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C. Sebastian Sommer (1956–2021)

  • Doris Ebner
Veröffentlicht/Copyright: 28. Januar 2022
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Am 1. Dezember 2021 hätte für Landeskonservator C. Sebastian Sommer der Ruhestand beginnen sollen. Während im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) schon die Vorbereitungen für eine Abschiedsfeier getroffen wurden und die Gesamtbayerische Archäologietagung am 15.–17. Oktober in Mindelheim unmittelbar bevorstand, auf der sich Sommer von den Haupt- und Ehrenamtlichen verabschieden wollte, erreichte das BlfD die Nachricht, dass C. Sebastian Sommer am 12. Oktober 2021 plötzlich verstorben ist.

Am 14. Januar 1956 in Stuttgart geboren, ist Sommer im hessischen Hofheim aufgewachsen. Nach dem Abitur leistete er den Wehrdienst in einer U-Boot-Formation bei der Marine ab und nahm anschließend das Studium der Chemie auf. Seine wahre Berufung fand er aber erst nach dem Wechsel zum Studienfach Provinzialrömische Archäologie, dem er sich sofort und für sein ganzes Berufsleben mit Leidenschaft zuwandte. München, Freiburg und Oxford waren Stationen seiner Ausbildung; seine akademischen Lehrer Günter Ulbert und Sheppard Frere zählte er noch Jahrzehnte später zu den wichtigsten Männern in seinem Leben. Dem römischen Britannien und den Kollegen in England und Schottland blieb er stets eng verbunden.

Die berufliche Laufbahn begann Sommer 1984 am Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg als Referent für Provinzialrömische Archäologie (bis 2001), ab 1995 auch als Leiter des Referats Schwerpunktgrabungen und Zentrale Fachdienste. Als Ausgräber vor Ort war er anfangs insbesondere in Ladenburg bei den Grabungen im römischen Ortskern längere Zeit beschäftigt.

2002 erfolgte der Wechsel an das BLfD. Er folgte Rainer Christlein und Erwin Keller als Abteilungsleiter der Bodendenkmalpflege und Stellvertreter des Generalkonservators. Beinahe 20 Jahre prägte er die Geschicke der Bodendenkmalpflege in Bayer maßgeblich mit. Sommer hatte den Mut zu tief greifenden Veränderungen und die Tatkraft, diese auch unter widrigen Umständen umzusetzen. Als Folge der Bayerischen Verwaltungsreform 2003 war die Schließung von drei archäologischen Dienststellen in Landshut, Würzburg und Ingolstadt hinzunehmen; Referatsgebiete wurden zusammengelegt. Eine Neuausrichtung der praktischen Arbeit gelang durch die Etablierung des Veranlasserprinzips, wofür erst gesetzliche Grundlagen geschaffen werden mussten. Sommer rückte den Schutzanspruch für die archäologischen Denkmale immer wieder in den Vordergrund – Bewahren vor Ausgraben –, was mit der Sichtweise der Museen und der universitären Forschung nicht immer kongruent war. In der Behörde wurden die Verwaltungsabläufe durch die Einführung eines Fachinformationssystems modernisiert, effizienter gestaltet und der Öffentlichkeit der Zugang zum Denkmalbestand durch den Bayerischen DenkmalAtlas ermöglicht. Eine Professionalisierung des Ausgrabungswesens ging mit der Gründung zahlreicher freiberuflicher Grabungsfirmen und der Neuausrichtung des Ehrenamts einher. In allen Bereichen versuchte Sommer, durch eigenes Engagement zu überzeugen und die Akteure an einem Strang ziehen zu lassen. So war er bis 2011 auch Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Archäologie in Bayern e. V., zu deren 25-jährigem Bestehen er 2006 den Band »Archäologie in Bayern – Fenster zur Vergangenheit« zusammenstellte. An der Universität Bamberg wurde für das Studienfach »Archäologische Denkmalpflege unter Berücksichtigung der Archäologie der Römischen Provinzen« zum Honorarprofessor ernannte. Zudem wirkte er an der Bayerischen Verwaltungsschule als Dozent.

