Wolfgang Ischinger: Welt in Gefahr. Deutschland und Europa in unsicheren Zeiten, Berlin: ECON-Verlag 2018, 304 Seiten, 24,00€

Carlo Masala

doi:10.1515/sirius-2019-1025

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Wolfgang Ischinger: Welt in Gefahr. Deutschland und Europa in unsicheren Zeiten, Berlin: ECON-Verlag 2018, 304 Seiten, 24,00€

Carlo Masala
Herausgeber von Sirius und Professor an der Universität der Bundeswehr

Published/Copyright: April 9, 2019

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From the journal SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen Volume 3 Issue 1

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Ischinger Wolfgang Welt in Gefahr. Deutschland und Europa in unsicheren Zeiten Berlin ECON-Verlag 2018 1 304 24,00€

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und ehemalige deutsche Top-Diplomat, Wolfgang Ischinger hat sich der Mühen unterzogen, ein Buch über die heutige Weltlage zu schreiben. Es richtet sich, wie Ischinger selbst betont (S. 10) nicht an die Filterblase der sicherheitspolitischen Community in Berlin, sondern an ein breites Publikum, folglich muss dieses Buch auch danach beurteilt werden, ob es diesen Anspruch erfüllt. Um es vorwegzunehmen: Wolfgang Ischinger nimmt jeden mit. In klar verständlicher Weise und stringent strukturiert, analysiert Ischinger zunächst einmal die Weltlage. Überall konstatiert er, nicht überraschend, Probleme. Sei es der graduelle Rückzug der Vereinigten Staaten als Führungsmacht, der paradoxerweise auch dadurch beschleunigt wird, dass dieser Rückzug unilateral erfolgt, sei es die zunehmende Paralyse der Europäischen Union oder die Entwicklung Russlands von einem „problematischen Partner“ zu einer revisionistischen Regionalmacht. Die Welt ist in Unordnung und aus dieser Unordnung erwächst Gefahr. Die Gefahr. Für Ischinger ist die „globale Sicherheitslage … heute gefährlicher als jemals zuvor seit dem Zerfall der Sowjetunion“(S.15). In Syrien kristallisiert sich diese Gefahr, wie durch ein Brennglas. Die Unfähigkeit Europas, die Zögerlichkeit der USA sowie die direkte Einmischung diverser Regionalmächte in diesen Konflikt, der nunmehr schon mehr als sieben Jahre andauert und schätzungsweise mehr als 350.000 Tote und mehr als fünf Millionen Flüchtlinge forderte, symbolisieren gleichermaßen diese Gefahr.

Die analytische Beschreibung des Ist-Zustandes wird bei Wolfgang Ischinger immer mit Darstellungen seiner persönlichen Erfahrungen gebrochen, sei es als Botschafter in den USA oder Großbritannien, als Staatssekretär im Auswärtigen Amt oder als Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Dies macht das Buch zu einer gelungenen Mischung zwischen Analyse und halb biographischen Ansätzen, die aber weniger der Selbstbespiegelung, als der Illustration der Analyse dienen.

Dass Wolfgang Ischinger nicht nur Analyst, sondern vor allem Diplomat ist, merkt man im zweiten Teil des Buches, in dem er nach Möglichkeiten und Lösungsansätzen sucht, um die von ihm konstatierte Gefahr in der Welt zu reduzieren. Ausgehend von Erfahrungen der Vergangenheit (dies meint seit 1990) ist der zweite Teil des Buches als ein leidenschaftliches Plädoyer für „kluge Außenpolitik, wie dies Ernst Otto Czempiel einmal nannte, zu lesen. Kluge Außenpolitik, die aus dem richtigen Mix aus Daumenschrauben und Anreizen besteht und die sich vor allem durch strategische Geduld auszeichnet. Zu oft und zu schnell, so konstatiert Ischinger, habe man quick fixes akzeptiert, um Konflikte beizulegen, ohne sich auf das einzulassen, was oftmals wichtiger gewesen wäre: eine langfristige Verpflichtung.

Ischinger spart in seinem Buch nicht mit Kritik. Nicht nur an den üblich Verdächtigen, wie Vladimir Putin und Donald Trump, sondern auch an dem Land, dem er mehr als 40 Jahre als Diplomat gedient hat. Was seine außen- und sicherheitspolitische Architektur anbelangt, so ist Deutschland noch immer nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Zu viele Kompetenzen sind auf zu viele Akteure verteilt und der so oft im Munde geführte vernetzte Ansatz wird nicht strukturell praktiziert. Die Forderung nach der Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates in Deutschland ist nur eine von vielen praktischen Vorschlägen, die diesem Buch zu entnehmen sind.

Wolfgang Ischinger hat ein hochinteressantes Buch verfasst, dass sich an eine breite Zuhörerschaft richtet, zum Nachdenken anregt und zur Diskussion einlädt.

About the author

Prof. Dr. Carlo Masala

Herausgeber von Sirius und Professor an der Universität der Bundeswehr

Published Online: 2019-04-09

Published in Print: 2019-04-05

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https://doi.org/10.1515/sirius-2019-1025