Reviewed Publication:
Sharma Gaurav Finaud Marc The South Asian Nuclear Posture: A Vicious Nuclear Arms Race Genf Geneva Centre for Security Policy 2018
Sharma und Finaud beschreiben die Expansion der Nukleararsenale und die Entwicklung der Nukleardoktrinen Chinas, Indiens und Pakistan. Da alle drei Staaten von bilateralen Spannungsverhältnissen betroffen sind, arbeiten die Autoren als zentrale Schlussfolgerung heraus, dass jüngere Entwicklungen in Bezug auf Doktrin und Arsenal das Risiko eines Nuklearkriegs zwischen ihnen erhöhen. Die Autoren empfehlen Maßnahmen zur Risikoreduktion, die sich insbesondere auf eine Verbesserung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Staaten über transparenzfördernde Maßnahmen und die Schaffung geeigneter institutioneller Rahmenbedingungen beziehen.
Jüngere Entwicklungen wie der indische Test einer Interkontinentalrakete oder der pakistanische Test einer Rakete mit mehreren Sprengköpfen unterstrichen die zunehmende technologische Komplexität nuklearer Arsenale in Asien. Diese Entwicklung geschehe vor dem Hintergrund regionaler Spannungen. Indien und Pakistan haben seit 1947 vier Kriege geführt. Anhaltende Grenzspannungen bestünden zudem zwischen Indien und Pakistan und Indien und China.
Zwar verfolge Indien bei Kernwaffen einen „no-first-use“ Grundsatz, gleichzeitig aber auch die sogenannte „Cold Start Doctrine“. Diese erlaubt konventionelle Angriffe (etwa als Vergeltung für Terrorangriffe) unterhalb der Schwelle, ab der Pakistan zum Einsatz von Nuklearangriffen greifen würde. Dies berge die Gefahr einer nuklearen Eskalation, falls die Reaktion Pakistans falsch eingeschätzt wird. Dieses Risiko werde durch die Entwicklung taktischer Nuklearwaffen auf pakistanischer Seite verstärkt. China hingegen befolge zwar ebenfalls einen „no-first-use“ Ansatz, allerdings deuten jüngere Entwicklungen wie die Anschaffung von mit Interkontinentalraketen bestückten U-Booten und Änderungen in Bezug auf die Organisationsstruktur der Nuklearstreitkräfte darauf hin, dass China entschlossen ist, seine nukleare Überlegenheit in Asien zu verteidigen.
Das Risiko einer Eskalation werde zudem durch die vorhandenen Kommando- und Kontrollstrukturen verschärft. Die Autoren argumentieren, dass unklar sei, wie hoch das Risiko für menschliche Fehler ist oder welche Maßnahmen zur Eskalationseindämmung bestehen. Ohne Eskalationskontrolle kann bereits der Einsatz einer taktischen Nuklearwaffe zum vollständigen nuklearen Schlagabtausch führen. Intentionen der an den Kommandostrukturen beteiligten Akteure sind zudem nicht abschließend abschätzbar.
Basierend auf ihrer Analyse schlagen die Autoren vier Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos für einen nuklearen Konflikt vor: (1) Transparenz in Bezug auf nukleare Ambitionen und Ziele könnte als grundlegende vertrauensbildende Maßnahme dienen; (2) So lange keine solide nukleare Zweitschlagfähigkeit besteht, sollten die Akteure Andeutungen in Bezug auf den Einsatz von Nuklearwaffen in Kampfhandlungen vermeiden, da deren frühe Nutzung nur eine weitere Eskalation antreiben würde. Dies sei offenbar darauf zurückzuführen, dass ohne solide Zweitschlagfähigkeit ein Vorteil aus dem Ersteinsatz von Nuklearwaffen bestehe; (3) Ein „Nukleardialog“ sollte in rationaler und professioneller Umgebung stattfinden. Hierzu werden effektive Kommunikationskanäle benötigt. Ein Nukleardialog könnte als transparenz- und vertrauensbildende Maßnahme dienen; (4) Langfristig müsse zudem die strategische Wahrnehmung durch politischen Willen, die Einflussnahme von Think Tanks oder von Wissenschaftlern dahingehend modifiziert werden, als dass stabile nukleare Rahmenbedingungen von den regionalen Akteuren als „Win-Win“ Situation angesehen werden.
About the author
M. Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität der Bundeswehr, München
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
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- Bildnachweise
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