 
Sebastian Sommer beim Besuch einer Lehrgrabung in Jesenwang 2020

Sebastian Sommer beim Besuch einer Lehrgrabung in Jesenwang 2020

An weiteren Betätigungsfeldern und Mitgliedschaften außerhalb des BLfD ist insbesondere die Deutsche Limeskommission zu nennen, deren Gründungsmitglied Sommer war und der er seit 2009 als Vorsitzender vorstand. Der römische Limes war ihm ein ganz besonderes Anliegen. Mit der ihm eigenen Energie trieb er die Bewerbung um den UNESCO-Welterbetitel voran, die 2005 in Durban zum Erfolg führte. 2011 wurden auch die Pfahlbausiedlungen in die Welterbeliste aufgenommen. Die Eintragung des Donaulimes gelang nach Sommers erneutem nachdrücklichem Einsatz 2021 zumindest für das westliche Segment. Inzwischen sind am BLfD zwei Archäologen hauptamtlich für diese Welterbestätten zuständig.

Sommer war Mitglied der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts und ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, außerdem Mitglied der Kommission zur vergleichenden Archäologie römischer Alpen- und Donauländer der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und ab 2006 Fellow der Society of Antiquaries of London. Als langjähriges Mitglied des Chartered Institute for Archaeologists (CIfA) hat er die Gründung einer deutschen Sektion des internationalen Berufsverbands unterstützt; mit der Gründung von CIfA Deutschland im Jahr 2018 wurde er als Schriftführer Mitglied des engeren Vorstands. Beim Verband der Landesarchäologen war er Mitglied und ab 2003 Geschäftsführer.

Neben all diesen Aufgaben fand Sommer immer noch die Zeit, im eigenen Fach zu forschen und zu publizieren. Über 500 Titel enthält die Liste seiner eigenen Veröffentlichungen; zusätzlich hat er als Herausgeber vielen Forschungsarbeiten zum Druck verholfen, Dissertationen gefördert und begleitet; das Publikationswesen im BLfD hatte für ihn einen hohen Stellenwert.

Um neue Wege bei Großprojekten zu suchen – sei es in der Restaurierung oder etwa bei der Aufarbeitung großer ausgegrabener Gräberfelder – war Sommer tatkräftig in vorderster Reihe. Zuletzt konnte er als Principal Investigator das Teilprojekt 7 des DFG-Forschergruppenprojekts 1670 »Transalpine Mobilität und Kulturtransfer« noch nahezu zum Abschluss bringen, womit sich für ihn – mit dem römischen Günzburg als Ort seiner ersten Ausgrabung und Ort seiner letzten wissenschaftlichen Arbeit – ein Kreis geschlossen hätte.

Niemand konnte ahnen, dass C. Sebastian Sommer im Alter von 65 Jahren seinem Ende Mai verstorbenen, verehrten Lehrer Prof. Günter Ulbert kein halbes Jahr später nachfolgen würde. Bis zuletzt hatte er noch Termine wahrgenommen und geplant, Veranstaltungen vorbereitet und an Publikationen geschrieben. Sommer hinterlässt fachlich und menschlich eine große Lücke. Wie ein Vermächtnis liest sich sein letztes Vorwort im Archäologischen Jahr in Bayern 2020, mit dem er sich aus dem offiziellen Dienst verabschiedete. Traurig ist auch, dass er die ihm gewidmete Festschrift, Band 62 der Berichte der Bayerischen Bodendenkmalpflege, nicht mehr in Händen halten wird. Die Denkmalpflege wie auch die Provinzialrömische Archäologie hat einen herausragenden Protagonisten verloren.

  1. Abbildungsnachweis: Rudi Schleich

Published Online: 2022-01-28

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany

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