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Afghanistans ewiges Versprechen

  • Ellinor Zeino

    Dr. Ellinor Zeino war bis August 2021 Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit lag auf vertrauensbildenden Dialogen im afghanischen Friedensprozess.

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Published/Copyright: March 18, 2022

1 Einleitung

Am 15. August ging alles ganz schnell. Der Morgen begann als normaler Arbeitstag. Am Mittag standen die Taliban in Kabul. Die reguläre Polizei war spurlos verschwunden. Panik und Verkehrschaos brachen in den Straßen aus. Dass es in Kabul keine bürgerkriegsähnlichen Kämpfe gab, war unser Glück im Unglück. Die Taliban-Polizei griff schnell und erstaunlich geordnet gegen Plünderer durch.

Zwanzig Jahre nach dem internationalen Versprechen, das Land und die Gesellschaft in die internationale Gemeinschaft zurückzuholen, Frieden und einen bescheidenen Wohlstand aufzubauen, steht man nun vor einer humanitären Katastrophe. Aufgrund der internationalen Sanktionen und Finanzblockaden steht das Land vor der Zahlungsunfähigkeit. Millionen Menschen leiden an Hunger und Mangelernährung. Die Mittelschicht in den Städten greift auf ihre letzten Ersparnisse zurück.

Schon in den Jahren vor dem Machtwechsel herrschte in den Provinzen eine Nahrungsmittelkrise, bedingt durch Dürreperioden, Ernteausfall und anhaltende Kämpfe. In der Hauptstadt Kabul gab es nur ein paar Stunden Strom am Tag. Man war Selbstversorger für Strom, Wasser und die eigene Sicherheit. Insgesamt starben im Afghanistan-Krieg seit 2001 etwa 240.000 Menschen, darunter pro Jahr circa 3.000 Zivilisten. Mit seinen täglichen Anschlägen galt Kabul nach 2017 wieder als gefährlichste Hauptstadt der Welt. Heute hat sich die Sicherheitslage für die Mehrheit der Menschen vorerst verbessert. Es finden nur noch vergleichsweise wenige Anschläge statt.[1] Doch die von dschijhadistischen und anderen bewaffneten Gruppen ausgehende Gefahr bleibt. Die neue Situation verheißt nichts Gutes. Früher hat man Angehörige und Freunde bei Anschlägen verloren, heute droht Gefahr, im Frieden zu verhungern.

Der Afghanistankonflikt ist ein Prisma aus Interessen und Perspektiven; man dreht und wendet es und erkennt stets neue Fragen, Perspektiven und Prognosen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat den Wiederaufbau in Afghanistan zwanzig Jahre lang begleitet und war die letzte deutsche politische Stiftung mit einem Büro in Kabul. Dieser Beitrag sucht nach Antworten aus Sicht der politischen Zusammenarbeit vor Ort.

2 Das Entwicklungsversprechen und seine Widersprüche

Der größte Widerspruch des Entwicklungsversprechens bestand zwischen dem Grundsatz der afghanischen Eigenverantwortung (Afghan-owned, Afghan-led) und der Tatsache, dass der damalige Staat und die um ihn herum geflochtenen Netzwerke aus Zivilgesellschaft und Sicherheitsdienstleistern fast vollständig von ausländischen Geldern abhingen. Afghanistan war kein unabhängiger, souveräner Staat. Die Verantwortung des Wiederaufbaus lag in internationalen Händen. Die Gehälter und Ausrüstung der afghanischen Sicherheits- und Polizeikräfte wurden gänzlich aus internationalen Quellen finanziert, allen voran Finanzhilfen der USA. Dies nährte das ohnmächtige Selbstbild, dass die Ausländer für Sicherheit und Entwicklung zuständig seien und es „irgendwie schon richten“ würden, da das Land für die Welt geostrategische Bedeutung habe. Eine eigene, starke politische Kraft gegen die Taliban konnte sich nicht aufbauen. Das zeigte sich in den letzten Monaten der Republik, als die afghanische Armee nahezu kampflos eine Provinz nach der anderen aufgab. Die durchschnittliche Schwundrate in der afghanischen Armee lag bei knapp fünfzig Prozent. Jedes Jahr mussten die Sicherheitskräfte aufgrund von Tod, Verwundung oder Ausscheiden fast die Hälfte ihrer Stellen neu besetzen. Zudem gab es „Geistersoldaten“, die lediglich auf Gehaltslisten existierten. Selbst bei patriotischen Soldaten keimten Zweifel, für welche Sache man sein Leben täglich riskieren solle.

