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Aufrüstung, Grenzschließung und Besatzungsstatus der DDR

Sowjetische Deutschland-Politik im Umbruch 1951 bis 1954
  • Gerhard Wettig EMAIL logo
Published/Copyright: May 30, 2017
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Zusammenfassung

Stalins Entscheidung, die DDR in die östliche Aufrüstung einzubeziehen, hatte Folgen: Die Propagierung der deutschen Einheit als Alternative zur Westbindung verlor ihre Grundlage; die Grenze zur Bundesrepublik und zu Westberlin wurde abgeriegelt; die Sowjetisierung wurde rücksichtslos vorangetrieben. Gleichwohl firmierten die militärischen Verbände als »Kasernierte Volkspolizei«; es gab Nötigung, aber keine Wehrpflicht; die Grenze in Berlin blieb entgegen Ulbrichts Drängen offen. Viele entzogen sich dem verschärften Zwangsregime durch Flucht in den Westen. Stalins Nachfolger suchten das Problem durch Entlastung von Druck zu lösen. Der Bevölkerung wurde verschwiegen, dass es um die Konsolidierung des Systems, nicht um seine Veränderung ging. Das führte zum 17. Juni. Der Kreml reagierte mit Stabilisierungsmaßnahmen und bekräftigte die Zweistaatlichkeit durch Aufhebung des Besatzungsregimes in der DDR, nicht aber in Berlin. Zur neuen Leitparole wurde die Forderung nach Ersetzung der NATO durch ein System der kollektiven Sicherheit in Europa.

Es geht in diesem Aufsatz darum, eine Lücke zu schließen. Bisher ist die Frage nicht gestellt worden, wie der militärische Aufbau in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1952 mit der Schließung ihrer Grenze zur Bundesrepublik Deutschland und ihrem besatzungsrechtlichen Status gegenüber der UdSSR miteinander zusammenhängt. Auch fehlt eine Gesamtdarstellung der Entwicklung der sowjetischen Deutschland-Politik von der späten Stalin-Zeit, als die beginnende Rüstung der NATO-Staaten und die Pläne zur Bewaffnung der Bundesrepublik eine Korrektur des bis dahin verfolgten Kurses der nationalen Einheitsappelle richtig erscheinen ließen, über mehrere Zwischenetappen bis zur definitiven Orientierungsänderung Anfang 1954, als der Kreml die Europäer zur Schaffung eines Ost und West umfassenden Systems der europäischen Sicherheit ohne die USA aufforderte und die DDR durch Zubilligung souveräner Rechte aufwertete. Das lief auf eine grundsätzlich neue sowjetische Außen- und Sicherheitspolitik hinaus.

Der bisherige Stand der Forschung wird dadurch bestimmt, dass die Archivalien, aufgrund derer die Entwicklung der DDR und die sowjetische Deutschland-Politik Anfang der 1950er Jahre dargestellt werden, fast durchweg ostdeutscher Provenienz sind. Darin werden in aller Regel die Einwirkungen aus Moskau nicht erwähnt, denn diese Unterlagen sollten den ostdeutschen Staat als ein durchgängig selbstbestimmtes Gemeinwesen erscheinen lassen. Außer den unmittelbar Beteiligten sollte niemand erfahren, wie weit der Kreml die Tätigkeit der Ostberliner Partei- und Staatsorgane beeinflusste.[1] In der darauf fußenden Sekundärliteratur fällt daher kein Licht darauf, welche Konsequenzen die beiderseitige Interaktion für das Vorgehen der SED-Führung hatte. Mithin mag es sein, dass der Eindruck entsteht, es handele sich um ihre eigenen Entscheidungen, wenn diese in Wirklichkeit von der UdSSR getroffen worden sind. Nur wenige Arbeiten schließen diese Möglichkeit aus, indem sie sowjetische Quellen berücksichtigen. Abgesehen von einigen Aufsätzen zu Detailfragen und einer von früheren offiziellen Interpretationen beeinflussten russischen Darstellung,[2] sind das in Bezug auf das hier ins Auge gefasste Geschehen die Artikelserie von Mark Kramer im »Journal of Cold War Studies«, welche die Reaktionen der Männer im Kreml auf die Krise im äußeren Imperium 1953 und ihren internen Machtkampf behandelt,[3] und die Untersuchungen zur Vorgeschichte und zur Formulierung der Stalin-Note vom 10. März 1952.[4]

Als Dokumentenpublikationen sind hervorzuheben die Wiedergaben der Instruktionen Stalins bezüglich der Aufrüstung im äußeren Imperium Anfang Januar 1951,[5] seiner Gespräche mit der SED-Führung am 1. und 7. April 1952,[6] des ihm am 25. Dezember 1952 aus Ostberlin zugeleiteten Ersuchens um Schließung auch der innerstädtischen Grenze[7] sowie der Moskauer Entscheidungen am 8. Juli 1952 und 2. Juni 1953 über den innenpolitischen Kurs der DDR.[8] Sammelbände bieten eine Auswahl öffentlich bekannt gemachter Stellungnahmen der UdSSR zur Deutschland-Politik[9] sowie die Volltexte der ebenfalls sofort der Presse mitgeteilten Ausführungen auf der Außenministerkonferenz in Berlin vom Januar und Februar 1954.[10]

Von der Bürgerkriegstruppe zur Massenarmee in der DDR

Stalin sah die DDR als Grundlage für ein »einheitliches, demokratisches und friedliebendes Deutschland«, das zum »Wendepunkt in der Geschichte Europas« werde, denn sie werde die »Möglichkeit neuer Kriege« beseitigen und die »Knechtung europäischer Länder durch die Weltimperialisten unmöglich« machen.[11] Nachdem sein Versuch misslungen war, Westberlin seiner Macht zu unterwerfen und die Westmächte als hilflos unterlegen vorzuführen, hielt er weiter an der Absicht fest, das von ihm eingesetzte kommunistische Regime auf ganz Deutschland auszudehnen. Deshalb ließ er das Gründungsorgan der künftigen DDR, den von seinen Beauftragten gelenkten Volkskongress, zum Träger des Volkswillens in allen Besatzungszonen erklären.[12] Demnach repräsentierte der ostdeutsche Staat die gesamte Nation. Zwar blieb diese faktisch zum größten Teil außerhalb seines Territoriums, doch das lag angeblich daran, dass die Okkupanten im Westen seine Ausdehnung auf den dortigen Teil der Nation verhinderten. Als Gegner mit dem entscheidenden Machtgewicht bildeten die USA das Hauptangriffsziel der östlichen Friedenskampagne, die – ebenso wie die Propaganda für die deutsche Einheit und den Abzug der Besatzungsmächte – auf ihre Verdrängung aus Europa abzielte. Um die Westdeutschen, die in erster Linie gewonnen werden sollten, nicht durch ein kommunistisches Image zu verschrecken, ließ Stalin das SED-Regime »Mimikry« üben und sich einen »bürgerlich-demokratischen« Anstrich geben.[13] Schon im Herbst 1947 hatte er Vorbereitungen für den Aufbau bewaffneter Organe in der Sowjetzone veranlasst. Ab Juni 1948 wurden u. a. eine zentralisierte Grenzpolizei und eine für den Bürgerkrieg ausgebildete und ausgerüstete kasernierte 50 000-Mann-Truppe aufgestellt. Die Bundesrepublik besaß keine auch nur annähernd vergleichbaren Kräfte.[14]

Der Ausbruch des Korea-Krieges am 25. Juni 1950 veränderte die Lage von Grund auf. Im Westen verbreitete sich die Sorge, die Kommunisten könnten auch in Europa angreifen. Das atlantische Bündnis, das bis dahin als politische Sicherheitsgewähr für die Verbündeten der USA angesehen worden war und kein Verteidigungssystem in Europa aufgebaut hatte, begann mit der Aufstellung abwehrfähiger Streitkräfte. An einen Abzug der Westmächte aus dem besetzten Deutschland war nicht mehr zu denken. Zudem erhob sich die Forderung nach einem Beitrag der Bundesrepublik zur gemeinsamen Verteidigung. Wenn es dazu kam, würde sich das militärische Kräfteverhältnis zwischen beiden deutschen Staaten umkehren. Die östlichen Außenminister reagierten am 21. Oktober 1950 mit dem Appell an die Westdeutschen, sich gegen die ihnen drohende »Remilitarisierung« zu wehren und für die nationale Einheit zu kämpfen. Die Vereinigung müsse auf dem Potsdamer Abkommen von 1945 beruhen, mit dem die UdSSR die Einführung ihres Systems in ihrem Besatzungsgebiet begründet hatte. Deshalb solle ein paritätisch von beiden Staaten gebildeter »Gesamtdeutscher Konstituierender Rat« gebildet werden.[15] Eine forcierte Einheitskampagne diente dem Ziel, die Bevölkerung für dieses Programm zu gewinnen.[16] Angesichts des westlichen Bemühens um eine militärische Streitmacht verpflichtete Stalin Anfang Januar 1951 die osteuropäischen Volksdemokratien zu massiver Aufrüstung.[17] Die DDR wurde wegen ihrer Rolle im politischen »Kampf um Deutschland« nicht einbezogen.

Die Westdeutschen folgten den östlichen Lockungen nicht. Weder die Einheitsparolen noch der Appell »Ami go home« zeigten größere Wirkung. Stattdessen gab es allgemein das Gefühl einer Bedrohung aus dem Osten und ein daraus erwachsendes Interesse am Schutz durch die westlichen Besatzungsmächte, vor allem die USA. Stalin erkannte im ausgehenden Frühjahr 1951, dass seine Deutschland-Politik gescheitert war. Damit wurden die Rücksichten hinfällig, die ihn wegen der Einheitspropaganda dazu bewogen hatten, die DDR nicht an der Aufrüstung seines Lagers zu beteiligen. Mit einem Abzug der westlichen Truppen und der damit gegebenen Gelegenheit zum erfolgreichen Einsatz der ostdeutschen Bürgerkriegstruppe war nicht mehr zu rechnen. Der sowjetische Generalstab sprach sich daraufhin für die Einbeziehung der DDR in die Vorbereitungen auf eine militärische Auseinandersetzung mit der NATO aus.[18] Das hieß, die bis dahin auf innerstaatliche Kleinkämpfe vorbereiteten Einheiten mussten zu einer umfangreichen, auf Großoperationen eingestellten Streitmacht ausgebaut werden, die gemeinsam mit den Verbänden der UdSSR gegen den Westen kämpfen würde. Eine Waffenproduktion und die Militarisierung der Gesellschaft wurden ebenfalls ins Auge gefasst.

Eine Massenarmee ließ sich nicht mehr wie bisher als Polizei kaschieren und vor dem Blick der Öffentlichkeit verstecken. Auch ließ eine Aufrüstung, die sich offen gegen den Landesteil im Westen richtete, sich nicht mit den bisherigen Einheitsappellen vereinbaren, zumal dabei argumentiert wurde, eine Remilitarisierung sei nationaler Verrat. Das bezog sich natürlich nicht auf die eigene Seite, sondern die Bundesrepublik. Da nunmehr die DDR nach dem Willen der sowjetischen Besatzungsmacht Streitkräfte aufstellen sollte, würde, wenn man an der Propagierung der staatlichen Vereinigung festhielt, der Vorwurf sie selbst treffen. Das ließ sich nur durch ein rechtfertigendes Alibi verhindern. Die Schuld daran, dass die UdSSR und die deutschen Kommunisten vom Ziel der Einheit abzurücken gezwungen seien, musste dem Westen gegeben werden. Zu diesem Zweck schlugen Walter Ulbricht und die Besatzungsbehörde SKK dem Kreml am 30. Juli 1951 vor, den Eindruck eines Wiedervereinigungsangebots zu erwecken, dessen Zurückweisung durch die Westmächte dann die Aufrüstung der DDR als unerlässliche Gegenmaßnahme erscheinen lasse. Stalin bezweifelte zunächst, dass mit der vermuteten Ablehnung tatsächlich fest zu rechnen sei, ließ sich dann aber davon überzeugen und stimmte am 4. September zu.[19]

