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Digital. Persönlich. Weiter – Veränderungen in der bibliothekarischen Weiterbildung seit 2016

  • Simone Fühles-Ubach

    TH Köln, Institut für Informationswissenschaft, Claudiusstraße 1, D-50678 Köln

    EMAIL logo
    , Ursula Georgy

    TH Köln, Institut für Informationswissenschaft, Claudiusstraße 1, D-50678 Köln

    and Miriam Albers

    ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften, Gleueler Str. 60, D-50931 Köln

Published/Copyright: April 7, 2022

Zusammenfassung

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Ergebnissen einer bundesweiten Befragung zum Thema Weiterbildung in Bibliotheken aus dem Jahr 2021. Es ist die Folgebefragung einer ersten Studie aus dem Jahr 2016, so dass Entwicklungen und Veränderungen adressiert werden, andererseits aber auch neue Aspekte aufgegriffen werden. Die stärkste Veränderung wurde sicherlich durch das Auftreten der Coronapandemie verursacht, die über viele Monate hinweg Präsenzveranstaltungen unmöglich machte und so neue Lehr- und Veranstaltungsformate gefunden werden mussten. Gleichzeitig geht es um Coaching als neues Element in der bibliothekarischen Weiterbildung.

Abstract

The paper focusses on the results of a nationwide survey on the topic of continuing education in libraries from 2021. It is the follow-up survey to an initial study from 2016, so that developments and changes are addressed, but on the other hand new aspects are also taken up. The strongest change was certainly caused by the occurrence of the corona pandemic, which made face-to-face events impossible for many months and so new teaching and event formats had to be found. At the same time, it is about coaching as a new element in continuing library education.

1 Einleitung

Schon immer mussten sich Weiterbildungseinrichtungen bzw. deren Angebote an neuesten Trends ausrichten. In den vergangenen Jahren waren dies stets die neuesten Entwicklungen durch technische Weiterentwicklungen wie die Einführung von Cloud-Systemen oder auch Veränderungen im Produkt- und Dienstleistungsportfolio, wie z. B. Teaching-library-Programme. Seit dem Frühjahr 2020 ist jedoch die Coronapandemie als maßgeblicher Faktor hinzugekommen, deren gesellschaftliche und wirtschaftliche Einschränkungen einen großen Wandel im Angebot der Weiterbildungsanbieter erzwungen haben.

Der erste Lockdown im März 2020 machte kurzfristigen Anpassungen der Veranstaltungsformate notwendig, da Präsenzveranstaltungen, d. h. Zusammenkünfte im öffentlichen Raum, nicht mehr möglich waren. Die Durchführung von Weiterbildungsangeboten mussten auf Online-Formate reduziert werden, wobei bis dahin Präsenzformate deutlich dominiert haben. Christ et al. stellten fest, dass digitale Lehr-/Lernformate bis 2019 nur von weniger als einem Drittel der Anbieter genutzt wurde und nur eine kleine Gruppe von Anbietern (5 %) überwiegend oder vollständig auf virtuelle Seminare mittels Live-Online-Training gesetzt hat.[1] Diese grundlegende Veränderung hat sich auch auf die Zielsetzungen der aktuellen Umfrage des Instituts für Informationswissenschaft der TH Köln für das ZBIW – Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung ausgewirkt, die nach fünf Jahren eine Folgestudie zur Befragung der Situation in der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Weiterbildung durchgeführt hat.

2 Erwartungen an die Weiterbildung

Die Arbeitswelt von morgen und die damit verbundene digitale Transformation prägen maßgeblich auch den Bereich der (wissenschaftlichen) Weiterbildung. Alle Branchen und Einrichtungen werden Fach- und Führungskräfte benötigen, die den künftigen strategischen Herausforderungen gewachsen sind und diese aktiv mitgestalten. Im Bereich Management werden dies u. a. die Geschäftsfeldentwicklung und die damit verbundenen Geschäftsmodellentwicklungen (digital business models), die digitale Kultur einer Institution (digital culture), die agile Organisation einer Institution (agile organization) als auch die Vermarktung (digital marketing, digital branding) sein. Alles Themenbereiche, die selbstverständlich auch für Non-Profit-Einrichtungen wie z. B. Bibliotheken von Relevanz sind.

Hinzu kommen kommunikativ-integrative Herausforderungen, die sich auf die digitale Kommunikation und Interaktion mit den Zielgruppen einer Einrichtung beziehen. Diese Kompetenzen werden auch hinsichtlich der Automatisierung und Robotisierung vieler Tätigkeiten wichtiger, da automatisierte Systeme und Roboter künftig zahlreiche Standardaufgaben unterstützen oder vollständig übernehmen werden. Aber auch spezifische Kompetenzen zu neuen Technologien, wie z. B. 3D- und 4D-Druck, decentralized computing, digital twins, predictive analytics etc., werden in den nächsten Jahren eine immer größere Bedeutung erlangen, um für bislang teilweise unbekannte Herausforderungen neue Lösungen zu finden. Von diesen Veränderungen werden private und öffentliche Einrichtungen gleichermaßen betroffen sein.

Die Formen der Weiterbildung sind heute so vielseitig wie nie zuvor. Sie reichen von Learning Nuggets über ein-/mehrtägige Seminare sowie Zertifikatskurse/Certificates of Advanced Studies (CAS) bis hin zu Weiterbildungsstudiengängen. Zudem variieren die Lehr- und Lernformen von der reinen Präsenzlehre über die verschiedensten hybriden Angebote bis hin zu reinen Online-Formaten wie Videoaufzeichnungen und MOOCs.