Eine verbreitete Fehlvorstellung war, mehr Geld führe zu mehr Entwicklung. Nicht unerhebliche Summen sickerten in Netzwerke, die dem Selbsterhalt oder der Selbstbereicherung dienten.[2] Die afghanische Gesellschaft spaltete sich zwischen denen, die Zugang zu den internationalen Geldströmen und Früchten besaßen, und jenen, denen dies verwehrt blieb. Die heutigen Fälle von Gewalt und Bedrohungen zeigen auch Spuren von über die Jahrzehnte aufgebautem Neid. Nicht immer hatte man auf die richtigen Reformpartner gesetzt. Ehemalige Warlords wurden der Stabilität zuliebe rehabilitiert; liberale, kosmopolitische Diaspora-Eliten als bequeme Reformpartner gewonnen. In der afghanischen Gesellschaft wurden diese Doppelstaatler in Anlehnung an den englischen Namen „Tom“ pauschal als „Tommies“ bezeichnet – als Menschen, die das Land jederzeit verlassen können, wenn es schwierig wird. Nicht wenige haben ihr in Afghanistan angehäuftes Vermögen ins Ausland gerettet. Dieses strukturell bedingte Problem konnten auch die vielen ehrlich engagierten Diaspora-Afghanen, die nach 2001 hoffnungsvoll und bis zuletzt mit Optimismus in ihr Land zurückkehrten, nicht lindern.

In Afghanistan, dessen Bevölkerungsmehrheit in den vergangenen 40 Jahren Krieg, Flucht und Vertreibung erlebt hat, wetteiferte man regelrecht darum, wer im Land tatsächlich verwurzelt war. Für Zweitpässe schämte man sich. Niemand wollte sich nachsagen lassen, er nehme alteingesessenen Afghanen den Job weg und bleibe nur, solange es angenehm sei. Eine zweite Staatsangehörigkeit konnte politische Karrieren beenden. Der für Minister sogar gesetzlich verbotene ausländische Pass musste möglichst im Safe verschwinden. Heute gibt es „Taliban-Tommies“ mit pakistanischem Pass oder Familienresidenzen in Doha.

Ein wesentliches Hindernis für eine gemeinsame, friedliche Zukunft sind die völlig voneinander abgeschotteten Lebenswelten, oft nur getrennt durch ein paar Meter Sprengstoffmauer. Kabul beherbergte alle nur denkbaren Mikrokosmen auf engstem Raum. In diesen parallelen Blasen erzählte jeder seine eigene Geschichte zur Realität und Zukunft des Landes. Die Taliban haben begonnen, die Sprengstoffmauern in Kabul zu entfernen. Die Mauern in den Köpfen bleiben.

 Sprengstoffmauer in Kabul

Sprengstoffmauer in Kabul

3 Der Friedensprozess blieb abstrakt und unvollendet

Nach zwanzigjähriger NATO-Mission erlebt Afghanistan erneut eine historische Zäsur. Ab Januar 2019 führten die USA in der katarischen Hauptstadt Doha, dem damaligen Sitz der Taliban-Führung, erstmals offizielle Friedensgespräche mit den Taliban. Seit dem Sturz des Taliban-Emirats 2001 war man einem Friedensabkommen nie so greifbar nah gekommen wie in den letzten beiden Jahren. Umbruch lag in der Luft. Die damalige, wenn auch zaghafte, Friedenseuphorie war ansteckend. Sollte Frieden dieses Mal tatsächlich möglich sein? Musste man nicht jeden Strohhalm ergreifen, wenn noch so dünn, nach Jahrzehnten von Krieg und Gewalt? Selbst Taliban-Kritiker und Skeptiker waren ab 2018, dem Jahr mit den höchsten zivilen Todesopfern der letzten 20 Jahre, an den Punkt gelangt, dass man mit den Taliban reden und verhandeln müsse, um herauszufinden, ob eine politische Lösung möglich wäre. Nach den Jahren des Zermürbungskriegs und einer militärischen Pattsituation herrschte in den afghanischen wie internationalen Debatten die Meinung vor, es könne nur eine politische, keine militärische Lösung geben.

Der Doha-Friedensprozess blieb inhaltlich abstrakt und verlief hinter verschlossenen Türen. Der bilaterale „Separatfrieden“ zwischen den USA und Taliban ließ sich nicht mehr erfolgreich in einen innerafghanischen Prozess überführen. Die größte Schwäche der Republik waren die vielen konkurrierenden Lager und das Fehlen eines nationalen Konsenses und einer geschlossenen Front gegenüber den Taliban. Die Taliban dagegen traten geeint auf, auch weil ihre Führung darauf achtete, innere Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten nicht nach außen dringen zu lassen.

