Home BibToGo – Der Digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts
Article Open Access

BibToGo – Der Digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts

  • Nico Sandfuchs

    Goethe-Institut Jakarta, Jl. Sam Ratulangi 9-15, Menteng, ID-10350 Jakarta, Indonesia

    EMAIL logo
Published/Copyright: April 7, 2022

Zusammenfassung

Warum eigentlich nicht auch die Bibliotheksmitgliedschaft digitalisieren? Der digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts macht Plastikkarten überflüssig und bündelt gleichzeitig das digitale Gesamtangebot der Bibliotheken in einer einzigen Anwendung. Konzipiert als mobile Applikation für Android und iOS, ist der digitale Bibliotheksausweis schon an mehr als 50 Bibliotheken des weltweiten Netzwerkes des Goethe-Instituts im Einsatz.

Abstract

Why not digitize library membership as well? The digital library card of the Goethe-Institut’s makes plastic cards superfluous and at the same time bundles the libraries’ digital offerings and services in a single application. Designed as a mobile application for Android and iOS, the digital library card is already in use at more than 50 libraries in the Goethe-Institut’s worldwide network.

Arbeitstreffen von Bibliothekar*innen laden zum Träumen ein – so auch ein regionales Arbeitstreffen, das die Goethe-Institute in Südostasien 2018 unter dem Thema Nachhaltige Bibliotheksarbeit durchgeführt haben. „Wie wäre es, wenn wir den Bibliotheksausweis digitalisieren, um dadurch Plastikkarten einzusparen“, wurde während des Treffens in die Runde geworfen. „Und alle Services in diese digitale Bibliotheksmitgliedschaft integrieren, die besonders nützlich für unsere Kundinnen und Kunden sind.“ Dies war die Geburtsstunde des digitalen Bibliotheksausweises „BibToGo“, der heute als native Applikation für Android und iOS bereits an 50 Bibliotheken des weltweiten Netzwerkes des Goethe-Instituts eingesetzt wird und den „klassischen“ Bibliotheksausweis weitgehend verdrängt hat.

Das 1951 gegründete Goethe-Institut[1] ist das weltweit tätige offizielle Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland und fördert aktiv die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland: Durch ein eigenes physisches wie digitales Sprachkursangebot – aber auch durch zahlreiche Kooperationen mit lokalen Einrichtungen im Bereich Deutsch als Fremdsprache, durch ein ausgedehntes Partnerschulnetzwerk und durch die Weiterqualifizierung von Deutschlehrkräften. Zum anderen pflegt und fördert das Goethe-Institut intensiv die internationale kulturelle Zusammenarbeit und das Deutschlandbild im Ausland. Bibliotheken tragen zu beiden Schwerpunkten bei, sie sind eine wichtige Anlaufstelle für Deutschlerner*innen mit ihren ausgebauten Beständen zu DaF und Landeskunde. Sie beteiligen sich aber auch aktiv am Kulturaustausch, indem sie etwa durch ihre Bestände und Maßnahmen zur Bestandsvermittlung die Kenntnis der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur im Ausland fördern. Daneben werden an vielen Standorten von den I&B-Bereichen umfangreiche Projektlinien durchgeführt, die von Lesungen und der Beteiligung an Buchmessen hin zu Maßnahmen reichen, die Partizipation und zivilgesellschaftliche Strukturen in den Gastländern stärken. Heute ist das Goethe-Institut mit 158 Instituten in 98 Ländern weltweit vertreten. 95 dieser Institute verfügen über Bibliotheken.