Diese Einflussfaktoren haben dazu geführt, dass sich die Weiterbildung in den letzten fünf Jahren, seit der letzten großen Befragung durch das ZBIW – Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung, wesentlich verändert hat und Weiterbildungsanbieter insgesamt vor große Herausforderungen stellt. Waren damals im Bereich der bibliothekarischen/informationswissenschaftlichen Weiterbildung überwiegend Präsenzveranstaltungen gefragt – über praktisch alle Altersgruppen hinweg, so hat die Covid-19-Pandemie hier zu einer extrem schnellen Veränderung geführt – zunächst zwangsweise. Zudem ist der digitale Wandel auch in den Bibliotheken angekommen, sodass sich die thematischen Schwerpunkte verschoben haben. Vor fünf Jahren waren insbesondere Themen gefragt, die für den aktuellen, täglichen Bedarf benötigt waren, wie z. B. RDA; viele Themen waren sehr auf das Operative ausgerichtet. Die Digitalisierung dagegen macht es notwendig, stärker in die Zukunft zu schauen. Es geht weniger um konkretes Wissen, das vermittelt werden soll, sondern insbesondere um Fähigkeiten, die notwendig sind, die Zukunft von Bibliotheken und Informationseinrichtungen aktiv mitzugestalten. Das dürfte die größte Herausforderung der Weiterbildung sein.

Weiterbildung kann heute nicht mehr zehn Jahre vor der Pensionierung/Pensionierung enden. Nicht zuletzt wird deshalb auch von lebenslangem oder lebensumspannendem Lernen gesprochen. Schon seit Jahren ist absehbar, dass der War of Talents auch vor Bibliotheken nicht haltmachen wird. Dieser War of Talents umfasst zwei Dimensionen. Zum einen macht es der Fachkräftemangel notwendig, das eigene Personal so gut es geht mittels eigener strategischer Personalentwicklung weiterzuentwickeln, um die Konsequenzen des Fachkräftemangels abfedern zu können. Zum anderen werden Signale in Stellenanzeigen zur Förderung, den Möglichkeiten des Aufstiegs, einer Karriere immer wichtiger, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Die Generation Z, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängt, wird diese Versprechen auch einfordern.

Und es zeigt sich im Bereich Weiterbildung ein weiterer Trend: Weiterbildungsangebote wie Seminare werden verstärkt und vermehrt von weiteren Dienstleistungen flankiert. Die eigentlichen Produkte/Dienstleistungen werden sich immer ähnlicher, sind teilweise austauschbar. Eine Form der Differenzierung sind die ergänzenden Dienstleistungen rund um das Kernprodukt/die Kerndienstleistung, wobei beide für die Kund*innen einen hohen, wertvollen Nutzen stiften müssen. Das ZBIW hat im Rahmen seiner Strategieentwicklung für die Jahre 2020 bis 2024 bereits Dienstleistungsziele formuliert, die genau diese Entwicklungstendenz aufgreifen. Im Mittelpunkt steht dabei insbesondere das Coaching, das die Weiterbildung von Personen mit (künftigen) Führungs- und/oder Steuerungsfunktionen in Bibliotheken und Informationseinrichtungen durch die professionelle Beratung, Begleitung und Unterstützung flankieren soll. Coaching kann und soll somit als Investition in die Zukunft einzelner Personen aber auch der jeweiligen Einrichtung verstanden werden. Damit wäre und ist Coaching auch als wesentlicher Bestandteil der systematischen Personalentwicklung zu verstehen, die bisher in vielen Bibliotheken noch zu wenig stattfindet.

Die Befragung des ZBIW zur Weiterbildung in Bibliotheken und Informationseinrichtungen im Frühjahr 2021 erschien aber auch deshalb notwendig, da die Einschränkungen im Zuge der Coronapandemie – gesellschaftlich und wirtschaftlich – weitreichende und kaum absehbare Folgen für das Leistungsangebot der Weiterbildungsanbieter wie das ZBIW hatten. Die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen wurde im Frühjahr 2020 von heute auf morgen während des ersten bundesweiten Lockdowns in den digitalen Raum verschoben. Bedingt durch diese Limitierung konnten nur wenige Veranstaltungen stattfinden; die meisten Veranstaltungen mussten unterbrochen oder gänzlich abgesagt/verschoben werden, da eine Umstellung auf ein digitales Format kurzfristig nicht möglich war, bzw. nicht sinnvoll war, z. B. bei zweitägigen Veranstaltungen von morgens bis abends. Diese Beschränkungen halten bis heute (Stand Dezember 2021) in Teilen an. Dies stellte auch die Weiterbildungsanbieter vor große Herausforderungen, da sie u. a. ihre Dozent*innen kurzfristig im Bereich digitaler Weiterbildung schulen musste. Zudem mussten neue Formate und Zeitslots gefunden werden, um digitale Angebote attraktiv zu machen. Als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung kam das ZBIW gut mit dieser Umstellung zurecht, auch weil es auf die gute technische Infrastruktur einer Hochschule zurückgreifen konnte und kann. Gleichzeitig hat das ZBIW aufgrund der Coronapandemie Angebote zu neuen Themen geschaffen. Die Covid-19-Pandemie hat jedoch nicht nur zu Veränderungen bei den Weiterbildungsanbietern geführt, sondern zu Veränderungen im Arbeitsalltag der Mitarbeiter*innen. Und es war fraglich, wie sich die Nachfrage nach Weiterbildung entwickeln würde und welche Schwerpunkte gesetzt werden würden. Damit wurden die Ergebnisse der Befragung mit großer Spannung erwartet, da die Veränderungen mehrdimensional und die Konsequenzen nur bedingt abschätzbar waren.

3 Zielsetzungen der Befragung

Die Studie „Digital. Persönlich. Weiter“ beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, welche veränderten Rahmenbedingungen sich nach der Coronapandemie für die einzelnen Zielgruppen ergeben und ob Fort- und Weiterbildung als strategisches Instrument der Personalentwicklung in Bibliotheken verstanden wird. Darüber hinaus wurde die Einschätzung von Coaching-Elementen als Teil von Weiterbildung und Erweiterung von Kompetenzen erstmals erfragt.