Dennoch war die Vorstellung, die Taliban könnten wieder in Kabul sitzen und die republikanische Verfassung von 2004 obsolet werden, für viele Friedenswillige eine rein abstrakte. Die damaligen Debatten und Erklärungen von politischer oder zivilgesellschaftlicher Seite über die „roten Linien“ gegenüber den Taliban blieben vage. Mögliche politische Kompromisse einer Friedenslösung wurden nur grob entworfen, man wollte nicht zu früh den innerafghanischen Verhandlungsprozess ersticken. Man hoffte, die Taliban würden sich irgendwie in einer neuen Islamischen Republik wiederfinden. Die Möglichkeit eines zweiten Emirats tauchte weder als Option noch als Szenario auf. Am Ende schufen die Taliban militärische Fakten.

4 Kein externer Retter in Sicht – verzerrte Wahrnehmungen, überhöhte Erwartungen

Lange vor dem Abzug zeichnete sich ab, dass die NATO-Partner ihren längsten und kostspieligsten Einsatz beenden wollten.[3] Doch selbst nach dem Doha-Abkommen zwischen den USA und den Taliban von Februar 2020, das erstmals den Abzug der NATO-Truppen regelte,[4] taten afghanische Gesprächspartner Nachfragen zum Truppenabzug oft mit einer Handbewegung ab. Die Amerikaner würden niemals gehen, das Land sei geostrategisch viel zu wichtig. Wie konnte es zu dieser Fehlwahrnehmung kommen? Während der ersten Jahre des Antiterrorkampfs nach 2001 hatte die herausragende Bedeutung Afghanistans für das westliche NATO-Bündnis ihre Berechtigung. Afghanistan hatte sich unter dem Taliban-Emirat der 1990er Jahre zu einem Ausbildungs-und Rückzugsort für Dschijhadisten entwickelt. Die Präsenz der Terrorgruppe al-Qaida in Afghanistan galt als direkte Bedrohung der westlichen Staatenwelt.[5] Am Ende des Einsatzes war das Interesse der Bündnispartner an Afghanistan nur noch an die eigene Truppenpräsenz geknüpft. Man hatte längst andere weltpolitische Konfliktfelder zu bearbeiten. Die USA hatten schon lange ihren Fokus auf China und den Indopazifik verlagert und wollten sich vom längsten und kostspieligsten Krieg in ihrer Geschichte frei machen. Europas Interesse gilt heute den Konflikten und Bedrohungen seiner näheren Nachbarschaft wie Russland, Türkei, Syrien/Irak und dem südlichen Mittelmeerraum einschließlich Subsahara-Afrika.

Aus afghanischer Perspektive sprachen die 39 Länder starke NATO-Mission und eine internationale Gebergemeinschaft von über 60 Staaten und internationalen Organisationen jedoch eine andere Sprache. Ebenso die internationalen Gelder in Milliardenhöhe, die jährlich ausgegeben wurden. Auf der Genfer Geberkonferenz im November 2020 versprachen die internationalen Geber für die nächsten vier Jahre erneut 3,3 Milliarden US-Dollar jährlich, darunter die EU allein 1,2 Milliarden Euro.[6] Die letzte Verlängerung des Bundeswehrmandats Ende März 2021 im Deutschen Bundestag führte kurzzeitig in den afghanischen Debatten zu dem Missverständnis, Deutschland werde die USA als neue Schutzmacht ersetzen. Für die Bundeswehr war jedoch stets klar, dass sie keinen Tag länger als die US-Truppen im Land bleiben kann und wird. Dafür fehlten von Anfang an die logistischen und robusten Fähigkeiten. Ein externer Retter war nicht in Sicht, es hatte ihn auch nie gegeben.

5 Zauberwort „Konnektivität“: Die Regionalisierung von Sicherheit und Entwicklung

Heute haben die Nachbarstaaten das stärkste und unmittelbarste Interesse an einer stabilen Lage in Afghanistan. Pakistan, Iran, China und die zentralasiatischen Republiken sowie Russland sind von grenzüberschreitenden kriminellen und terroristischen Gruppen, Drogenhandel und Migration unmittelbar betroffen. Die größte Gefahr dürften viele Nachbarstaaten jedoch in der Radikalisierung ihrer eigenen Bevölkerungen sehen. Sie befürchten, ihre muslimischen Bevölkerungen könnten sich vom Sieg der Taliban beflügeln lassen und in ihren Ländern radikalisieren oder mobilisieren. Schließlich gehen auch dort sich selbstbereichernde Eliten gegen religiöse Tendenzen und politische Opposition vor.

