Startseite Dara Massicot: Russian Military Wartime Personnel Recruiting and Retention 2022–2023. St. Monica: The RAND Corporation, Juli 2024
Artikel Open Access

Dara Massicot: Russian Military Wartime Personnel Recruiting and Retention 2022–2023. St. Monica: The RAND Corporation, Juli 2024

Veröffentlicht/Copyright: 29. November 2024

Rezensierte Publikation:

Dara Massicot: Russian Military Wartime Personnel Recruiting and Retention 2022–2023. St. Monica: The RAND Corporation, Juli 2024


Russland hat in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine erhebliche Verluste an Material und an Menschen hinnehmen müssen. Die im Februar 2022 zum Einsatz gekommenen Landstreitkräfte sind weitgehend aufgerieben worden. Durch verschiedene Maßnahmen (Mobilisierung, Anwerben von Soldaten durch monetäre Anreize) hat es Russland geschafft, zumindest quantitativ das Streitkräfteniveau aufrechtzuerhalten, aber qualitativ bleibt eine große Lücke zurück. Die Frage, die sich derzeit Viele im Westen stellen lautet: wie lange braucht Russland, um die Größenordnung und das qualitative Niveau der Streitkräfte von 2022 wieder herzustellen? Hierzu gibt es unterschiedliche Schätzungen, von denen die einen eher optimistisch, die anderen eher pessimistisch ausfallen was die Fähigkeit Russlands zur Regeneration betrifft.

Die vorliegende Analyse von Dara Massicot von der RAND-Corporation bewertet die Aussichten Russlands auf Wiederherstellung der militärischen Stärke eher zurückhaltend. Die Studie enthält einen Überblick über die schweren Verluste russischer Soldaten in den ersten 18 Monaten in der Ukraine und befasst sich mit den Rekrutierungs- und Bindungsstrategien Moskaus während des Krieges und für die Zeit danach. Ihrer Einschätzung zufolge dürften die erlittenen hohen Verluste, der schlechte Einsatz der Truppen und die fehlerhafte Führung der Einheiten, die die Soldaten erlebt haben, dazu führen, dass die russischen Streitkräfte sehr lange brauchen werden, bis sie diese Ausfälle wieder gut gemacht haben.

Vor dem Einmarsch in die Ukraine, so die Verfasserin, habe das russische Militär fast 20 Jahre lang versucht, ein leistungsfähiges und professionelles Militär aufzubauen, auszubilden und zu halten.

Die schweren Verluste Russlands im Krieg, die erheblichen Kompetenzmängel auf allen Ebenen der Führung sowie ein immer noch vorherrschender brutaler Kommandostil hätten 20 Jahre anhaltende Bemühungen um den Aufbau einer professionelleren Truppe zunichte gemacht. Bilder und Geschichten aus der besetzten Ukraine hätten ein düsteres Bild der Gleichgültigkeit und Grausamkeit gegenüber russischen Militärangehörigen durch ihr eigenes Kommando während des Krieges gezeigt.

Russlands Militär, so die Verfasserin, habe in den 18 Monaten Krieg in der Ukraine mehr Opfer zu beklagen als in einem ganzen Jahrzehnt in Afghanistan oder bei zwei Feldzügen in Tschetschenien. Die Auswirkungen dieser Verluste und das Kampftrauma für diejenigen, die überlebten, würden akute und dauerhafte Auswirkungen auf die Kultur des russischen Militärs und die Fähigkeit haben, Militärpersonal für die kommenden Jahre zu rekrutieren und zu halten.

Russland habe zwar außergewöhnliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Personalbestands ergriffen, wie z. B. die Senkung der Rekrutierungsstandards, die Ausweitung der finanziellen und sozialen Anreize und die Verwendung von Söldnern und Sträflingen. Aber das qualitative Niveau dieser Kämpfer sei begrenzt. Russland werde wahrscheinlich einige dieser Maßnahmen fortsetzen müssen, um nach Kriegsende Personal zu rekrutieren und zu halten.

Die Situation könnte sich nach Auffassung der Verfasserin nach Kriegsende entspannen, wenn die Erinnerungen verblassen und die russischen Behörden wettbewerbsfähige materielle Vorteile aufrechterhalten können. Viel dürfte davon abhängen, wie der Konflikt endet und ob die damit verbundene Lösung als „erfolgreich“ angesehen wird. Die russische Regierung versucht dieser Problematik dadurch Herr zu werden, indem sie Gefühle von Patriotismus und Pflicht weckt und den Krieg in der Ukraine zunehmend als existenziellen Konflikt gegen den Westen darstellt, der Russland aufgezwungen worden sei.