Konkret wurden folgende Zielsetzungen formuliert:

  1. Erhebung des Weiterbildungsbedarfs (thematisch/inhaltlich/organisatorisch),

  2. Erfassung von Initiative/Struktur der Weiterbildungsmotivation (Vorgesetzte/Mitarbeiter*innen),

  3. Ermittlung der Veränderungen der Rahmenbedingungen/Zielgruppen,

  4. Einschätzung von Coaching im Rahmen von Fortbildungen.

In einer Online-Befragung vom 15.03. bis 28.04.2021 wurden 527 Fragebögen vollständig ausgefüllt, die als Grundgesamtheit der nachfolgenden Auswertung und Analyse dienten. Zur weiteren Ausdifferenzierung der Ergebnisse wurde die Grundgesamtheit nach folgenden Variablen weiter strukturiert:

  1. Altersklassen, d. h. bis 35 Jahre, 36-50 Jahre, >50 Jahre (die als „jung“, „mittelalt“ und „älter“ bezeichnet werden),

  2. Bibliothekstypen, d. h. Öffentliche Bibliotheken (ÖB), Wissenschaftliche Bibliotheken (WB), Spezialbibliotheken (Spez. B.), Position d. h. ohne Führungsfunktion/Teamleitung/Gesamtleitung,

  3. Stellenumfang, d. h. Teilzeit/Vollzeit.

Die Verteilung der Teilnehmer*innen war für die Altersklassen 25 % jung, 37 % mittelalt, 39 % älter, für die Bibliothekstypen ergab sich folgendes Bild: 54 % und die Position über die Kategorien annähernd gleich, für die Bibliothekstypen ergab sich folgendes Bild: 54 % WB, 29 % ÖB, 13 % Spez. B. und 5 % sonstige, die aufgrund der Heterogenität nicht weiter berücksichtigt wurden. 68 % der Teilnehmer*innen arbeiteten in Vollzeit.

Abb. 1 
          Position der Teilnehmer*innen /Führungserfahrung
Abb. 1

Position der Teilnehmer*innen /Führungserfahrung

Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer*innen besitzt Führungsverantwortung.

4 Fortbildungsmotivation

Zur Erfassung der Weiterbildungsmotivation wurden insgesamt zwei Fragen gestellt, wobei zunächst die Initiative für die Weiterbildungsteilnahme, und im Anschluss die konkreten Motive für den Besuch einer Weiterbildung erfragt wurden.

Die möglichen Initiatoren für Weiterbildung (Frage: Von wem geht meistens die Initiative für den Besuch von Weiterbildungen aus?) konnten mit fünf Optionen in einer Rangfolge gebracht werden: „von mir selbst“, „von meinen Vorgesetzten“, „von Kollegen der eigenen Einrichtung“, „von Kollegen anderer Einrichtungen“ und „von der Personalabteilung“.

Das Ergebnis war eindeutig: In mehr als 95 % der Fälle (95,8 %) ging die Initiative für den Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen von den Teilnehmer*innen selbst aus, Vorgesetzte und Personalabteilungen waren nur in den wenigsten Fällen federführend. Die Studie aus dem Jahr 2016 hatte bereits einen Wert von über 90 % erbracht, der sich noch einmal erhöht hat.

Eine repräsentative Studie des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. Bitkom gemeinsam mit dem Verband der TÜV e. V. (VdTÜ) zur Weiterbildung in der digitalen Arbeitswelt im Jahr 2018 erbrachte, dass hier (N=504 Unternehmen) 73 % der Fachbereiche und 57 % der Geschäftsleitungen den Bedarf an Weiterbildung feststellen und nur bei 28 % der Wunsch von den Mitarbeiter*innen ausgeht.[2] 93 % wollen mit Weiterbildungen die Motivation und Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter*innen stärken.[3] Gerade vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse im Hinblick auf eine strukturierte und professionelle Personalentwicklung in Bibliotheken eher besorgniserregend.

Ausformulierte Aussagen zur Ursache der Motivation in Bibliotheken (Frage: Was motiviert Sie zum Besuch einer Fortbil­dung?) konnten auf verschiedenen Relevanzniveaus von „nicht relevant“ bis „relevant“ eingestuft werden. Die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten war bei den meisten Teilnehmer*innen intrinsisch motiviert. Als relevante Gründe wurden Interessen zur Gestaltung des eige­nen Arbeitsplatzes am häufigsten genannt:

  1. Kompetenzen erweitern/für zukünftige Herausforderungen gewappnet sein (64,5 %),

  2. Neues Lernen, um meine Arbeit interessant zu gestalten/up to date bleiben (36,7 %),

  3. Kollegen zum Erfahrungsaustausch treffen (34,6 %).

Damit steht – ähnlich wie 2016 – als Platz 1 und 2 identisch waren, die Sorge um die Zukunft im Vordergrund. Signifikante Gruppenunterschiede ließen sich mithilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse nach Kruskal-Wallis feststellen. Die Auswertung ergab, dass ältere Mitarbeiter*innen signifikant häufiger Kolleg*innen zum Erfahrungsaustausch treffen möchten und auch mehr Anregungen zur Serviceverbesserung für die Kund*innen bekommen wollen als die beiden anderen Altersgruppen. Auch die Auswertung nach Position zeigte signifikante Aspekte. Die Gruppe mit Team-/Gesamtleitung legt signifikant mehr Wert auf den Erfahrungsaustausch als die Gruppe ohne Leitungsfunktion. Gerade vor dem Hintergrund einer längeren Lebensarbeitszeit, neuen Arbeitsfelder wie z. B. Forschungsdatenmanagement oder Community Building wird jedoch deutlich, dass eine rein eigenverantwortliche Initiative für Weiterbildung nicht ausreicht und eine gezielte Personalentwicklung gefragt ist, die von der Leitungsebene strategisch geplant und initiiert wird.