Dass die Idee für einen digitalen Bibliotheksausweis in Südostasien entstanden ist, kommt nicht von ungefähr. Viel stärker und schneller als in anderen Regionen haben sich hier mobile Zahlungsarten, aber vor allem auch voll integrierte Plattformen, mit denen das tägliche Leben und zentrale Bedürfnisse wie Transport oder der Einkauf abgewickelt werden, durchgesetzt. Bargeld ist (noch) nicht vollständig aus dem Alltag verschwunden, spielt aber eine immer geringere Rolle. Und auch klassische Bank- oder Kreditkarten sind in manchen Ländern Südostasiens eher weniger stark verbreitet. Stattdessen haben sich E-Wallets durchgesetzt, die rein digital und ganz ohne physische Karte funktionieren – mit weltweit führenden Wachstumsraten: “Asia Pacific is undoubtedly one of the most promising areas for mobile wallet growth, boasting many of the most active mobile wallet markets in the world, including China and India”, heißt es etwa in einer 2021 veröffentlichten Studie.[2] In diesem Umfeld, in dem nahezu alle Bedarfe des täglichen Lebens über das Smartphone abgewickelt werden, liegt es nahe, auch die Nutzung der Bibliothek und die Bibliotheksmitgliedschaft in das Handy zu integrieren.

1 Gute Gründe für den digitalen Ausweis

Aber die Hauptmotivation für die Entwicklung des Digitalen Bibliotheksausweises bestand gar nicht einmal primär darin, Nutzer*innenerwartungen in den digital sehr affinen Ländern Südostasiens erfüllen zu wollen. Als zentrale Beweggründe für die Einführung von BibToGo haben sich für die Goethe-Institute vielmehr schnell folgende Eckpunkte herauskristallisiert: Nachhaltigkeit, Bündelung digitaler Angebote und Verbesserung ihrer Nutzung.

1.1 Nachhaltigkeit

In der Region Südostasien ist das Goethe-Institut mit Bibliotheken in Indonesien, Malaysia, Myanmar, Singapur, den Philippinen, Thailand und Vietnam vertreten. Der Anteil der Bibliothekskund*innen, die die Bibliothek länger als zwei Jahre nutzen, ist dabei mit nur knapp über 20 Prozent der aktiven Nutzer relativ niedrig. Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder hingegen nutzt die Bibliothek für die Dauer einiger Sprachkurse, bis das Lernziel – häufig ein Studium, eine Berufsausbildung oder allgemein ein Leben in Deutschland – erreicht ist. Dies hat zur Folge, dass jedes Jahr vergleichsweise viele Plastik-Bibliotheksausweise ausgegeben werden, die zudem häufig auch noch aus Deutschland importiert werden; genutzt werden diese Plastikkarten dann aber überwiegend nur für kurze Zeiträume. Das Ziel, den Mitgliedsausweis nachhaltiger zu machen, gehörte so von Anfang an zu den Hauptzielen des Innovationsprojektes „BibToGo“: Nachhaltig im ökologischen Sinne, aber durchaus auch hinsichtlich der für die Beschaffung der Plastikausweise eingesetzten materiellen Ressourcen. Wenn sich die Bibliotheken der Region Südostasien bei der Entwicklung und fortlaufenden Wartung eines digitalen Ausweises zusammenschließen, so das Kalkül, könnten mittelfristig auch Kosten gespart werden.

Abb. 1 
            Nachhaltigkeit
Abb. 1

Nachhaltigkeit

1.2 Bündelung digitaler Angebote

Schnell wurde darüber hinaus deutlich, dass eine Digitalisierung der Ausweisfunktionalität noch zusätzliche Potentiale über den reinen Nachhaltigkeitsaspekt hinaus bietet. Ein Plastikausweis ist lediglich ein Identifikationsmittel – nicht so hingegen ein digitalisierter Bibliotheksausweis. Denn prinzipiell können in einem digitalisierten Bibliotheksausweis alle Serviceangebote einer Bibliothek, wie die Online-Medienverlängerung, der digitale Medienbestand, die Medienrecherche, Medienempfehlungen oder die Auskunftserteilung, zusammengeführt werden. So wird das digitale Gesamtangebot einer Bibliothek an einer besonders praktischen Stelle gebündelt, die aktive Bibliotheksnutzer*innen zwingend regelmäßig nutzen: im Bibliotheksausweis. Auf dem eigenen Smartphone ist der Ausweis zudem ein ständiger Begleiter, sodass beispielsweise Medienverlängerungen bequem vorgenommen werden können, wenn man sich an sie erinnert – oder von der Anwendung erinnert wird.