Der nachfolgend ausgearbeitete Vorschlag war darauf ausgerichtet, die Öffentlichkeit zu beeindrucken und die westlichen Regierungen abzuschrecken. Genau besehen, wurde nur der Standpunkt wiederholt, den die UdSSR seit Jahren vertrat und der stets zurückgewiesen worden war. Die UdSSR erklärte sich – diesmal in der Form eines diplomatischen Angebots – zum Abschluss eines Friedensvertrags mit einem einheitlichen Deutschland bereit. Die Verständigung über den Vereinigungsprozess, seine Modalitäten und das künftige politische System – also die Entscheidung über die zentralen Streitfragen – wurde dabei ohne jeden Hinweis darauf vorausgesetzt, wie dies geschehen oder aussehen sollte. Nur in den Sendungen von Radio Moskau für das russische Publikum hieß es in Übereinstimmung mit den öffentlichen Stellungnahmen seit Juni 1948, diese Probleme müssten von den Deutschen selbst geregelt werden. Demnach konnte nur das beschlossen werden, was beide Staaten akzeptieren würden. Das lief faktisch auf ein Veto des SED-Regimes hinaus, das auf der Durchsetzung seines Systems bestand. Die sowjetische Note stellte in versteckter Form die gleiche Bedingung mit dem Verlangen, der Friedensvertrag müsse »die Entwicklung Deutschlands als eines einheitlichen, unabhängigen, demokratischen und friedliebenden Staates in Übereinstimmung mit den Potsdamer Beschlüssen fördern« – eine Forderung, die nach Moskauer These allein die DDR erfüllte. Die vorgesehene Neutralität zwischen den Blöcken implizierte eine Demontage der militärischen Position aufseiten der Westmächte, denn nur sie bedurften der Truppen auf deutschem Gebiet, weil sich nur so eine Abwehrfront auf dem europäischen Kontinent aufbauen ließ. Die Bestimmung, die »eigene nationale Streitkräfte« und eine »Erzeugung von Kriegsmaterial und -ausrüstung« vorsah, soweit es »für die Verteidigung des Landes notwendig« sei, wurde ab Mai 1952 dazu benutzt, die ostdeutsche Aufrüstung als Erfordernis des nationalen Interesses hinzustellen.[20]

Die mit Gewissheit erwartete Ablehnung der Westmächte sollte auch die Abkehr der DDR von den Einschränkungen des Sozialismus, der sogenannten bürgerlich-demokratischen Ausrichtung, begründen. Stalin wollte die bisherigen Rücksichten auf die Restbestände der »Bourgeoisie«, vor allem von »Spezialisten« wie Ärzten oder Ingenieuren, fallen lassen. Nachdem die Propaganda früher die gemeinsamen Interessen aller Deutschen im Kampf gegen die Feinde im Westen betont hatte, bedurften die Hinwendung zur Konfrontation, die mit dem offenen Übergang zum Sowjetsystem vollzogen wurde, und die ins Auge gefasste Sperrung der Grenze zur Bundesrepublik, durch die benötigtes Personal – etwa Rekruten für den militärischen Aufbau oder Fachkräfte für die Industrie – im Land gehalten werden sollte,[21] einer erläuternden Begründung.

Vorbereitungen für den Kurswechsel

Weil der militärische Aufbau in der DDR mit der negativen Reaktion der Westmächte auf das angebliche Angebot der staatlichen Vereinigung und die damit geschaffene Verschärfung der internationalen Spannung begründet werden sollte, musste noch gewartet werden, bis die Note ergangen und in der erwarteten Weise beantwortet worden war. Dennoch liefen die geplanten Maßnahmen schon lange vorher an. Am 15. November 1951 beauftragte der Ministerrat der UdSSR das Kriegsministerium, in den nächsten zwei Jahren »220 deutsche Jagdflieger auf dem Strahlflugzeug MIG-15 auszubilden, 35 davon als Führungspersonal vom Kommandeur einer Fliegerstaffel aufwärts«, und »über die SKK für die DDR sechs Flugzeug-Stahltriebwerke ›RD-10‹ zusammen mit den erforderlichen Instruktionen und Beschreibungen als Lehrmittel für die Ausbildung von flugtechnischen Kadern für die Luftpolizei« bereitzustellen. Weiter waren »50 Personen als Offiziere für die Seepolizei auszubilden, wozu spezielle Lehrgänge in Kaliningrad zu organisieren sind«. Der Chef der SKK hatte die jeweils dafür geeigneten Kandidaten auszuwählen. Detaillierte Angaben zur Durchführung waren beigefügt. Die Anweisungen verwendeten zwar die bisherige polizeiliche Terminologie, ließen aber keinen Zweifel daran, dass es um den Aufbau einer Streitmacht ging, welche die sowjetischen Truppen in einem Krieg gegen den Westen unterstützen sollte.[22] Die genannten Maßnahmen wurden sogleich eingeleitet.[23]

Die Vorbereitungen zur Schließung der innerdeutschen Grenzen nahmen ihren Anfang mit dem Bericht des sowjetischen Ministers für Staatssicherheit vom 9. Januar 1952 an Molotov, der außenpolitischer Berater Stalins war. Darin wurde »die unbefriedigende Sicherung der Grenze-Demarkationslinie der Deutschen Demokratischen Republik« hervorgehoben, die »zur See und auf dem Lande« über 3000 Kilometer betrage und »äußerst aktiv« sei »in dem Sinne, dass zahlreiche Verletzungen vorkommen« – durch illegale Grenzübertritte und verschiedentlich auch durch Agenten westlicher Geheimdienste. Die »Organisation des Schutzes der Grenze« sei unzureichend. »Viele Polizisten sind mit abgenutzten Beutewaffen ausgerüstet. In den Einheiten wird kein Übungsschießen durchgeführt, die Polizisten sind mit den Waffen nicht vertraut. Die Telefonverbindung ist an einigen Abschnitten stark verschlissen, sodass der Wachdienst nicht gewährleistet ist. Für den Schutz der Seegrenze gibt es nicht genügend einsatzfähige Boote [...] Nicht selten kommt es vor, dass Grenzverletzer der Verfolgung entkommen konnten.« Außer von organisatorischen Mängeln war von verschiedentlich »grobe[n] Verletzungen der dienstlichen Disziplin« und von »unzuverlässigen Elementen« in der Grenzpolizei die Rede, die wegen ihrer persönlichen Vergangenheit, Kontakten zur Bevölkerung oder Beziehungen zu Westdeutschen im Ruch der Illoyalität standen. Nicht wenige seien desertiert; gegen andere werde »wegen des Verdachts auf faschistische Tätigkeit und Spionage für amerikanische und britische Geheimdienste ermittelt«. Auch wisse man zu wenig über »Grenzgänger, Inhaber illegaler Herbergen und andere verdächtige Personen«, und die »Säuberung des Grenzstreifens von feindlichen Elementen« komme »nur langsam voran«.[24]

Um den als unhaltbar angesehenen Zustand zu beenden, ließ Stalin eine Abriegelung der DDR gegenüber der Bundesrepublik vorbereiten. Die Verbindungen und Kontakte in Berlin sollten dagegen fortbestehen, um akute Spannungen im Verhältnis zu den Westmächten zu vermeiden. Ulbricht war damit unzufrieden, denn er fürchtete, dass die offene Grenze in der Vier-Sektoren-Stadt die Durchführung der vorgesehenen Fluchtverhinderung konterkarieren werde. Um die Schwierigkeiten zu verringern, soweit es das sowjetische Festhalten an der innerstädtischen Freizügigkeit zuließ, wandte er sich am 28. Februar 1952 mit einem Antrag an die SKK. Unter anderem müssten die Reisen aus Westberlin in die DDR einer strikten Überwachung unterworfen werden. Deshalb sollten künftig alle Fernbahnzüge »nur von Bahnhöfen aus dem demokratischen [d. h. östlichen] Sektor Berlins nach der DDR abgehen«. Alle Personen, die in den S-Bahnen oder in Bussen aus der Stadt in die Umgebung unterwegs waren, sollten zum Zweck ihrer Kontrolle in andere Fahrzeuge umsteigen. Berliner, die sich aus dienstlichen, beruflichen oder sonstigen Gründen in die DDR begaben, sollten amtliche Bescheinigungen von östlicher Seite beibringen. Wer im Westen arbeitete und im Osten wohnte oder umgekehrt, sollte ebensolche Nachweise erbringen müssen. Auch solle der Schulbesuch Ostberliner Kinder in den Westsektoren einer Genehmigung bedürfen. Eine bessere polizeiliche Sicherung der Berliner Außengrenzen wurde zwecks Beendigung des Warenschmuggels verlangt. Ulbricht hielt es zudem für nötig, den DDR-Bahnverkehr um Westberlin herumzuführen, den Bau der noch fehlenden Schienenwege zu beschleunigen und »zu einem etwas späteren Zeitpunkt« eine – nicht näher erläuterte – »Umleitung« der von Deutschen benutzten Züge auf den Strecken zwischen Westberlin und der Bundesrepublik vorzunehmen.[25] Diese Vorschläge wurden mit geringen Ausnahmen verwirklicht, als Ende Mai die geplante »Sicherung« der innerdeutschen Grenze durchgeführt wurde.

Ab Anfang 1952 wurden in Moskau und Ostberlin Beschlüsse gefasst, die sich nicht mehr mit dem propagandistischen Bekenntnis zur deutschen Einheit und zur »bürgerlich-demokratischen« Orientierung vereinbaren ließen. Am 15. Januar beschloss die SED-Führung auf sowjetisches Betreiben Maßnahmen gegen den Empfang von Rundfunksendungen aus Westdeutschland und Westberlin. Wenig später sah sie Gerichtsverfahren mit Anklagen »wegen organisierten Terrors oder militärischer bzw. ökonomischer Spionage« vor und richtete »Arbeitserziehungslager« nach dem Vorbild der UdSSR ein.[26] Einige Wochen danach erfolgte der Beschluss, den »Aufbau des Sozialismus« künftig uneingeschränkt zu forcieren.[27] Die Öffentlichkeit wurde darauf durch die Erklärung der ZK-Tagung vom 21. bis 23. Februar vorbereitet, die II. Parteikonferenz werde sich mit der »weitere[n] Festigung der demokratischen Ordnung in der Deutschen Demokratischen Republik« befassen.[28] Die Aufnahme der DDR in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)[29] unterstrich, dass sie fortan auch nach außen hin zum sowjetischen Lager gehören sollte. All dies zeigt, dass Stalin die Neuausrichtung der Politik des SED-Regimes, vor allem die Beteiligung an der Aufrüstung, beschlossen hatte, ehe seine Neutralisierungsofferte vorlag und von den Westmächten abgelehnt worden war.[30]

Am 10. März 1952 schickte die UdSSR die gleichzeitig den Medien übergebene Note und die beigefügten »Grundlagen des Friedensvertrags mit Deutschland« an die drei Westmächte. Damit stieß sie in der Öffentlichkeit vielfach auf Sympathie, weil man die Absicht zu einer Verständigung vermutete, bei der sie als Gegenleistung für die Neutralisierung des dann vereinigten Landes das SED-Regime und die kommunistische Diktatur zugunsten einer demokratischen Ordnung aufgeben würde, wie manche in der Bundesrepublik schon seit Langem hofften.[31] Die westlichen Regierungen lehnten, von Bundeskanzler Konrad Adenauer nachdrücklich unterstützt,[32] den Vorschlag wie erwartet rundweg ab.[33] Der britische Premierminister Winston Churchill hätte – im Gegensatz zum Foreign Office in London – einer Neutralisierungsvereinbarung zugestimmt, wenn dafür die Demokratie zu haben gewesen wäre, doch er war im Winter mit dieser Anregung auf taube Ohren in Moskau gestoßen.[34]

Festlegung des geplanten Kurswechsels in Deutschland

Nachdem der sowjetische Außenminister Andrej Januar’evič Vyšinskij die ablehnende westliche Antwortnote am 25. März zum Erstaunen des aushändigenden amerikanischen Geschäftsträgers Hugh Cumming mit sichtlicher Freude in Empfang genommen hatte,[35] wurde die SED-Führung, wie üblich durch Gespräche mit Vertretern der SKK vorbereitet, nach Moskau bestellt, um Bericht zu erstatten und Orientierungen entgegenzunehmen. Im ersten Gespräch mit Stalin am 1. April fragte Wilhelm Pieck als ostdeutscher Rapporteur, »welchen militärischen Schutz« die DDR schaffen müsse »in Zusammenhang mit der Bedrohung aus dem Westen«. Er ließ dabei die schon aufgestellte Bürgerkriegstruppe außer Betracht und erklärte, die bestehende Polizei biete keinen Schutz. Sie sei »schwach bewaffnet«, habe »schlechte Revolver« und »keine Patronen«. Wie Ulbricht hinzufügte, gab es »so eine Polizei nirgends in der Welt«. Sie könne nicht einmal sich selbst »vor den kriminellen Elementen schützen«. Stalin ging auf die Beschwerde ein und billigte der DDR ausdrücklich das Recht zu auf eine gut ausgerüstete und ausgebildete Polizei, die mit Maschinengewehren, Gewehren, Revolvern und Munition ausgerüstet werden solle. Er machte deutlich, dass es um den Aufbau einer Armee in der DDR ging.[36]

