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Vertikalität im Städtebau

Die Raumwirkung historistischer Kirchen in München
  • Gerhard Ongyerth
Published/Copyright: January 28, 2022
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München überwand im 19. Jahrhundert seine mittelalterlichen Grenzen und erschloss mit einer vorgegebenen Straßen- und Parzellenplanung die Maxvorstadt, Schwabing West, das Gärtnerplatzviertel und das Areal westlich vor dem Ostbahnhof. Dorfkerne wurden durch ausgebaute Straßen, neue Isarbrücken und Hangquerungen an die Kernstadt angebunden. In der schematischen Siedlungsentwicklung setzten viele der zusammen 27 historistischen Kirchen vertikale Akzente, schufen ein Sichtachsennetz und erbrachten in der werdenden Großstadt insgesamt einen bemerkenswerten Beitrag des Kirchenbaus nach der Säkularisation zum Städtebau.

1 Der 97 m hohe Turm der Pfarrkirche St. Paul steht direkt im Verlauf der Landwehrstraße, 2020
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Der 97 m hohe Turm der Pfarrkirche St. Paul steht direkt im Verlauf der Landwehrstraße, 2020

Die Darstellung der Raumwirkung historistischer Kirchen in München ist ein Exkurs über Städtebauliche Denkmalpflege als Methode zur Erfassung und Vermittlung der übergreifenden Denkmaleigenschaft Raumwirkung von Denkmalen. Wirken hoch aufragende Gebäude wie Kirchen bewusst in den umgebenden Wirkungsbezugsraum, so haben sie zumeist mit und in diesem historisch begründete räumliche Zusammenhänge struktureller, funktionaler, visueller oder assoziativer Art: »Es ist ein komplexes, räumliches Netzwerk oder Geflecht, das das Denkmal als historisches Zeugnis in der Geschichtlichkeit des ihn umgebenden Raumes verortet.«[1] Darin unterscheiden sich raumwirksame Denkmale etwa von Hochhäusern, die mit viel Aufwand in Stadtlandschaften hineingeplant werden und dennoch wegen ihrer Geschichtslosigkeit, geringen Quartiersbindung und vertikalen Dominanz mitunter auf bürgerschaftlichen Widerstand treffen.

Die einfachste Form der Raumwirkung einer Kirche ist ihre dauerhafte Sichtbarkeit entlang der Fluchtlinie eines Straßenzuges (Abb. 1), einer Linie in der Ortschaft oder in der Landschaft. Sichtachsen sind angelegte oder frei gehaltene Schneisen entlang einer geraden und niveaugleichen Achse, die den Blick auf Bauten lenken und gleichzeitig Wegeverbindungen zu diesen sein können. Sichtachsen können inszenierte, konstruktiv und mithilfe der Vermessungstechnik exakt in die Landschaft eingefügte Anlagen sein. Sie können auch zufällig entstandene und vorgefundene Schneisen sein.

Historismus im monarchistisch bestimmten Städtebau

Die Aufhebung der Festungseigenschaft Münchens erlöste die Stadt 1791 von den engen und begrenzenden Stadtmauern. 1806 ließ die Erhebung Bayerns zum Königreich einen kulturell potenten Pufferstaat entstehen und brachte München den Titel Königliche Haupt- und Residenzstadt ein. Ihrem Selbstverständnis und Repräsentationsbedürfnis folgend setzten die Monarchen in München eine Stadtentwicklung in Gang, die einer Neugründung gleichkam. Erst 1869 übernahm das Stadtbauamt selbst die Planung der Stadtentwicklung. Architektur, Bauform und Standorte bedeutender öffentlicher Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, insbesondere die großen Kirchenbauten der Zeit nach der Säkularisation orientierten sich an älteren Stilrichtungen. Der historistische Rückgriff sollte an die Bedeutung der Kirche im Mittelalter erinnern und diese in der Gegenwart. Entsprechende historistische Architekturen waren gehalten im Stil der Neuromanik, der Neugotik, der Neurenaissance, des Neubarock, des Klassizismus und im Jugendstil.[2] Die Anwendung des Prinzips Historismus im Städtebau bedeutete die Platzierung neuer oder erweiterter Kirchen in alten und neu entstehenden Quartieren auf erhöhten Standorten, zugleich die städtebauliche Vertikalisierung der Ortsmitten im Stadtbild durch hohe Kirchtürme und die Anbindung der neuen Zentren an die Kernstadt durch Sichtachsen entlang den Straßenfluchten neuer Ortsstraßen. Damit kam es zur Überformung bestehender städtebaulicher Gefüge sowie zur Entwicklung historisch angelehnter Grundrissformen für neue Ortsteile, mit anschließender serienmäßiger Herstellung öffentlicher Gebäude als geschichtsträchtige Monumente in städtebaulich effektvoller Platzierung.[3]