Die Ergebnisse dieser Studie werden nicht überall geteilt. In Militärkreisen wird darauf hingewiesen, dass es Russland immer noch verstünde, seine substantiellen Verluste an Soldaten durch die Anwerbung von Soldaten auszugleichen und dass die russischen Soldaten trotz hoher Verluste immer noch ausreichende Motivation aufbringen würden. Auch eine Untersuchung der Stiftung Wissenschaft und Politik kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass sich Russland auf eine dauerhafte Konfrontation mit dem Westen vorbereite. Mit den derzeit stark ansteigenden Militärausgaben soll nicht nur die russische Rüstungsproduktion angekurbelt, sondern auch ein Personalaufwuchs der Streitkräfte auf 1,5 Millionen Soldaten umgesetzt werden. Allein 2024 sollen 16 Divisionen und 14 Brigaden neu entstehen. Die Verfasserin, Margarete Klein, spricht von einer „grundlegenden Neuausrichtung der russischen Streitkräfte“. Dabei werde teilweise auf das Konzept der Massenmobilisierungsarmee zurückgegangen.[1] Gerade diese Äußerungen zeigen, dass die diesbezügliche Debatte gerade angefangen hat.

https://www.rand.org/pubs/research_reports/RRA2061-4.html

Online erschienen: 2024-11-29
Erschienen im Druck: 2024-11-27

© 2024 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Titelseiten
  2. Editorial
  3. Aufsätze
  4. Quellen des Nahöstlichen Antisemitismus
  5. Der Informationskrieg des Irans
  6. Chinas Fähigkeiten im Bereich der Unterwasser-Seekriegsführung: Technologische Aspekte
  7. Kritische Rohstoffabhängigkeiten und Lieferketten-Resilienz – ein Fall für die geheimen Nachrichtendienste?
  8. Kurzanalyse
  9. Vorschläge für eine neue Russland-Strategie der NATO
  10. Ergebnisse internationaler strategischer Studien
  11. Naher Osten
  12. Jack Watling/Nick Reynolds: Tactical Lessons from Israel Defense Forces Operations in Gaza, 2023. London: Royal United Services Institute (RUSI), Juli 2024
  13. Hassan Alhasan/Camille Lons: Gulf Bailout Diplomacy: Aid as Economic Statecraft in a Turbulent Region. London: IISS, Oktober 2023
  14. Brian Katulis, with Benjamin Freedman and Sydney Taylor: The Limits of Biden’s Middle East Diplomacy. An Assessment of US Policy. Washington, D.C.: The Middle East Institute, Juli 2024
  15. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine
  16. Samual Charap/Khrystyna Holynska: Russia’s War Aims in Ukraine. Objective-Setting and the Kremlin’s Use of Force Abroad. St. Monica, Cal.: The RAND Corporation, August 2024
  17. Dara Massicot: Russian Military Wartime Personnel Recruiting and Retention 2022–2023. St. Monica: The RAND Corporation, Juli 2024
  18. Dapo Akande/Olivier Corten/Shotaro Hamamoto/Pierre Klein/Harold Hongju Koh/Paul Reichler/Hélène Ruiz Fabri/Philippe Sands/Nico Schrijver/Christian J. Tams/Philip Zelikow: On Proposed Countermeasures Against Russia to Compensate Injured States for Losses Caused by Russia’s War of Aggression Against Ukraine. London: International Institute for Strategic Studies, Mai 2024
  19. Lt. General (Ret.) Keith Kellogg/Fred Fleitz: America First, Russia, & Ukraine. Washington, D.C.: America First Policy Institute – Center for American Security, April 2024
  20. Militärrivalität USA-China
  21. Katherine L. Kuzminski/Taren Sylvester: Back to the Drafting Board. U.S. Draft Mobilization Capability for Modern Operational Requirements. Washington, D.C.: Center for a New American Security, Juni 2024
  22. Stacie Pettyjohn/Hannah Dennis/Molly Campbell: Swarms over the Strait. Drone Warfare in a Future Fight to Defend Taiwan. Washington, D.C.: CNAS
  23. Markus Schiller: Der große Sprung. Chinas ballistisches Raketenprogramm. Ein technischer Bericht. Hamburg: Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Mai 2024
  24. Buchbesprechungen
  25. Rashid Khalidi: Der Hundertjährige Krieg um Palästina. Eine Geschichte von Siedlerkolonialismus und Widerstand. Zürich: Unionsverlag 2024, 379 S.
  26. Henry Farrell/ Abraham Newman: Underground Empire. How America Weaponized the World Economy. London: Allen Lane 2023, 278 Seiten
  27. Boris Bondarew: Im Ministerium der Lügen. Ein russischer Diplomat über Moskaus Machtspiele, seinen Bruch mit dem Putin-Regime und die Zukunft Russlands. München: Wilhelm Heyne Verlag 2023, 255 Seiten
  28. Frank Bösch: Deals mit Diktaturen. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik. C.H. Beck: München 2024, 622 Seiten
  29. Antje Nötzold/ Enrico Fels/ Andrea Rotter/ Moritz Brake (Hrsg.): Strategischer Wettbewerb im Weltraum. Politik, Recht, Sicherheit und Wirtschaft im All. Wiesbaden: Springer Nature, 2024, 883 Seiten
  30. Bildnachweise
Heruntergeladen am 29.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/sirius-2024-4010/html
Button zum nach oben scrollen