Der SED-Chef erkundigte sich, ob es öffentliche Prozesse geben solle gegen »Diversanten: Agenten westlicher Geheimdienste, die Brandstiftungen, Diversionen und Anschläge gegen Parteiarbeiter der DDR durchführen«. Stalin bejahte mit Nachdruck und verlangte eine Erziehung der Arbeiterklasse »in kämpferischem Geist«. Vjačeslav Michajlovič Molotov schaltete sich ein mit der Bemerkung, es sei notwendig, ein System von Übergangsstellen zur Kontrolle der Reisen aus Westberlin in die DDR zu schaffen. Könne man denn dulden, dass die westlichen Agenten im Lande frei herumliefen? Er war auch mit Ulbrichts Forderung einverstanden, den Warenschmuggel aus der DDR nach Westberlin zu unterbinden, und beklagte, die Polizei könne »nicht einmal schießen«, weil sie keine Patronen habe. Stalin hielt diesen Zustand ebenfalls für nicht hinnehmbar und fragte, ob die DDR denn keine Grenzbewachung habe. Ulbricht erwiderte, die sei schwach. Man müsse sie verstärken, militärischen Organen unterstellen und militärisch ausbilden. Damit war der Kremlherrscher einverstanden.[37]

Während eines Wortwechsels, der als besonders geheimhaltungsbedürftig eingestuft wurde, stellte Pieck die Frage, welche Schritte hinsichtlich des Aufbaus einer deutschen Armee in der DDR zu unternehmen seien. Stalin erwiderte, es gehe nicht um Schritte, sondern darum, eine Armee zu schaffen. Unter Bezugnahme auf die bereits bestehende Bürgerkriegstruppe, erklärte er, man habe doch schon einen Kern in Gestalt der 24 Abteilungen der Kasernierten Volkspolizei (KVP). Jede lasse sich zu einer Division entwickeln. Gut wären 9 bis 10 Armeekorps oder 30 Divisionen, die vollständig mit Panzern und Geschützen ausgerüstet werden sollten. Das sei jedoch als ein Perspektivplan zu verstehen, denn eine so große Vermehrung könne man nicht mit einem Mal erreichen. In diesem Zusammenhang bezeichnete er die Grenze der DDR zur Bundesrepublik als »gefährliche Grenze«, die eines wirksamen Schutzes bedürfe, und meinte, die allgemeine – also nicht für militärische Aufgaben bestimmte – Polizei müsse Waffen und Munition haben. Insgesamt ging es nach seiner Ansicht darum, dass die DDR ein Bollwerk des sozialistischen Lagers gegen die Bundesrepublik bildete und durch den Besitz von Streitkräften den Charakter eines »Staates« erhielt. Ein scharfes Regime an der innerdeutschen Grenze und eine voll ausgebaute Armee sollten die notwendige Sicherheit schaffen.[38]

In einer weiteren Unterredung am 7. April betonte Stalin, für die Amerikaner habe die Armee in Westdeutschland den Zweck, Westeuropa zu beherrschen. Deshalb stellten sie eine Armee auf und zögen das Land in den Atlantikpakt. Dort werde ein selbstständiger Staat geschaffen. Auch die SED müsse ihren Staat organisieren. Daher habe die Demarkationslinie zwischen Ost- und Westdeutschland jetzt als Grenze zu gelten – »und nicht bloß als Grenze, sondern«, wie er nochmals hervorhob, »als gefährliche Grenze«. Ihr Schutz müsse verstärkt werden. »In der ersten Linie dieses Schutzes stehen Deutsche, und in die zweite Linie dieses Schutzes werden wir sowjetische Truppen stellen.« Die Agenten der Westmächte liefen bislang frei in der DDR herum. »Sie können zu extremen Maßnahmen übergehen und Sie oder Gen[ossen] Čujkov töten. Damit muss man rechnen. Deswegen ist ein starker Schutz der Grenze nötig.« Anschließend sprach Stalin über Maßnahmen, die – wie der Aufbau von Kolchosen (die aber zur Beruhigung der Bauern bloß als Genossenschaften bezeichnet werden sollten) und die schon weitgehend verwirklichte Verstaatlichung der industriellen und gewerblichen Produktion – den Sozialismus in der DDR in vollem Umfang herbeiführen sollten. Auch davon dürfe man »kein Geschrei« machen, denn die Öffentlichkeit sollte von der Hinwendung zum Sowjetsystem möglichst wenig merken.[39]

Welche Maßnahmen im Einzelnen vorgesehen waren, erfuhr die SED-Führung in Beratungen mit den SKK-Leitungsfunktionären Vasilij Ivanovič Čujkov und Vladimir Semënovič Semënov. Am 14. April ging es um folgende Themen: die Ausrüstung der DDR-Armee mit schweren Waffen, die Aufstellung und Ausbildung von zwei Luftwaffendivisionen, die Indienststellung von Unterseebooten, die Versorgung der Soldaten mit Lebensmitteln, Textilien und Schuhen, die Penetration der Truppe seitens der Partei, den Aufbau einer Luftschutzorganisation und den Aufbau von Organisationen, welche die Jugend auf den Militärdienst vorbereiten sollten. Auch wurde die Frage angesprochen, was »Keim« eines »Kriegsmin[isteriums]« sein und wer »Verteidigungsminister« werden könne. In Bezug auf die Sicherung der Grenze sah man »Änderungen in [der] Grenzpolizei«, den Aufbau einer pol[itischen] Abt[eilung], die »Besetzung der Stellen«, einen fünf Kilometer breiten Kontrollstreifen und die Zuständigkeit von Wilhelm Zaissers Staatssicherheitsdienst vor. In der DDR war »Ausweiszwang« einzuführen, und die Westberliner sollten sie nur mit Genehmigung betreten können.[40]

In Beratungen vier Tage später legte die SKK eine »Mitteilung über [das] Korps in [der] SU« vor. Ihrerseits berichtete die SED-Führung: Die »Werbung geht jetzt schlecht«. Nur 2500 Rekruten habe man bisher angesichts der »pazifistische[n] Stimmung« gewinnen können. Solle weiterhin Freiwilligkeit oder Militärpflicht gelten? Eine »Reorganisation der Polizeitruppe für Verteidigung der Heimat« und eine »Pflicht zur Verteidigung der Heimat« wurden für nötig erachtet. Wegen russisch verfassten Instruktionen erschienen Übersetzer in jeder Kompanie bzw. Batterie erforderlich. 400 sowjetische Berater unter dem Kommando von Generalleutnant Gordeev wurden vorgesehen. Willi Stoph sollte als Minister an die Spitze der Streitkräfte treten. Zur Sicherung der Grenze zur Bundesrepublik sollten »10 m breite (geharkte) Streifen« angelegt werden mit einem weiteren 500 m breiten Streifen dahinter. Weiter war eine Kontrollzone von 5 km mit »bes[onderem] Passregime« vorgesehen, in der man sich »ohne bes[ondere] Erlaubnis nicht aufhalten« dürfe.[41] Am 7. Mai sah man u. a. den Bau einer Eisenbahnstrecke zur Umgehung von Westberlin und die Einrichtung einer Schule zur Ausbildung der Grenzpolizei vor.[42]

Durchführung der geplanten Maßnahmen

Gemäß der Leitlinie, dass zuerst das Vorgehen der Gegenseite abzuwarten sei, damit man dieses dann zur Rechtfertigung der geplanten Maßnahmen benutzen könne, wurde der Abschluss der Verträge im Westen über die Ablösung des Besatzungsstatuts und den Aufbau westdeutscher Truppen im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft zum Startsignal für die Schließung der innerdeutschen Grenze. Diese wurde aufgrund einer Ermächtigung durch den sowjetischen Ministerrat vom 14. April 1952[43] von der DDR-Regierung am 26. Mai angeordnet.[44] Entlang der Grenze zur Bundesrepublik entstand, wie von der SKK festgelegt, ein geharkter Kontrollstreifen von 10 m, dahinter ein 500 m breiter Schutzstreifen und im Anschluss daran eine 5-km-Sperrzone. Außerdem errichtete man Befestigungen und Stacheldrahtverhaue. Die Übergangsstellen wurden bis auf wenige Ausnahmen geschlossen. Wer bei dem Versuch, ohne Genehmigung in den Westen zu gelangen, von den jetzt überall wachenden Polizisten, Stasi-Bediensteten, zivilen Helfern und Informanten gefasst wurde, hatte mit bis zu zwei Jahren Gefängnis zu rechnen. 8175 als »unzuverlässig« geltende Personen mussten in einer – intern als »Aktion Ungeziefer« firmierenden – Nacht-und-Nebel-Aktion Haus und Hof in der Sperrzone verlassen. Die verbleibenden Bewohner wurden registriert, erhielten zum Nachweis ihrer Aufenthaltsbefugnis Passierscheine und konnten nur mit besonderer, selten erteilter Genehmigung die sonstige DDR betreten oder Besuche von dort empfangen.[45]

Die UdSSR ließ zudem die Außengrenze Westberlins sperren, an den Übergangsstellen Kontrollen durchführen und Reisen aus den Westsektoren in die DDR genehmigungspflichtig machen. Die Sektorengrenze jedoch wurde nicht geschlossen; die Bewegungsfreiheit in der Stadt blieb bestehen. Stalin hielt innerhalb des Vier-Mächte-Gebiets am bestehenden Zustand fest und wollte wohl auch verhindern, dass sein Vorgehen in Berlin, auf das der Blick der Weltöffentlichkeit gerichtet war, unerwünschtes Aufsehen erregte und die internationale Spannung vermehrte. Daher war dort die Flucht in den Westen nach wie vor ohne größere Schwierigkeiten möglich. Diese Möglichkeit nutzten insbesondere Jugendliche, die zwecks »freiwilliger« Meldung für den Militärdienst unter Druck gesetzt wurden. Seit den beiden Gesprächen der SED-Führung mit Stalin war in der DDR immer deutlicher der Aufbau einer Landesverteidigung zum Schutz vor westlicher Aggression gefordert worden.[46] Der FDJ hatte man die Aufgabe zugewiesen, die jungen Männer von der verbreiteten antimilitärischen Haltung abzubringen und zum Eintritt in die – weiter offiziell als Polizei bezeichneten – bewaffneten Einheiten zu bewegen.[47] Nach Abschluss der Westverträge der Bundesrepublik setzte in der breiten ostdeutschen Öffentlichkeit eine intensive Werbekampagne ein.[48]

Wenig später begann die organisatorische Transformation der früheren Bürgerkriegstruppe in eine – mit zahlreichen sowjetischen Beratern und Politoffizieren der SED ausgestattete – Massenarmee für den Krieg gegen den Westen. Am 1. Juli 1952 wurde aus den Land- und Marinetruppen-Einheiten und der seit Herbst 1951 vorbereiteten Luftwaffe die KVP mit drei Teilstreitkräften gebildet. Unter der Leitung von Innenminister Stoph, einem seit Langem auf militärische Aufgaben vorbereiteten SED-Spitzenfunktionär, wurden die bisherigen »Bereitschaften« in Kaderverbände umgewandelt, die als Basis für den Aufbau von Infanterie- und mechanisierten Divisionen mit den entsprechenden Regimentern und Bataillonen anderer Waffengattungen dienten. Diese Struktur folgte dem sowjetischen Vorbild. Als koordinierender Rahmen wurden vier »Territorialverwaltungen« vorgesehen, die den Armeekorps der UdSSR entsprachen.[49] Gleichzeitig wurde mit dem Aufbau erheblicher Rüstungspotenziale und von Organisationen zur militärischen Erziehung und Schulung der Jugend begonnen.[50]

Als Stalin Anfang April die Aufstellung einer großen DDR-Armee sowie den Übergang zum Sowjetsystem ohne die bisherigen Rücksichtnahmen vorgesehen hatte, sollte das, wie er hinzugefügt hatte, vorerst nicht öffentlich verkündet werden. Davon sollte erst gesprochen werden, wenn – nach seiner Einschätzung in baldiger Zukunft – die Verträge im Westen in Kraft träten und damit das Alibi der »Remilitarisierung in Westdeutschland« Wirklichkeit würde.[51] Die westlichen Parlamente ließen sich jedoch Zeit mit der Ratifizierung. Deswegen wartete man in der DDR mit der Bekanntgabe der beschlossenen Kehrtwende, während die entsprechenden Schritte bereits eingeleitet wurden. Das zog jedoch unvorhergesehene Schwierigkeiten nach sich. Die Menschen waren empört, wenn die getroffenen Maßnahmen faktisch auf die totale Beseitigung der nach wie vor erklärten »bürgerlich-demokratischen« Ordnung hinausliefen, sie sich als Angeworbene statt in einem polizeilichen Dienstverhältnis in einer militärischen Formation vorfanden oder nicht in selbstbestimmte Genossenschaften, sondern in funktionärsgeführte Kolchosen gerieten.