5 Fortbildungsbedarf

Die Teilnehmer*innen der Befragung formulieren für die Zukunft einen stark steigenden Weiterbildungsbedarf. Waren es 2016 48 % der Teilnehmer*innen die einen erhöhten Weiterbildungsbedarf in der Zukunft sahen, so sind es 2021 66 %. Gleichbleibend bewerten 28 % ihren Bedarf und nur 4 % der Teilnehmer*innen glauben, dass der Bedarf für die nächsten zwei bis drei Jahre sinken wird. Diese Einschätzung gilt für alle Bibliothekstypen und Altersklassen.

Die Frage nach der persönlichen Weiterbildungssituation in den vergangenen 12 Monaten, d. h. nach der pandemiebedingten Veränderung, wurde heterogen beantwortet. 42 % Teilnehmer*innen gaben an, etwas weniger oder weniger an Weiterbildungen teilgenommen zu haben, für 37 % war es etwas mehr oder mehr, unverändert blieb es bei ca. 20 % der Befragten. Als Besonderheit ergibt sich, dass Personen mit Leitungsfunktion sich in dieser Zeit signifikant häufiger fortgebildet haben als Personen ohne Leitungsfunktion.

6 Rahmenbedingungen

Anders als im Jahr 2016, als bei den idealen Rahmenbedingungen die Faktoren Ort und Präsenzformat an der Spitze standen, zeigen sich 2021 andere Schwerpunkte und zwar besonders bei der Frage nach dem Veranstaltungsformat. Die nachfolgende Grafik zeigt, dass nun Thema und Vorabinformation als die wichtigsten Faktoren eingeschätzt werden.

Abb. 2 
          Bedeutung der Rahmenbedingungen für die Auswahl der Fortbildung (N=507–524)
Abb. 2

Bedeutung der Rahmenbedingungen für die Auswahl der Fortbildung (N=507–524)

Auf die Frage, in welchem Format die Weiterbildungen zukünftig idealerweise angeboten werden sollen, wurden die live stattfindenden Online-Veranstaltungen mit 82,3 % als erwünscht oder sehr erwünscht eingestuft und lagen damit knapp vor den Präsenzveranstaltungen, die von 75,6 % entsprechend eingestuft wurden. Aufgezeichnete Veranstaltungen empfinden nur knapp 50 % als erwünscht oder sehr erwünscht. Zielgruppenspezifische Besonderheiten lassen sich bei der Gruppe der jungen Befragten (unter 35 Jahre) feststellen: Bei ihnen sind live stattfindende Online-Kurse und aufgezeichnete Veranstaltungen signifikant beliebter als bei der mittelalten und älteren Teilnehmer*innengruppe.

Konfrontiert mit offenen Aussagen, die sich auf die pandemiebedingte Umstellung zu live stattfindenden Online-Weiterbildungen bezogen, ergab sich folgendes Bild: Hoch geschätzt werden von den Teilnehmer*innen die Vielzahl an neuen Themen (82 %), die fehlende Reisezeit (74 %), geringere Kosten (74 %) und die größere Anzahl persönlicher Fortbildungen (72 %), die sich durch die Online-Formate ergeben. Gleichzeit beklagen aber 73 % aller Befragten das Fehlen der sozialen Kontakte und den Austausch (73 %) der sich in Präsenzformaten in der Regel einstellt. Aus den offenen Antworten geht hervor, dass sowohl in den Online- als auch in den Präsenzformaten „aktivere Pausen“ gewünscht werden. Beispiele wie „wonder me“ für Online-Formate und „Bewegung“ für Präsenzformate wurden mehrfach genannt.

Wie sehr sich die allgemeine Einschätzung durch die Pandemie geändert hat, zeigt der Vergleich zur Studie von 2016, wo noch 76 % der Teilnehmer*innen Präsenzschulungen als die unangefochtene Idealform der Weiterbildung eingeschätzt haben.

7 Weiterbildungsthemen

Die Frage nach den Themen der bisher besuchten Weiterbildungsveranstaltungen konnte in einem Freitextfeld ohne Begrenzung beantwortet werden. Es konnten 922 Nennungen von 413 Teilnehmer*innen (78 %) ausgewertet werden. Die Antworten wurden intellektuell ausgewertet und zusammenfassend in Kategorien verdichtet. Dabei lässt sich ein umfassender Wandel der Fortbildungsthemen im Vergleich zur Befragung von 2016 feststellen. Damals war Katalogisierung/RDA das bestimmende Thema, gefolgt von IT-Themen, Nutzer-/Zielgruppenorientierung sowie Strategie/Bibliotheksmanagement.

Abb. 3 
          Meistgenannte Themen im Jahr 2021
Abb. 3

Meistgenannte Themen im Jahr 2021

Dominierende Weiterbildungsthemen im Jahr 2021 waren digitale Dienstleistungen, IT/Bibliothekssysteme sowie Medien-/Informationskompetenz aber auch Personal- und Managementaspekte. Auch hier zeigt sich ein starker Wandel, denn im Jahr 2016 lagen die Schwerpunkte bei den Weiterbildungsthemen im Bereich der Katalogisierung (RDA), gefolgt von allgemeinen IT-Themen, Dienstleistungen sowie Nutzer-/Zielgruppenorientierung.