1.3 Verbesserung der Usability

Im Laufe des Projekts wurde zudem immer deutlicher, dass die Entwicklung eines digitalen Bibliotheksausweises und die Zusammenführung der relevantesten digitalen Serviceangebote in diesem Ausweis auch die Möglichkeit bietet, die Usability des digitalen Serviceangebotes der Bibliotheken insgesamt zu verbessern. Dazu gehört zum einen, dass die wichtigsten Services durch die Bündelung deutlich besser sichtbar werden: Bislang wussten viele Nutzer*innen der Bibliotheken des Goethe-Instituts zwar, dass es irgendwo eine Online-Verlängerungsmöglichkeit oder einen digitalen Medienbestand gibt. Aber wo genau und wie man die Anmeldehürde überwindet, blieb häufig unklar. Zum anderen bietet die Zusammenführung der Services in einer einzigen Applikation aber auch die Möglichkeit, den Support für die Mitglieder bei der Nutzung der digitalen Angebote zu verbessern.

Ein Beispiel hierfür ist die Optimierung der Registrierung und Freischaltung für die Onleihe, die mit der Integration in den digitalen Bibliotheksausweis erreicht werden konnte. Der digitale Medienbestand der Onleihe ist eine wichtige Ergänzung des physischen Medienbestandes der Bibliotheken und wird von den Goethe-Instituten weltweit angeboten. Um die Onleihe nutzen zu können, müssen sich Bibliothekskund*innen über „Mein Goethe.de“, das zentrale Authentifizierungssystem des Goethe-Instituts, in der Onleihe anmelden und diese anschließend freischalten. Durch das relativ komplexe Verfahren kam es in der Vergangenheit zu vergleichsweise sehr hohen Drop-out-Raten von über 50 Prozent der Interessent*innen. Mit der Entwicklung des digitalen Bibliotheksausweises BibToGo konnte eine deutliche Abmilderung dieser Schwierigkeiten beim Onboarding für die Onleihe erreicht werden: Zum einen ist ein Bibliotheksmitglied in BibToGo bereits automatisch in „Mein Goethe.de“ angemeldet, sobald der digitale Bibliotheksausweis geöffnet wird – das bislang verwirrende separate Anmelden für die Onleihe entfällt somit. Zum anderen konnte ein Tutorial in den digitalen Bibliotheksausweis integriert werden, das Personen, die die Onleihe bislang nicht genutzt haben, Schritt für Schritt durch die Anwendung lotst und automatisiert für die Nutzung freischaltet.

2 Eine Bibliothek für die Hosentasche: Die wichtigsten Funktionen von BibToGo

Die Entwicklung des digitalen Bibliotheksausweises erfolgte durch die Bibliotheksteams der Goethe-Institute in Indonesien, Malaysia, Myanmar, Singapur, den Philippinen, Thailand und Vietnam unter Federführung des Regionalinstituts in Jakarta. Als 2018 mit den konzeptionellen Vorarbeiten begonnen wurde, gab es kaum vergleichbare ganzheitliche digitale Bibliotheksausweise anderer Institutionen, die zur Authentifizierung für die Nutzung der physischen und digitalen Medienbestände dienten, gleichzeitig aber auch das gesamte digitale Serviceangebot einer Bibliothek nutzbar machten. Modelle und Vorbilder, an denen man sich orientieren konnte, standen daher kaum zur Verfügung.

Nichtsdestotrotz stand sehr schnell fest, welche grundsätzlichen Funktionen der digitale Bibliotheksausweis den Nutzer*innen bieten sollte. Und auch der Aufbau und die Informationsarchitektur der Anwendung konnten sehr rasch innerhalb von wenigen Wochen entwickelt und in ersten Prototypen umgesetzt werden – und haben sich bis heute, trotz der inzwischen mehr als 100 Iterationsstufen, die der digitale Bibliotheksausweis durchlaufen hat, in den Grundzügen nicht mehr wesentlich verändert.