Die evangelische Kirche St. Matthäus (1827–1833, Abbruch 1938) entstand auf einer staatseigenen Freifläche der ehemaligen Glacis vor der westlichen Altstadt.[4] Der Bau schloss den Karlsplatz mit seiner Rückseite ab, blieb aber im Zuge der Entwicklung der ringförmigen Sonnenstraße ein Fremdkörper. Die Maria-Hilf-Kirche (1831–1839) erhebt sich in der bis 1831 eigenständigen Stadt Au östlich der Kernstadt. König Ludwig I. finanzierte für die Au eine auch noch in der Altstadt von München sichtbare monumentale Stadtpfarrkirche im Stil der deutschen Gotik. Das Bauwerk nahm mit einem 92 Meter hohen Turm auch städtebaulichen Bezug zur 1832 errichteten Reichenbachbrücke, dem Brückenschlag zwischen der Kernstadt und der Au.[5]

Nordwestlich der Altstadt entwickelte sich nach einem Generallinienplan die Maxvorstadt mit großen, rechtwinkligen Baublöcken.[6] St. Ludwig (1829–1844) diente als Pfarrkirche für die neue Gemeinde um die Universität und die Maxvorstadt. Das Turmpaar der

Kirche setzt mittig im Verlauf der Ludwigstraße den einzigen vertikalen Akzent und weist in der Stadtsilhouette auf das damals neue Stadtquartier Maxvorstadt hin.

Im Osten der Stadt wurden aus den 1854 eingemeindeten Siedlungen Haidhausen, Untergiesing und Obergiesing Vorstädte. Auch sie erhielten, wie zuvor die Au, städtebaulich wirksam positionierte Kirchenneubauten. Der 97 Meter hohe Turm der Pfarrkirche St. Johann Baptist (1852–1874) in Haidhausen wurde dabei eine äußerst sichtbare Dominante, über fast 5 Kilometer hinweg, über die Prannerstraße und bis weit in die Karlstraße /Maxvorstadt hinein.

Bürgerliche Terrainerschließung

In der wachsenden Stadt steuerten bald auch bürgerliche Grundbesitzer die Terrainerschließung. Die bevorzugte Anlage eines linearen Straßenverlaufs und die gezielte Auflockerung der daran errichteten vierbis fünfgeschossigen Blockbebauung durch regelmäßig geformte, runde oder rechteckige Plätze entsprachen vom Grundriss her dem landesherrlich gesteuerten Städtebau, waren aber schematischer, monotoner und frei von aufwertenden historistischen Sonderbauten.[7] Zur Regierungszeit König Maximilians II. (1848– 1886) gelang es der protestantischen Stadtpfarrei München, ihre zweite Pfarrkirche St. Markus (1873–1876) in der Maxvorstadt zu errichten. Durch die Festlegung der Prinzregentenstraße nach 1891 entstand eine starke städtebauliche Anbindung an das östliche Stadtgebiet: Vom Friedensengel aus geht der Blick entlang der Prinzregentenstraße direkt auf den Turm von St. Markus.

Im Westend entstand zur Entlastung von St. Bonifaz die Filialkirche St. Benedikt (1878–1880) mit gewisser städtebaulicher Wirkung entlang der Landsberger Straße zur Donnersberger Brücke. Der Neubau der Pfarrkirche Heilig Kreuz (1866–1886) erhielt einen städtebaulich herausragenden Bauplatz auf dem Giesinger Berg im Münchner Osten mit einem 95 Meter hohen Turm. Damit erfuhr die Vorstadt Giesing auch eine vertikale Markierung in der Stadtsilhouette. Die Münchner Baukommission forderte für den Bau eine auffallende Lage an der Hangkante über der Innenstadt, eine für alle sichtbare Demonstration der Ausdehnung des neuen München zur Altstadt hin und zum neuen Stadtrand im Osten. In gleicher Absicht erfolgte eine Erhöhung des Turms von zunächst geplanten 80 Metern auf dann gebaute 95 Meter.[8]

Am Rand der Altstadt wurde 1883 der jüdischen Gemeinde ein zentraler Bauplatz zur Errichtung der Münchner Hauptsynagoge (1883–1887, Abbruch 1938) angeboten.