Ulbricht hoffte das Problem dadurch zu lösen, dass man der Bevölkerung die sozialistische Ausrichtung mit aller Deutlichkeit klarmachte, offen alle darauf ausgerichteten Maßnahmen ergriff und damit eine scharfe Repressionspolitik verband. Er richtete die Bitte an Stalin, diesen Kurs auf der am 9. Juli beginnenden II. SED-Parteikonferenz proklamieren zu dürfen. Der sowjetische Führer zögerte. Erst als der ostdeutsche Parteichef dringlich nachhakte, kam im letzten Moment, am Abend des Vortages, seine Zustimmung.[52] Daraufhin verkündete Ulbricht am nächsten Morgen den begeistert Beifall klatschenden Delegierten den »Aufbau der Grundlagen des Sozialismus«. Von »nationalen Streitkräften« war nur als Forderung die Rede, denn im Kreml bestand man weiter darauf, ihr – schon eingeleiteter – Aufbau dürfe erst dann öffentlich gemacht werden, wenn die Bundesrepublik dies zuvor durch militärische Maßnahmen auf ihrer Seite gerechtfertigt haben würde.[53]

Ein Abschlussdokument formulierte die neue Linie. Demnach war die Welt gespalten in das um die UdSSR gescharte »Lager des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus« unter »dem Führer der Völker, dem großen Stalin«, und in das »Lager des Imperialismus« mit den USA als Zentrum aller üblen Tendenzen und Kräfte. In Deutschland gehe es um den »nationale[n] Befreiungskampf gegen die amerikanischen, englischen und französischen Okkupanten« und »den Sturz ihrer Vasallenregierung in Bonn«. Die »Sicherung des Friedens, des demokratischen Fortschritts und des sozialistischen Aufbaus« in der DDR und in [Ost-]Berlin erfordere die »Festigung und Verteidigung« ihrer Grenzen, »die Stärkung der demokratischen Volksmacht, der demokratischen Ordnung und Gesetzlichkeit und die Organisierung bewaffneter Streitkräfte« sowie »die Freundschaft mit der Sowjetunion, dem Bollwerk des Friedens«. Es gelte auch, »die volksdemokratischen Grundlagen der Staatsmacht ständig zu festigen«. Dabei sei »die Verschärfung des Klassenkampfes unvermeidlich«, und »die Werktätigen« müssten »den Widerstand der feindlichen Kräfte brechen«. Damit verbinde sich die Aufgabe, »die feindlichen Agenten unschädlich zu machen« sowie »die Heimat und das Werk des sozialistischen Aufbaus durch die Organisierung bewaffneter Streitkräfte zu schützen«.[54]

Zwar hatte man den Übergang zum Sowjetsystem auf der Parteikonferenz verkündet, doch sollte mit der Bekanntgabe der Aufrüstung gewartet werden, bis die Bundesrepublik dies durch einen entsprechenden Beschluss als notwendige Antwort erscheinen lasse. Die SED-Führung hoffte, wie es scheint, trotzdem auf die Genehmigung, reinen Tisch machen und so den heiklen Zustand des begonnenen, aber uneingestandenen militärischen Aufbaus beenden zu können. Informationen westlicher Geheimdienste und des Ostbüros der SPD zufolge erwartete sie im Spätsommer und Herbst 1952 wiederholt die Erlaubnis zur Proklamation nationaler Streitkräfte.[55] Dazu kam es nicht, denn der Kreml bestand weiter auf dem vorherigen Wiederbewaffnungsbeschluss in Bonn, um der NATO die Urheberschaft zuschieben zu können.

Ulbrichts Bemühen um Schließung der Grenze in Berlin

Bereits im ausgehenden Frühjahr war die SKK über den Exodus besorgt, der nach Sperrung der innerdeutschen Grenze sich nach Berlin verlagerte, und verlangte von den Meldebehörden der DDR Informationen darüber, wie viele Personen »unbekannt verzogen« waren. Als sich nach den Beschlüssen der II. Parteikonferenz die Verhältnisse im Lande verschlechterten, ließ eine Auskunft des zuständigen Ministeriums erkennen, dass die starke Abwanderung auch vom SED-Regime als bedrohlich empfunden wurde.[56] Am 9. September bildete das Politbüro eine Kommission für Fragen der Republikflucht, die dem Sekretariat Ulbrichts über ihre Feststellungen zu berichten hatte.[57] Als im Herbst die kompromisslose Forcierung des Sozialismus sich zunehmend auswirkte, schwoll der Flüchtlingsstrom in den Westen weiter an.[58] Dazu trug die Aufrüstung bei, weil die Lage außer durch den Druck auf die zur Rekrutierung vorgesehenen Jugendlichen auch durch die Inanspruchnahme der finanziellen und sonstigen Ressourcen durch den Aufbau des Militärs und die Waffenproduktion sich empfindlich verschlechterte. Aufgrund der Vernachlässigung des Konsums verschärften sich Mängel namentlich der Lebensmittelversorgung. Vor diesem Hintergrund nahm der Exodus ein Ausmaß an, das der SED-Führung nicht mehr hinnehmbar erschien. Ulbricht suchte ihn auf zweierlei Weise zu stoppen.

Sein ZK-Sekretariat suchte die Fluchtwilligen von ihrem Vorhaben durch Schilderung des erbärmlichen Schicksals abzubringen, das ihnen in Westberlin und der Bundesrepublik angeblich bevorstand. Sie seien über die »katastrophalen Zustände in den ›Flüchtlingslagern‹«, die »hemmungslose Ausbeutung bzw. ständige Arbeitslosigkeit« und überhaupt das »Elend« aufzuklären, das sie erwarte. Der mit ihnen getriebene »politische Missbrauch« sei »verbrecherisch« und müsse durch »[b]esonders drastische Beispiele [...] entlarvt« werden. Dem sollten u. a. Prozesse in der DDR »gegen Agenten und Spione«, Berichte in den Medien, die Publikation von auftragsgemäß angefertigten Stellungnahmen, die Lancierung von Artikeln in der Westpresse und volkspolizeiliche Befragungen von Rückkehrern und Besuchern aus dem Westen dienen. Zugleich wurden »Maßnahmen zur Verhinderung der Abwanderung von Arbeitern aus den Betrieben« und vielfältige administrative Regelungen angeordnet, die darauf abzielten, dem Entschluss zur Flucht und seiner Ausführung schwer zu überwindende Hindernisse entgegenzustellen. Zugleich hoffte man, die Verluste an Fachkräften durch Anwerbung entsprechenden Personals in Westdeutschland ausgleichen zu können.[59]

Ulbricht wusste, dass Überredung und die Schaffung von Erschwernissen nicht genügten, um das Fluchtproblem zu lösen. Zuverlässig wirkende Mittel erschienen notwendig. Darüber machte man sich auch auf sowjetischer Seite Gedanken. Die für Deutschland zuständige 3. Europäische Abteilung im Moskauer Außenministerium untersuchte am 4. Dezember die Möglichkeit, ein Bewachungsregime an der Sektorengrenze zu errichten.[60] Als SKK-Chef Čujkov und sein Politischer Berater Semënov das Problem mit dem SED-Chef besprachen, war dieser – in diametralem Gegensatz zu einer 2013 publizierten Auffassung, der zufolge ihm der Exodus keinerlei Sorge bereitete[61] – der Ansicht, die Schließung der Grenze in Berlin müsse unbedingt durchgeführt werden. Im Januar oder Februar 1953 würden in Bonn die Westverträge ratifiziert. Damit lasse sich die Abriegelung der Westsektoren bestens rechtfertigen. Die beiden Besatzungsfunktionäre waren mit Ulbrichts Vorschlag einverstanden und erklärten sich zu einem Ersuchen dieses Inhalts an Außenminister Vyšinskij bereit. Dieser stimmte ebenfalls zu und leitete am 25. Dezember 1952 den Vorschlag an Stalin weiter.[62]

Die Notwendigkeit der Sperrmaßnahmen wurde mit der feindlichen Aktivität von »ungefähr 130 Spionage-, Diversions- und Terrorzentren und Organisationen« begründet, die von Westberlin aus eine »intensive Arbeit« leisteten, um in der DDR »Sabotage« durchzuführen, »schwankende Elemente« zum »Überlaufen« nach Westdeutschland zu bewegen und illegal »antidemokratische Literatur usw.« zu verbreiten. Angesichts dessen, dass »die Bevölkerung und die Verkehrsmittel die Ost- und Westsektoren Berlins passieren« könnten, gebe es »keine volle Wirkung zum Schutz der DDR vor der von Westberlin ausgehenden subversiven Tätigkeit«. Daher müssten die Grenzen innerhalb Berlins und seine »Kanäle nach außen« geschlossen werden. Anschließend wurde genau ausgeführt, welcher Polizeikräfte der DDR und Militärverbände der UdSSR es dazu bedürfe. Durch die gesellschaftlichen Organisationen und über die Werktätigen solle die Forderung erhoben werden, Ostberlin von Westberlin abzutrennen, um die von dort aus ins Werk gesetzte subversive Tätigkeit gegen die DDR zu unterbinden. Die vermutlich Ende Januar oder im Februar 1953 bevorstehende Ratifizierung der Westverträge durch den Bundestag biete die Möglichkeit, der deutschen Bevölkerung die Notwendigkeit dieser Maßnahme zu erläutern.[63]

Der kranke Stalin ließ das Ersuchen unbeantwortet liegen. Nach seinem Tod nahm Molotov, der wieder an die Spitze des Außenministeriums getreten war, die Sache sofort in die Hand. Gestützt auf ein Votum des Generalstabschefs, Marschall Vasilij Danilovič Sokolovskij, und des bisherigen Leiters der Diplomatischen Mission in der DDR, Botschafter Georgij Michajlovič Puškin, veranlasste er am 18. März 1953 im Präsidium des Ministerrats einen ablehnenden Beschluss. Der unterbreiteten Vorlage zufolge war die beantragte Maßnahme »unannehmbar und überdies grob vereinfachend«. Zur Begründung wurde auf die negativen Folgen für die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Berlin, auf die auch im Ostteil der Stadt entstehenden Beeinträchtigungen, auf die zu erwartende Empörung der Bevölkerung und auf den Nutzen hingewiesen, den die feindliche Propaganda der Westmächte aus der Sperrung der Grenze durch die östliche Seite ziehen würde. Insgesamt würde ein derartiges Vorgehen in Berlin den Interessen der »Länder des Lagers des Friedens und der Demokratie« großen Schaden zufügen und die Beziehungen der UdSSR zu den Westmächten »kompliziert machen«. Das müsse man vermeiden. Das Präsidium des sowjetischen Ministerrats stimmte der Argumentation zu und schickte einen ablehnenden Bescheid nach Ostberlin.[64]

Dahinter standen allgemeine Überlegungen. Die Nachfolger Stalins bemühten sich generell um eine Revision seiner Politik, um der immer wieder neu forcierten Unruhe und Repression ein Ende zu machen. Sie ließen die Anklage fallen gegen die willkürlich des Komplotts beschuldigten Kremlärzte, entließen die Hälfte der zwei Millionen GULag-Häftlinge aus der Gefangenschaft und schafften die bis dahin übliche Folter von Inhaftierten ab.[65] Auch bei der auswärtigen Politik schienen Änderungen geboten. In Frankreich waren zwischenzeitlich Widerstände gegen die Verträge mit der Bundesrepublik zutage getreten, mit denen man im Kreml nicht gerechnet hatte. Damit verband sich die Hoffnung, durch eine neu eingeleitete Propaganda-Kampagne die westdeutsche Wiederbewaffnung verhindern zu können. Die Öffentlichkeit im Westen sollte von der Abwendung der UdSSR von einer Politik der Feindschaft überzeugt werden. Im Blick darauf hatten sich Stalins Nachfolger sofort für eine friedliche Koexistenz und eine einvernehmliche Regelung der Streitfragen ausgesprochen.[66]

Der sowjetische Wille zur Abkehr vom Kalten Krieg wäre unglaubwürdig gewesen, wenn die Schließung der Grenze in Berlin den gegenteiligen Eindruck erweckt hätte. Dies war der entscheidende Beweggrund für die Ablehnung von Ulbrichts Antrag und die gleichzeitige Erklärung, das Deutschland-Problem müsse als Hauptquelle der Ost-West-Spannung gelöst werden. Dabei machte der Kreml freilich die Wiederherstellung der staatlichen Einheit von der Erfüllung einseitiger Forderungen abhängig.[67] Internen Feststellungen zufolge ging es weiterhin um den »Kampf gegen Adenauer«, doch wurde der »Stärkung der Autorität der DDR« größeres Gewicht beigemessen, weil man erkannt hatte, dass Vorsicht hinsichtlich der Vereinigungsforderung geboten war, die bei den Ostdeutschen unerwünschte Hoffnungen auf ein Ende des SED-Regimes wecken konnte. Für die wie bisher geforderte »Gesamtdeutsche Provisorische Regierung« wurden daher keine Machtbefugnisse mehr vorgesehen, sondern nur noch die Rolle eines Verhandlungsorgans beider Staaten, das faktisch die Teilungssituation festigen würde.[68]