Die Nachbarländer haben in erster Linie ein Interesse an Stabilität; Entwicklung kann ein Mittel zur Stabilisierung sein, ein umfangreiches nation building wird abgelehnt. Stabilität soll möglichst ohne sichtbaren militärischen Fußabdruck erreicht werden. Das Zauberwort heißt „Konnektivität“, also Afghanistan in die regionalen Handels-, Wirtschafts- und Transportkorridore einzubinden und so einen friedlichen Austausch zu schaffen. „Konnektivität“ klingt weniger politisch als „Bündnis“, kann aber ebenfalls ungleiche und konfliktreiche Abhängigkeitsstrukturen schaffen. Selbst harmlos klingende Projekte wie der Bau von Eisenbahnlinien durch Afghanistan sind für die Anrainerstaaten hochpolitisch und bergen geopolitische Sprengkraft.

Mit dem Doha-Prozess begann ein regelrechter Wettbewerb um die besten Beziehungen zur Taliban-Führung. Durch den sukzessiven Rückzug der USA setzte eine Regionalisierung des Friedensprozesses ein mit parallelen Dialogformaten in Moskau oder Taschkent. China, Iran, Pakistan, Russland empfingen Taliban-Delegationen. Die Türkei tauchte zunehmend als neuer Akteur auf.[7] Selbst Indien äußerte am Ende Interesse an offiziellen Gesprächen mit den Taliban.[8] Die Einbindung der Region war auch im Interesse Washingtons; die USA unterstützten die Übergabe von Verantwortung an die Regionalstaaten, beispielsweise im (geplatzten) Istanbul-Dialog. Lange wurden Deutschland und Norwegen als Gastgeber oder Vermittler für die innerafghanischen Verhandlungen in Betracht gezogen, Europa erschien jedoch immer unbedeutender für die Zukunft.

Auch die Taliban haben ein hohes Interesse an guten internationalen wie regionalen Beziehungen. Sie setzen jedoch nicht einseitig auf Pakistan als Partner, sondern bemühen sich ganz realpolitisch um diversifizierte und multivektorale außen- und wirtschaftspolitische Beziehungen, um äußere Abhängigkeiten zu reduzieren und ihre nationalen Interessen zu schützen. Sie haben in den letzten Jahren systematisch Beziehungen zu allen Großmächten und Ländern in der Region aufgebaut und bieten sich als neuer Sicherheitspartner an.

Ob Afghanistan in Zukunft unabhängig und souverän entscheiden kann, wie die Taliban es fordern, bleibt offen. Der Anglo-Afghanische Vertrag von 1919 brachte Afghanistan unter König Amanullah Khan die volle Unabhängigkeit von Großbritannien. Mehr als einhundert Jahre später bleibt Afghanistan weiterhin in politischen, militärischen sowie finanziellen Abhängigkeiten gefangen und verwundbar gegenüber fremden und regionalen Macht- und Interessenskonflikten.

6 Modernisierung von außen: Was bleibt?

Zwanzig Jahre internationale Präsenz im Land haben viele sichtbare und positive Spuren hinterlassen, die Errungenschaften sind jedoch nicht irreversibel. Nach 2001 wuchs eine junge Generation heran, die erstmals wieder Zugang zu Bildung erhielt. Sie ist globalisiert und international vernetzt, sie betrachtet offene politische Debatten und Kritik an der Regierung als selbstverständlich. Die Post-9/11-Generation stellt heute die Mehrheit der Bevölkerung. Sie kennt die Taliban-Herrschaft der 1990er Jahre nur aus Erzählungen. Die Medien- und Meinungsfreiheit ist einer der wichtigsten Erfolge der letzten 20 Jahre. Afghanistan hat in diesen zwei Jahrzehnten eine beachtliche pluralistische Medienlandschaft und Zivilgesellschaft aufgebaut. Die offene politische Debattenkultur, die Medienfreiheit und Meinungsvielfalt in Afghanistan waren einzigartig in der Region, insbesondere im Vergleich zu den staatlich kontrollierten Medien und engen Räumen der Zivilgesellschaft in den Nachbarstaaten. Hier stellte Afghanistan eine positive Ausnahme in der gesamten Region dar.[9]