Kommunale Stadtentwicklung und der Zentralkirchenbauverein

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wuchs München auf über 500.000 Einwohner an. Während sich vor dem Ostbahnhof noch ein Quartier um die barocke Grundrissform des symmetrischen Dreistrahls patte d’oie und das Wiesnviertel in geometrischen Dreiecksmustern entwickelten, fanden im Westend schon Grundstücksspekulationen und in der Maxvorstadt Nachverdichtungen statt. Für Nymphenburg, Laim und Thalkirchen wurde 1891 ein Städtebauwettbewerb veranstaltet, der Prinzipien des malerischen Städtebaus nach Camillo Sitte (1843–1903) berücksichtigte. Die Zusammenfassung der Ergebnisse durch das Stadterweiterungsbüro um Theodor Fischer (1862–1938) geriet 1895 zur Bauordnung, zum neuen Generallinien- und Bebauungsplan für München und schließlich 1904 zur Staffelbauordnung für alle großen Stadtsektoren.[9]

In diese Zeit fällt der Neubau der Pfarrkirche St. Anna (1887–1892). Nach einem Kirchenbauwettbewerb sowie der glücklichen Stiftung des zentralen Bauplatzes gegenüber der Klosterkirche St. Anna entstand ein Großbau im Stil der romanischen Kaiserdome des Rheinlands. Durch geschickte Platzierung rückte St. Anna in die Sichtachse der westlichen Brienner Straße in der Maxvorstadt.

Der Zentralkirchenbauverein startete 1884 schließlich mit einem Wettbewerb für drei neue Kirchen das größte Kirchenbauunternehmen des 19. Jahrhunderts in München im Rahmen der kommunal gesteuerten Stadtentwicklung. Sie sollten an markanten Punkten der neuen Stadt errichtet werden, städtebaulich-räumliche Orientierungspunkte in die Stadtlandschaft setzen und nach Straßenzügen ausgerichtet sein.[10] So begann der gemeindliche Kirchenbauverein St. Bonifaz den Bau der Stadtpfarrkirche St. Benno (1888–1895). Entlang der Straßenflucht der Kreittmayrstraße und Gabelsbergerstraße sind die Türme und die Kuppel der Kirche nach Osten weithin sichtbar. Die Pfarrkirche St. Paul (1892–1906; Abb. 1) mit einem 97 Meter hohen Vierungsturm entstand zur Entlastung der Altpfarrei St. Peter. Der Bauplatz für St. Paul wurde rechtzeitig in den Baulinienentwurf für das Wiesnviertel gestellt. So liegt der Bau nun in der Straßenfluchtlinie der Landwehrstraße, in Anbindung an die Altstadt und in direkter städtebaulicher Ausrichtung auf die Mutterkirche St. Peter.

St. Maximilian (1895–1908) entstand zur Entlastung der Pfarrei Heilig Geist im Tal, an der südlichen Flussfront der Isarpromenade. Auch hier gelang es, den Bauplatz rechtzeitig in den Baulinienentwurf für die Isarpromenade zu bringen. Die mächtigen, durch eine Galerie verbundenen Türme des Großbaus tragen seit den Kriegszerstörungen keine Spitzen mehr, gleichwohl ist eine städtebauliche Dominanz der Kirche entlang der Isarpromenade geblieben. Gleichauf mit St. Maximilian muss der protestantische Dom an der nördlichen Isarpromenade St. Lukas[11] (1893–1896) gewürdigt werden. Seine Vierungskuppel erreicht eine Höhe von 64 Metern, die Höhe der Flankentürme beträgt 44 Meter. Sichtbezüge bestehen bis südlich des Viktualienmarktes entlang der Frauenstraße sowie in die isarparallele Sternstraße. Im Norden der Stadt wuchs die Maxvorstadt mit Schwabing zusammen. Als Entlastung für die Dorfkirche St. Sylvester baute man auf dem Kaiserplatz die Pfarrkirche St. Ursula (1894– 1897): Genordete Fassade, Freitreppe, Kuppel und 64 Meter hoher Campanile wurden exakt in die Straßenflucht der Friedrichstraße bis zur Akademie der Bildenden Künste gesetzt. Eine überaus lange Sichtachse besteht entlang der Barer Straße bis zum Karolinenplatz in der Maxvorstadt (Abb. 2).[12] Der Bauplatz für die Erlöserkirche (1899–1901) liegt im optischen Abschluss der Leopoldstraße, in Verlängerung der Ludwigstraße. Der 35 Meter hohe Kirchturm lenkt mit den Türmen von St. Ludwig und der Theatinerkirche eine lange Sichtachse durch den Münchner Norden. Die Pfarr- und Ordenskirche St. Joseph (1898– 1902) markiert die Nordgrenze der Maxvorstadt zum Stadtbezirk Schwabing West. Sie ist der Mittelpunkt des Josephsplatzes. Dieser entstand zeitgleich mit der Kirche, durch Aussparung und Loslösung vom starren System rechtwinkliger Straßen der südlichen Maxvorstadt, durch eine vom Platz ausgehende Verschwenkung neuer, »malerischer« Straßenzüge nördlich der Görresstraße. Entlang der nach Süden führenden Augustenstraße sowie der Adalbertstraße ist der 63 Meter hohe Kirchturm weithin sichtbar.