Statt Grenzschließung Korrektur der Politik in der DDR

Das Fluchtproblem des SED-Regimes blieb ungelöst und verschärfte sich weiter. Molotov wurde vom Aufklärungsorgan seines Ministeriums, dem Komitee für Information, ständig über die kritische Entwicklung unterrichtet. Ein enger Mitarbeiter stellte im April Unterlagen zusammen, die dann an Innenminister Lavrentij Pavlovič Berija[69] weitergeleitet wurden. Dieser war bereits durch Berichte seines Geheimdienstes im Bilde und erteilte dem Leiter seines Sekretariats, P.A. Šarjia,[70] den Auftrag, ohne Rücksicht auf sozialistische Tabus Vorschläge zur »Gesundung« der Lage in der DDR auszuarbeiten. Dessen Entwurf gipfelte in der Feststellung, die sozialistischen Maßnahmen des Vorjahres seien »unter den gegenwärtigen Umständen« verfehlt und müssten daher rückgängig gemacht werden. Dieser Text wurde dem Außen- und Verteidigungsressort zur Kenntnis gebracht.[71] Am 6. Mai diskutierte das ZK-Präsidium über das Problem auf der Grundlage des von Berija unterbreiteten Berichts des KGB-Residenten in Ostberlin. Darin war vor allem von der Massenflucht der Bevölkerung, namentlich der Jugend sowie dringend benötigter Fach- und Arbeitskräfte, und von den Desertionen aus der KVP die Rede. Das lasse große Unzufriedenheit mit der mangelhaften Versorgung und den Maßnahmen des Vorjahres erkennen. Das Ziel, die DDR für alle Deutschen attraktiv zu machen, sei verfehlt worden. Die SED, so lautete das Fazit, müsse ihre Politik ändern.[72]

Das ZK-Präsidium stimmte am 6. Mai dem radikalen Kurswechsel zu, den Molotov und Berija vorgeschlagen hatten. Es wurde beschlossen, die SED zur Korrektur zu veranlassen und ihr genaue Anweisungen dazu zu übermitteln.[73] Die Einschätzung, dass die Lage nicht verschärft werden dürfe, sondern der Entspannung bedürfe, veranlasste die sowjetische Führung am 14. Mai zur einmütigen Verurteilung Ulbrichts, als dieser öffentlich die »Diktatur des Proletariats«, also die unumschränkte Herrschaft der Partei, gepriesen hatte.[74] Auch sein Plädoyer für neue Maßnahmen der »revolutionären Umwälzung«, für eine kompromisslose »Bekämpfung der volksfeindlichen Kräfte« und für die »Verschärfung des Klassenkampfes« wurde von allen missbilligt. Das erschwere die Situation in der DDR und schade dem Kampf der Kommunisten für die Vereinigung Deutschlands.[75]

In den anschließenden Beratungen bestand Einvernehmen darüber, man solle nicht die Grenze in Berlin schließen, sondern die Probleme des SED-Regimes in den Blick nehmen und den forcierten sozialistischen Kurs des Vorjahres rückgängig machen. Es kam dabei zu einer Kontroverse, ob gemäß dem – von Šarjia formulierten – Vorschlag Berijas der »Aufbau der Grundlagen des Sozialismus«, den Ulbricht im Juli 1952 verkündet hatte, für verfehlt erklärt werden solle. Ungeachtet der ausdrücklichen Einschränkung, dass dies nur der gegenwärtigen Umstände halber geschehe, wandte sich der Ministerrat Ende Mai mehrheitlich gegen die Formulierung. Dem lag die Sorge zugrunde, die DDR-Bevölkerung könnte die Aufhebung der sozialistischen Maßnahmen vom Vorjahr als generelle Abkehr vom Sozialismus insgesamt missverstehen. Das lasse sich nur durch klares Festhalten an der sozialistischen Perspektive verhindern. Nach einigem Wortwechsel stimmten alle der Erklärung zu, dass [nur] der beschleunigte Aufbau des Sozialismus verfehlt gewesen sei. Die Erörterung der konkreten Einzelheiten führte zu einem Programm, das der SED eine völlige Revision ihrer Politik auferlegte. Der Ministerrat der UdSSR beschloss diesen »Neuen Kurs« am 2. Juni 1953 und konfrontierte damit noch am selben Tag die einbestellte Ostberliner Führung.[76]

Die erhoffte Konsolidierung der DDR wurde nicht erreicht, denn Ulbricht verhinderte bei den folgenden Beratungen des SED-Politbüros jeden Beschluss über ausführende Maßnahmen, obwohl dieser von fast allen anderen Führungsmitgliedern für notwendig erachtet wurde. Auf Drängen von Hochkommissar Semënov, der Weisung aus Moskau müsse endlich Folge geleistet werden, gab man am 9. und 11. Juni die Zurücknahme der Kollektivierungs- und Repressionsmaßnahmen, die Rückkehr zu früheren Rechtsnormen und den Entschluss zur Verbesserung der Versorgung bekannt. Das Ziel der Kehrtwende, die Festigung der sozialistischen Ordnung, blieb unerwähnt. Es hieß nur, die »ernsten Fehler« der Vergangenheit sollten korrigiert und das »große Ziel der deutschen Einheit« weiter verfolgt werden.[77] Daraufhin verbreitete sich in der Bevölkerung die Hoffnung, die UdSSR lasse das kommunistische Regime fallen und wolle die DDR mit der Bundesrepublik vereinigen. Damit trat genau das Missverständnis ein, das die Kremlführung verhindern wollte, als sie die bisherige sozialistische Politik der SED nicht als verfehlt bezeichnen wollte.

Die Destabilisierung wurde dadurch weiter vorangetrieben, dass Ulbricht, um die niedrige Produktivität der Bauwirtschaft zu steigern, Ende Mai eine Erhöhung der Arbeitsnormen um zehn Prozent beschließen ließ. Die Löhne verringerten sich daher ab Ende der ersten Juniwoche. Der Maßnahme lag die ideologische Überzeugung zugrunde, die Arbeiter müssten den Erfolg »ihrer« Betriebe wollen und die SED als Vertretung ihres »Klasseninteresses« unbedingt unterstützen. Das Gegenteil war der Fall: Sie waren empört. Diese Reaktion stieß, wie am Samstag, dem 14. Juni, dem der Leitung von Ulbrichts Kritiker Rudolf Herrnstadt unterstehenden Zentralorgan der Partei zu entnehmen war, in manchen führenden Kreisen auf Verständnis. In dem Leitartikel konnte natürlich nicht infrage gestellt werden, dass die Durchführung des Beschlusses über die Normenerhöhung nötig war. Die vorangehenden breiten Ausführungen über die Schuld der leitenden Behörden an der fehlenden Planerfüllung und darüber, dass man nicht administrativen Zwang anwenden, sondern mit »überzeugender Aufklärungsarbeit« vorgehen solle, um »alle Bauschaffenden für die Lösung der großen Aufgaben zu begeistern«,[78] zeigten aber, dass die Redaktion in Wahrheit auf der Seite der Unzufriedenen stand. Im Innern des Blattes bestätigte sich dieser Eindruck, denn es hieß, es stimmten weder die zur Rechtfertigung benutzten Argumente noch die Behauptung, dass die Bauarbeiter der Maßnahme zugestimmt hätten. Die »Tricks der Normenbearbeiter« und das »diktatorische«, »administrative« Verhalten der Verantwortlichen wurden gegeißelt als auf »Selbstbetrug und Überheblichkeit« beruhend.[79] Damit konnten die Anfang der nächsten Wochen streikenden Arbeiter in der Stalinallee das Gefühl haben, Rückhalt sogar in führenden SED-Kreisen zu haben. Ihr Protest weitete sich am nächsten Tag zum Aufstand im ganzen Land aus. Das Regime brach wie ein Kartenhaus zusammen. Nur die sowjetischen Panzer verhinderten, dass es hinweggefegt wurde.

Interne Machtkämpfe in Moskau und Ostberlin

Die sowjetische Seite sah von Anfang an die Rebellion als Resultat des Wirkens einer feindlichen Agentenzentrale auf dem Gebiet der DDR. Die Arbeiter konnten sich doch auf keinen Fall aus eigenem Antrieb gegen »ihre Partei« gewandt haben! Dafür, dass westliche Urheber den »Tag X« herbeigeführt hatten, gab es zwar keine Anhaltspunkte, doch wurde trotzdem den Geheimdiensten der Vorwurf gemacht, das Nest der Drahtzieher nicht entdeckt zu haben.[80] Sie hatten folglich bei ihrer zentralen Aufgabe der Subversionsabwehr versagt. Der Vorwurf schwächte die Position ihrer Chefs innerhalb der Führung. Im Kreml wurde die Verantwortung für die vermeintliche Aktion des »Imperialismus« Berija als dem für die Organe der Staatssicherheit zuständigen Minister zugewiesen. Dessen Schuld erschien umso plausibler, als er – allerdings aufgrund eines vom gesamten ZK-Präsidium gefassten Beschlusses – das Personal der Ostberliner KGB-Residentur weithin ausgetauscht und zudem verringert hatte. Die enorme Macht, die Berija beim Tode Stalins handstreichartig gewonnen hatte, weckte zusammen mit seiner bekannten Rücksichtslosigkeit bei den anderen Führungsmitgliedern die Sorge, in tödlicher Gefahr zu sein. Sie verschworen sich gegen ihn und nahmen ihn am 26. Juni in einer überaus riskanten Aktion gefangen. Bei der folgenden Suche nach Begründungen für das geplante Todesurteil argumentierten sie nicht nur, er habe die Aufklärungstätigkeit bewusst paralysiert, sondern benutzten auch den Formulierungsstreit bei den Beratungen über den »Neuen Kurs« dazu, um ihn des willentlichen »Verrats am Sozialismus« in der DDR zu bezichtigen. Er habe damit eingestanden, dass er die Maßnahmen der SED vom Vorjahr aufheben wollte, um das sozialistische System insgesamt zu beseitigen. Ihm sei es, so lautete die Schlussfolgerung, darum gegangen, den ostdeutschen Staat an die »Imperialisten« auszuliefern.[81]

Ulbricht sah sich durch den 17. Juni in der Überzeugung bestätigt, der Sozialismus lasse sich unter den gegebenen Voraussetzungen nur mit kompromissloser Härte durchsetzen. Im Kreml dagegen hielt man zunächst daran fest, dass es zur Beruhigung der Lage einer Abschwächung des Drucks und entlastender Maßnahmen bedürfe. Deswegen wollte man ihn nicht mehr an der Spitze der DDR sehen.[82] Diese Haltung begann sich jedoch in der letzten Juniwoche zu ändern. Ulbricht hatte durch sowjetische Kontakte vom Sturz Berijas erfahren, während die anderen Mitglieder des SED-Politbüros noch bis zur offiziellen Unterrichtung aus Moskau ahnungslos blieben. Er nutzte die Zeit bis dahin, seine innerparteilichen Kritiker bei der sowjetischen Seite der Kollaboration mit dem »Verräter Berija« zu beschuldigen und für sich das Verdienst der unerschrockenen Gegenwehr in Anspruch zu nehmen.

Zum Haupt der Berija-Fraktion in der DDR erklärte Ulbricht Zaisser, den stärksten Mann in der Ostberliner Führung, der ihn in der Vergangenheit mehrfach ohne Scheu kritisiert hatte. Dieser war am 17. Juni als Minister für Staatssicherheit ebenfalls in den Ruch fehlender Wachsamkeit geraten. Die enge Bindung der ostdeutschen »Tschekisten« an die Moskauer Geheimdienstzentrale und die Tätigkeit der sowjetischen Instrukteure in der Stasi-Behörde ließen es plausibel erscheinen, dass, wie der SED-Chef unterstellte, Zaisser mit Berija kollaboriert habe – und das umso mehr, als dieser Emissäre nach Ostberlin geschickt hatte. Wenn diese noch nicht mit Zaisser in Kontakt gekommen waren, so lag dies daran, dass Semënov sie am Abend des 26. Juni auf Weisung aus Moskau in Gewahrsam genommen hatte. Ulbricht überzeugte mit seinen Insinuationen die Sieger im Kreml davon, dass nur er die Wahrung ihrer Interessen gewährleiste. Anfang Juli wurde der Wandel der sowjetischen Haltung spürbar. Semënov äußerte sich erstmals sehr scharf über Zaisser, und der SED-Chef legte bei den Diskussionen im Politbüro ein neues Selbstbewusstsein an den Tag. Die anderen Führungsmitglieder merkten erst dann, was gespielt wurde, als sie am 10. Juli offiziell über Berijas Sturz informiert wurden. Ulbricht konnte aufgrund des Erfolgs seiner Darstellung in Moskau die ihm missliebigen Spitzenfunktionäre aus ihren Ämtern und aus der Partei entfernen.[83]