Die ab 2001 geborene, mit politischer Meinungsfreiheit aufgewachsene Generation erlebte Kritik an der Regierung als normal und selbstverständlich. Die afghanischen Medien waren gewohnt, kritische Fragen zu stellen. Der Medien- und Bildungssektor läuft Gefahr, künftig von einer Zensur der Taliban-Regierung eingeschränkt zu werden. Aktuell üben private Medieneinrichtungen vor allem eine präventive Selbstzensur, die neuen roten Linien und Direktiven der Taliban-Administration sind noch nicht klar. Unter der Regierung des letzten Präsidenten Ashraf Ghani fand zudem ab 2015 eine Modernisierung und Verjüngung der Staatsbürokratie statt. Die junge Millennial-Generation war bereits in hochrangigen Regierungsämtern vertreten. In der afghanischen Regierung und im diplomatischen Dienst war eine Reihe von Staatssekretären, (stellvertretenden) Ministern und Botschaftern unter 30 Jahre alt, darunter nicht wenige Frauen.[10] Das Unterhaus des Parlaments (Wolesi Jirga) hatte eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote von 30 Prozent.

 Sorglose Frauen in Bagh-e-Babur, Kabul, im Jahr 2013

Sorglose Frauen in Bagh-e-Babur, Kabul, im Jahr 2013

Die sichtbare Einbindung von Frauen in Regierung und Parlament, Medien und Zivilgesellschaft, Justiz und Polizei[11] täuscht allerdings darüber hinweg, welch massiven Gefährdungen und Drohungen Frauen in verantwortungsvollen Posten oder männerdominierten Berufen sich ausgesetzt sahen. Mobbing und Anfeindungen am Arbeitsplatz, auf sozialen Medien und im familiären Umkreis waren die harmlosen, alltäglichen Gefahren. Sexueller Missbrauch und Gewalt bis hin zu gezielten Tötungen waren die realen Risiken, die berufstätige Frauen eingingen. Die afghanische Gesellschaft ist in ihrer Mehrheit ultrakonservativ (und auch religiös) geprägt. Die junge, globalisierte Generation in den Städten muss zwischen dem Wunsch nach einem modernen, selbstbestimmten Leben und den engen sozialen wie familiären Zwängen lavieren. Die Taliban sind der radikal-ideologische Ausdruck einer ultrakonservativen Gesellschaft, deren Wertevorstellungen mit neuen Lebenswelten aus Modernisierung, Urbanisierung und Globalisierung in Konflikt geraten sind.

Die langfristig wohl größte Katastrophe für Afghanistan dürfte der massive brain drain seit dem 15. August 2021 sein. Ein erheblicher Anteil der gebildeten Elite und kreativen Köpfe hat das Land in den letzten Monaten verlassen, Zigtausende warten noch auf ihre Ausreise. Fachkräftemangel ist auch der Grund, warum die Taliban weiterhin ehemalige Beamte und Mitarbeiter in den Behörden belassen. Im Außenministerium in Kabul treffen sich die ehemaligen Mitarbeiter täglich zum Teetrinken und warten ab. Die Botschaften und Konsulate weltweit stellen weiterhin Visa und Pässe der afghanischen Republik aus. Alles ohne Bezahlung aus Kabul, aber auch ohne Widerstand der neuen Machthaber. Wie lange diese Arbeitsteilung und Koexistenz noch gut geht, ist ungewiss.

7 Das Heilsversprechen der Taliban: Tugendwächter statt Dienstleister

Die Taliban haben ihre politischen Ziele und Ideologie im Kern nicht geändert. Ihre Politik dient in erster Linie der Wahrung von Tugend und Moral in der Gesellschaft. Die Regierenden sind Tugendwächter, keine Dienstleister für das Volk. Das materielle Wohlergehen liege letztendlich in Gottes Hand. Jahrelang wurde über die Ideologie und Ansichten der Taliban spekuliert, da es sich um eine sehr verschwiegene und nach außen abgeschottete Bewegung handelte. Erst durch den Doha-Friedensprozess fanden sich hochrangige Taliban-Mitglieder erstmals bereit, westlichen Medien Interviews zu geben.

Im Gegensatz zu anderen islamistischen Gruppierungen eint die Taliban-Bewegung keine ausgefeilte politische Ideologie auf der Grundlage eines verbindlichen, schriftlichen, theoretischen Rahmens. Vielmehr werden die Taliban, so die Interpretation von Islamwissenschaftlern, eher durch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis zusammengehalten.[12] In den letzten Jahren entwickelten sie jedoch eine Vielzahl an schriftlichen Direktiven und internen Regelwerke für Mitglieder (Layha), die Aufschluss über ihre politischen Vorstellungen und Werte geben.

