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Qualitative und wirtschaftliche Vorteile des KI-gestützten 8D-Prozesses

Künstliche Intelligenz im modernen Qualitätsmanagement
  • Andreas Dangl

    Andreas Dangl ist Entrepreneur und Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH. In seiner Funktion unterstützt er Unternehmen aus der Industrie bei der Einführung von KI-gestütztem Dokumenten- und Qualitätsmanagement (www.fabasoft.com/approve).

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Veröffentlicht/Copyright: 27. März 2025
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Abstract

Die 8D-Methode ist ein bewährter, systematischer Ansatz zur Fehlerbehebung und Qualitätsverbesserung. Sie besteht aus acht Disziplinen, die schrittweise zu durchlaufen sind, um Mängel zu identifizieren, zu analysieren und nachhaltig zu beheben. In jüngster Zeit hat die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in den 8D-Prozess zu einer signifikanten Optimierung und Effizienzsteigerung geführt.

Abstract

The 8D method is a proven, systematic approach to problemsolving and quality improvement. It consists of eight disciplines that are followed step by step to identify, analyze, and sustainably solve defects. Recently, the integration of Artificial Intelligence (AI) into the 8D process has led to significant optimization and increased efficiency.

Bei der 8D-Methode handelt es sich um einen teamorientierten Lösungsansatz im Rahmen des Qualitätsmanagements zur Bearbeitung von Reklamationen, die entweder intern oder extern zwischen Lieferanten und Kunden auftreten [1, 2, 3].

Ursprünglich aus der Automobilindustrie stammend, umfasst die Vorgangsweise acht klar definierte Schritte („Disziplinen“), die das verantwortliche Team systematisch abarbeitet und umfassend dokumentiert. Ziel ist es, Qualitätsprobleme zu analysieren, geeignete Maßnahmen abzuleiten und deren Umsetzung zu überwachen. Die Ergebnisse werden in einem standardisierten 8D-Report festgehalten, der sich jedoch unternehmensspezifisch anpassen lässt.

Ein moderner 8D-Prozess im Qualitätsmanagement ergänzt den klassischen Acht-Schritte-Plan durch den Einsatz künstlicher Intelligenz [4]. Dies schafft präzisere Analysen und effizientere Ergebnisse. Dabei übernimmt die KI keine Entscheidungsfunktion, sondern unterstützt bei allen Prozessschritten mit Handlungsempfehlungen. Die abschließende Bewertung und Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen bleibt stets in menschlicher Verantwortung.

Effizienzsteigernd und ressourcenschonend

Die KI-gestützte 8D-Methode bietet im Vergleich zur traditionellen Vorgehensweise zahlreiche Vorteile, die eine signifikante Verbesserung auf allen Stufen des Prozesses ermöglichen [5]. Im Folgenden einige Beispiele:

Mehr Effizienz

KI kann große Datenmengen in kürzester Zeit analysieren, um Muster und Ursachen für Qualitätsmängel zu identifizieren. Sie erkennt Defekte und Abweichungen in Produkten automatisch und in hoher Geschwindigkeit.

Optimierte Ressourcen

KI-Vorschläge für die Teambildung helfen bei der optimalen Nutzung der vorhandenen Expertise. Zudem lassen sich viele Prozessschritte automatisieren, was den manuellen Aufwand reduziert.

Verbesserte Präzision

Die automatische Klassifizierung von Defekten führt zu detaillierteren und präziseren Problembeschreibungen, was wiederum fundiertere und objektivere Entscheidungen ermöglicht.

Erhöhte Proaktivität

KI prognostiziert basierend auf historischen Daten die wirksamsten Korrekturmaßnahmen und schlägt präventive Aktionen vor.

Der KI-gestützte 8D-Prozess im Detail

Anhand von Fabasoft Approve, dem KI-gestützten Dokumenten- und Qualitätsmanagementsystem (DMS/QMS), lässt sich zeigen, wie facettenreich die Aufgaben der künstlichen Intelligenz im 8D-Prozess sind (Bild 1) [6].