Abb. 2 
          Der Bibliotheksausweis
Abb. 2

Der Bibliotheksausweis

Eine zentrale Funktion des digitalen Bibliotheksausweises ist nach wie vor die Ausweisfunktion selbst, mit der in den Bibliotheken physische Medienbestände an der Ausleihtheke oder am Selbstverbucher entliehen werden können. Ruft ein Mitglied mit einem bereits aktivierten Nutzerkonto den Ausweis in der Anwendung auf, wird ein Barcode angezeigt, der – so wie bei einem physischen Bibliotheksausweis– an der Ausleihtheke oder am Selbstverbucher eingescannt werden kann.

Auch die Anmeldung für die Bibliotheksmitgliedschaft ist mit BibToGo direkt in die Anwendung integriert worden, um den Ansatz der Digitalisierung der Bibliotheksmitgliedschaft konsequent fortzuführen. Papierformular und physische Ablage gehören an allen Bibliotheken, die BibToGo eingeführt haben, inzwischen endgültig der Vergangenheit an. Wenn Kund*innen noch nicht über ein aktives Bibliothekskonto verfügt, wird statt des Bibliotheksausweises ein Online-Formular angezeigt, mit dem man sich für die Bibliotheksmitgliedschaft registrieren kann. Das direkt aus dem an allen Bibliotheken des Goethe-Instituts genutzten Bibliotheksmanagementsystem Koha generierte Formular überträgt die Angaben neuer Mitglieder direkt in das Backend, während gleichzeitig mit einem automatisiert versandten Bestätigungslink die angegebene Email-Adresse verifiziert und die Erlaubnis zur Verarbeitung der Daten wie auch die Zustimmung zur Bibliotheksordnung eingeholt werden.

2.1 Das persönliche Konto

An vielen Bibliotheken des Goethe-Instituts wurde bislang die Möglichkeit zur Online-Verlängerung von Medien wenig genutzt, was auch damit zusammenhing, dass viele Nutzer*innen das Online-Konto in der Gesamtarchitektur der Webseite des Goethe-Instituts nicht leicht gefunden haben oder die Nutzung von „Mein Goethe.de“ statt der Bibliotheksausweisnummer für die Authentifizierung im OPAC verwirrend fanden. In der Informationsarchitektur von BibToGo ist das persönliche Konto deshalb nun direkt an prominenter Stelle neben der Ausweisfunktion angelegt. Wie bei dem Ausweis selbst und bei allen anderen personalisierten Funktionen, die BibToGo anbietet, ist ein erneuter Login beim Aufrufen des persönlichen Kontos nicht mehr erforderlich, was die Nutzungsschwelle deutlich herabsetzt. Im persönlichen Konto finden die Nutzer*innen folgende Funktionalitäten:

  1. Entliehene Medien,

  2. Verlängerungsoption,

  3. Gebühren,

  4. Persönliche Daten,

  5. Ausleihhistorie.

2.2 Mediensuche

In den digitalen Bibliotheksausweis BibToGo ist selbstverständlich die Katalogsuche integriert, mit der die physischen wie auch die digitalen Bibliotheksbestände durchsucht werden können. Vormerkungen für ausgeliehene Medien können direkt aus einem Suchergebnis heraus vorgenommen werden. Darüber hinaus kann in Bibliotheken, die einen Liefer- oder Abholdienst für Medien anbieten, eine Warenkorb-Funktion genutzt werden, um Medien zu bestellen, die dann vom Bibliotheksteam entweder direkt an die Kund*innen geliefert werden oder am Institut zur Abholung durch einen der in der Region Südostasien überaus verbreiteten Kuriere bereitgestellt werden. Liefer- und Abholdienste haben sich an vielen Goethe-Instituten weltweit während der Pandemie etabliert, um den Nutzer*innen die Bestände, die in den Gastländern nicht selten zu den wenigen Bezugsquellen für deutschsprachige Gegenwartsliteratur gehören, auch während der teilweise sehr langen pandemiebedingten Schließungen von bis zu eineinhalb Jahren zugänglich zu machen. An nicht wenigen Standorten werden diese Art von Liefer- und Abholservices auch nach der Öffnung weiterhin angeboten, insbesondere in Megacities wie Jakarta oder Bangkok, wo die Anfahrt zur Bibliothek häufig mit einem außerordentlich hohen Zeitaufwand verbunden ist.