Die Taliban sind außerdem eine anti-elitäre Bewegung. Ihre ursprüngliche Anhängerschaft kam aus den Dörfern der abgehängten Peripherie und nicht wie bei anderen modernen islamistischen Bewegungen aus der unzufriedenen radikalisierten Bildungselite urbaner Ballungszentren.[13] Ihr Erfolg lässt sich mitunter zurückführen auf den seit einem Jahrhundert schwelenden Konflikt zwischen bescheidenen ländlichen Lebenswelten und städtischen Eliten, die ein vermeintlich unmoralisches und korrumpiertes Leben im „Luxus“ führen. Doch auch in den Städten kämpfen Millionen Menschen täglich um ihr Überleben. Die Kernkritik der Taliban richtete sich gegen die korrupten Regierungseliten und den mit ihnen verbundenen Apparat. Der Staat war in ihren Augen eine „Marionettenregierung in Kabul“, die fallen würde, sobald die Ausländer das Land verlassen hätten. Überraschend für viele Beobachter war, wie schnell dieser Fall am Ende erfolgte.

Die Taliban sind „Gesinnungstäter.“ Sie lassen sich nur bedingt politisch oder mit Geld unter Druck setzten. Gleichzeitig handelt ihre Führung pragmatisch. Hauptziel ist der politische Machterhalt. Um den inneren Zusammenhalt zu wahren, muss die Führung ihr Versprechen einlösen, die gesellschaftliche „Moral und Tugend“ wiederherzustellen. Um das Land zu regieren, muss sie staatliche Einnahmen sichern und die Verwaltung wieder zum Laufen bringen. Dabei braucht sie die internationale Anerkennung oder zumindest die Unterstützung ausländischer Geldgeber. Dass sie dafür von ihren Standpunkten und Werten abrücken wird, ist eher unwahrscheinlich.

Frauen- und Menschenrechte können unter der neuen islamistischen Regierung nur geschützt werden, wenn man sie religiös legitimiert, religiöse Interpretationsgrenzen verschiebt und die Umsetzung von Rechten einfordert, gegen die aus islamischer Sicht nichts spricht. Bestes Beispiel ist die viel diskutierte Mädchenbildung, die von der Taliban-Führung nie offiziell verboten wurde.[14] Eine wesentliche Bedingung ist die Einhaltung der Geschlechtertrennung. Hier gibt es Raum, um kleine Pflöcke einzuschlagen und Garantien und Zugeständnisse abzuringen.[15]

Die Taliban-Führung war stets bestrebt, die Bewegung als eine homogene und einheitliche Gruppe darzustellen, die klare Überzeugungen verbinden. In der Praxis hat die Bewegung klare, autoritäre Führungsstrukturen nach innen, lässt aus pragmatischen Gründen jedoch lokalen Kommandeuren einen Interpretationsspielraum, auch um flexibel auf lokale Unterschiede reagieren zu können. So werden beispielsweise Bildungs-, Berufs- und Bewegungsfreiheit von Frauen in den verschiedenen Regionen und Provinzen unterschiedlich gehandhabt.

In den Doha-Gesprächsrunden hielt sich die Taliban-Führung mit inhaltlichen Aussagen bedeckt und startete mit vagen Forderungen nach einem „islamischen System“[16] in den Meinungsaustausch. Weder wollte sie im Vorfeld konkrete politische Zusagen machen, noch bot sie eine Antwort darauf, wie ein islamischer Staat für eine sozial und ethnisch heterogene und globalisierte afghanische Gesellschaft aussehen könnte. Gleichzeitig war sie bemüht zu beteuern, dass sie keine Alleinherrschaft anstrebe, sondern mit einer Machtbeteiligung und (begrenzten) Inklusivität der Regierung einverstanden wäre. Demokratische Wahlen lehnten die Taliban stets ab und forderten stattdessen einen Expertenrat, dessen Mitglieder sich durch Erfahrung, Kompetenz und Tugend auszeichnen sollten.[17] Frauen- und Freiheitsrechte müssten im Einklang mit islamischen Werten stehen. Die Rechte von Minderheiten und Frauen sollten im Rahmen der in Afghanistan vorherrschenden sunnitischen Hanafi-Rechtsschule (der auch die Taliban angehören) interpretiert und geschützt werden.[18] Ihre Führer befürworteten Bildung und Berufsausübung für Frauen und Mädchen, allerdings mit Einschränkungen. Genannt wurde die Einhaltung bzw. Einführung der Geschlechtertrennung und der muslimischen Kleiderordnung im öffentlichen Leben.[19] Ein Berufsverbot für Frauen wurde meist nur für das Amt des Staatspräsidenten und Obersten Richters angeführt. Ihre in den Gesprächen immer wieder vorgebrachten Hauptargumente gegen die republikanische Ordnung bezogen sich auf die auf allen staatlichen Ebenen grassierende Korruption, fehlende Rechtssicherheit und steigende Gewaltkriminalität in den Städten.[20]