Bild 1 Der KI-gestützte 8D-Prozess in Fabasoft Approve: Team für die Problemlösung bilden (D1) (Quelle: Fabasoft Approve)
Bild 1

Der KI-gestützte 8D-Prozess in Fabasoft Approve: Team für die Problemlösung bilden (D1) (Quelle: Fabasoft Approve)

Dem eigentlichen 8D-Prozess vorgelagert ist eine Risikobeurteilung, wobei die Software den Schweregrad eines Mangels anhand der Faktoren „Häufigkeit“ und „Auswirkung“ ermittelt. Die künstliche Intelligenz analysiert ähnliche Produktionsfehler aus der Vergangenheit und unterstützt die verantwortlichen Personen bei der Entscheidungsfindung.

Die KI zeigt ihre Stärken auch zu Beginn des 8D-Prozesses, der Teambildung (D1). Das System wertet vergangene Projekte aus und erkennt dabei, welche Fachkräfte im Unternehmen oder in der Lieferkette über die nötigen Kompetenzen verfügen.

Bei der präzisen Problembeschreibung (D2) als Voraussetzung für die künftige Vermeidung von Fehlern hilft die KI in Form der Bilderkennung (Bild 2). Die Software identifiziert und klassifiziert automatisch Mängel oder Abweichungen an Produkten. Die KI liefert zudem gezielte Vorschläge für Sofortmaßnahmen (D3), die sich bei der Behebung ähnlicher Defekte in der Vergangenheit bewährt haben.

Bild 2 Beschreibung des Problems (D2). Der AI Assist unterstützt die verantwortlichen Personen bei jedem Schritt (Quelle: Fabasoft Approve)
Bild 2

Beschreibung des Problems (D2). Der AI Assist unterstützt die verantwortlichen Personen bei jedem Schritt (Quelle: Fabasoft Approve)

Um einen festgestellten Mangel dauerhaft zu vermeiden, ist eine umfassende Ursachenanalyse erforderlich (D4). Dabei berücksichtigt die 8D-Methode nicht nur technische, sondern auch organisatorische Faktoren. Dank der Fähigkeit, große Mengen an Produktionsdaten in kurzer Zeit effizient auszuwerten, ist das KI-gestützte System in der Lage, weitreichende Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen zu erkennen und Muster sowie potenzielle Auslöser für Qualitätsprobleme aufzudecken. Zusätzlich schlägt es geeignete Methoden zur Fehler-Ursachen-Analyse vor, wie die 5-Why-Methode oder das Ursache-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm [7]), die in der Vergangenheit Erfolg gezeigt haben.

Im nächsten Schritt – der Entwicklung geeigneter Maßnahmen, um eine Wiederholung des Fehlers dauerhaft zu verhindern (D5) – analysiert die KI historische Daten und leitet daraus ab, welche Korrekturen mit hoher Wahrscheinlichkeit wirksam sind. Diese Prognosen helfen Fachkräften, die geplanten Aktionen gezielt und effizient umzusetzen (Bild 3).

Bild 3 Korrekturmaßnahmen definieren und einführen (D5 & D6) (Quelle: Fabasoft Approve)
Bild 3

Korrekturmaßnahmen definieren und einführen (D5 & D6) (Quelle: Fabasoft Approve)

Bewährt sich das in Schritt D5 entwickelte Konzept, folgt die Integration in die Unternehmensprozesse (D6). Die künstliche Intelligenz identifiziert Bereiche entlang der Wertschöpfungskette, in denen ähnliche Mängel auftreten könnten, und informiert gezielt die verantwortlichen Personen über den Ablauf zur Umsetzung der Korrekturmaßnahmen. Dadurch stellen Firmen eine flächendeckende und effiziente Implementierung sicher. Zudem bietet die KI Vorschläge zur Optimierung und Erweiterung der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) [8], um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu minimieren (D7).

Zum Abschluss des Prozesses ist es entscheidend, alle gewonnenen Erkenntnisse aus den acht Schritten umfassend zu dokumentieren (D8) (Bild 4). Diese Informationen dienen als wertvolle Grundlage für die Bearbeitung ähnlicher Probleme in künftigen Projekten. Das durch KI gestützte System leitet aus den umgesetzten Sofort- und Vorbeugemaßnahmen solide Erkenntnisse („Lessons Learned“ [9]) ab. Diese stehen künftig für die effiziente Behebung vergleichbarer Fehler und Abweichungen zur Verfügung. Die KI optimiert ihr Wissen dabei kontinuierlich durch eigenständiges, implizites Lernen – ohne zusätzlichen manuellen Aufwand. Dadurch verbessert sie ihre Unterstützung bei zukünftigen Reklamationsprozessen stetig.