2.3 Medienempfehlungen

Neben der Recherchemöglichkeit werden in BibToGo auch Medienempfehlungen angeboten, die standortspezifisch aus dem Bibliothekskatalog generiert werden können. Hintergrund dieses Services ist zum einen, dass nicht an allen Standorten die Nutzung der OPAC-Recherche sehr verbreitet und bekannt ist. Zum anderen lassen sich an den einzelnen Standorten in der Regel sehr gut Interessensschwerpunkte der Nutzer*innen ausmachen und clustern, die dann anschließend leicht als thematische Empfehlungslisten in der Anwendung umgesetzt werden können.

2.4 Onleihe

Die Goethe-Institute bieten ihren Kund*innen weltweit die Möglichkeit an, einen in der Onleihe kuratierten Bestand von rund 40 000 deutschsprachigen Medien zu nutzen. Für Deutschlernende, aber insbesondere auch für kulturell und akademisch an Deutschland interessierte weitere Zielgruppen ist dieser Bestand überaus attraktiv, weshalb der Zugriff auf den Onleihe-Bestand direkt aus dem Bibliotheksausweis heraus von Anfang an ein Desiderat war. Ein in die Anwendung integriertes Tutorial hilft Nutzer*innen, die die Onleihe noch nicht aktiviert haben, dabei, die bereits beschriebene Hürde bei der Aktivierung dieses Services zu überwinden. Die Onleihe kann nach der einmaligen Aktivierung sowohl aus dem Hauptmenü von BibToGo heraus gestartet werden, als auch direkt aus einem Suchergebnis in der Medienrecherche oder in den Medienempfehlungen. Dies ist ein erheblicher Fortschritt in der User Experience der Nutzer*innen, da bislang nur von Desktop-Geräten aus Onleihe-Medien direkt im Browser heruntergeladen und geöffnet werden konnten. Auf mobilen Endgeräten war dies bislang nicht möglich. Insbesondere in Südostasien, wo der Anteil mobiler Endgeräte bei der Nutzung unserer digitalen Angebote bei weit über 80 Prozent liegt, stellt die Verknüpfung der Katalogrecherche in BibToGo mit der Onleihe eine erhebliche Verbesserung in der Nutzbarkeit dieses Angebots dar.

2.5 QR-Code-Reader

Der QR-Code-Reader ist ein hervorragendes Mittel, um den physischen Bibliotheksraum mit digitalem Content zu verknüpfen – nur leider wurden entsprechende Bemühungen von Bibliotheken in der Vergangenheit eher mittelmäßig von den Kund*innen angenommen. Mit der Pandemie hat der QR-Code allerdings ein unverhofftes Revival erlebt, das das Goethe-Institut dazu ermutigt hat, erneut mit QR-Codes in seinen Bibliotheken zu experimentieren und einen QR-Code-Scanner in den digitalen Bibliotheksausweis zu integrieren. So bieten sich QR-Codes beispielsweise an, um von den Einbänden physischer Medien oder von Platzhaltern entliehener Medien aus auf digitale Ausgaben in der Onleihe zu verweisen.

