Editorial
Das Public Health Forum (PHF) hat etwas zu feiern: denn diese Ausgabe ist bereits die Nummer 125! Gleichzeitig wird die 125. Ausgabe in einer Zeit des Übergangs publiziert. Das langjährig erfolgreiche Leitungsteam der Redaktion wird die Hauptverantwortung für das Public Health Forum Anfang 2025 von der bisherigen Redaktionsgruppe an die Deutsche Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen e.V. (DGÖG) übergeben. So wird diese Ausgabe einen Abschied und gleichzeitig einen Neuanfang ankündigen. Dazu haben wir im Anschluss an dieses Editorial weiterführende Informationen hinzugefügt. Die neue Redaktionsleitung möchte die spannende Themenvielfalt des Public Health Forum erhalten und ist dankbar dafür, dass die bisherige Redaktionsleitung und das gesamte Team uns „Neuen“ noch einige Zeit zur Seite stehen. Besonders freuen wir uns darüber, dass die allermeisten der bisherigen Redaktionsmitglieder uns weiterhin erhalten bleiben!
Diesen Übergang inhaltlich spannend zu gestalten war dem für das vierte Heft 2024 jetzt vergrößerten Redaktionsteam ein besonderes Anliegen. In den letzten 30 Jahren hat das Public Health Forum über eine Vielzahl von Themen aus dem Öffentlichen Gesundheitswesen in Deutschland berichtet. Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe zu „Evidenzbasierung“ soll den Informationsaustausch zwischen Forschung, Lehre und Praxis fortsetzen. Die Ausgabe richtet sich an alle, die sich für die Erhaltung und Förderung der Öffentlichen Gesundheit in Deutschland einsetzen und interessieren, ob in Wissenschaft, Forschung, Lehre, Politik, Verwaltung, oder Praxis.
Der Begriff der Evidenzbasierung stammt ursprünglich aus der Medizin. Die Anforderungen der Evidenzbasierung und damit die Betonung einer fundierten wissenschaftlichen Basis für klinische Entscheidungen wurde seit den 1990iger Jahren zunehmend von anderen Bereichen des Gesundheitswesens national und international aufgenommen und methodisch weiterentwickelt. Im Vergleich zur klinischen Medizin sind in der Evidenzbasierung für Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung und dem Gesundheitsschutz auf Bevölkerungsebene weitere Aspekte und Anforderungen zu berücksichtigen. Damit verbunden ist eine höhere Komplexität der Evidenzbasierung in Public Health und im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD).
Das Heft 4/2024 hat das Anliegen, das Thema Evidenzbasierung für Public Health und den ÖGD einerseits konzeptionell und methodisch zu veranschaulichen und das Thema andererseits beispielhaft in Fachthemen aus Public Health und ÖGD in Wissenschaft und Praxis zu vertiefen. Wir wollten diese Ausgabe zudem nutzen, um unterschiedliche gesundheitswissenschaftliche Fachbereiche zusammenzubringen. Daher haben wir - soweit es möglich war - auf interdisziplinäre Autor:innenteams gesetzt.
In den ersten Beiträgen werden Grundlagen der Evidenzbasierung und die dafür gängigen Instrumente wie systematische Übersichtsarbeiten und Leitlinien dargestellt. Dabei werden auch die besonderen Herausforderungen erörtert. In diesem ersten Teil der Ausgabe wird zudem die Bedeutung der Evidenzbasierung für die Praxis im ÖGD und der Transfer von Evidenz in die ÖGD-Praxis thematisiert. Eine Reihe von Beiträgen beschäftigt sich zudem mit vorhandenen und benötigten Strukturen in Wissenschaft, Lehre und Praxis, sowie mit Kompetenzen für die Stärkung der evidenzbasierten Aufgabenwahrnehmung durch den ÖGD und Public Health. Im zweiten Teil der Ausgabe werden im Sinne eines „Deep Dives“ fachliche Themenbereiche aus Public Health und dem ÖGD vertieft, und Praxisbeispiele für die Evidenzbasierung präsentiert. Die Evidenzbasierung wird dabei anhand von Beispielen aus Wissenschaft, Politikentwicklung und Praxis veranschaulicht.