Bild 4 Erstellung des 8D-Reports in Fabasoft Approve mit „Lessons Learned“ (D8) (Quelle: Fabasoft Approve)
Bild 4

Erstellung des 8D-Reports in Fabasoft Approve mit „Lessons Learned“ (D8) (Quelle: Fabasoft Approve)

Zusammenfassung

Die Kombination von 8D-Methode und KI bietet Unternehmen ein leistungsfähiges Werkzeug zur Steigerung ihrer Produktqualität und Kundenzufriedenheit.

Die KI unterstützt bei allen Schritten des 8D-Prozesses von der Teambildung über die Problembeschreibung bis hin zur Ursachenanalyse und Maßnahmenplanung. Durch den Einsatz von KI lassen sich große Datenmengen schnell analysieren, Muster erkennen und datenbasierte Entscheidungen treffen. Dies führt zu einer erhöhten Effizienz unter signifikanter Schonung der Ressourcen, zu einer verbesserten Präzision und zu einer beschleunigten Mängelbehebung im Qualitätsmanagement.


Hinweis

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen von den Advisory-Board-Mitgliedern des ZWF-Sonderheftes wissenschaftlich begutachteten Fachaufsatz (Peer-Review).



Tel.: +43 732 606162-0

About the author

Andreas Dangl

Andreas Dangl ist Entrepreneur und Geschäftsführer der Fabasoft Approve GmbH. In seiner Funktion unterstützt er Unternehmen aus der Industrie bei der Einführung von KI-gestütztem Dokumenten- und Qualitätsmanagement (www.fabasoft.com/approve).

Literatur

1 Verband der Automobilindustrie, Qualitäts-Management-Center (Hrsg.): 8D – Problemlösung in 8 Disziplinen. Methode, Prozess, Bericht. 2018Suche in Google Scholar

2 Jung, B.; Schweißer, S.; Wappis, J.: 8D – Systematisch Probleme lösen. 4. Aufl., Carl Hanser Verlag, München 2020 DOI:10.1007/978-3-446-46439-110.1007/978-3-446-46439-1Suche in Google Scholar

3 TÜV SÜD Akademie (Hrsg.): Erfolgreiche Problemlösung mit der 8D-Methode, Whitepaper, o. J. (https://www.tuvsud.com/INTERSHOP/static/BOS/TUEVSUED-Divisions-Site/DE/BA-Academy-DE/de_DE/Qualitaetsmanagement/QM%20Auto/AC110-Whitepaper-8D-Methode-pb-210x297-22-03-01.pdf [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

4 Dangl, A.: Innovation in der Problemlösung: Wie KI die 8D-Methode optimiert. 2024 (https://www.fabasoft.com/de/news/innovation-der-problemloesung-wie-kidie-8d-methode-optimiert [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

5 Fabasoft Approve (Hrsg.): KI in der Praxis. Intelligentes Dokumenten- und Qualitätsmanagement für die Industrie. Whitepaper, o. J. (https://www.fabasoft.com/de/mediathek/ki-der-praxis-intelligentes-dokumenten-undqualitaetsmanagement [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

6 Fabasoft Approve (Hrsg.): KI-gestützter 8D-Prozess für smartes Qualitätsmanagement, Whitepaper, o. J. (https://www.fabasoft.com/de/mediathek/ki-gestuetzter-8dprozess-fuer-smartes-qualitaetsmanagement [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

7 Personio (Hrsg.): Ishikawa-Diagramm. Erklärung zum Ursache-Wirkung-Diagramm. (https://www.personio.de/hr-lexikon/ishikawa-diagramm [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

8 Fehlermöglichkeits– und Einflussanalyse (FMEA). In: Bundesverwaltungsamt (Hrsg.): Organisationshandbuch bis 2018 (https://www.orghandbuch.de/Webs/OHB/DE/Organisationshandbuch/6_MethodenTechniken/63_Analysetechniken/633_FehlermoeglichkeitUndEinflussanalyse/fehlermoeglichkeitundeinflussanalysenode.html [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