8 Coaching

Aber nicht nur neue Themen oder die Möglichkeiten von digitalen bzw. virtuellen Formaten verändern den Anspruch an die Weiterbildungslandschaft. Der Wunsch nach individueller Beratung und Förderung in Form von Coaching wird immer selbstverständlicher. Warf Gudrun Behm-Steidel in ihrem Vortrag 2014 noch die Frage auf, ob Coaching Luxus oder ein „must have“[4] sein sollte, so scheint die Frage jetzt eindeutig beantwortet. Die Teilnehmer*innen bestätigten mit großer Mehrheit (67,3 %), Coaching auf jeden Fall ausprobieren zu wollen und sind hier in der Mehrheit auch bereit, sich auf eine Online-Variante des Coaching einzulassen. Die Vorteile des Coachings werden dabei, neben der Bearbeitung von eher persönlichen oder emotionalen Themen wie Work-LifeBalance oder Konflikten, vor allem darin gesehen, dass Coaching bei einem Wissenstransfer von Theorie in die Praxis unterstützen kann. Aus diesem Ergebnis lassen sich ggf. für die Bedeutung von Transferelementen von Theorie in die Praxis für die Konzeption von sonstigen Fortbildungen ableiten.

Die grundsätzlich positive Wahrnehmung von Coaching durch die Mehrheit der Teilnehmer*innen zeigt sich bei der Gruppe der Führungskräfte noch ausgeprägter. Dabei zeigte sich im Detail, dass vor allem Führungskräfte mit einer Gesamtleitung sehr großes Interesse an Coaching haben. Wenig überraschend ist daher, dass Themen zur Persönlichkeits- und Führungskompetenz am häufigsten für das Coaching gewünscht werden, gefolgt von Arbeitsorganisation/Zeitmanagement und Konflikttraining.

9 Zusammenfassung der Befragung

Bei der Konzeption der Befragung sollte der Titel „Digital. Persönlich. Weiter“ die Schwerpunkte der Online-Weiterbildung und des Coachings andeuten. Doch diese drei Worte können auch das Fazit überschreiben.

Denn die (weitere) Nutzung der digitalen Möglichkeiten für die Durchführung von Weiterbildung ist für alle Teilnehmer*innen der Befragung unstrittig. Vor allem jüngeren und mittelalte Teilnehmer*innen, die häufig zusätzliche Herausforderungen in der Kinderbetreuung erleben, schätzen die flexible Gestaltung und geringe Reisezeit von Onlinekursen. Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, dass künftig hybride Veranstaltungsformate bzw. ein ausgewogenes Angebot von Online- wie Präsenzveranstaltungen gewünscht werden. Themen aus dem Bereich der Digitalisierung stehen zudem im Fokus der besuchten Fortbildungen und werden künftig weiter verstärkt erwartet. Hier hat im Vergleich zur Befragung aus dem Jahr 2016, wo operative Bereiche wie RDA dominierten, ein großer Wandel stattgefunden.

Gleichzeitig darf das Persönliche nicht fehlen. So soll die Gelegenheit zum Austausch zunehmend geschaffen werden – sowohl online, als auch bei der Rückkehr von Präsenzveranstaltungen. Auch persönliche Themen der eigenen Entwicklung im Coaching-Format sind für die Mehrheit der Teilnehmer*innen vorstellbar und insbesondere für Führungskräfte und -themen stark erwünscht.

Weiterzukommen durch Weiterbildung ist jedoch, wie bereits in der Befragung 2016, nach wie vor stark von der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter*innen abhängig. Systematische Personalentwicklung mithilfe von Weiterbildungen scheint damit nach wie vor in den in vielen Bibliotheken ausbaufähig zu sein. Im Sinne der Mitarbeiter*innen von Bibliotheken bleibt zu hoffen, dass durch die Förderungen von Führungskompetenz durch das Coaching auch hier Veränderungen möglich werden.

10 Blick in die Zukunft

Aktuell darf davon ausgegangen werden, dass der Weiterbildungsbedarf – nicht nur in Bibliotheken und Informationseinrichtungen – weiterhin steigen wird. Das ist für Weiterbildungsanbieter eine gute Nachricht, doch es lohnt ein differenzierter(er) Blick in die Zukunft.

10.1 Weiterbildungsformate

Digitale Weiterbildungsformate spielten vor der Covid-19-Pandemie nur eine untergeordnete Rolle. Sie waren jedoch von heute auf morgen über beinahe zwei Jahre hinweg fast alternativlos. Das ZBIW wird das digitale Angebot weiter ausbauen – nicht zwingend quantitativ, da sich die Einstellung zu online in den letzten zwei Jahren maßgeblich verändert hat. Doch die Skepsis gegenüber diesen Formaten ist insbesondere bei älteren Mitarbeiter*innen noch deutlich spürbar. Daher wird sich das ZBIW möglicherweise auch die Frage stellen, ob Weiterbildung zu bestimmten Themen in unterschiedlichen Formaten angeboten werden kann, wobei dabei auch eine betriebswirtschaftliche Betrachtung notwendig sein wird. Eine solche Entscheidung würde auch unterschiedliche Lehr- und Lernkonzepte mit sich bringen, da Vor-Ort-Veranstaltungen nicht eins zu eins in den digitalen Raum transferiert werden können. Und: Haben Raum und Zeit, Veranstaltungsform und -rhythmus sowie unterschiedliche Sozialformen und soziale Kontakte nicht per se zentralen Einfluss auf die Lernqualität? Damit würden Veranstaltungen zu denselben Themen in unterschiedlichen Formaten möglicherweise nicht vergleichbar sein. Spannend dazu werden Studien an Hochschulen sein, die sich dieses Themas vielleicht einmal annehmen werden, wenn dazu hinreichend viele Erfahrungen und Evaluationen vorliegen.