Im Kreml sah man sich durch den augenblicklichen Zusammenbruch des SED-Regimes genötigt, die Wiederherstellung der Ordnung in vollem Umfang selbst vorzunehmen. Die sowjetische Führung traf die Entscheidungen über die Säuberung und Reorganisation der Sicherheitskräfte und der KVP unmittelbar und überwachte auch den Aufbau der neuen Betriebskampfgruppen. Die Einsicht, dass die übermäßige Aufrüstung stark zu der am 17. Juni zutage getretenen Krise beigetragen hatte, veranlasste sie zur Reduzierung der Rüstungsproduktion und des Militärs in der DDR. Statt vier wurden nur noch zwei Armeekorps (»Territorialverwaltungen«) aufgestellt. Die Herstellung größerer Waffensysteme, welche die DDR wirtschaftlich besonders belastet hatte, wurde beendet. Den ostdeutschen Bedarf deckten künftig Lieferungen aus der UdSSR.[84] Im Kreml erkannte man zudem, dass die von der UdSSR massenhaft entnommenen Reparationen politischen Schaden anrichteten, weil sie zur bestehenden Notlage beitrugen und im Lande Unmut erzeugten. Die Sowjetunion nahm vom Wiedergutmachungsverlangen Abstand und half sogar mit Lebensmitteln aus. Durch die Vereinbarung vom 22. August 1953 über die kostenfreie Rückgabe der in sowjetischen Besitz genommenen Betriebe mit Ausnahme der – für die Nuklearrüstung wichtigen – Wismut AG am 1. Januar 1954 wollte sie die Öffentlichkeit von ihrer Bereitschaft überzeugen, die Ausbeutung zu beenden und durch eine gute Zusammenarbeit zu ersetzen.[85]

Akzentverschiebung von der deutschen Frage zur europäischen Sicherheit

Die Erfahrung vom 17. Juni, dass das SED-Regime von der Bevölkerung, nicht zuletzt auch von den Arbeitern, abgelehnt wurde, veranlasste den Kreml zur grundlegenden Änderung seiner Westpolitik. Deren bisheriger Angelpunkt, die Propagierung der deutschen Einheit, versprach keinen Erfolg mehr und barg sogar die Gefahr der Destabilisierung in sich, denn sie nährte in der DDR-Bevölkerung die Hoffnung auf Vereinigung mit der Bundesrepublik und damit auf ein Ende der kommunistischen Herrschaft. Ein Hinweis darauf, dass die UdSSR von der Einheitsparole abzurücken gedachte, war der Wortlaut ihrer Note an die Westmächte vom 15. August 1953. Demnach ging es nicht mehr um den raschen Abschluss des ausstehenden Friedensvertrags mit einem geeinten Deutschland, sondern bloß um Beratungen darüber auf einer Vier-Mächte-Konferenz. Wie schon in den Plänen vom Frühjahr wurde die Bildung einer gesamtdeutschen provisorischen Regierung gefordert, die aber nur ein neben beiden Staaten stehendes Koordinations- und Verhandlungsgremium sein sollte.[86] Mit einer Annahme des Vorschlags war keinesfalls zu rechnen, doch sollte in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, dass die Sowjetunion weiter für die deutsche Einheit eintrete.

Die Westmächte forderten im Bewusstsein ihrer gestärkten Position eine Vereinbarung über freie gesamtdeutsche Wahlen. Die UdSSR wehrte ab, konnte sich aber Verhandlungen nicht auf Dauer entziehen, nachdem sie diese bis dahin stets verlangt hatte. Als die Außenminister der vier Besatzungsmächte am 25. Januar 1954 in Berlin endlich ihre Gespräche aufnahmen, präsentierte Molotov die früheren Deutschland-Vorschläge, mit deren sicherer Ablehnung von vornherein zu rechnen war. Am 10. Februar unterbreitete der sowjetische Chefdiplomat einen völlig anderen Vorschlag. Nachdem er heftig gegen die Aufrüstung der NATO polemisiert hatte, forderte er »Garantien gegen das Wiedererstehen des deutschen Militarismus« und für eine »enge Zusammenarbeit aller europäischen Staaten« zur Verhinderung eines »Friedensbruchs in Europa«. Deshalb seien »konkrete Verpflichtungen der Staaten, Verpflichtungen militärischen Charakters eingeschlossen,« nötig. An die Stelle der bisherigen Konfrontation müsse ein »Gesamteuropäischer Vertrag über kollektive Sicherheit in Europa« treten, an dem sich »[a]lle europäischen Staaten unabhängig von ihrer Gesellschaftsordnung« beteiligen sollten. Dadurch lasse sich die Spaltung Europas in zwei Lager überwinden und Sicherheit vor Bedrohung durch Krieg schaffen.[87]

Eine solche Regelung wurde keineswegs dem Anspruch gerecht, die Einheit des Kontinents herzustellen, denn an der Grundlage der Konfrontation, an der gegensätzlichen politischen Ausrichtung in Ost und West, änderte sich nichts. Dementsprechend sollte Deutschland zwar neutral sein, aber »in zwei Teile gespalten« bleiben. Zwar wurde dieser Zustand als nur »vorläufig« bezeichnet, doch die Erwartung, die Teilung lasse sich künftig überwinden, beruhte auf der unausgesprochenen Annahme, dass der Sozialismus »gesetzmäßig« überall in der Welt siegen werde und sich daher irgendwann auch in der Bundesrepublik durchsetzen müsse. Bis es so weit sei, sollten die Zweistaatlichkeit und das Besatzungsregime weiterhin aufrechterhalten werden. Konkret war von der »Erfüllung der sich aus den Kontrollaufgaben der vier Mächte ergebenden Überwachungsfunktionen« die Rede, welche die Präsenz »von beschränkten Kontingenten« nötig mache. Wenn »in einem der Teilgebiete Gefahr für die Sicherheit« entstehe, sollte die dortige Okkupationsmacht berechtigt sein, ihre Truppen einmarschieren zu lassen. Das hätte die UdSSR, der nach Auflösung der NATO und Entfernung der USA aus Europa die Hegemonie über den gesamten Kontinent zugefallen wäre, die Legitimation zur militärischen Intervention im Falle eines neuerlichen 17. Juni verschafft.[88]

Den Worten Molotovs zufolge, sollte der vorgeschlagene Vertrag die beteiligten Staaten vor einem Angriff dadurch schützen, dass »jedesmal, wenn nach Ansicht eines von ihnen die Gefahr eines bewaffneten Überfalls in Europa auf einen oder mehrere Vertragspartner entstanden ist«, wechselseitige Konsultationen vorgesehen wurden, wie dieser Gefahr zu begegnen sei. Ein derartiger Überfall werde als Überfall auf alle betrachtet werden und jeden anderen Teilnehmerstaat zur Hilfeleistung »mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt«, verpflichten.[89] Anders als bei einem Bündnis, das den Verteidigungsfall von vornherein festlegt und das dafür notwendige Handeln praktisch vorbereitet, bleiben alle Fragen im Zusammenhang mit dem zugesicherten Schutz offen. Wenn Maßnahmen zu dessen Gewährleistung erforderlich werden, entscheiden die Vertragspartner, die keiner Bindung durch eine gemeinsame militärische Abwehrfront und eine gemeinsame politische Lagebewertung unterliegen, jeweils nach eigenem Gutdünken aufgrund ihrer Einschätzungen, Vorstellungen und Interessen. Insoweit diese divergieren, lassen sich im Bedarfsfall Untätigkeit und gar Aggressionsunterstützung mit Behauptungen rechtfertigen, die der Sicht der bedrohten Seite widersprechen. In einem politisch geteilten Europa war das mit Gewissheit zu erwarten. Den Beweis, dass ein kollektives Sicherheitssystem mangels verbindlicher Festlegungen keine verlässliche Sicherheit schafft, hatte schon der Völkerbund in den 1930er Jahren durch das eklatante Versagen gegenüber den Aggressionen Mussolinis und Hitlers erbracht.

Niemand im Kreml erwartete, dass es auf der Berliner Konferenz ernsthaft zu Verhandlungen über das kollektive Sicherheitssystem kommen könnte. In Anbetracht dessen, dass die Reden der Außenminister stets sofort an die Presse gegeben wurden, war die Öffentlichkeit der eigentliche Adressat. Ihr – und nicht etwa den westlichen Regierungen – sollte klar gemacht werden, dass sich zwar an der Spaltung in Deutschland nichts ändern lasse, die Zweiteilung Europas aber überwunden werden könne, wenn an die Stelle der »aggressiven NATO« eine Organisation trete, die den ganzen Kontinent umfasse. Das würde die Völker auch vor der »faschistischen« und der »militaristischen« Gefahr schützen, die von Adenauer und seinem Regime ausgehe. Die Aufmerksamkeit des Publikums sollte nicht mehr der deutschen Frage gelten, sondern zunehmend auf das Ziel ausgerichtet werden, den Ost-West-Gegensatz und den Kalten Krieg durch die Absage an das Bündnis mit den USA zu beseitigen. Die Forderung nach Aufbau eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems war in den folgenden Jahrzehnten eine Konstante der sowjetischen Politik.

Als die DDR aufgrund der sowjetischen Stabilisierungsmaßnahmen hinreichend gefestigt erschien, suchte der Kreml die »weitere allseitige Festigung der Deutschen Demokratischen Republik« durch Herstellung ihrer »größere[n] Selbstständigkeit in den inneren und äußeren Angelegenheiten« herbeizuführen.[90] Deshalb erklärte die UdSSR am 25. März 1954, sie nehme »mit der Deutschen Demokratische Republik die gleichen Beziehungen auf wie mit anderen souveränen Staaten« und billige ihr zu, »nach eigenem Ermessen über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten einschließlich der Frage der Beziehungen zu Westdeutschland zu entscheiden.« Demnach stand ihr das Recht zu, mit der Bundesrepublik über das beiderseitige Verhältnis zu verhandeln, während die UdSSR sich weiter alle Kompetenzen bezüglich der »Gewährleistung der Sicherheit« und der Berlin betreffenden Verpflichtungen vorbehielt. Die der DDR übertragenen Rechte wurden abhängig gemacht von der Einhaltung der Auflagen des Potsdamer Abkommens in Bezug auf »die Entwicklung Deutschlands als eines friedliebenden und demokratischen Staates« sowie auch hinsichtlich des »zeitweiligen Aufenthalt[s] der sowjetischen Truppen«. Das erlaubte es der Sowjetunion, auf dem Fortbestand des von ihr oktroyierten politischen Systems und auf der Erfüllung aller Wünsche ihrer im Lande dislozierten Streitkräfte zu bestehen.[91]

Ostberlin erklärte sich in aller Form zur Erfüllung der Bedingungen bereit.[92] Das nunmehr der ostdeutschen Seite zugebilligte Mehr an Selbstständigkeit drückte sich vor allem darin aus, dass ihrer Verwaltung von der SKK keine Weisungen mehr in jeder Hinsicht erteilt wurden. Bis dahin war das auch bei Nebensächlichkeiten wie etwa der Verordnung zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche bei Rindern der Fall gewesen.[93] In Fragen von größerer Bedeutung war die SED-Führung weiter an die »Empfehlungen« der sowjetischen »Freunde« gebunden.[94] Dieser Einschränkung schien zu widersprechen, dass die UdSSR in ihrer Erklärung der DDR ausdrücklich die Zuständigkeit für die – durchaus nicht unwichtigen – Verhandlungen mit der Bundesrepublik zuwies. Der Grund dafür war, dass Adenauer damit das auch für den Kreml ärgerliche Argument der Vier-Mächte-Verantwortung für die deutsche Frage aus der Hand geschlagen werden sollte, mit dem er die Verweigerung von Gesprächen mit Ostberlin begründete. Zwar ließ er sich damit nicht von seiner Haltung abbringen, doch konnte das SED-Regime jetzt sein Verlangen nach staatlicher Anerkennung gegenüber anderen Regierungen mit mehr Überzeugungskraft geltend machen. Das führte zwar zu keinem Durchbruch, stärkte aber seine Position und erleichterte in der folgenden Zeit Teilerfolge.[95]

Untersuchungsergebnisse

In den Jahren 1951 bis 1954 änderte die UdSSR ihre Westpolitik von Grund auf. Als der von Stalin gebilligte und unterstützte Überfall Nordkoreas auf den südlichen Landesteil die USA und ihre Verbündeten zu dem – in Moskau nicht erwarteten – Entschluss veranlasste, eine Verteidigungsfront in Europa unter Einschluss der Bundesrepublik aufzubauen, gab sie den damit aussichtslos gewordenen Versuch auf, durch Mobilisierung der deutschen Bevölkerung für die nationale Einheit unter sowjetischem Vorzeichen eine dominierende Position auf dem europäischen Kontinent zu gewinnen. Nach Zwischenetappen mit nur augenblicksbedingten Zielen unterbreitete der Kreml der europäischen Öffentlichkeit das für ihn jahrzehntelang maßgebende Konzept, dass ein gemeinsames Sicherheitssystem von Ost und West geschaffen werden solle. Dahinter verbarg sich die Absicht, die NATO und die amerikanische Präsenz zu beseitigen. Aufgrund dieses Politikwechsels wurde der DDR eine veränderte Funktion zugewiesen. Sollte sie zu Anfang bei den Westdeutschen das Verlangen nach Wiedervereinigung durch Anschluss an die DDR als vorgeblich »bürgerlich-demokratischen« Staat wecken, so ging es seit 1953/54 im Gegenteil darum, aus ihr mittels klarer Trennung von der Bundesrepublik eine stabile Bastion des sowjetischen Lagers im Kampf gegen den Westen zu machen.