Eine erste Schlussfolgerung ist, dass die Evidenzbasierung in den verschiedenen Public Health Bereichen zunehmend angestrebt wird. Für den ÖGD ist die aktive Mitarbeit in der Evidenzgenerierung, der Evidenzsynthese und dem Praxistransfer relativ neu. Gleichzeitig gibt es aktuell für den ÖGD viel Rückenwind, eine Aufbruchstimmung und eine Zunahme von Initiativen und Strukturen, um die evidenzbasierte Aufgabenwahrnehmung im und durch den ÖGD zu stärken.
Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre der Beiträge viel Freude und freuen uns über Rückmeldungen und Anregungen für unsere Arbeit in der Zukunft!
Die Redaktion
| Das Public Health Forum unter neuer Herausgeberschaft: Wandel und Kontinuität – Ein Blick zurück nach vorn |
| Die (Re-)Etablierung von Public Health in Deutschland in den vergangenen 35 Jahren unterlag (forschungs-)politischen Veränderungen, erfuhr eine Ausdifferenzierung in mehrere Fachgesellschaften, eine Integration in unterschiedlichste Studiengänge und war mit strukturellen und professionellen Veränderungen in der Praxis konfrontiert. Heute ist Public Health auch als englischsprachiger Begriff selbstverständlich, die zentralen Konzepte und wissenschaftlichen Erkenntnisse sind Grundlage weiterer Forschung, sowie Gegenstand in der Aus-, Fort- und Weiterbildung und Basis guter Praxis. Das seit 1992 bestehende Public Health Forum hat all diese Entwicklung von ihrem Beginn an begleitet. |
| Die Zeitschrift Public Health Forum entstand im Kontext der von 1992–2002 geförderten Public Health Forschungsverbünde (Bayern, Berlin, Niedersachsen/Bremen/Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen) sowie der Koordinierungsstelle Gesundheitswissenschaften/Public Health in Freiburg. Die ersten 30 Ausgaben wurden über acht Jahre im Eigenverlag an der Medizinischen Hochschule Hannover herausgegeben. Dank Förderung der Fritz und Hildegard Berg-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft wurden Interessierte in Wissenschaft, Praxis und Politik kostenlos über Public Health informiert; die Auflage betrug 3.800 bis 5.000 Exemplare bei Public Health Kongressen. Nach Auslauf der Förderung 2001 konnte das Public Health Forum unter einem renommierten Verlag weitergeführt werden. Damit waren nicht nur professionalisierte Verlagsroutinen verbunden, sondern die nun käuflich zu erwerbende Zeitschrift stellte sich auch dem Wettbewerb. Inzwischen ist das Public Health Forum seit 2015 bei De Gruyter. Aufgrund eines berufsbedingten Wechsels wurde die verantwortliche Leitung nach über 10 Jahren Ende 2003 von Hannover (Ulla Walter) an Berlin (Monika Huber) übergeben. Dieses war zugleich die Zeit des Abschlusses der eigentlichen Public Health Förderung, der Formierung der Versorgungsforschung, aber auch der verstärkten Adressierung der gesundheitlichen Chancengleichheit mit dem entsprechenden neu gegründeten Koordinierungsverbund. Nach 20 Jahren geht nun erneut eine Ära zu Ende mit dem Wechsel der Redaktionsleitung an die 2023 neu gegründete wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Öffentliches Gesundheitswesen (DGÖG). Auch diese Übergabe fällt in eine Zeit des Umbruchs – der Rückbesinnung auf die Bedeutung eines starken öffentlichen Gesundheitswesens, dessen Erfordernis während der Covid-19-Pandemie offensichtlich wurde und der zurzeit eine Stärkung über den Pakt für den ÖGD (2021–2026) erfährt. |