Gleichzeitig ist es möglich, mithilfe der QR-Codes interaktive digitale Bibliothekseinführungen zu gestalten, die neue Kund*innen in die Lage versetzt, sich eigenständig einen Überblick über die Bibliothek, ihre Bestände und ihre Services zu verschaffen. So wurden beispielsweise in der Bibliothek des Goethe-Instituts Jakarta verschiedene Infopunkte eingerichtet. Neue Nutzer*innen werden mit BibToGo von Infopunkt zu Infopunkt geleitet und können an jeder Station über den QR-Code Inhalte aufrufen, die wichtige Informationen zur Art und Nutzung der Bestände geben. BibToGo flankiert mit diesem Modul die physischen Bibliothekseinführungen, die vom Bibliotheksteam in unregelmäßigen Abständen angeboten werden – und ermöglicht es, dass sich neue Nutzer*innen auch dann in der Bibliothek eigenständig orientieren können, wenn persönliche Führungen aufgrund des Pandemiegeschehens nicht mehr möglich sind.

2.6 Ask Your Librarian

Besonders wichtig war den Bibliothekar*innen der Goethe-Institute in der Region Südostasien bei der Entwicklung von BibToGo, dass aus dem Bibliotheksausweis heraus so niedrigschwellig wie möglich Kontakt mit dem Bibliotheksteam aufgenommen werden kann. Standardmäßig stehen in der App E-Mail und Telefon als Kontaktmöglichkeit zur Verfügung, allerdings sind diese Kanäle unter den überwiegend jungen Nutzergruppen, die die Bibliotheken des Goethe-Instituts frequentieren, immer weniger die Kommunikationsmittel der Wahl. In BibToGo können deshalb, je nach Bedarf der lokalen Bibliothek, populäre Messenger integriert werden, die genutzt werden, um mit dem Team beispielsweise zu Literaturrecherchen für Hausarbeiten zu chatten. Die Möglichkeit der Echtzeitkommunikation, die während der regulären Öffnungszeiten der Bibliothek angeboten wird, wird sehr geschätzt – nicht nur von den Mitgliedern, sondern auch von den Mitarbeitenden selbst. Die schnelle Kommunikation per Messenger ist nämlich nicht nur effizient und zielführend, sondern bietet häufig die Chance, konkret zu helfen: Auf beiden Seiten hinterlässt dies ein hohes Maß an Zufriedenheit mit der Arbeit des Bibliotheksteams.

3 Ausblick

Vier Jahre nach dem Beginn seiner Entwicklung ist der digitale Bibliotheksausweis BibToGo Anfang 2022 bereits in über 50 Bibliotheken des weltweiten Netzwerkes des Goethe-Instituts im Einsatz. Ursprünglich nur für die acht Bibliotheken der Region Südostasien geplant, meldeten schnell weitere Bibliotheken Interesse an dieser Innovation an. Auch ist die Entwicklung von BibToGo noch keineswegs abgeschlossen: Als „Perpetual Beta“ konzipiert, wird der modular aufgebaute digitale Bibliotheksausweis von den Teams der beteiligten Bibliotheken und anhand des Feedbacks der Nutzer*innen auch zukünftig kontinuierlich weiterentwickelt und um neue Services ergänzt. Und auch außerhalb des Goethe-Instituts soll BibToGo zukünftig – zumindest für Bibliotheken mit dem Bibliotheksmanagementsystem Koha – nutzbar sein: Eine Veröffentlichung des Quellcodes als Open Source erfolgt Mitte 2022.

Über den Autor / die Autorin

Nico Sandfuchs

Goethe-Institut Jakarta, Jl. Sam Ratulangi 9-15, Menteng, ID-10350 Jakarta, Indonesia

Online erschienen: 2022-04-07
Erschienen im Druck: 2022-04-30

© 2022 Nico Sandfuchs, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Articles in the same Issue