In diesem Kontext wird sich auch die Frage stellen, ob Veranstaltungen künftig hybrid angeboten werden können/sollen. Dabei wird vom ZBIW als hybrides Veranstaltungsformat ein Setting verstanden, das die Teilnahme vor Ort für eine Teilnehmer*innengruppe ermöglicht wird, während eine andere Gruppe online teilnimmt, d. h., es handelt sich um ein zeitgleiches Angebot in Präsenz vor Ort und online. Der Begriff der Präsenz erfährt somit eine Erweiterung, von der physischen Präsenz vor Ort auf die digitale Präsenz an beliebigen Orten. Dies stellt die Weiterbildungsanbieter jedoch vor weitere neue (größere) Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der technischen Ausstattung, aber auch der Koordination, die aktuell von einer Person kaum zu bewerkstelligen sein dürfte. Zudem stellt sich die Frage, ob Teilnehmer*innen grundsätzlich die Wahl über die Form haben können, denn natürlich gilt für die Weiterbildung die Wirtschaftlichkeit/Profitabilität. Wenn z. B. nur zwei oder drei Personen von insgesamt 16 in Präsenz vor Ort teilnehmen möchten, ist das dann noch wirtschaftlich, wenn Dozent*innen anreisen und übernachten müssen, Räume gebucht und bezahlt werden müssen, ggf. sogar in einem Tagungszentrum? Gleichzeitig bedeutet hybride Lehre didaktisch mehr als die Mischung unterschiedlicher Konzepte. So würden sich z. B. Gruppenarbeiten maßgeblich unterscheiden. Die eine Gruppe arbeitet mit Stellwänden, Flipcharts, die andere in Breakout-Sessions mit entsprechenden Tools. Oder würde es heißen, dass auch die Teilnehmer*innen in Präsenz digital ausgestattet sein müssten, um Teilnehmer*innen in Präsenz vor Ort mit denen, die online teilnehmen, gemeinsam Aufgaben bearbeiten zu lassen? Völlig außer Acht gelassen wurden bisher die Pausengespräche, die gemeinsamen Abende, die für ein Networking unabdingbar sind. Bisher hat kein Online-Tool diese inoffizielle Kommunikation ersetzen können. Und wie soll/kann das dann bei hybriden Veranstaltungen ablaufen? Als Weiterbildungseinrichtung einer Hochschule wird das ZBIW hier von den Erfahrungen der Lehre in den Studiengängen profitieren können. Trotzdem bleiben Fragen.

Nicht zu vernachlässigen sind natürlich auch die langfristigen Veränderungen hinsichtlich flexibler(er) Arbeitsmodelle, die auch von Bibliotheken und Informationseinrichtungen nicht zu ignorieren sein werden. Zudem ist Nachhaltigkeit auch für Bibliotheken inzwischen ein wichtiges Thema. Nachhaltiges „Wirtschaften“ wird sich möglicherweise auch auf die Reisetätigkeiten und -bewilligungen auswirken und diese (teilweise) ein-/beschränken. Eine zunehmende Verschiebung von Arbeit in das Private macht auch ganz neue Formate möglicherweise notwendig. Mikroformate in der Weiterbildung, z. B. als Coffee Lectures, spielerische Formate wie Quiz, kurze asynchrone Webinare könnten dadurch an Attraktivität gewinnen. Was sich davon für eine Einrichtung wie das ZBIW wird langfristig etablieren können, bleibt abzuwarten.

10.2 Themenspektrum

Weiterbildungsanbieter werden sich künftig auf ein breiteres thematisches Spektrum einstellen müssen. Ein Trend scheint die überfachlichen Qualifikationen, zu denen Führung und Management, Selbstmanagement und Soft Skills gehören, zu betreffen. Sie erlangen weiter an Bedeutung. Gleichzeitig hat die Digitalisierung seit Beginn der Pandemie an Fahrt aufgenommen. Geschäftsprozesse mussten sehr schnell digitalisiert werden, was zur Folge hat, dass die gesamte Arbeitswelt künftig selbstbestimmter und digitaler sein wird. So werden auch Themen wie Agiles Arbeiten, Führen auf Distanz, New Work etc. zunehmend relevanter werden. Darüber hinaus haben sich für die Bibliotheken in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Themen ergeben, z. B. (Forschungs)Datenmanagement, Langzeitarchivierung, Publikationsdienste, E-Learning für wissenschaftliche Bibliotheken und Informationskompetenz, Internet der Dinge, Makerspaces etc. für Öffentliche Bibliotheken. Zudem bieten sich zunehmend neue Chancen für Bibliotheken, sich in einer Stadt/Kommune oder Region zu profilieren, z. B. als Teil einer Smart City, als Ort oder Einrichtung für Citizen Science (Bürger*innenwissenschaft) etc. Alle diese Dienstleistungen bzw. Geschäftsfelder erfordern ein hohes Maß an digitalen Kompetenzen. Für Weiterbildungsanbieter gilt es, diese Entwicklungen zu begleiten, was nur gelingt, wenn innovative Themen in das Programm aufgenommen werden. Und hier sind die Weiterbildungsanbieter gefordert, selbst neue Themen(felder) so zu platzieren, dass sie für den Bibliotheks- und Informationsbereich attraktiv sind. Eigenes fachliches Know-how dürfte hier ein wesentliches Erfolgskriterium sein.