9 T2Informatik: Lessons Learned. (https://t2informatik.de/wissen-kompakt/lessonslearned [Abgerufen am 17.2.2025])Suche in Google Scholar

Published Online: 2025-03-27
Published in Print: 2025-03-20

© 2025 Andreas Dangl, publiziert von De Gruyter

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Artikel in diesem Heft

  1. Grußwort
  2. Grußwort
  3. Inhalt
  4. Künstliche Intelligenz
  5. Künstliche Intelligenz (KI)
  6. Menschzentrierte Einführung von Künstlicher Intelligenz in Produktion und Engineering
  7. Generative AI and Agentic Architecture in Engineering and Manufacturing
  8. Intelligent Industry
  9. Von Piloten zu skalierbaren Lösungen
  10. KI in Engineering
  11. KI-Anwendungen im Engineering
  12. KI-Adaption in der Produktentwicklung
  13. KI-Transformation im Engineering
  14. Code the Product – Vision für die Produktentstehung der Zukunft
  15. Machine Learning in Transmission Design
  16. AI Enables Data-Driven Product Design
  17. Optimierung von Entwicklungsprozessen durch KI-gestütztes Generatives Engineering und Design
  18. Human-AI Teaming in a Digital Twin Model for Virtual Product Development
  19. Kundenorientierte Innovationspotenziale durch KI
  20. Scheitert Systems Engineering an seiner eigenen Komplexität?
  21. AI-Augmented Model-Based Systems Engineering
  22. Prompt Engineering im Systems Engineering
  23. Sustainable Product Development and Production with AI and Knowledge Graphs
  24. AI-Driven ERP Systems
  25. Optimale Produktion dank Künstlicher Intelligenz
  26. KI in PLM-Systemen
  27. KI in Produktion
  28. Durchblick in der Produktion
  29. Production of the Future
  30. Der Use-Case-First-Ansatz zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Produktion
  31. Überwindung der Programmierkluft in der Produktion und Fertigung
  32. Lean Data – Anwendungsspezifische Reduktion großer Datenmengen im Produktionsumfeld
  33. KI-Zuverlässigkeit in der Produktion
  34. KI in der Smart Factory: Warum Standardanwendungen besser sind
  35. Data-Driven Decision-Making: Leveraging Digital Twins for Reprocessing in the Circular Factory
  36. Extended Intelligence for Rapid Cognitive Reconfiguration
  37. Erfahrungsbasierte Bahnoptimierung von Montagerobotern mittels KI und Digitalen Zwillingen
  38. Integration of Machine Learning Methods to Calculate the Remaining Useful Life of Mandrels
  39. AI-Driven Load Sensing for Wind Turbine Operations
  40. ChatPLC – Potenziale der Generativen KI für die Steuerungsentwicklung
  41. Developing and Qualifying an ML Application for MRO Assistance
  42. Applying AI in Supporting Additive Manufacturing Machine Maintenance
  43. Kollaboratives Modelltraining und Datensicherheit
  44. KI-basierte Partikelgrößenbestimmung in Suspensionen
  45. Intelligente Prozessüberwachung für die flexible Produktion
  46. Robuste Bauteilidentifikation mittels digitaler Fingerabdrücke
  47. Herausforderungen der Digitalisierung in der Klebetechnik
  48. Vom Webshop zum Shopfloor
  49. Scoring-Prozess mit Vorhersagemodell
  50. Automatisierte Optimierung von Metamaterialien im Leichtbau
  51. KI-gestützte Prozessoptimierung in der Massivumformung
  52. AI-Supported Process Monitoring in Machining
  53. Federated Learning in der Arbeitsplanung
  54. KI in der Kommissionierung
  55. KI-basiertes Assistenzsystem zur Qualitätskontrolle
  56. Qualitätssteigerung durch Digitalisierung
  57. Qualitative und wirtschaftliche Vorteile des KI-gestützten 8D-Prozesses
  58. KI-gestützte Prognose von Durchlauf- und Lieferzeiten in der Einzel- und Kleinserienfertigung
Heruntergeladen am 7.9.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zwf-2025-0017/html
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