  1. Frontmatter
  2. Frontmatter
  3. Inhaltsfahne
  4. Editorial
  5. Editorial: Bibliotheken zwischen Forschung und Praxis
  6. Zukunftsgestalter in Bibliotheken 2021
  7. BibToGo – Der Digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts
  8. Mit den FakeHuntern auf der Suche nach der Wahrheit – das Planspiel der Büchereizentrale Schleswig-Holstein bringt Schulen und Bibliotheken im Kampf gegen Fake News zusammen
  9. Bibliotheca Somnia – die digitale Zaubererschule der Stadtbibliothek Weinheim
  10. Beyond Psssst! Der Film der ZHAW Hochschulbibliothek
  11. Digitale Jugendliteraturjury Gerolzhofen: ein Projektinterview
  12. Auf Tour mit dem BiboBike
  13. „Informationsvermittlung kooperativ“ an der Bibliothek der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
  14. Was passierte, als wir uns begegneten
  15. Das LibraryLab in der Zentralbibliothek der Stadtbüchereien Düsseldorf – vom Prototyp zum etablierten Angebot
  16. Diversität in Bibliotheken
  17. Professional Pathways: Strategies to Increase Workforce Diversity in the Australian Library and Information Sector
  18. Selbstverständlich vielfältig. Aus einem internen Diversity-Schulungsprozess entsteht eine Aktionsreihe zur Diversität in Kinderbüchern
  19. Diversitätsorientierte Öffnung in Öffentlichen Bibliotheken am Beispiel der Bücherhallen Hamburg
  20. Diversity-Anforderungen an das Bibliotheksmanagement im berufsbegleitenden Studium
  21. Wir sind ein Land mit Migrationshintergrund
  22. Citizen Science an der Zentralbibliothek Zürich. Ein Praxisbericht
  23. Auskunftsdienst in Bibliotheken
  24. Improvisationstheater Auskunft
  25. Stereotypen und Vorurteile – facettenreiche Elemente der interkulturellen Kommunikation im Auskunftsinterview
  26. Webformulare zweier Verbünde in der virtuellen Auskunft
  27. Beschwerdemanagement in Öffentlichen Bibliotheken
  28. Kompetenzen von Bibliothekar*innen im Auskunftsgespräch mit Grundschulkindern
  29. Mystery Shopping in der Chatauskunft: Entwicklung eines Kriterienkatalogs
  30. Rahmenbedingungen der digitalen Auskunft in den russischen Bibliotheken der Gegenwart
  31. Weitere Beiträge
  32. Personal Digital Archiving: Eine neue Aufgabe für Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken
  33. Ethik im Aufwind! Auch in Bibliotheken?
  34. Digital. Persönlich. Weiter – Veränderungen in der bibliothekarischen Weiterbildung seit 2016
  35. Podcasting für Bibliotheken – Hintergründe und Bericht zum Universitätslehrgangs-Abschlussprojekt „Research Library Podcast“ der Universitätsbibliothek Wien
  36. Organisations-IDs in Deutschland – Ergebnisse einer Bestandsaufnahme im Jahr 2020
  37. Worüber schreiben LIS-Studierende ihre Abschlussarbeiten? Eine empirische Untersuchung der Jahre 2010–2019
  38. Mit Machine Learning auf der Suche nach Provenienzen – ein Use Case der Bildklassifikation an der Österreichischen Nationalbibliothek
  39. Rezensionen
  40. Hermann Rösch: Informationsethik und Bibliotheksethik. Grundlagen und Praxis. Berlin, Boston: De Gruyter Saur, 2021 (Bibliotheks- und Informationspraxis: 68). XVI + 584 S., 10 Tabellen. ISBN 978-3-11-051959-4, 69,95 €
  41. Howell, David; Snijders, Ludo: Conservation Research in Libraries. Mit Beiträgen von Andrew Beeby, Kelly Domoney und Anita Quye. Berlin, Boston: De Gruyter, 2020 (Current Topics in Library and Information Practice). 247 S., ISBN 978-3-11-037525-1, 99,95 €
  42. Davidis, Michael: Schiller und die Seinen. Beiträge zur Familien- und Wirkungsgeschichte. Göttingen: Wallstein Verlag, 2021. 262 S., 96 farbige Abb., fest gebunden. ISBN 978-3-8353-3578-3, 34,90 €
  43. Canuel, Robin; Crichton, Chad (Hrsg.): Approaches to Liaison Librarianship: Innovations in Organization and Engagement. Chicago, Ill: Association of College and Research Libraries, 2021.
Downloaded on 12.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2021-0096/html
Scroll to top button