10.3 Wettbewerb

Zunächst einmal erfreut eine eigene Statistik, dass eine Einrichtung wie das ZBIW mit dem Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen bedingt durch die Pandemie und damit durch die digitalen Angebote deutlich mehr Teilnehmer*innen aus den anderen Bundesländern in den Weiterbildungsveranstaltungen zählen durfte. Doch darf die Euphorie darüber nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass dies gleichzeitig bedeutet, dass es für die Teilnehmer*innen aus dem eigenen Bundesland auch leichter geworden ist, Weiterbildungsveranstaltungen in anderen Bundesländern oder sogar im Ausland zu besuchen. Ein Standort mit guter Infrastruktur wird auch zukünftig nur noch bedingt ein Wettbewerbsvorteil sein. Zudem lassen sich Angebote leichter kopieren. Referent*innen können leicht und schnell heute ein Seminar für Anbieter Eins und morgen für Anbieter Zwei durchführen – ohne weitere Kosten. Gleichzeitig treten zunehmend global agierende Unternehmen in den Weiterbildungsmarkt ein, was weitreichende Auswirkungen auf die Weiterbildungslandschaft haben dürfte. Dazu gehören u. a. Google, XING und LinkedIn. Sie können aufgrund ihrer großen Datenbasis, die sich aus den Personenprofilen ergeben, zielgerichtet Weiterbildung konzipieren und anbieten. Ein Trend, der nicht vernachlässigt werden darf, denn insbesondere Themen wie Selbstmanagement, Social Skills etc. können auch branchenunabhängig organisiert werden. Doch vielleicht muss es gar nicht so weit gehen. Es gibt auch internationale Weiterbildungsanbieter im Bereich Bibliothek und Information, z. B. im angloamerikanischen Raum, die nun auch zu direkten Wettbewerbern geworden sind bzw. werden können – waren sie in der Vergangenheit doch eher Impulsgeber für neue Themen und Trends. Und last but not least werden Bibliotheken selbst zu Wettbewerbern der Weiterbildungsanbieter, indem sie z. B. kostenlos Webinare, Coffee Lectures zu aktuellen Themen anbieten und diese für einen externen Kund*innenkreis kostenlos öffnen.

Daher wird es eine große Herausforderung sein, die Wettbewerbsbeobachtung im Bereich der bibliothekarischen/informationswissenschaftlichen Weiterbildung neu zu organisieren und nach neuen Aspekten zu strukturieren.

10.4 Neue Angebote

Bereits zu Beginn des Beitrags wurde das Thema Coaching angerissen. In den letzten Jahren hat Coaching an Bedeutung bei der Entwicklung von Personen in Führungs- und Steuerungsfunktionen gewonnen, wobei der Prozess des Coachings auf die individuellen Anforderungen abgestimmt sein sollte. Damit unterstützt Coaching u. a. bei der Verbesserung der eigenen Position bzw. beim Schritt in eine neue Stelle/Zukunft. Damit ist Coaching etwas anderes als Training und Weiterbildung, es ist auch etwas anderes als Mentoring. Trotzdem lassen sich Coaching und Weiterbildung möglicherweise gut kombinieren.

Die Befragung hat deutlich gemacht, dass viele Beschäftigte inzwischen dem Thema Coaching positiv und offen gegenüberstehen. Für einen Weiterbildungsanbieter wie das ZBIW kann es aber nicht darum gehen, ein eigenes Coachingangebot im Sinne einer Coachingakademie zu etablieren. Dafür gibt es eine Vielzahl anderer Anbieter. Vielmehr wird es darum gehen, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das die Vorteile von Weiterbildung und Coaching kombiniert. Konkret könnte dies bedeuten, Mindset – Einstellungen, die die Fähigkeit und Bereitschaft zur Anpassung und Veränderung beeinflussen – und Skillset zu kombinieren, um Denk- und Möglichkeitsräume bei Mitarbeiter*innen zu öffnen und sie in die berufliche Zukunft zu begleiten.

11 Fazit – „Digital. Persönlich. Weiter“

Das ZBIW hat im Rahmen seines Leitbildprozesses 2012 zwei Leitsprüche formuliert:

ZBIW: Zukunft Bibliothek − Investition in Weiterbildung,

ZBIW: Zukunft Bibliothek − Innovation durch Weiterbildung.

Nie schienen die beiden Slogans aktueller zu sein als jetzt. Über die Vernetzung innerhalb des Berufsfeldes Bibliothek und Information sowie durch vielfältige Kooperationen schafft das ZBIW als Impulsgeber Foren für Kompetenzerweiterung und Wissensaustausch. Aber gleichzeitig sind die Veränderungen und Herausforderungen so groß wie nie, denn Themen wie Learning on Demand oder personalisiertes Lernen wurden noch gar nicht thematisiert. Und auch künstliche Intelligenz könnte irgendwann Eingang in die Weiterbildung finden: Sie könnte Mitarbeiter*innen künftige, notwendige und gleichzeitig individuelle Lernpfade aufzeigen, wobei die Mitarbeiter*innen ihre Weiterbildung auch selbstständig organisieren. Sicher sind Bibliotheken von diesen Szenarien in der Realität noch weit entfernt, doch sollte ein solcher Blick in die Zukunft erlaubt sein, und es gilt, die Entwicklungen, die sich hinter diesen Szenarien verbergen, genau zu beobachten.

Die Befragung hat zudem gezeigt, dass die Initiative zur Weiterbildung in Bibliotheken und Informationseinrichtungen zu einem sehr hohen Maß von den Mitarbeiter*innen ausgeht. Erlaubt dies den Schluss, dass es in Bibliotheken und Informationseinrichtungen keine systematische Personalentwicklung gibt? Oder bedeutet es, dass die Mitarbeiter*innen inzwischen selbst eine große Selbstverantwortung für die eigene, persönliche Weiterbildung übernehmen? Dazu lohnt sich gegebenenfalls eine eigenständige Untersuchung, denn möglicherweise gilt beides, und es hängt von der Einrichtung ab, welchen Stellenwert die Weiterbildung für die strategische Weiterentwicklung der Einrichtung hat.

Aber eines dürfte sicher sein: Weiterbildung wird künftig unverzichtbarer denn je sein!

