlichen Partner müssen sich jetzt mit der Ukraine einigen, welchen Typ Großgerät die Ukraine zukünftig nutzen soll. Es wäre falsch, drei verschiedene Schützenpanzer oder Kampfpanzer einzuführen. Denn die ukrainischen Soldaten müssen am neuen Gerät ausgebildet werden, während der Krieg weitergeht, und im Gefecht schnell damit zurechtkommen. Ein Flickwerk aus Großgerät wäre höchst unzweckmäßig. Die westlichen Unterstützer müssen nationale Eitelkeiten und Vorstellungen hintanstellen: Sinnvoll ist, was die Ukraine braucht, und nicht, was ein Partner am liebsten liefern möchte. Auch muss das Gerät verfügbar und die Nachversorgung gesichert sein, muss zueinander passen und darf die Ukraine auf längere Sicht nicht überfordern.
Russlands Überfall auf die Ukraine hat sich in den ersten Monaten zu einer militärischen und politischen Niederlage entwickelt. Die militärischen Ziele wurden nicht erreicht. Erst eine deutliche Reduzierung des Ansatzes brachte Erfolge, ändert aber nichts am Gesamtbefund. Obgleich es zuerst in Mariupol und später in Sjevjerodonezk dramatische Gefechte und schwere Verluste auf beiden Seiten gab, ist die strategische Bedeutung dieser beiden ukrainischen Niederlagen für den Gesamtverlauf geringer, als in deutschen Medien oft dargestellt. Auch ist die Ukraine beileibe nicht „verloren“, wie ein deutscher Professor mit schöner Regelmäßigkeit in Artikeln und Talkshows verkündet.[105] Sie kämpft geschickt und erfolgreich gegen einen strategisch überlegenen Gegner, dem es nur selten gelingt, seine Übermacht in taktische Erfolge umzusetzen. Und während der Kampf für die eigene Freiheit die Moral der Ukrainer selbst in Krisen erhält, ist die Moral auf russischer Seite seit dem ersten Tag schwach. Kampflos zurückgelassenes Material, Fahnenflucht und Gräueltaten sind Ausdruck dieser morbiden Moral.
Die langfristigen Folgen des Kriegs für das russische Militär lassen sich schwer abschätzen. Klar scheint schon jetzt, dass der Krieg Heer und Luftwaffe geschwächt hat. Folgende Aspekte verdienen besondere Beachtung bei der Einschätzung des Kampfwerts der russischen Streitkräfte:
Wie groß ist der Vertrauensverlust innerhalb der obersten Führung des russischen Militärs?
Wie stark wirken sich die Verluste und mangelnden Erfolge gegenüber einem vermeintlich „drittklassigen“ Gegner auf die Truppenmoral aus?
Wie schwerwiegend sind die Materialverluste und der Munitionsverbrauch für die Ausstattung der Einheiten?
Für die Ausrichtung westlicher Streitkräfte in den nächsten Jahren ist eine Auswertung dieser Fragen von hoher Bedeutung. Andernfalls drohen Fehler, die sich in der Zukunft als unverzeihliches, weil folgenträchtiges Versäumnis erweisen könnten.
About the author
non-resident fellow
Literatur
Adamsky, Dmitry (2020): Russian Lessons from the Syrian Operation and the Culture of Military Innovation. Garmisch-Partenkirchen: The George C. Marshall European Center for Security StudiesSearch in Google Scholar
Fiore, Nicolas J. (2017): Defeating the Russian Battalion Tactical Group, ARMOR Mounted Maneuver Journal, 127 (2), 9–17Search in Google Scholar
© 2022 Rosemann, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.
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- Editorial
- Aufsätze
- Der russische Überfall auf die Ukraine – eine militärische Lageanalyse
- An der Schwelle zum Dritten Weltkrieg – Welche Risiken darf der Westen im Ukraine-Krieg eingehen?
- Russlands diktierter Nicht-Frieden im Donbas 2014–2022: Warum die Minsker Abkommen von Anbeginn zum Scheitern verurteilt waren
- One man’s surprise is another man’s analysis: Warum Regierungen überrascht werden und was man dagegen tun kann
- Die militärische Modernisierung in China und Russland und die Vierte Industrielle Revolution
- Auf dem Weg zum Krieg von morgen. Chinesische Militärtheorie und die Evolution des Krieges
- Kurzanalyse
- Unterschiede zwischen westlichen und nichtwestlichen US-Verbündeten in der Reaktion auf den Ukraine-Krieg
- Kommentar
- Die längerfristigen Auswirkungen des Ukraine-Krieges und die wachsende Bedeutung der zivilen Seite des Krieges
- Ergebnisse strategischer Studien
- Zukunft Russlands
- Cyrus Newlin/Andrew Lohsen: Russia Futures. Three Trajectories. Washington, D.C.: Center for Strategic and International Studies (CSIS), Mai 2022.
- Die Lage von Taiwan
- Jacob Stokes/Alexander Sullivan/Zachary Durkee: Global Island. Sustaining Taiwan’s International Participation Amid Mounting Pressure from China. Washington, D.C.: Center for a New American Security (CNAS), April 2022
- Johan Englund: Isolating Taiwan beyond the Strait: Chinese pressure tactics in four democracies. Stockholm: Swedish Defence Research Agency (FOI), Mai 2022
- Entkoppelung von China
- CSIS Multilateral Cyber Action Committee: The Two Technospheres. Western-Chinese Technology Decoupling: Implications for Cybersecurity. Washington, D.C.: Center for Strategic & International Studies (CSIS), März 2022
- US-Militärpolitik
- Marc F. Cancian: U.S. Military Forces in FY 2022: Peering into the Abyss. Washington, D.C.: Center for Strategic & International Studies (CSIS), März 2022
- Bücher von gestern – heute gelesen
- Militärische Strategien und die Wirksamkeit von Abschreckung zur Zeit des Ost-West-Konflikts
- Buchbesprechungen
- Christopher M. Smith: Ukraine’s Revolt, Russia’s Revenge. Washington, D.C.: Brookings Institution 2022, 384 Seiten
- Michel Eltchaninoff: In Putins Kopf. Logik und Willkür eines Autokraten. Stuttgart: Tropen, 2022, aktualisierte Neuausgabe (aus dem Französischen von Till Bardoux), 222 Seiten
- Rush Doshi: The Long Game. China’s Grand Strategy to Displace American Order. New York: Oxford University Press, 2021, 459 Seiten
- Ryan Hass: Stronger. Adapting America’s China Strategy in an Age of Competitive Interdependence. New Haven, Yale University Press 2021
- Bildnachweise