Nachdem die Forschung bisher nur Einzelvorgänge der sowjetischen Deutschland-Politik bzw. des Vorgehens der DDR in den frühen 1950er Jahren behandelt hat, wobei meist nur Quellen westlicher und ostdeutscher Herkunft zugrunde gelegt wurden, wird hier eine Gesamtdarstellung dieser Umbruchphase unter Einbeziehung der zur Einsicht freigegebenen russischen Archivalien vorgelegt. Daraus ergibt sich eine veränderte Sicht. Den bisherigen Publikationen ist fast durchweg zu entnehmen, dass die SED-Führung selbst über ihre Politik entschieden habe und nur in außergewöhnlichen Fällen – etwa 1951/52 angesichts der Herausforderung durch die Pläne der »Militarisierung Westdeutschlands« oder in den Krisen vor und nach dem 17. Juni 1953 – sowjetischen Eingriffen ausgesetzt gewesen sei. Wenn sie sich dabei weithin in Übereinstimmung mit Moskau befunden habe, sei dies auf eine breite Gemeinsamkeit der Interessen zurückzuführen. Betrachtet man jedoch das Geschehen im Gesamtzusammenhang und legt auch die internen sowjetischen Dokumente zugrunde, so stellt sich heraus, dass die UdSSR das auswärtige Handeln der DDR ausnahmslos nicht nur kontrolliert, sondern auch initiiert und bestimmt hat.

Stalin begann die Abwendung von dem Bemühen, die Machtverhältnisse durch Ansetzen des Hebels in Deutschland zu verändern, mit dem Ausbau der DDR zur Bastion gegen die Bundesrepublik und den Westen insgesamt. Die darauf ausgerichteten Maßnahmen hingen eng miteinander zusammen. Nach Stalins Urteil wurde die DDR erst dadurch, dass sie eine Armee erhielt, zu einem richtigen Staat. Im damaligen Kontext hieß das zugleich, dass sie gemäß sowjetischer Anordnung bis auf Weiteres für die Festigung der nationalen Spaltung eintrat, durch eine uneingeschränkte sozialistische Transformation den Systemgegensatz zu den westlichen Landesteilen auf die Spitze trieb und wegen der aufgrund des Kurswechsels zu erwartenden Zunahme des Fluchtwillens genötigt war, die Grenze zur Bundesrepublik zu sperren. Wie die vorliegenden Quellen klar erkennen lassen, war die Entscheidung für diese Politik vor der Stalin-Note vom 10. März 1952 gefallen. Die Zurückweisung durch die Westmächte war in Moskau erwartet worden und sollte nach internem Bekunden als Alibi für die Kehrtwende in der Frage der deutschen Einheit dienen.

Die Abriegelung der innerdeutschen Grenze erfüllte ihren Zweck nur in eingeschränktem Maße. Die Ablehnung, welche die – weithin angewandte – Nötigung zum Militärdienst, die Kollektivierung der Landwirtschaft und weitere Zwangspraktiken weckte, ließ den Flüchtlingsstrom über Berlin anschwellen. Wie jetzt nachgewiesen werden kann, drang Ulbricht bei der sowjetischen Seite auf Schließung dieses Schlupflochs. Stalin ließ das Ersuchen mehr als zwei Monate lang bis zu seinem Tod unbeantwortet liegen. Seine Nachfolger wollten angesichts außen- wie innenpolitischer Ungewissheit das Verhältnis zum Westen entspannen und daher die Lage in der Vier-Sektoren-Stadt keinesfalls verschärfen. Nachdem ihnen aber klar geworden war, dass die DDR einer Krise entgegenging, hielten sie es für notwendig, die ostdeutsche Bevölkerung durch Zurücknahme der ihr aufgezwungenen Maßnahmen zur Forcierung des Sozialismus zufriedenzustellen.

Der »Neue Kurs«, den der Kreml deshalb dem SED-Regime abverlangte, schlug aus drei Gründen fehl. Ulbricht leistete hinhaltenden Widerstand und verhinderte die rasche Einleitung ausführender Maßnahmen. Als unter dem Druck der Besatzungsmacht und der Mehrheit im Politbüro schließlich der Kurswechsel bekannt gemacht wurde, gab es – vermutlich wegen der bestehenden Differenzen – keine Angaben über die damit verbundene Absicht. Das hatte zur Folge, dass sich in der Bevölkerung die Ansicht verbreitete, die UdSSR lasse das SED-Regime wahrscheinlich fallen. Als zudem eine von Ulbricht veranlasste Normenerhöhung Arbeiterlöhne schmälerte, kam es zu einer politischen Explosion. Proteste und Streiks, die von der Berliner Stalinallee ausgingen, betrafen rasch die kommunistische Herrschaft insgesamt und verbreiteten sich am 17. Juni über die ganze DDR. Bezeichnenderweise richtete sich die Ablehnung gegen die einheimischen Unterdrücker. Gegenüber der Besatzungsmacht traten keine feindlichen Gefühle zutage, solange die sowjetischen Truppen noch nicht gegen die rebellierenden Massen eingesetzt wurden.

Die Frage nach der Verantwortung dafür, dass der Aufstand nicht verhindert worden war, wurde zur Waffe im führungsinternen Machtkampf. Die ideologisch begründete These, Arbeiter könnten sich nicht aus eigenem Antrieb gegen »ihre« Partei gewandt haben und müssten folglich von einer feindlichen Agentenzentrale angeleitet worden sein, führte zu der Schlussfolgerung, die Geheimdienste hätten die Vorbereitungen der »Imperialisten« nicht entdeckt und damit versagt. Die Auswechslung der Kader der Ostberliner KGB-Residentur ließ sich zusammen mit anderen Fakten als Beweis verwenden, dass ihr oberster Chef im Kreml, Berija, die Blindheit bewusst herbeigeführt habe. Ulbricht nutzte die Gelegenheit, um auch dessen Pendant in der SED, Zaisser, des Verrats am Sozialismus zu beschuldigen, die Reformfraktion im Politbüro mit ihm in eine Reihe zu stellen und sich an ihrer Stelle als Garant des sowjetischen Interesses zu empfehlen.

Ulbricht konnte sich zwar auf diese Weise seiner Kritiker und Rivalen entledigen, musste aber den von ihnen unterstützten »Neuen Kurs« in den wesentlichen Teilen übernehmen, den die sowjetische Führung nach wie vor als den einzigen Ausweg aus der Krise ansah. Als die innere Stabilität von Partei und Staat hinreichend wiederhergestellt schien, suchte der Kreml die ostdeutsche Bastion auch nach außen hin zu festigen und mit internationaler Autorität auszustatten. Im Blick darauf billigte die UdSSR der DDR in einer öffentlichen Erklärung erweiterte souveräne Rechte zu, behielt sich aber die Kompetenzen in den Fragen der Sicherheit und der Vier-Mächte-Beziehungen vor, um die Konfliktkontrolle an der Front gegenüber dem Westen uneingeschränkt in der Hand zu behalten.