Über die Autoren

Prof. Dr. Simone Fühles-Ubach

TH Köln, Institut für Informationswissenschaft, Claudiusstraße 1, D-50678 Köln

Prof. Dr. Ursula Georgy

TH Köln, Institut für Informationswissenschaft, Claudiusstraße 1, D-50678 Köln

Dr. Miriam Albers

ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften, Gleueler Str. 60, D-50931 Köln

Literaturverzeichnis

Behm-Steidel, Gudrun (2014): Coaching in Bibliotheken: Luxus oder „must have“? Vortrag vom 03.06.2014 auf dem 103. Deutschen Bibliothekartag in Bremen. Verfügbar unter http://www.opus-bayern.de/bib-info/volltexte//2014/1592/.Search in Google Scholar

Bitkom Research GmbH (2019): Weiterbildung für die digitale Arbeitswelt. Eine repräsentative Untersuchung von Bitkom Research im Auftrag des VdTÜV e. V. und des Bitkom e. V. Verfügbar unter https://www.bitkom.org/sites/default/files/2018-12/20181221_VdTU%CC%88V_Bitkom_Weiterbildung_Studienbericht.pdf.Search in Google Scholar

Christ, Johannes; Koscheck, Stefan; Martin, Andreas; Ohly, Hana; Widany, Sarah (2020): Digitalisierung. Ergebnisse der Webmonitor Umfrage 2019. Verfügbar unter https://www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/download/16685.Search in Google Scholar

Online erschienen: 2022-04-07
Erschienen im Druck: 2022-04-30

© 2022 Simone Fühles-Ubach, Ursula Georgy und Miriam Albers, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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  8. Mit den FakeHuntern auf der Suche nach der Wahrheit – das Planspiel der Büchereizentrale Schleswig-Holstein bringt Schulen und Bibliotheken im Kampf gegen Fake News zusammen
  9. Bibliotheca Somnia – die digitale Zaubererschule der Stadtbibliothek Weinheim
  10. Beyond Psssst! Der Film der ZHAW Hochschulbibliothek
  11. Digitale Jugendliteraturjury Gerolzhofen: ein Projektinterview
  12. Auf Tour mit dem BiboBike
  13. „Informationsvermittlung kooperativ“ an der Bibliothek der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
  14. Was passierte, als wir uns begegneten
  15. Das LibraryLab in der Zentralbibliothek der Stadtbüchereien Düsseldorf – vom Prototyp zum etablierten Angebot
  16. Diversität in Bibliotheken
  17. Professional Pathways: Strategies to Increase Workforce Diversity in the Australian Library and Information Sector
  18. Selbstverständlich vielfältig. Aus einem internen Diversity-Schulungsprozess entsteht eine Aktionsreihe zur Diversität in Kinderbüchern
  19. Diversitätsorientierte Öffnung in Öffentlichen Bibliotheken am Beispiel der Bücherhallen Hamburg
  20. Diversity-Anforderungen an das Bibliotheksmanagement im berufsbegleitenden Studium
  21. Wir sind ein Land mit Migrationshintergrund
  22. Citizen Science an der Zentralbibliothek Zürich. Ein Praxisbericht
  23. Auskunftsdienst in Bibliotheken
  24. Improvisationstheater Auskunft
  25. Stereotypen und Vorurteile – facettenreiche Elemente der interkulturellen Kommunikation im Auskunftsinterview
  26. Webformulare zweier Verbünde in der virtuellen Auskunft
  27. Beschwerdemanagement in Öffentlichen Bibliotheken
  28. Kompetenzen von Bibliothekar*innen im Auskunftsgespräch mit Grundschulkindern
  29. Mystery Shopping in der Chatauskunft: Entwicklung eines Kriterienkatalogs
  30. Rahmenbedingungen der digitalen Auskunft in den russischen Bibliotheken der Gegenwart
  31. Weitere Beiträge
  32. Personal Digital Archiving: Eine neue Aufgabe für Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken
  33. Ethik im Aufwind! Auch in Bibliotheken?
  34. Digital. Persönlich. Weiter – Veränderungen in der bibliothekarischen Weiterbildung seit 2016
  35. Podcasting für Bibliotheken – Hintergründe und Bericht zum Universitätslehrgangs-Abschlussprojekt „Research Library Podcast“ der Universitätsbibliothek Wien
  36. Organisations-IDs in Deutschland – Ergebnisse einer Bestandsaufnahme im Jahr 2020
  37. Worüber schreiben LIS-Studierende ihre Abschlussarbeiten? Eine empirische Untersuchung der Jahre 2010–2019
  38. Mit Machine Learning auf der Suche nach Provenienzen – ein Use Case der Bildklassifikation an der Österreichischen Nationalbibliothek
  39. Rezensionen
  40. Hermann Rösch: Informationsethik und Bibliotheksethik. Grundlagen und Praxis. Berlin, Boston: De Gruyter Saur, 2021 (Bibliotheks- und Informationspraxis: 68). XVI + 584 S., 10 Tabellen. ISBN 978-3-11-051959-4, 69,95 €
  41. Howell, David; Snijders, Ludo: Conservation Research in Libraries. Mit Beiträgen von Andrew Beeby, Kelly Domoney und Anita Quye. Berlin, Boston: De Gruyter, 2020 (Current Topics in Library and Information Practice). 247 S., ISBN 978-3-11-037525-1, 99,95 €
  42. Davidis, Michael: Schiller und die Seinen. Beiträge zur Familien- und Wirkungsgeschichte. Göttingen: Wallstein Verlag, 2021. 262 S., 96 farbige Abb., fest gebunden. ISBN 978-3-8353-3578-3, 34,90 €
  43. Canuel, Robin; Crichton, Chad (Hrsg.): Approaches to Liaison Librarianship: Innovations in Organization and Engagement. Chicago, Ill: Association of College and Research Libraries, 2021.
Downloaded on 10.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/bfp-2021-0078/html
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