Im Westen der Stadt begann im Jahr der Eingemeindung Nymphenburgs auch der Bau der evangelischen Christuskirche (1899–1900). Der vorgelagerte Dom-Pedro-Platz sollte das neue Zentrum Neuhausens werden und war Schloss Nymphenburg städtebaulich gegenübergestellt. Im frühen 20. Jahrhundert entstanden dann St. Rupert (1901–1903) auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes, St. Johann Baptist in Solln (1904/05) mit 64 Meter hohem Glockenturm und St. Georg in Milbertshofen (1909–1912). Sie sind Ersatzbauten für zu klein gewordene Dorfkirchen in der Großstadt. Die Gestaltungsvorgaben für den Bau von St. Georg forderten zunächst, dass der neue Kirchturm als Wahrzeichen eines künftigen Münchner Stadtteils nicht hinter bestehenden Großkirchen zurückstehen solle. In Auftrag gegeben wurde dann jedoch ein kleinerer, neubarocker Bau, dessen Turm immerhin nach Osten über mehr als einen Kilometer in der Achse der Milbertshofener Straße sichtbar ist.

Städtebaulich um vieles wirkmächtiger wuchs im Westen der Stadt auf freiem Feld Maria Schutz (1905– 1906) in die Höhe. Der Bau diente als Entlastung für die Dorfkirche Mariä Geburt. Sein 60 Meter hoher Turm wurde Landmarke der bis 1938 eigenständigen Stadt Pasing.

Mit dem Bau von St. Margaret (1902–1913) endete in München die Zeit des Historismus. St. Margaret ist ein spektakulärer Großbau an der westlichen Isarhangkante in Sendling. Der 86 Meter hohe Turm – ursprünglich plante man eine Höhe von 110 Metern – ist entlang der Straßenflucht Lindwurmstraße – Sendlinger Tor – Altstadt sowie fast überall im Quartier präsent.

Kartierung der Denkmaleigenschaft Raumwirkung

Die Raumwirkung der historistischen Kirchen war Teil der damaligen Bauaufgabe, Dominanten und vertikale Akzente in die neue Stadtsilhouette um die Altstadt zu setzen. Bemerkenswert sind die langen Sichtachsen der Kirchen St. Johann Baptist aus Haidhausen (4,7 km nach Norden, 3,7 km nach Westen und 2,8 km nach Osten) und St. Ursula aus Schwabing in die Maxvorstadt (2 km), von St. Margaret aus Sendling in die Innenstadt (2,5 km) und von St. Benno durch die Maxvorstadt nach St. Markus und zum Friedensengel (1,7 km). In der Maxvorstadt können von mehreren Straßenkreuzungen aus zwei und drei Sichtachsen auf historistische Kirchen eingesehen werden: an den Kreuzungen Gabelsbergerstraße /Barer Straße (St. Markus, St. Benno, St. Ursula), Gabelsbergerstraße /Augustenstraße (St. Markus, St. Benno, St. Joseph), Schellingstraße /Barer Straße (St. Ludwig, St. Ursula), Schellingstraße /Augustenstraße (St. Ludwig, St. Joseph), Brienner Straße / Barer Straße (St. Anna, St. Ursula) und Karlstraße /Augustenstraße (St. Joseph, St. Johann Baptist).