Die Taliban-Regierung wird andere Narrative und Auslegungen zu Recht und Unrecht im Afghanistankrieg erzählen. Geschichten vom Emirat, das ihr 2001 unrechtmäßig genommen wurde, von der Besetzung und kulturellen Kolonisierung des Landes, vom Leid durch Folter und Luftangriffe, von ihrer Wiederherstellung eines „islamischen Rechtstaats“ und Souveränität des Landes.

Für die humanitären Missstände machen die neuen Führer die Vorgängerregierung verantwortlich und drängen auf Freigabe der internationalen Gelder.[21] Einen kohärenten Plan hat die Taliban-Führung nicht, sie wartet auf Entwicklungen von außen. Eine wesentliche Herausforderung wird darin bestehen, die heterogene Taliban-Bewegung zusammenzuhalten. Doch irgendwann wird die Bevölkerung konkrete Grundbedürfnisse wie Sicherheit, Gesundheit und Ernährung ihrer Familien einfordern, aber auch Bildung und Perspektiven für Afghanistans junge Bevölkerung. Afghanistan hat eine der jüngsten Gesellschaften weltweit. 40 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, gut 60 Prozent unter 25 Jahre.[22] Es fragt sich, inwieweit sich die neue Führung verantwortlich fühlt. Die Taliban geben kein Entwicklungs-, sondern ein Heilsversprechen.

8 Sich der Realität stellen: Welche Szenarien und wie geht es weiter?

Die politische Wende ist nicht abgeschlossen, das Land kann in schlimmere Richtungen entgleiten. Ein realistisches Szenario wäre, dass die Taliban die politische Repression nach innen erhöhen, um liberale und andere politische Gegner, aber auch salafistisch-jihadistische Gruppen wie den IS-Ableger ISKP in Schach zu halten. Sollte der Taliban-Führung keine Stabilisierung gelingen, drohen der vollständige Staatszerfall, bürgerkriegsähnliche Zustände und das Aufkommen von Landesteilen, die unter der Kontrolle terroristisch-krimineller Gruppen stehen. Schätzungsweise ein Dutzend bewaffnete Gruppen vermutete man vor der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan, darunter mehrere Tausend IS-Kämpfer und mehrere Hundert al-Qaida-Anhänger.[23]

Das beste, wünschenswerteste Szenario wäre natürlich, dass Afghaninnen und Afghanen ihren eigenen Weg finden, nachdem der Begriff „Entwicklung“ in den letzten zwei Jahrzehnten maßgeblich von Ausländern definiert und Entwicklungsbemühungen von außen finanziert wurden. Bis es irgendwann soweit kommen kann, stehen wohl noch unruhige Zeiten und gewaltsame Aushandlungsprozesse an. Frieden und Entwicklung ist eine Generationenaufgabe, kein Ziel, dass man in Budgetpläne pressen kann. Für die kriegsmüde und nun hungernde Bevölkerung besitzen Sicherheit, Grundversorgung und gewisse Perspektiven und Planbarkeit ihrer Zukunft Vorrang. Mit dem Kriegszustand der vergangenen 20 Jahre hatten sich viele, die ein regelmäßiges Einkommen sichern konnten, halbwegs arrangiert. Ohne Garantien für die Zukunft werden große Teile der Bevölkerung weiter versuchen, das Land zu verlassen.

Europa und die anderen Geberstaaten werden sich auf pragmatische Ziele einigen müssen. Statt nation building geht es nun um den Schutz von Mindeststandards und eine Politik, die sich an den realen Bedingungen und Möglichkeiten ausrichtet. Deutschlands größter Vorteil sind die noch bestehenden Zugänge und persönlichen Kontakte, aber auch das besondere Vertrauen, das Deutschland in der Gesellschaft und den verschiedenen Konfliktparteien besaß. Deutschland und Europa werden jedoch verstärkt die Spielregeln der Realpolitik lernen müssen, wollen sie in Zukunft eine Rolle als Player jenseits von humanitärer Hilfe einnehmen.