Online erschienen: 2017-5-30
Erschienen im Druck: 2017-5-4

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Titelseiten
  2. Artikel
  3. Militärische Strategie und christliche Propaganda
  4. Grenzenloses Heldentum revisited
  5. Aufrüstung, Grenzschließung und Besatzungsstatus der DDR
  6. Forschungsberichte
  7. Reisen in die Vergangenheit
  8. Deutsche Militärgeschichte von 1945 bis 1990 im internationalen Kontext
  9. Nachrichten aus der Forschung
  10. »Psychiatrie im Ersten Weltkrieg«
  11. »Gibt es eine deutsch-deutsche Militärgeschichte als neuere Zeitgeschichte?«
  12. »Materialschlachten 1916. Ereignis, Bedeutung, Erinnerung«
  13. Buchbesprechungen: Allgemeines
  14. Reinhard Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, 2., aktual. Aufl., Paderborn [u. a.]: Schöningh 2016, 455 S., EUR 22,99 [ISBN 978-3-8252-4236-7]
  15. Christian Koller, Die Fremdenlegion. Kolonialismus, Söldnertum, Gewalt 1831–1962, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2013, 340 S., EUR 34,90 [ISBN 978-3-506-77563-4]
  16. Jann M. Witt, Deutsche Marinegeschichte, Berlin: Palm Verlag 2015, 144 S., EUR 14,95 [ISBN 978-3-944594-23-1]
  17. Oliver Heyn, Das Militär des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen 1680–1806, Köln [u. a.]: Böhlau 2015, 488 S. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe, 47), EUR 59,90 [ISBN 978-3-412-50154-9]
  18. Norman Polmar and Edward Whitman, Hunters and Killers, vol. 1: Anti-Submarine Warfare from 1776 to 1943, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2015, XII, 209 S., $ 44.95 [ISBN 978-1-59114-689-6]
  19. Dieter Kürschner, Leipzig als Garnisonsstadt 1866–1945/49. Aus dem Nachlass. Hrsg. von Ulrich von Hehl und Sebastian Schaar, Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2015, 726 S. (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Leipzig, 10), EUR 98,00 [ISBN 978-3-86583-907-7]
  20. Ulrich Raulff, Das letzte Jahrhundert der Pferde. Geschichte einer Trennung, 4. Aufl., München: Beck 2016, 461 S., EUR 29,95 [ISBN 978-3-406-68244-5]
  21. Carl Duisberg (1861–1935). Briefe eines Industriellen. Bearb. und eingel. von Kordula Kühlem, München: Oldenbourg 2012, VIII, 766 S. (= Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts, 68), EUR 118,00 [ISBN 978-3-486-71283-4]
  22. Stefan Deißler, Eigendynamische Bürgerkriege. Von der Persistenz und Endlichkeit innerstaatlicher Gewaltkonflikte, Hamburg: Hamburger Edition 2016, 367 S., EUR 35,00 [ISBN 978-3-86854-297-4]
  23. Buchbesprechungen: Altertum und Mittelalter
  24. Robert Rollinger, Alexander und die großen Ströme. Die Flussüberquerungen im Lichte altorientalischer Pioniertechniken (Schwimmschläuche, Keleks und Pontonbrücken), Wiesbaden: Harrassowitz 2013, XVI, 177 S. (= Classica et Orientalia, 7), EUR 38,00 [ISBN 978-3-447-06927-4]
  25. Mathis Mager, Krisenerfahrung und Bewältigungsstrategien des Johanniterordens nach der Eroberung von Rhodos 1522, Münster: Aschendorff 2014, 387 S., EUR 28,00 [ISBN 978-3-402-13049-6]
  26. Buchbesprechungen: Frühe Neuzeit
  27. Magnus Ressel, Zwischen Sklavenkassen und Türkenpässen. Nordeuropa und die Barbaresken in der Frühen Neuzeit, Berlin, Boston: De Gruyter 2012, 834 S. (= Pluralisierung & Autorität, 31), EUR 159,95 [ISBN 978-3-11-028249-8]
  28. Gregory Hanlon, The Hero of Italy. Odoardo Farnese, Duke of Parma, his Soldiers, and his Subjects in the Thirty Years' War, Oxford: Oxford University Press 2014, XIII, 241 S., £ 60.00 [ISBN 978-0-19-968724-4]
  29. ›Princess Hedvig Sofia‹ and the Great Northern War. Ed. by Ralf Bleile and Joachim Krüger, Dresden: Sandstein 2015, 415 S., EUR 78,00 [ISBN 978-3-95498-166-3] Von Degen, Segeln und Kanonen – Der Untergang der Prinzessin Hedvig Sofia. Hrsg. von Kirsten Baumann und Ralf Bleile, Dresden: Sandstein 2015, 291 S., EUR 28,00 [ISBN 978-3-95498-167-0]
  30. Buchbesprechungen: 1789–1870
  31. Frank Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen in Preußen im 18. Jahrhundert. Akteure – Medien – Dynamiken, Göttingen: V&R unipress 2016, 305 S. (= Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, 21), EUR 45,00 [ISBN 978-3-8471-0496-4]
  32. Heinz Stübig, Mars und Minerva. Militär und Bildung in Deutschland seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Gesammelte Beiträge, Marburg: Tectum 2015, 331 S., EUR 29,95 [ISBN 978-3-8288-3620-4]
  33. Gerhard von Scharnhorst, Private und dienstliche Schriften, Bd 8: Tragischer Vollender (Preußen 1813). Hrsg. von Johannes Kunisch und Michael Sikora. Bearb. von Tilman Stieve, Köln [u. a.]: Böhlau 2014, XXXVII, 1020 S. (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, 52,8), EUR 99,00 [ISBN 978-3-412-22184-3]
  34. Tom Buk-Swienty, Dommedag Als. 29. juni 1864. Kampen for Danmarks eksistens, 2. udg., 5. opl., København: Gyldendal 2013, XVIX, 473 S., DK 249,95 [ISBN 978-87-02-11795-0] Johan Peter Noack, Da Danmark blev Danmark. Fortællinger af forhistorien til 1864, København: Gyldendal 2014, 356 S., DK 349,95 [ISBN 978-87-02-15784-0]
  35. Buchbesprechungen: 1871–1918
  36. Elke Hartmann, Die Reichweite des Staates. Wehrpflicht und moderne Staatlichkeit im Osmanischen Reich 1869–1910, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2016, 470 S. (= Krieg in der Geschichte, 89), EUR 58,00 [ISBN 978-3-506-78373-8]
  37. Klaus-Jürgen Bremm, Armeen unter Dampf. Die Eisenbahnen in der europäischen Kriegsgeschichte 1871–1918, Hövelhof: DGEG Medien 2013, 127 S., EUR 24,80 [ISBN 978-3-937189-75-8]
  38. Katharina Rogge-Balke, Befehl und Ungehorsam. Kaiserliches Militär und wilhelminische Gesellschaft im satirischen Blick des Simplicissimus, Marburg: Tectum 2014, XI, 502 S., EUR 44,95 [ISBN 978-3-8288-3435-4]
  39. The Naval Route to the Abyss. The Anglo-German Naval Race 1895–1914. Ed. by Matthew S. Seligmann, Frank Nägler and Michael Epkenhans, Farnham: Ashgate 2015, XLIX, 508 S. (= Publications of the Navy Records Society, 161), £ 95.00 [ISBN 978-1-4724-4093-8]
  40. The Purpose of the First World War. War Aims and Military Strategies. Hrsg. von Holger Afflerbach, Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg 2015, X, 258 S. (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 91), EUR 54,95 [ISBN 978-3-11-034622-0]
  41. William Mulligan, The Great War for Peace, New Haven, CT, London: Yale University Press 2014, VIII, 443 S., $ 35.00 [ISBN 978-0-300-17377-2]
  42. An der Front und hinter der Front. Der Erste Weltkrieg und seine Gefechtsfelder / Au front et à l’arrière. La Première Guerre mondiale et ses champs de bataille. Hrsg. von Rudolf Jaun [u. a.], Baden: Hier und Jetzt 2015, 318 S. (= Ares. Histoire militaire – Militärgeschichte, 2), EUR 44,00 [ISBN 978-3-03919-345-5]
  43. Alexander Watson, Ring of Steel. Germany and Austria-Hungary at War, 1914–1918, London [u. a.]: Penguin Books 2014, XXIV, 788 S., £ 12.99 [ISBN 978-0-141-04203-9]
  44. Holger H. Herwig, Marne 1914. Eine Schlacht, die die Welt veränderte?, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2016, X, 339 S.(= Zeitalter der Weltkriege, 13), EUR 39,90 [ISBN 978-3-506-78195-6]
  45. Christian Jentzsch und Jann M. Witt, Der Seekrieg 1914–1918. Die Kaiserliche Marine im Ersten Weltkrieg, Darmstadt: Theiss 2016, 184 S., EUR 39,95 [ISBN 978-3-8062-3272-1]
  46. Hans Joachim Koerver, Krieg der Zahlen. Deutscher Ubootkrieg, britische Blockade, und Wilsons Amerika 1914–1919, Bd 1: Die Ära Tirpitz 1914 bis 1916, Steinbach: LIS Reinisch 2015, 239 S., EUR 44,90 [ISBN 978-3-902433-80-0]
  47. Jörg Mückler, Deutsche Flugzeuge des Ersten Weltkrieges, Stuttgart: Motorbuch 2013, 223 S., EUR 29,90 [ISBN 978-3-613-03605-5]
  48. Helmut Jäger, Luftbilder auf der Karte finden. Luftaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg lokalisieren, München: Venorion 2014, VII, 212 S., EUR 24,90 [ISBN 978-3–98 16934-0-9]
  49. Paul Jankowski, Verdun. Die Jahrhundertschlacht. Aus dem Engl. von Norbert Juraschitz, Frankfurt a. M.: Fischer 2015, 427 S., EUR 26,99 [ISBN 978-3-10-036303-9]
  50. Gerd Krumeich und Antoine Prost, Verdun 1916. Die Schlacht und ihr Mythos aus deutsch-französischer Sicht. Aus dem Franz. von Ursula Böhme, Essen: Klartext 2016, 272 S., EUR 19,95 [ISBN 978-3-8375-1570-1]
  51. Gerhard Artl, Die »Strafexpedition«. Österreich-Ungarns Südtiroloffensive 1916, Brixen: Weger 2015, 360 S., EUR 25,00 [ISBN 978-88-6563-127-0]
  52. »Solange die Welt steht, ist soviel Blut nicht geflossen«. Feldpostbriefe badischer Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918. Hrsg. vom Landesverein Badische Heimat e.V. und dem Landesverband Baden-Württemberg im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Ausgewählt, mitgeteilt und kommentiert von Marcel Kellner und Knud Neuhoff, Freiburg i.Br. [u. a.]: Rombach 2014, X, 383 S. (= Schriftenreihe der Badischen Heimat, 9), EUR 34,90 [ISBN 978-3-7930-5117-6]
  53. Aleksandra V. Kaljakina, Pod ochranoj russkogo velikodušija. Voennoplennye Pervoj mirovoj vojny v Saratovskom Povol'že (1914–1922) [Unter dem Schutz der russischen Großmut. Die Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges im Wolgagebiet bei Saratov], Moskau: Kuckovo pole 2014, 303 S., RUB 386,00 [ISBN 978-5-9950-0443-1]
  54. Phillip G. Pattee, At War in Distant Waters. British Colonial Defense in the Great War, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2013, XIV, 273 S., $ 59.95 [ISBN 978-1-61251-194-8]
  55. Paul Cornish, The First World War Galleries. Foreword by HRH The Duke of Cambridge, London: Imperial War Museum 2014, 224 S., £ 35.00 [ISBN 978-1-90489-786-6] 14 – Menschen – Krieg. Katalog und Essays zur Ausstellung zum Ersten Weltkrieg. Hrsg. von Gerhard Bauer, Gorch Pieken und Matthias Rogg, Dresden: Sandstein 2014, 308+408 S. (= Schriftenreihe des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, 9), EUR 35,00 [ISBN 978-3-95498-076-5]
  56. Der Erste Weltkrieg in 100 Objekten. Hrsg. von der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Darmstadt: Theiss 2014, 244 S., EUR 24,95 [ISBN 978-3-8062-2967-7]
  57. Dieter Storz, Der Große Krieg. 100 Objekte aus dem Bayerischen Armeemuseum, Essen: Klartext 2014, 457 S. (= Kataloge des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt, 12), EUR 22,95 [ISBN 978-3-837-51174-1]
  58. Buchbesprechungen: 1919–1945
  59. Sven Felix Kellerhoff, »Mein Kampf«. Die Karriere eines Buches, Stuttgart: Klett-Cotta 2015, 367 S., EUR 24,95 [ISBN 978-3-608-94895-0] Matthias Kessler, Eine Abrechnung. Die Wahrheit über Adolf Hitlers »Mein Kampf«, Berlin: Europa Verlag 2015, 319 S., EUR 22,90 [ISBN 978-3-944305-94-3]
  60. Adam Tooze, The Deluge. The Great War and the Remaking of Global Order, 1916–1931, London: Allen Lane 2014, XXIII, 644 S., £ 30.00 [ISBN 978-1-846-14034-1]
  61. At the Crossroads between Peace and War. The London Naval Conference of 1930. Ed. bei John H. Maurer and Christopher M. Bell, Annapolis, MD: Naval Institute Press 2014, X, 269 S., $ 59.95 [ISBN 978-1-61251-326-3]
  62. Michael Grüttner, Das Dritte Reich 1933–1939, 10., völlig neu bearb. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta 2014, 606 S. (= Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, 19), EUR 45,00 [ISBN 978-3-608-60019-3]
  63. Claudia Weber, Krieg der Täter. Die Massenerschießungen von Katyń, Hamburg: Hamburger Edition 2015, 471 S., EUR 35,00 [ISBN 978-3-86854-286-8]
  64. Maren Röger, Kriegsbeziehungen. Intimität, Gewalt und Prostitution im besetzten Polen 1939 bis 1945, Frankfurt a. M.: Fischer 2015, 304 S., EUR 24,99 [ISBN 978-3-10-002260-8]
  65. Thomas Casagrande, Südtiroler in der Waffen-SS. Vorbildliche Haltung, fanatische Überzeugung, Bozen: Edition Raetia 2015, 237 S., EUR 24,90 [ISBN 978-88-7283-539-5]
  66. Florian Traussnig, Militärischer Widerstand von außen. Österreicher in US-Armee und Kriegsgeheimdienst im Zweiten Weltkrieg, Wien [u. a.]: Böhlau 2016, 360 S., EUR 39,99 [ISBN 978-3-205-20086-4]
  67. Peter Raina, A Daring Venture. Rudolf Hess and the Ill-Fated Peace Mission of 1941, Oxford [u. a.]: Lang 2014, XIV, 278 S., EUR 58,90 [ISBN 978-3-0343-1776-4]
  68. Georg Hoffmann, Fliegerlynchjustiz. Gewalt gegen abgeschossene alliierte Flugzeugbesatzungen 1943–1945, Paderborn [u. a.]: Schöningh 2015, 428 S. (= Krieg in der Geschichte, 88), EUR 39,90 [ISBN 978-3-506-78137-6]
  69. Johannes Tuchel, Die Todesurteile des Kammergerichts 1943 bis 1945. Eine Dokumentation, Berlin: Lukas 2016, 455 S., EUR 24,90 [ISBN 978-3-86732-229-4]
  70. Ralf Blank, »Bitter Ends«. Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet 1944/45, Essen: Klartext 2015, 364 S., EUR 22,95 [ISBN 978-3-8375-1192-5]
  71. Veronika Diem, Die Freiheitsaktion Bayern. Ein Aufstand in der Endphase des NS-Regimes, Kallmünz: Laßleben 2013, VIII, 520 S. (= Münchener Historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte, 19), EUR 39,00 [ISBN 978-3-7847-3019-6]
  72. Alexander W. Hoerkens, Unter Nazis? Die NS-Ideologie in den abgehörten Gesprächen deutscher Kriegsgefangener von 1939–1945, Berlin: be.bra 2014, 373 S., EUR 38,00 [ISBN 978-3-95410-040-8]
  73. Jane Chapman [et al.], Comics and the World Wars. A Cultural Record, Basingstoke: Palgrave 2015, XIV, 217 S. (= Palgrave Studies in the History of the Media), £ 60.00 [ISBN 978-1-137-27371-0]
  74. Kriegswichtig! Die Bücher der Luftkriegsakademie Berlin-Gatow. Katalog zur Ausstellung der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin vom 1. Oktober bis 14. November 2015. Hrsg. von Cornelia Briel, Regine Dehnel und Jürgen Ruby, Berlin: Militärhistorisches Museum der Bundeswehr – Flugplatz Gatow 2015, 102 S. (= Texte und Materialien, 15), EUR 00,00 [ISBN 978-3-00-050515-7]
  75. Buchbesprechungen: Nach 1945
  76. Jeremy Black, The Cold War. A Military History, London [u. a.]: Bloomsbury 2015, XII, 263 S., £ 20,69 [ISBN 978-1-4742-1798-9]
  77. Verhört. Die Befragungen deutscher Generale und Offiziere durch die sowjetischen Geheimdienste 1945–1952. Hrsg. von Wassili S. Christoforow, Wladimir G. Makarow und Matthias Uhl, Berlin [u. a.]: De Gruyter Oldenbourg 2015, X, 467 S. (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Moskau, 6), EUR 49,95 [ISBN 978-3-11-041604-6]
  78. Clemens Range, Kriegsgedient. Die Generale und Admirale der Bundeswehr, Müllheim: Translimes Media 2013, 647 S., EUR 44,90 [ISBN 978-3-00-043646-8]
  79. Dieter E. Kilian, Führungseliten. Generale und Admirale der Bundeswehr 1955–2015. Politische und Militärische Führung, Bielefeld: Osning 2014, 668 S., EUR 64,00 [ISBN 978-3-9814963-2-1]
  80. Kristan Stoddart, Facing Down the Soviet Union. Britain, the USA, NATO and Nuclear Weapons, 1976–1983, London [u. a.]: Palgrave 2014, XII, 323 S., £ 60.00 [ISBN 978-1-137-44031-0]
  81. Srdja Popovic und Matthew Miller, Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt. Aus dem Engl. von Jürgen Neubauer, Frankfurt a. M.: Fischer 2015, 230 S., EUR 16,99 [ISBN 978-3-596-03377-5]
  82. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Downloaded on 17.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/mgzs-2017-0003/html
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