Eine zusammenfassende Kartierung der Sichtbezüge von und zu den historistischen Kirchen (Abb. 3) ergibt den übergreifenden, räumlich-planerischen Blick auf den Beitrag des Kirchenbaus der Zeit zum Städtebau. Die Raumwirkung geht aus von den Standorten der Baudenkmale, hat eine klare Reichweite und Ausdehnung in ihrem Wirkungsbezugsraum, allein und in Vernetzung mit benachbart liegenden Denkmalen. Zugleich ist diese Raumwirkung Teil der Denkmaleigenschaft von großen Freiflächen sowie der Ensembles Altstadt, Maxvorstadt, Ludwigstraße, Maximilianstraße, Prinzregentenstraße, Englischer Garten, St.-Anna-Platz, der Denkmale an den Hangkanten des Isartals und entlang der Isarachse.

2 Der 64 m hohe Campanile der Pfarrkirche St. Ursula, gesehen vom Karolinenplatz aus 2 km Entfernung, 2019
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Der 64 m hohe Campanile der Pfarrkirche St. Ursula, gesehen vom Karolinenplatz aus 2 km Entfernung, 2019

3 Historistischer Kirchenbau 1833–1913 und Raumwirkung über Sichtachsen:(I grün) Hauptsynagoge
(1) St. Matthäus
(2) St. Markus
(3) St. Lukas
(3 grün) Anstaltskirche Heilig Kreuz
(4) Christuskirche
(5) Erlöserkirche
(26) Allerheiligenhofkirche
(27) Maria-Hilf
(28) St. Ludwig
(29) St. Bonifaz
(30) St. Johann Baptist
(31) St. Benedikt
(32) Heilig Kreuz
(33) St. Anna
(34) St. Benno
(35) St. Anton
(36) St. Ursula
(37) St. Joseph
(39) St. Paul
(41) St. Rupert
(42) St. Maximilian
(44) St. Margaret
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Historistischer Kirchenbau 1833–1913 und Raumwirkung über Sichtachsen:

(I grün) Hauptsynagoge

(1) St. Matthäus

(2) St. Markus

(3) St. Lukas

(3 grün) Anstaltskirche Heilig Kreuz

(4) Christuskirche

(5) Erlöserkirche

(26) Allerheiligenhofkirche

(27) Maria-Hilf

(28) St. Ludwig

(29) St. Bonifaz

(30) St. Johann Baptist

(31) St. Benedikt

(32) Heilig Kreuz

(33) St. Anna

(34) St. Benno

(35) St. Anton

(36) St. Ursula

(37) St. Joseph

(39) St. Paul

(41) St. Rupert

(42) St. Maximilian

(44) St. Margaret

Hochhäuser in der Stadtlandschaft

Vertikalität im Städtebau war 2004 in München ein wichtiges Thema, als der »Bürgerentscheid Hochhäuser« alle Planungen für Gebäude über 100 Meter Höhe in der Stadt zum Erliegen brachte. Neubauten sollen seither die Höhe der knapp 99 Meter hohen Türme der Frauenkirche nicht überschreiten. Die Frauenkirche war bis zur Errichtung des Olympiaturms 1968 das höchste Bauwerk der Stadt. Sie erhob sich 1468– 1488 aus der Bebauung der Siedlung und erhielt 1525 wirkmächtige Turmhauben. Bis heute sind etliche auffallend lange Straßenzüge in der Stadt direkt auf das Bauwerk ausgerichtet: 9 Kilometer vom Hasenbergl (Abb. 4), 5 Kilometer von Berg am Laim, 8 Kilometer von Schloss Fürstenried, 5 Kilometer vom Bahnhof Laim, 2 Kilometer entlang der Arnulfstraße und ebenso entlang der Dachauer Straße.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung arbeitet derzeit an einer Fortschreibung der Münchner Hochhausstudien. Es sollen Grundpositionen der Stadt verdeutlicht, aktuelle räumliche Beurteilungsgrundlagen erarbeitet, Qualitätskriterien hinsichtlich der Nutzung, Architektur und des Stadtbildes formuliert, Höhenstufen (Traufhöhe, Quartierszeichen, Stadtteilzeichen) und Clusterbildung an geeigneten Standorten empfohlen und allgemein die Rolle des Wohnhochhauses in München betrachtet werden.[13] Der Bereich innerhalb des Mittleren Rings gilt als Tabuzone. Östlich, nördlich (Welterbekandidat Olympiapark) und westlich davon stehen mittlere Hochhäuser in der Stadtsilhouette, weitere sind in der Planung (Abb. 5, 6). Vor allem die Errichtung von Hochhäusern über 80 Meter Höhe nahe großer Freiflächen und Denkmalensembles sowie am Verkehrsband Mittlerer Ring berühren Belange der Denkmalpflege und setzen eine denkmalfachliche Bewertung von Nähebereichen, Umgebungsschutz, Erscheinungsbild, Stadtbild, Raumwirkung und Wirkungsraum von Denkmalen in Gang (Abb. 7).