About the author

Ellinor Zeino

Dr. Ellinor Zeino war bis August 2021 Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit lag auf vertrauensbildenden Dialogen im afghanischen Friedensprozess.

Literatur

Gopal, Anand/Strick van Linschoten, Alex (2017): Ideology in the Afghan Taliban, AAN Thematic Report 1/2017, 1–4510.1093/oso/9780190908744.003.0101Search in Google Scholar

Marsden, Peter (2002): The Taliban. War and Religion in Afghanistan. New York: PalgraveSearch in Google Scholar

International Crisis Group (2020): Taking Stock of the Taliban’s Perspectives on Peace. Brüssel/Kabul: ICG, Asia Report No. 311Search in Google Scholar

Tomsen, Peter (2011): The Wars of Afghanistan. New York: PublicAffairsSearch in Google Scholar

Ruttig, Thomas (2021): Have the Taliban Changed?, CTC Sentinel 14 (3), 1–15Search in Google Scholar

Published Online: 2022-03-18
Published in Print: 2022-03-28

© 2022 Ellinor Zeino, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.

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  21. Anthony H. Cordesman: Learning the Right Lessons from the Afghan War. Washington, D.C.: CSIS, September 2021
  22. Sicherheitslage Westpazifik
  23. Gregory B. Poling/Tabitha Grace Mallory/Harrison Prétat: Pulling Back the Curtain on China’s Maritime Militia. Report. Washington, DC: Center for Strategic and International Studies (CSIS), November 2021
  24. Chris Dougherty/Jennie Matuschak/Ripley Hunter: The Poison Frog Strategy. Preventing a Chinese Fait Accompli Against Taiwanese Islands. Washington, DC: Center for a New American Security, 2021
  25. Jacob Stokes: Tangled Threats. Integrating U.S. Strategies toward China and North Korea. Washington, D.C.: Center for a New American Security, Oktober 2021
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  27. Gustav Gressel: Waves of Ambition: Russia’s Military Build-Up in Crimea and the Black Sea. Berlin: European Council on Foreign Relations (ECFR), Policy Brief, September 2021
  28. Ben Hodges/Edward Lucas, mit Carsten Schmiedl: Close to the Wind. Baltic Sea Regional Security. Washington, D.C.: Center for European Policy Analysis (CEPA), September 2021
  29. Keir Giles: What deters Russia? Enduring principles for responding to Moscow. London: Royal Institute of International Affairs, Chatham House, September 2021
  30. Anika Binnendijk/Marta Kepe: Civilian-Based Resistance in the Baltic States. Historical Precedents and Current Capabilities, Santa Monica, Calif.: The RAND Corporation, 2021
  31. Uwe Halbach: Russlands Einflussmacht im Kaukasus. Konkurrenz und Kooperation mit Regionalmächten und globalen Akteuren. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP-Studie 2021/S 10), Juli 2021
  32. Naher Osten
  33. Jim Townsend/Andrea Kendall-Taylor/David Shullman/Gibbs McKinley: A Limited Partnership Russia-China Relations in the Mediterranean. Washington, D.C.: Center for a New American Century (CNAS), September 2021
  34. Nicole Grajewski: The Evolution of Russian and Iranian Cooperation in Syria, Washington, DC: Center for Strategic and International Studies (CSIS), November 2021
  35. Buchbesprechungen
  36. David W. Kearn, Jr.: Reassessing U.S. Nuclear Strategy. Amherst, NY: Cambria Press, 2019, 268 Seiten
  37. Ofer Fridman (Hrsg): Strategiya – The Foundations of the Russian Art of Strategy. Oxford und New York: Oxford University Press, 2021, 336 Seiten
  38. Steven Wills: Strategy Shelved. The Collapse of Cold War Naval Strategic Planning. Annapolis: US Naval Institute Press, 2021, 292 Seiten
  39. Wladimir M. Grinin: Russlands Botschafter. Meine Jahre in Berlin (übersetzt von Hartmut Hübner). Berlin: Eulenspiegel Verlagsgruppe 2020, 223 Seiten
  40. Bücher von gestern – heute gelesen
  41. Hanns W. Maull: Strategische Rohstoffe. Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit des Westens. München: R. Oldenbourg Verlag 1987 (Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., Bonn, Reihe: Internationale Politik und Wirtschaft, Band 53), 301 Seiten.
  42. Bildnachweise
  43. Bildnachweise
Downloaded on 3.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2022-1006/html
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