| Als langjährige Redaktionsmitglieder freuen wir uns sehr, dass das Public Health Forum nun eine neue Heimat gefunden hat, die zugleich an die Werte und Konzepte von Public Health anknüpft und diese forschungs- und praxisorientiert mit weiterentwickelt. Dabei bleibt das Public Health Forum auch der bestehenden Community verbunden. Es ist seit 1997 Organ der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH) und seit 2002 Organ des Deutschen Verbandes für Gesundheitswissenschaften und Public Health e.V.. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) erkennt das Public Health Forum als nicht SCIE oder SSCI gelistetes Journal in der AWMF als wissenschaftliche Publikation für ihren Bereich an (https://www.awmf.org/forschung-und-lehre). |
| Die ehrenamtliche Tätigkeit in der Redaktion des Public Health Forum war immer eine Konstante und geprägt von einem sehr kollegialen und gemeinsam produktiven Austausch mit dem Ziel, Public Health wissenschaftsbasiert, anwendungsorientiert und breitenwirksam zu unterstützen. In diesem Sinne freuen wir, die langjährigen Redaktionsmitglieder, uns über die weitere Zusammenarbeit und Fortführung dieses niederschwelligen Journals. Wir wünschen der neu zusammengesetzten Redaktion viel Freude bei der Konzeption und Gestaltung des Public Health Forums, eine gute Hand beim Redigieren, viele interessierte Leserinnen und Leser sowie der Zeitschrift weiterhin alles Gute und noch viele erfolgreiche Jahre! |
©2024 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Editorial
- Grundlagen und Konzepte der Evidenzbasierung in Public Health und ÖGD
- Herausforderungen bei der Entwicklung von Leitlinien für Maßnahmen zur Förderung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit
- Die Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Erstellung von evidenzbasierten AWMF-Leitlinien
- Öffentliche Gesundheit in Forschung und Lehre: Zur Rolle der neuen Professuren für Öffentliche Gesundheit
- Praxisbasierte Evidenz: Wo stehen wir, wo wollen wir hin?
- Wissenschafts-Praxis-Transfer: Chancen und Herausforderungen für den ÖGD
- Ein Kompetenzportfolio zur Stärkung der evidenzbasierten Praxis im kommunalen ÖGD
- Fehlende Evidenz im Öffentlichen Gesundheitsdienst – Von der historischen Entwicklung zur strukturierten Perspektive
- Gesundheitsämter als neue Forschungsstandorte
- Perspektiven für die Stärkung der Evidenzbasierung im ÖGD
- Evidenzbasierung in der Gesundheitsplanung in Baden-Württemberg
- Evidenzbasierung kommunaler Steuerungsaufgaben des ÖGD: Evidenzinformiert entscheiden und evidenzbasiert handeln
- Sozialpsychiatrische Dienste – vom Chaos zu einheitlichen Standards
- Evidenzbasierung für Umwelt und Gesundheit - Grundlagen und Ausblicke für Forschung und Praxis
- Zur Bedeutung der Leitlinienerstellung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zur effizienten Überwachung der Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung
- Evidenzbasierung in der Prävention und Gesundheitsförderung – Ansätze zur Förderung
- Übertragbarkeit von kommunalen Präventionsmaßnahmen
- Das Verbundvorhaben RESILIENT als Beispiel für Evidenzbasierung im Öffentlichen Gesundheitsdienst
- Evidenz im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
- Evidenzbasierung im Zahnärztlichen Dienst
- Evidenzbasierung im Infektionsschutz
- Zur Rolle der Digitalisierung in der Stärkung der Evidenzbasierung im ÖGD
- Stärkung der Evidenzbasierung im ÖGD: Die Rolle der Aus-, Fort- und Weiterbildung
- Evidenzbasierung im Amtsärztlichen Dienst
- Evidenzbasierte infektionshygienische Überwachung von medizinischen Einrichtungen
- Wie wir schnelle Evidenzsynthesen generieren und adaptieren
- Grüne Liste Prävention - Ein Beitrag zur Evidenzbasierung
- Surveillance schafft Evidenz für die öffentliche Gesundheit
- Public Health Infos
- Gesundheitsförderung als Demokratieprojekt
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