Die gegenwärtige öffentliche Diskussion über Hochhäuser in München wird wie 2004 gleichermaßen sachlich wie emotional geführt. Erneut geht es um die Zulassung von Hochhäusern als dominierende Stadtteilzeichen, die nicht als historisch begründete Weiterentwicklung eines Stadtteils in die Vertikalität akzeptiert werden, sondern einen eher zufällig verfügbaren Standort für ein Investorenprojekt nutzen. Auslöser des Bürgerentscheids 2004 war die Errichtung des 146 Meter hohen O2-Towers. Ihm folgten keine Hochhäuser in dieser Größe mehr nach, er blieb eine singuläre Erscheinung (vgl. Abb. 6, in der Bildmitte). Aktuelle Planungen sehen zwei 155 Meter hohe Türme an der Paketposthalle vor, an der Bahnachse westlich vom Hauptbahnhof /Altstadt Richtung Westen /Ensemble

4 Der 99 m hohe Nordturm der Frauenkirche, gesehen vom Ende der 9 km langen Sichtachse zum Hasenbergl im Münchner Norden, 2019
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Der 99 m hohe Nordturm der Frauenkirche, gesehen vom Ende der 9 km langen Sichtachse zum Hasenbergl im Münchner Norden, 2019

5 München von Südosten, Aufnahme vom Turm der Heilig-Kreuz-Kirche: Hochhausentwicklung im Osten, Norden und Westen um die Altstadt, 16.4.2019
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München von Südosten, Aufnahme vom Turm der Heilig-Kreuz-Kirche: Hochhausentwicklung im Osten, Norden und Westen um die Altstadt, 16.4.2019

6 München von Norden, Aufnahme von der Schlossterrasse Dachau: Baudenkmal Olympiaturm, 291 m, rechts davon O2-Tower, 146 m (Distanz 12 km), rechts davon: Baudenkmal Frauenkirche, 99 m (Distanz 17 km), 2.6.2019
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München von Norden, Aufnahme von der Schlossterrasse Dachau: Baudenkmal Olympiaturm, 291 m, rechts davon O2-Tower, 146 m (Distanz 12 km), rechts davon: Baudenkmal Frauenkirche, 99 m (Distanz 17 km), 2.6.2019

7 München von Norden, Aufnahme von der Schlossterrasse Dachau: links O2-Tower, 146 m, rechts Simulation geplanter Hochhäuser, 155 m, 12.11.2019
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München von Norden, Aufnahme von der Schlossterrasse Dachau: links O2-Tower, 146 m, rechts Simulation geplanter Hochhäuser, 155 m, 12.11.2019

Schlosspark Nymphenburg (vgl. Abb. 7 rechts, als Simulation). Die Raumwirkung der neuen und geplanten Stadtteilzeichen überdeckt – ohne historisch-städtebauliche Begründung – das gewachsene Ortsbild von München. Der Maßstabssprung wird deutlich, wenn man im Bild der Stadtsilhouette rechts des O2-Towers die Frauenkirche (99 m) sucht und in der Bildmitte die Türme und Kuppel der historistischen Kirchen Heilig Kreuz (95 m) und St. Paul (97 m) findet.

  1. Abbildungsnachweis

    1, 2, 4–6: Gerhard Ongyerth, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege — 3: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, DenkmalAtlas / Webkarte; Kartierung Gerhard Ongyerth, 2021 — 7: Gerhard Ongyerth, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Simulation der Hochhausplanung nach der Simulation Herzog de Meuron, publiziert in: Süddeutsche Zeitung 5./6.1.2021

Published Online: 2022-01-28

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, Germany

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